LVwG-700011/6/Sr/Wu

Linz, 25.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde der S.N. vertreten durch Mag. K.Z., Rechtsanwalt gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. Dezember 2013, GZ Pol96-95-5-2013, wegen einer Übertretung des Oö. Sexualdienstleistungsgesetzes (Oö. SDLG) nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 7. Februar 2014 zu Recht  

e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG iVm den §§ 8 Abs. 2 Z. 5c, 17 Abs. 1 Z. 6 und Abs. 4 Oö. SDLG wird der Beschwerde stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG hat die Beschwerdeführerin weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu leisten.  

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 9. Dezember 2013, GZ Pol96-95-5-2013, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) gemäß § 17 Abs. 1. Z. 6 iVm § 8 Abs. 2 Z. 5c Oö. Sexualdienstleistungsgesetz (Oö. SDLG) eine Geldstrafe in der Höhe von 500,-- Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 168 Stunden verhängt, da es die Bf als Bewilligungsinhaberin des Bordell A. unterlassen habe, die Beendigung der Ausübung der Sexualdienstleistung des A.N. im Bordell A. schriftlich bekannt zu geben.

 

2. Das Straferkenntnis wurde der Bf durch Hinterlegung am 12. Dezember 2013 zugestellt. Innerhalb offener Frist hat die Bf mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 (Poststempel: 21. Dezember 2013) dagegen Beschwerde (vormals Berufung) eingebracht.

 

Begründend führte die Bf nach Beantragung einer öffentlichen Verhandlung aus, dass die Einspruchsangaben richtig seien. An- und Abmeldungen können keine Momentaufnahme sein. Bei freien Tagen und Heimataufenthalten bedürfe es keiner Abmeldung, da sonst in diesen Fällen dreimal pro Nacht eine Meldung zur Gemeinde geschickt werden müsse. Da jede Ermittlungstätigkeit unterblieben sei, werde die Einvernahme des A.N. als Zeugen beantragt.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 7. Februar 2013 eine öffentliche Verhandlung durchgeführt, die Parteien, die namhaft gemachten Zeugen (soweit eine ladungsfähige Adresse bekanntgegeben bzw. eruiert werden konnte) und die einschreitenden Polizeibeamten geladen.

 

Jene Zeugen, deren Einvernahme die Bf beantragt hatte, sind unentschuldigt nicht erschienen. Eine neuerliche Ladung wurde nicht beantragt.

 

4. Auf Grund der öffentlichen Verhandlung steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die Bf ist als Bewilligungsinhaberin der Bar A. in x für die Einhaltung der Bestimmungen des Oö. SDLG verantwortlich.

 

A.N. war am 12. September 2013 in der Bar A. anwesend und wurde auch vom einschreitenden Polizeibeamten in einem Nebenraum wahrgenommen. Die Bf hat A.N. der Gemeinde x, am 12. September 2013 gemeldet, da sie der Ansicht war, auch Besucher (Freunde der Prostituierten), die im Bordell aufhältig sind, der Gemeinde melden zu müssen. Während der Kontrolle am 20. September 2013 war A.N. nicht mehr im Bordell anwesend, da er dieses Tage zuvor verlassen hatte.

 

Obwohl A.N. keine Sexualdienstleistung in der Bar A. erbracht hatte, teilte die Bf der zuständigen Behörde (Gemeinde x) am 22. September 2013 schriftlich mit, dass dieser das Bordell verlassen habe.

 

Aus dem Vorlageakt geht hervor, dass die Bf unbescholten ist (ONr. 3).

 

Die Bf verfügt über kein Vermögen, hat keine Sorgepflichten. Das monatliche Nettoeinkommen beträgt ca. 800 Euro.

 

II.             

 

Unbestritten ist, dass A.N. am 12. September 2013 in der Bar A. anwesend war und von der Bf eine Anmeldung an die Gemeinde x erstattet worden ist.

 

Die Bf hat glaubwürdig vorgebracht, dass sich A.N. lediglich zu Besuchszwecken (Besuch der Freundin xx) im Bordell aufgehalten und zu keinen Zeitpunkt Sexualdienstleistungen erbracht habe. A.N. trete in Budapest als Transvestit auf. In der Bar A. würden weder Transvestiten als Künstler tätig sein noch Sexualdienstleistungen anbieten. Die Ausübung von Sexualdienstleistungen sei in diesem Bordell ausschließlich Frauen vorbehalten.

 

Der unter Wahrheitspflicht aussagende Polizeibeamte hat nachvollziehbar die Amtshandlungen am 12. und 20. September 2013 geschildert und auf die Anwesenheit des A.N. in einem Nebenraum am 12. September 2013 hingewiesen. Dass sich A.N. zum Zwecke der Ausübung von Sexualdienstleistungen im Bordell aufgehalten habe, lässt sich weder dem Beweisverfahren in der öffentlichen Verhandlung noch den Aussagen der Parteien und des Zeugen entnehmen.

 

III.          

 

1. § 8 Oö. SDLG regelt die Verantwortung und Pflichten beim Bordellbetrieb.

 

Gemäß Abs. 1 leg. cit. ist die Bewilligungsinhaberin bzw. der Bewilligungsinhaber für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Landesgesetzes, der auf dessen Grundlage ergangenen Verordnungen und Bescheide verantwortlich.

 

Nach Abs. 2 Z. 5 lit. c leg. cit. ist die Bewilligungsinhaberin bzw. der Bewilligungsinhaber insbesondere verpflichtet, den Behörden (§ 14) die Personen, die im Bordell die Sexualdienstleistungen anbahnen oder ausüben, und die im Bordell beschäftigten sonstigen Dienstnehmerinnen bzw. Dienstnehmer schriftlich die Beendigung der Ausübung der Sexualdienstleistung bekannt zu geben.

 

Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. sind die nach diesem Landesgesetz zu besorgenden Angelegenheiten solche des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde.

 

Nach § 17 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bewilligungsinhaberin bzw. Bewilligungsinhaber gegen § 8 verstößt.

 

Gemäß Abs. 2 ist der Versuch strafbar.

 

Nach Abs. 4 sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 Z. 3 bis 9 mit Geldstrafe bis 5.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis 10.000 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen.

 

2. Bei der Bar A. handelt es sich um einen Bordellbetrieb. Die Bf ist als Bewilligungsinhaberin verpflichtet, der Gemeinde schriftlich die Namen jener Personen bekannt zu geben, die die Ausübung der Sexualdienstleistung in diesem Bordell beendet haben.

 

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, konnte der Nachweis dafür nicht erbracht werden, dass A.N. in der Bar A. Sexualdienstleistungen erbracht hat.

 

Die Bf konnte in der öffentlichen Verhandlung glaubwürdig darlegen, dass A.N. ausschließlich als Besucher in den Bordellräumlichkeiten anwesend war und seine Anmeldung bei der Gemeinde x nur auf Grund eines Missverständnisses betreffend den Umfang ihrer gesetzlichen Verpflichtungen vorgenommen worden war.

 

Eine irrtümliche Anmeldung löst jedoch keine sanktionsbewehrte Verpflichtung zur Abmeldung im Sinne des § 8 Oö. SDLG aus. Die gesetzliche Verpflichtung besteht nur dann, wenn eine Person die Ausübung der Sexualdienstleistung im Bordell beendet hat.

 

Da A.N. im Beurteilungszeitraum keine Sexualdienstleistungen im Bordell A. erbracht hat, kann der Bf auch kein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 Z. 5c Oö. SDLG vorgeworfen werden.

 

Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider