LVwG-750309/11/Sr/SA

Linz, 21.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des V S, geboren am x, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch N, Rechtsanwälte in x, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich, vom 18. September 2015, GZ BAS-4-AEG/40858, betreffend die Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) 2005, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 18. Dezember 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 18. September 2015, GZ BAS-4-AEG/40858, wies der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ gemäß § 11 Abs. 2 Z1 NAG ab.

 

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Im Rahmen der Familienzusammenführung mit Ihrer Ehegattin, Fr. J S, geb. x, österr. Staatsbürgerin, stellten Sie am 12.11.2014 persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 NAG 2005 idgF beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Einwohner- und Standesamt, Abt. Fremdenrecht (damalige Bezeichnung). Den vorgelegten Unterlagen zufolge handelt es sich bei der am x.2009 in Serbien geschlossenen Ehe bei Ihrer Gattin um die vierte und bei Ihnen um die erste Ehe.

Zuvor wurde am 11.4.2012 ein ebensolcher Antrag vom 27.10.2009 in zweiter Instanz mangels ausreichender Unterhaltsmittel rechtskräftig abgewiesen Da im Zeitpunkt der nunmehrigen Antragstellung Ihre Gattin erst kurz zuvor (am x.2014) eine Beschäftigung aufgenommen hat, war es zum Nachweis des entsprechenden Unterhaltes erforderlich, mindestens 3 Lohnzetteln vorzulegen. Es wurde sodann der gegenständliche Antrag hinsichtlich der genannten und anderer vorzulegender Unterlagen am 19.2.2015 aufgrund entsprechender Nachreichungen durch Ihre Gattin vervollständigt. Ua wurde im Zuge dieser Nachreichungen auch eine Bestätigung der Fa. B vorgelegt, der zufolge Sie ab x.2015 als Bau Hilfsarbeiter eingestellt werden.

Erhebungen zufolge sind Sie immer wieder tage-, wochen- und monatsweise haupt-bzw. nebenwohnsitzlich in Österreich bei Ihrer Gattin polizeilich gemeldet gewesen. Teilweise mit Ihrem mj. Sohn, H S, geb. x. Weiteren Erhebungen zufolge wurden Sie am 18.7.2013 vom LG Linz gem. § 127, 130 1. Fall StGB § 12 3. Fall StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monate mit der Probezeit von 3 Jahren verurteilt. Dieses Urteil wurde am 24.7.2013 rechtskräftig. Der Verurteilung liegt eine (letzte) Tat vom 31.12.2012 zu Grunde.

 

Dass aufgrund dieser Umstände Ihr Aufenthalt den öffentlichen Interessen widerstreite   .

und der begehrte Aufenthaltstitel nach Ansicht der ha Behörde nicht erteilt werden kann,

wurde Ihnen im Zuge des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

Diese Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde am 21.05.2015 durch

Hinterlegung zugestellt. Am 18.6.2015 langte dann eine Vollmachtsbekanntgabe durch

Ihren nunmehrigen Rechtsvertreter und in weiterer Folge am 4.6.2014 eine von Ihnen

handschriftlich verfasste Stellungnahme zum Parteiengehör ein. In dieser Stellungnahme

führen Sie nach Wiederholung des Sachverhaltes wie folgt aus:

„.... Ich beabsichtige nachdem ich einen Aufenthaltstitel erlangt habe, sofort einer Beschäftigung nachzugehen. Ich habe ein Arbeit (Fa) gefunden wo ich sofort anfangen kann. Das was passiert ist wofür ich verurteilt wurde, war nicht meine Schuld, (meine Frau hat das ohne mein Wissen gemacht ich kann nichts dafür. Sie ist volljährig und kritisiert habe ich Sie! Es tut uns sehr leid, wir entschuldigen uns dafür, es kommt nicht mehr vor (BLACK OUT)!

Ich bitte Sie aus den angeführten Gründen, meinen Antrag positiv zu erledigen u mir eine „Niederlassungsbewilligung „Familienangehöriger" zu erteilen. Mit freundlichen Grüßen"

 

Mit email vom 5.8.2015 und in weiterer Folge postalisch (eingelangt am 6.8.2015) langte ha eine Säumnisbeschwerde durch Ihren Rechtsvertreter ein, der diverse Unterlagen -so z.B. die bereits genannte Bestätigung der Fa. B GembH - angeschlossen waren. Auf die im genannten Parteiengehör zur Kenntnis gebrachten Abweisungsgründe wurde in dieser Beschwerde nicht mehr eingegangen. Es wurde vielmehr insgesamt das Begehren, den Aufenthaltstitel Familienangehöriger zu erteilen, wiederholt, da alle Voraussetzungen vorliegen würden.

Seitens ha Behörde wurde von der in § 16 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) normierten Möglichkeit der Nachholung des Bescheides Gebrauch gemacht und wurde im Zuge abschließender Ermittlungen festgestellt, dass Sie zuletzt vom 5.6.2015 bis 17.8.2015 in P, wohnhaft waren. Weiters wurde festgestellt, dass derzeit beim Bezirksgericht Traun ein Verfahren wegen des Verdachtes auf Betrug gem. § 146 StGB gegen Sie anhängig ist.

 

Die Behörde hat erwogen:

 

1.1. Die der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) 2005 in der geltenden Fassung lauten auszugsweise:

 

Allgemeine Voraussetzungen

Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel

 

§ 11.(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG erlassen wurde oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können.

 

1.2. § 16 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung lautet:

 

Nachholung des Bescheides

 

§ 16. (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter An-schluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

 

 

2. Aus den zitierten Bestimmungen ergibt sich, dass die Behörde, bei welcher die Säum-nisbeschwerde eingebracht wurde, zur Nachholung des Bescheides innerhalb von 3 Monaten ab Säumnisbeschwerde berechtigt ist. Da die Säumnisbeschwerde erstmals am 5.8.2015 per e-mail bei ha Behörde eingelangt ist, erfolgt gemäß § 16 Abs. 1 die Erlassung des gegenständlichen Bescheides von der zuständigen Behörde fristgerecht.

 

3.1. Grundsätzlich steht unbestritten fest, dass aufgrund der aufrechten Ehe zu einer österreichischen Staatsbürgerin der Aufenthaltstitel Familienangehöriger unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen wäre. Eine dieser Voraussetzungen normiert § 11 Abs. 2 Z.1 NAG 2005, wonach ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden darf, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Daraus ergibt sich, dass für die entscheidende Behörde zu prüfen ist, ob Ihr Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

3.2. Wie Ihnen bereits mit Parteiengehör vom 18.5.2015, zugestellt am 21.05.2015, mitgeteilt wurde, wird aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung vom 24.7.2013 wegen § 130 StGB (gewerbsmäßigem Diebstahl und Diebstahl im Rahmen einer kriminellen Vereinigung) von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgegangen. Die im Parteiengehör angeführte rechtskräftige Verurteilung wurde von Ihnen nicht konkret bestritten und kann somit als erwiesen angesehen werden. Wenn Sie in Ihrer Stellungnahme darzulegen versuchen, dass es nicht Ihre Schuld war, Ihre Frau das ohne Ihr Wissen gemacht hätte und Sie nichts dafür können und Sie beteuern, dass Ihnen das sehr leid täte, es hätte sich um ein Black Out gehandelt und werde nicht mehr vorkommen, so muss Ihnen folgendes entgegengehalten werden:

 

Eine rechtskräftige Verurteilung eines Zivilgerichtes stellt ein abgeschlossenes Verfahren dar. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Schuld allein Ihre Gattin trifft, so wäre dies im Zuge des Strafverfahrens vorzubringen und seitens des zuständigen Gerichts zu prüfen gewesen. Welche Rechtfertigungsgründe im Strafverfahren von Ihnen ins Treffen geführt wurden ist im hier anhängigen Verfahren nicht von Relevanz. Für die Entscheidung über Ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels kann lediglich das Ergebnis eines anderen Verfahren relevant sein. In diesem Fall steht für die Behörde eindeutig fest, dass Sie wegen gewerbsmäßigem Diebstahl zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wurden. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass Sie die Tat scheinbar gemeinsam mit Ihrer Gattin begangen haben. Doch selbst bei einer unter Umständen „gemeinsamen Tat" würde das nichts daran ändern, dass die hier gegenständliche Verurteilung Ihnen gegenüber ausgesprochen wurde.

 

3.3. Wenig glaubwürdig erweist sich demnach auch Ihr Argument, dass es sich um ein Black-Out gehandelt hätte, Ihnen alles leid tue und es nicht wieder vorkommen würde. Ihre Stellungnahme wurde von Ihnen handschriftlich mit 5.6.2015 datiert und am selbigen Tag auch bei ha Behörde persönlich abgegeben. Am selben Tag haben Sie sich weiters polizeilich bei Ihrer Gattin am P angemeldet, woraus sich ergibt, dass Sie sich seit 5.6.2015 (laut Meldedaten bis 17.8.2015) im Rahmen Ihrer Möglichkeiten, sich sichtvermerkfrei in Österreich aufzuhalten, wieder im Bundesgebiet aufgehalten haben. Bereits der darauffolgende Tag, nämlich der 6.6.2015, scheint als Tatzeitpunkt einer neuerlichen Anzeige der PI Leonding vom 19.6.2015 wegen Betrugs auf. Recherchen der hier entscheidenden Behörde zufolge ist ein entsprechendes Verfahren derzeit beim BG Traun anhängig. Zwar kann diese Anzeige vor einem rechtskräftigem Ab-schluss vor dem zuständigen Bezirksgericht nicht an sich als entscheidungsrelevant betrachtet werden, lässt diese Tatsache jedoch die diesbezüglichen Angaben in Ihrer Stellungnahme vom 5.6.2015 nicht glaubwürdig erscheinen.

Seitens der ha Behörde ist eine Prognoseentscheidung dahingehend zu treffen, ob aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Falle eines Aufenthaltes auszugehen ist. Wie bereits der VwGH in seinem Erkenntnis vom 28.2.2008, ZI. 2006/21/0218 (mit weiteren Nachweisen), ausgeführt hat, ist zur Auslegung der unbestimmten Gesetzesbegriffe „sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde" eine das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten. Diesbezüglich wird bei der Entscheidungsfindung der Widerspruch der von Ihnen vorgebrachten Argumente und der behördlichen Ermittlungen erschwerend angesehen. Dies nicht zuletzt auch aufgrund der zeitlichen Nähe dieses Widerspruches, nämlich ein vermutlicher Tatzeitpunkt nur einen Tag nach den genannten Beteuerungen in Ihrer Stellungnahme. Insbesondere handelt es sich bei der rechtskräftigen Verurteilung aus dem Jahr 2013 mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten um kein geringfügiges Vergehen. Darüber hinaus ist die verhängte Probezeit von 3 Jahren noch nicht vorbei und wurde trotzdem bereits wieder ein weiteres Strafverfahren gegen Sie anhängig. Aus Sicht der ha Behörde ist daher nicht auszuschließen, dass Sie mit diversen strafrechtlichen Vorschriften wieder in Konflikt geraten.

 

Auch wenn Sie sich in Ihrer Heimat laut vorgelegtem Strafregisterauszug aus Serbien wohlverhalten haben, kann daraus nicht geschlossen werden, dass Sie in Österreich, wo Sie sich bisher nur vorübergehend aufgehalten haben, bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, sich künftig auch wohlverhalten werden. Diesen Schluss lässt aus Sicht der ha Behörde - wie erwähnt - schon allein die Tatsache nicht zu, dass Sie sich bereits während eines damals 2,5 Monate dauernden Aufenthaltes in Österreich nicht an die Gesetze hielten. Diesbezüglich kann auch nicht zu Ihren Gunsten ausgelegt werden, dass bereits während der 3-jährigen Probezeit und wiederum während eines nur vorübergehenden Aufenthaltes im Bundesgebiet neuerlich ein Verfahren gegen Sie anhängig wurde.

 

3.4. Aus den genannten Überlegungen konnte Ihr Antrag daher mangels einer zu Ihren Gunsten ausfallenden Prognose keiner positiven Erledigung zugeführt werden und war wie im Spruch zu entscheiden.

 

2. Gegen den in Rede stehenden Bescheid erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig (datiert mit 15. Oktober 2015) das Rechtsmittel der Beschwerde, in der er Nachstehendes ausführte:

 

1. Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer wurde am x in Serbien geboren. Am x.2009 heiratete er in Serbien seine Ehegatten J S, geb. x. Frau J S ist österreichische Staatsbürgerin und dauerhaft in Österreich an der Adresse P wohnhaft.

 

Am 12.11.2014 stellte der Beschwerdeführer persönlich bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger".

 

Mit Bescheid vom 18.9.2015, zugestellt am 24.9.2015 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 12.11.2014 auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) 2005 ab.

 

II. Gegen den oben genannten Bescheid erhebt der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigten und ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist nachstehende

 

Beschwerde

und stellt die Anträge:

 

Das zuständige Verwaltungsgericht möge

 

1. gemäß Artikel 130 Abs 4 B-VG und § 28 Abs 2 VwGVG den angefochtenen Bescheid abändern und dem Antrag des Beschwerdeführers vom 12.11.2014 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) 2005 stattgeben

 

in eventu

 

2. gemäß § 28 Abs 3 VwGVG den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen, sowie

 

3. jedenfalls gemäß § 24 Abs 1 VwGVG eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

Informativ wird bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer erst wieder Anfang Dezember nach Österreich einreisen und sich danach wiederum nur für 3 Monate im Inland aufhalten darf, sodass beantragt wird, die mündliche Verhandlung in diesem Zeitraum anzuberaumen.

 

III. Die Anträge werden nachstehend begründet wie folgt:

 

Der Bescheid der belangten Behörde ist rechtswidrig.

 

Der Beschwerdeführer ist seit x.2009 mit der österreichischen Staatsbürgerin, J S verheiratet. Die Ehegatten des Beschwerdeführers hat ihren dauernden Aufenthalt in Österreich, ist aufrecht an der Adresse P gemeldet und geht einer geordneten regelmäßigen Arbeit nach. Weiters verfügt der Beschwerdeführer über eine verbindliche Bestätigung der Einstellung bei der Firma B GmbH. Sobald der Aufenthaltstitel erteilt ist, kann der Beschwerdeführer bei der B GmbH zu arbeiten beginnen. Während seines Aufenthalts in Österreich absolvierte der Beschwerdeführer zusätzlich einen Deutschkurs am G, den er am 22.12.2014 positiv ab-schloss.

 

Sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels sind gegeben, sodass die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers jedenfalls stattgeben musste.

 

Beweis: Heiratsurkunde

Arbeitsplatzbestätigung

G Zertifikat A1

PV

ZV, J S, P

 

Weiters liegen keine Gründe vor, die gemäß § 11 NAG gegen eine Erteilung des Aufenthaltstitels sprechen.

 

Insbesondere widerstreitet der Aufenthalt des Beschwerdeführers keinen öffentlichen Interessen, da der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder die öffentliche Ordnung, noch die öffentliche Sicherheit gefährden würde.

 

Zur Auslegung der unbestimmten Gesetzesbegriffe „sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde" hat die belangte Behörde im Zuge einer Prognosebeurteilung das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen.

 

Die Strafregisterauskunft des Beschwerdeführers weist - mit Ausnahme, der von der belangten Behörde zitierten rechtskräftigen Entscheidung des LG Linz - keine Verurteilungen auf.

Diesbezüglich ist weiters zu beachten, dass diese Haftstrafe zur Gänze bedingt nachgesehen wurde. Bereits in seiner Stellungnahme gab der Beschwerdeführer an, dass ihm sein Verhalten leid tue und er sich dafür entschuldigen möchte. Der Beschwerdeführer ist einsichtig, dass ein derartiges Verhalten Konsequenzen habe und war bereits vor Antragstellung bemüht, eine verbindliche Arbeitsplatz-Zusicherung in Österreich zu bekommen, um auch zukünftig derartigen strafbaren Verhalten vorbeugen zu können.

 

Weiters hätte die belangte Behörde die Bereitschaft des Beschwerdeführers zu einem gesetzeskonformen Verhalten berücksichtigen müssen, da dieser jeweils nur für die gesetzlich vorgesehene Dauer in Österreich bei seiner Familie aufhältig ist, danach freiwillig wieder ausreist und die Erledigung seines Antrags im Ausland abwartet. Bereits aus diesem gesetzestreuen Verhalten des Beschwerdeführers ist auf dessen Wohlverhalten zu schließen.

 

Bereits aus dem erheblichen Bemühen des Beschwerdeführers, Deutschkurse zu absolvieren, eine verbindliche Arbeitsplatzzusicherung zu erhalten und einen legalen Aufenthaltstitel für den Aufenthalt in Österreich zu erhalten, ist auf das Wohlverhalten des Beschwerdeführers zu schließen. Die beträchtlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem dauerhaften Verbleib in Österreich aufgrund seiner familiären Bindung zu seiner Gattin überwiegen die öffentlichen Interessen bei Weitem. Zudem ist davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer bei Aufnahme einer entgeltlichen Beschäftigung in Österreich, dem dadurch erzielten Einkommen, sowie dem Bewusstsein selbst für seine Familie sorgen zu können und nicht auf Hilfe Dritter oder seiner Gattin angewiesen zu sein, nicht nochmals zu Straftaten hinreißen lassen werde, zumal er auch im Ausland bis dato einen ordentlichen Lebenswandel führte und nicht straffällig wurde. Es ist sohin jedenfalls von einer positiven Zukunfts-prognose auszugehen und liegt keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung bzw. der öffentlichen Sicherheit vor, sodass bereits die belangte Behörde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" stattgeben hätte müssen.

 

Beweis: wie bisher

 

Der Bescheid vom 18.9.2015 wurde sohin mit einer Säumnis von 10 Monaten rechtswidrig erlassen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 18. Dezember 2015 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt, hiezu den Bf, seine als Zeugin namhaft gemachte Gattin, den Rechtsvertreter und die belangte Behörde geladen. Der Bf ist krankheitsbedingt der Verhandlung ferngeblieben. Seitens der rechtsfreundlichen Vertretung wurde auf eine neuerliche Ladung des Bf verzichtet.

 

4.1. Auf Grund der Aktenlage, der durchgeführten Verhandlung und der ergänzenden Ermittlung ergibt sich der folgende wesentliche Sachverhalt:

 

Der Bf, ein serbischer Staatsangehöriger, geboren am x, heiratete am x.2009 in Serbien die österreichische Staatsangehörige J S, geboren am x. Die Gattin des Bf wohnt in P. Bei seinen Österreichaufenthalten hält sich der Bf bei seiner Gattin auf. In Serbien ist der Bf unbescholten. Die Deutschkenntnisse (A1) des Bf wurden vom G in Belgrad am 22. Dezember 2014 mit „ausreichend“ bewertet. 

 

Seit mindestens fünf Jahren verfügt der Bf über kein eigenes Einkommen. Er ist während dieses Zeitraumes keiner Arbeit nachgegangen und wird von seiner Gattin finanziell unterstützt.

 

Erstmalig beantragte der Bf am 27. Oktober 2009 einen Aufenthaltstitel. Dieser wurde mangels ausreichender Unterhaltsmittel am 11. April 2012 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen.

 

Während eines seiner visumfreien Aufenthalte in Österreich hat der Bf (als Beitragstäter) mit seiner Gattin das Verbrechen des vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls begangen, indem er am 29. Dezember 2012 Verfügungsberechtigten der S HandelsGesmbH einen Laptop im Wert von 1.319,-- Euro und am 31. Dezember 2012 Verfügungsberechtigten der H GesmbH zwei Paar Sportschuhe und eine Armbanduhr im Wert von 379,97 Euro mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen hat.

Das Landesgericht Linz hat am 18. Juli 2013 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt und den Bf wegen des Verbrechens des vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 1. Fall und 12 3. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mildernd wurden die Unbescholtenheit, die Wiedergutmachung und die psychische Beitragstäterschaft gewertet. Einer Diversion standen fallbezogen spezialpräventive Überlegungen entgegen, da der Bf nicht einmal eine bedingte Unrechtseinsicht oder eine partielle Verantwortungsübernahme zeigte und Tatwiederholung  vorgelegen ist.

 

Am 12. November 2014 stellte der Bf bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 47 NAG. Dem Antrag legte der Bf u.a. einen Arbeitsvertrag vor, wonach seine Gattin ein Arbeitsverhältnis am 22. September 2014 begonnen hat. Laut Auskunft der Sozialversicherung besteht dieses Arbeitsverhältnis bis dato.

 

In der Stellungnahme vom 5. Juni 2015 wies der Bf auf seine Arbeitswilligkeit hin und nahm Bezug auf eine Arbeitszusage. Weiters setzte er sich mit seiner Verurteilung (im Sommer 2013) auseinander und führte dabei wörtlich aus:

„Das was pasiert ist wo für ich Verurteilt wurde, war nicht meine Schuld, (meine Frau hat das ohne mein Wissen gemacht ich kann nichts dafür. Sie ist volljährig und kritisirt habe ich Sie! Es tut uns sehr leid, wir entschuldigen uns dafür, es kommt nicht mehr vor (BLACK OUT)!“

 

Am 6. Juni 2015 tauschte der Bf in T in einem Bekleidungsgeschäft an zumindest zwei T-Shirts der Marke „C D“ die Etiketten und bezahlte an der Kasse den jeweils deutlich geringeren Kaufpreis. Nach dem Verlassen des Geschäftes wurde der Bf von einem Detektiv gestellt und in der Folge die Polizei beigezogen. Diesen gegenüber gestand er die Tat und bezahlte die Differenz. Auf Grund dieser Tat wurde der Bf angezeigt und vom BG Traun (GZ 3u 134/15v) zu einer Geldstrafe von 480 Euro verurteilt. Das Gerichtsverfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Die Gattin des Bf führte in der öffentlichen Verhandlung sein deliktisches Verhalten auf ein Blackout zurück und begründete dies mit seiner Arbeitslosigkeit.  

 

II.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig. Wenig glaubhaft und teilweise nicht nachvollziehbar sind die „Einsichtigkeit“ des Bf und die Schuldzuweisung im Hinblick auf sein deliktisches Verhalten.

 

III.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Relevante Rechtslage:

 

Gemäß § 47 Abs. 1 NAG sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 dieser Norm Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Nach § 47 Abs. 2 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von Zusammenführenden sind, ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

§ 11 Abs. 3 NAG normiert, dass ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden kann, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

                                                                                                                               1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4. der Grad der Integration;

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Nach § 11 Abs. 4 Z 1 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde.

 

2. Auf Grundlage des als erwiesen angenommenen Sachverhalts ist der Bf Familienangehöriger eines Zusammenführenden im Sinne der Definitionen des § 47 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 NAG.

Der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels stehen zwar keine Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1 NAG) entgegen, dennoch darf ein Aufenthaltstitel grundsätzlich nur erteilt werden, wenn auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen (§ 11 Abs. 2 NAG) erfüllt sind.

2.1. Wie bereits oben unter den Rechtsgrundlagen dargestellt, darf dem Bf ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn sein Aufenthalt nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Dies ist gemäß § 11 Abs. 4 Z 1 leg. cit. dann der Fall, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

 

Bei der Beurteilung, ob eine solche Annahme gerechtfertigt ist, muss – entgegen der Ansicht des Bf - nicht auf das Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung abgestellt werden. Auch das Anzeigen an Behörden oder Gerichte zu Grunde liegende Verhalten kann - wie auch sonstiges Fehlverhalten - zur Annahme führen, der Aufenthalt eines Fremden würde eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit hervorrufen. Dabei ist aber auf die Art und Schwere des den Anzeigen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens abzustellen. Die bloße Tatsache einer Anzeigeerstattung reicht für die genannte Annahme nicht (vgl. E. des VwGH vom 3. April 2009, 2008/22/0711 und vom 19. Februar 2014, 2011/22/0009).

 

Bei der Auslegung der unbestimmten Gesetzesbegriffe "sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde" in § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG 2005 ist eine das Gesamtverhalten eines Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung geboten (siehe E. des VwGH vom 28. Februar 2008, 2006/21/0218).

 

Im vorliegenden Fall ist das Fehlverhalten des Bf nicht nur auf eine Anzeige bzw. auf eine diesbezüglich nicht rechtskräftige Verurteilung im Jahr 2015 zurückzuführen. Bereits im Juli 2013 wurde der Bf wegen des Verbrechens des vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. 

 

Bezeichnend für das vom Bf ausgehende Gefahrenpotential ist, dass er mehrmals und ausschließlich im Bundesgebiet schwerwiegende Verstöße gegen das Strafgesetzbuch gesetzt hat. Die oben aufgelisteten Taten, die teilweise als Verbrechen beurteilt worden sind, beging der Bf während seines befristeten (rechtmäßigen) Aufenthaltes in Österreich. Bereits knapp ein halbes Jahr, nachdem ihm die Gewährung eines Aufenthaltstitels versagt worden ist, hat er (als Beitragstäter) Ende 2012 mit seiner Gattin das Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls begangen. Für die von ihm im Zeitraum Ende 2012 begangenen Taten hat er weder in der Gerichtsverhandlung noch danach Einsichtigkeit gezeigt. Da der Bf weder das Unrecht der Tat einsah noch eine partielle Verantwortung übernehmen wollte, war ihm schon aus diesem Grund eine Diversion verwehrt. Das fehlende Unrechtsbewusstsein ist nach wie vor gegeben. In der Stellungnahme vom 5. Juni 2015 schiebt der Bf vorerst die gesamte Schuld an die unmittelbare Täterin (Gattin) ab und versucht sich aus der Verantwortung zu entziehen, indem er sie einerseits als volljährige Person bezeichnet und andererseits glauben machen will, dass sie ohne sein Wissen gehandelt habe. Folgte man der Verantwortung des Bf, ist unverständlich, warum er sich im Anschluss daran entschuldigt und von einem Blackout spricht. In der öffentlichen Verhandlung sucht die als Zeugin befragte Gattin vorerst die gesamte Schuld auf sich zu nehmen und nach Vorhalt der rechtskräftigen Verurteilung des Bf das Zustandekommen des Urteiles damit zu begründen, dass der Bf damals nicht richtig verstanden habe. Im Hinblick darauf, dass dem Bf bei der Verhandlung ein Dolmetscher zur Seite gestanden ist, stellt sich dieser Erklärungsversuch als wenig glaubhaft dar. Selbiges trifft auch auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift zu. Darin bezieht sich der Bf auf seine Stellungnahme, in der er bereits seine Einsichtigkeit aufgezeigt und sich entschuldigt habe.

 

Wie wenig der Bf gewillt ist, sich rechtskonform zu verhalten, zeigt auch sein deliktisches Verhalten unmittelbar nach dem Abfassen der angesprochenen Stellungnahme. Einen Tag, nachdem er schriftlich festgehalten hat, dass „es nicht mehr vorkommt“, trat seine kriminelle Energie am 6. Juni 2015 neuerlich zu Tage. Als Zeugin befragt hat die Gattin in der öffentlichen Verhandlung dieses Verhalten neuerlich als Blackout beschrieben und mit der Arbeitslosigkeit des Bf zu beschönigen versucht. Obwohl der Bf seit ca 5 Jahren über keine eigenen Einkünfte verfügt, von der Unterstützung der Gattin lebt, in diesem Zeitraum keiner Arbeit nachgegangen ist, hat sie ihn als „Arbeitstier“ bezeichnet und ausgeführt, dass er die Tat nicht begangen hätte, wenn er über eine Arbeit verfügen würde. Wie der Zeugenaussage zu entnehmen ist, hat der Bf seine Tathandlung gegenüber den einschreitenden Beamten eingestanden und den ausstehenden Betrag bezahlt. Die besondere kriminelle Energie des Bf zeigt sich im von der Zeugin geschilderten Verhalten. Der Bf verfügte beim Betreten des Geschäftslokales über ausreichende Barmittel zum Kauf der gegenständlichen Kleidungsstücke. Dennoch war er nicht bereit, für die T-Shirts der Marke C D (gehobene Preisklasse) den geforderten Kaufpreis zu entrichten. Um sich „kostengünstig“ die T-Shirts aneignen zu können, tauschte der Bf einfach die Preisschilder. Dieses vorsätzliche Verhalten wiederum mit einem Blackout abzutun, lässt deutliche Rückschlüsse auf das negative Charakterbild des Bf zu. Die mangelnde Einsichtigkeit des Bf tritt auch im Beschwerdeschriftsatz hervor. In diesem wird die negative Prognosebeurteilung der belangten Behörde, soweit sie das deliktische Verhalten des Bf im Juni 2015 betrifft, vollständig negiert und entgegen der diesbezüglichen Feststellung der belangten Behörde argumentiert, dass diese „die Bereitschaft des Bf zu einem gesetzeskonformen Verhalten berücksichtigen“ hätte müssen. Wiederum - und unter Ausblendung des strafrechtlich relevanten Verhaltens des Bf – wird gefordert, dass auf Grund des (sonstigen) „gesetzestreuen Verhaltens auf das Wohlverhalten des Bf zu schließen sei.

 

Aus dem Gesamtverhalten des Bf (wiederholte, teils schwerwiegende vorsätzliche Verstöße gegen des StGB in einem relativ kurzen Beobachtungszeitraum, mangelnde Tateinsicht, fehlendes Unrechtsbewusstsein, keine Verantwortungsübernahme, leichtfertige Inkaufnahme von Verstößen gegen die Rechtsordnung [wenn der Bf etwas haben will, dann nimmt er es zu seinen Konditionen]) ist abzuleiten, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde. 

 

2.2. Abstellend auf § 11 Abs. 3 NAG kann trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 NAG ein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

 

Bei der vorzunehmenden Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die Punkte 1 bis 9 des § 11 Abs. 3 NAG zu berücksichtigen.

 

Soweit der Aktenlage zu entnehmen ist, waren die bisherigen zeitlich befristeten Aufenthalte des Bf im Bundesgebiet rechtmäßig. Im Hinblick darauf, dass sich der Bf seit der Verehelichung im Jahr 2009 zumindest in den letzten Jahren ca. 6 Monate pro Jahr in seinem Heimatland aufgehalten hat, kann nicht von einem intensiven Familienleben ausgegangen werden. Im Verfahren ist auch nicht hervorgekommen, dass eine enge familiäre Bande besteht, die beispielsweise in regelmäßigen Besuchen der Gattin im Heimatland des Bf (in Zeiten, in denen   der Bf nicht zur Einreise in Österreich berechtigt war)  zum Ausdruck gekommen wäre. Bedingt durch die langen Zeiträume, die der Bf nach wie vor in seinem Heimatstaat verbringt, sind seine Bindungen zu diesem als intakt anzusehen. Gegenteiliges wurde nicht angedeutet. Die Gattin des Bf hat zwar in der öffentlichen Verhandlung vorgebracht, dass sie die Situation belaste und auf Grund eines Nervenzusammenbruches in ärztlicher Behandlung gewesen sei, Gründe, die eine besondere Schutzwürdigkeit aufzeigen würden, wurden nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Trotz des vorgelegten Nachweises über einen bestandenen Sprachkurs auf dem Niveau A1 ist kein hoher Integrationsgrad erkennbar. Integrationsschritte, die darüber hinausgingen, sind nicht zu ersehen und wurden auch nicht angesprochen. Wie bereits unter Punkt 2.1. ausführlich dargestellt, liegt keine strafgerichtliche Unbescholtenheit vor. Die wiederholten Verstöße gegen das Strafgesetzbuch, die u.a. auch als Verbrechen beurteilt wurden, und keinesfalls aus einer Notlage resultierten, zeigen deutlich die kriminelle Energie des Bf auf und wirken nachhaltig integrationsmindernd.

 

Zusammenfassend ist somit zu erkennen, dass sich der Bf nicht mit Erfolg auf Art. 8 EMRK stützen kann.

 

3. Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

   

IV.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Stierschneider