LVwG-650641/2/FP

Linz, 23.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Berufung (nunm. Beschwerde) von J K, geb. x, S, T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. Februar 2013, GZ: VerkR22-1-43-2013, wegen Anordnung einer Nachschulung gem. § 4 Abs 6 Z2 FSG 1997,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 12. Februar 2013, VerkR22-1-43-2013 trug die Bezirkshauptmannschaft Gmunden (idF: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin (idF: Bf) auf, binnen 4 Monaten ab Zustellung (18. Februar 2013) eine Nachschulung zu absolvieren.

Die belangte Behörde begründete unter Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen damit, dass die Bf innerhalb der Probezeit (§ 4 Abs 1 FSG) die zulässige Höchstgeschwindigkeit an einem bestimmten Ort um 41 km/h überschritten habe, sie für diese Tat mit Strafbescheid der belangten Behörde rechtskräftig bestraft worden und die genannte Überschreitung als schwerer Verstoß iSd § 4 Abs 3 FSG zu werten sei.

 

I.2. Mit E-Mail vom 25. Februar 2013 erhob die Bf rechtzeitig Berufung, in der sie zusammengefasst ausführte, dass sie das ggst. Fahrzeug nicht selbst gelenkt habe und aus Unwissenheit und mangels Zugeständnis des ihr unbekannten Lenkers die Geldstrafe bezahlt habe.

 

I.3. Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht die nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung mit Schreiben vom 23. Mai 2016 zur Entscheidung vor.

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 1 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und die Bf keine Verhandlung beantragt hat.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Die belangte Behörde sprach mit am 29. August 2012 zugestellter Strafverfügung aus, dass die Bf am 28. Juni 2012 auf der A1 bei km 217,638 im Gemeindegebiet von Ohlsdorf, die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 41 km/h überschritten hat. Die Bf erhob keinen Einspruch, sodass die Strafverfügung in Rechtskraft erwuchs. (Strafverfügung, Rückschein, Vorbringen Bf)

 

Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mit einem stationären Radargerät der Type MUVR 6FA 360 mit der Nummer 04 festgestellt. (Anzeige)

Die belangte Behörde ordnete mit Bescheid vom 12. Februar 2013 eine Nachschulung an. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit E-Mail vom             25. Februar 2013 Berufung (dem Verwaltungsgericht vorgelegt am 30. Mai 2016).

 

Der Führerschein der Bf wurde am 29. September 2011 ausgestellt. Die Probezeit hätte sohin regulär mit Ablauf des 29. September 2013 geendet. Die einjährige Probezeitverlängerung lief bis zum 29. September 2014.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

III.1. Relevante rechtliche Bestimmungen:

 

§ 4 Abs 1, 3 und 6 FSG (BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 61/2011) lautet:

 

Lenkberechtigung für Anfänger (Probeführerschein)

§ 4. (1) Lenkberechtigungen für alle Klassen mit Ausnahme der Klassen AM und F, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, unterliegen einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

[...]

(3) Begeht der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs. 7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Herstellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs. 6 in die Wege zu leiten.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 81/2002)

[...]

(6) Als schwerer Verstoß gemäß Abs. 3 gelten

1. Übertretungen folgender Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 StVO 1960, BGBl. Nr. 159:

a) § 4 Abs. 1 lit. a (Fahrerflucht),

b) § 7 Abs. 5 (Fahren gegen die zulässige Fahrtrichtung),

c) § 16 Abs. 1 (Überholen unter gefährlichen Umständen),

d) § 16 Abs. 2 lit. a (Nichtbefolgen von gemäß § 52 lit. a Z 4a und Z 4c kundgemachten Überholverboten),

e) § 19 Abs. 7 (Vorrangverletzung),

f) §§ 37 Abs. 3, 38 Abs. 2a, 38 Abs. 5 (Überfahren von „Halt“-Zeichen bei geregelten Kreuzungen),

g) § 46 Abs. 4 lit. a und b (Fahren auf der falschen Richtungsfahrbahn auf Autobahnen);

2. mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitungen einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von

a) mehr als 20 km/h im Ortsgebiet oder

b) mehr als 40 km/h auf Freilandstraßen;

3. strafbare Handlungen gemäß den §§ 80, 81 oder 88 Strafgesetzbuch StGB, BGBl. Nr. 60/1974, die beim Lenken eines Kraftfahrzeuges begangen wurden.

 

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz - VwGbk-ÜG gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen bis zu diesem Datum erlassenen Bescheid als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Demnach sind auch die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Die von der Bf erhobene Berufung gilt insofern als Beschwerde.

 

III.2.2. In seiner Entscheidung vom 21. August 2014, Ra 2014/11/0027 hat der Verwaltungsgerichtshof wie folgt ausgesprochen:

Die Führerscheinbehörde ist, wenn eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt, jedenfalls in Ansehung des Umstands, dass der Betreffende die im Strafbescheid genannte Tat begangen hat, gebunden (Hinweis Erkenntnisse vom 27. Jänner 2005, 2003/11/0169, und vom 24. Februar 2009, 2007/11/0042, jeweils mwN.). Eine Bindung besteht hingegen nicht hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, falls dieses nicht bereits zum Tatbild der Verwaltungsübertretung zählt, wie dies z.B. gemäß § 99 Abs. 2d und 2e StVO 1960 der Fall ist. Es sei an dieser Stelle festgehalten, dass eine solche Bindungswirkung grundsätzlich auch hinsichtlich sonstiger rechtskräftiger Bestrafungen besteht (vgl. etwa zu Alkoholdelikten die Erkenntnisse vom 17. März 2005, 2005/11/0057, und vom 26. April 2013, Zl. 2013/11/0015, mwN., sowie z.B. zu Übertretungen nach § 4 Abs. 2 StVO 1960 das Erkenntnis vom 14. Mai 2009, 2007/11/0009). Für den Revisionsfall folgt daraus, dass das Verwaltungsgericht in Bindung an die rechtskräftige Strafverfügung davon auszugehen hatte, dass die in Rede stehende Verwaltungsübertretung (§ 20 Abs. 2 StVO 1960) vom Betroffenen und somit als Lenker eines Pkw - nach der Aktenlage: in der Probezeit - begangen wurde. Eigene Feststellungen zur Identität des Täters waren dem Verwaltungsgericht infolge dieser Bindungswirkung verwehrt.“ (Hervorhebungen nicht im Original)

 

Mit der rechtskräftig gewordenen Strafverfügung vom 18. Juli 2012 steht für das Verwaltungsgericht bindend fest, dass die Bf innerhalb der Probezeit (29. September 2011 – 2013) eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2d StVO begangen hat.

Dem Verwaltungsgericht kommt keine Zuständigkeit im Hinblick auf die Feststellung der Identität des Täters zu.

 

III.2.3. Nach § 4 Abs 3 FSG, hat die Anordnung einer Nachschulung unverzüglich zu erfolgen.

 

Der VwGH spricht dazu in seiner Entscheidung 96/11/0361 vom 22. April 1997 wie folgt aus:

 

„Die Anordnung der Nachschulung mit der damit verbundenen Verlängerung der Probezeit ist jedenfalls dann rechtswidrig und verletzt Rechte der betreffenden Person, wenn durch die verspätete Anordnung der Nachschulung eine Schlechterstellung bewirkt wird (hier: wegen verspäteter Anordnung der Nachschulung endet die Probezeit ca. 9 Monate später als sie das bei unverzüglicher Anordnung getan hätte)“.

(vgl. dazu auch Grundtner/Pürstl, FSG5, E1 zu § 4)

 

Die belangte Behörde hat die Nachschulung ca. 5 Monate nach Eintreten der Rechtskraft im Hinblick auf die Strafverfügung angeordnet (Zustellung 15. Februar 2013). Der Berufung kam nach dem Buchstaben des Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu (daraus ergibt sich eine Verpflichtung zur fristgerechten Absolvierung der Nachschulung unabhängig von der Einbringung einer Berufung) und waren die Rechte der Bf im Hinblick auf die Probezeitverlängerung iSd dargestellten Judikatur nicht verletzt, als sie angesichts des Ausspruches innerhalb der ursprünglichen Probezeit zu einer Probezeitverlängerung bis zum 29. September 2014, sohin zu keiner Schlechterstellung, führte. Die Anordnung erfolgte insofern rechtzeitig. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang war gegeben.

 

Vor dem Hintergrund der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung vermag der belangten Behörde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht entgegen getreten zu werden, wenn sie infolge der rechtskräftigen Bestrafung der Bf gegenüber eine Nachschulung angeordnet hat.

 

Eine Nachsicht, wie sie die Bf beantragt, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

 

 

IV.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l