LVwG-000147/2/FP

Linz, 25.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von R W, geb. x 1952, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, Spitalskystraße 10a, 4400 Steyr vom      23. Februar 2016, GZ. BHSE-2016-54676/1-Nes, wegen mehrerer Verstöße gegen das LMSVG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und das bekämpfte Straferkenntnis in Bezug auf seinen

(1)       Spruchpunkt 1 dahingehend abgeändert, dass die verhängte Geldstrafe auf 1.500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden herabgesetzt, und die Wendung „als verantwortliche Beauftragte“ durch „als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit als zur Außenvertretung Berufene“ ersetzt wird.

(2)       Spruchpunkt 2 dahingehend abgeändert, dass die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Stunden herabgesetzt, die Wendung „als verantwortliche Beauftragte“ durch die Wendung „als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit zur Vertretung nach außen Berufene“ und der Passus „...Kunststoffrollen der Arbeitstische im Reiferaum nicht sauber gereinigt waren“ durch die Wendung „...Kunststoffrollen der Arbeitstische im Reiferaum aufgrund ihrer Abnützung nicht mehr sauber gereinigt werden konnten“ ersetzt wird.

(3)       Spruchpunkt 3 aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z1 und Z3 VStG eingestellt. 

     

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Pflicht der Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Die Kosten des behördlichen Strafverfahrens reduzieren sich auf 200 Euro (§ 64 VStG).

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 23. Februar 2016 verhängte die belangte Behörde Geldstrafen von insgesamt 5.000,-- Euro über die Beschwerdeführerin (Bf). Das Bezug habende Straferkenntnis lautete wie folgt:

 

Sie haben

am

um (von - bis Uhr)

in

23.07.2015

08.15 Uhr

x

 

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1. Nichteinhaltung von Bescheidauflagen gem. § 39 LMSVG (Bescheid Ges-170021/9-2013-Hau vom 29.08.2013)

Entgegen dieser obigen Bescheidauflagen haben sie als verantwortliche Beauftragte der Firma G B GmbH, zu verantworten, dass am 23.7.2015 um 08.50 Uhr im Betrieb G B GmbH, 78 Steigen zu 8 offenen Packungen mit je 2x200g Schafmischkäse zur Lagerung für die spätere Verpackung, dicht übereinander gestapelt im Produktionskühlraum waren. Kondenswasser hat sich außen auf den gestapelten Steigenböden gebildet, sodass die darunterliegenden Lebensmittel kontaminiert werden können.

Dieser Mangel wurde bereits am 20.10.2011, 10.02.2012, 11.02.2014, 02.04.2014, 04.07.2014 festgestellt und in den Kontrollberichten zur Kenntnis gebracht, sowie 2014 jeweils angezeigt. Gegen die aufrechte Bescheidauflage gem. § 39 LMSVG (Bescheid Ges-170021/9-2013-Hau vom 29.08.2013 bleibt aufrecht!), wonach offene Waren vor Kontamination geschützt vorrätig zu halten sind und der Kondenswasserbildung entgegenzuwirken ist, wurde abermals verstoßen.

 

2. § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel II, Z 1 lit. f)

Entgegen dieser obigen Bestimmungen haben sie als verantwortliche Beauftragte der Firma G B GmbH, G, O zu verantworten, dass am 23.7.2015 um 08.50 Uhr im Betrieb G B GmbH,  24 Kunststoffrollen der Arbeitstische im Reiferaum nicht sauber gereinigt waren. Die verantwortliche Person des Unternehmens hat somit nicht vorgesorgt, dass wie in der Verordnung (EG) 852/2004, Anhang II, Kapitel II, Z1 lit f) vorgeschrieben ist, Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, und insbesondere Flächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, in einwandfreiem Zustand gehalten, sowie leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein müssen. Sie müssen entsprechend aus glattem,   abriebfestem,  korrosionsfestem und nichttoxischem Material bestehen, es sei denn, die Lebensmittelunternehmer können gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen, dass andere verwendete Materialien geeignet sind.

 

3. § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel IX, Z 3)

Entgegen dieser obigen Bestimmungen haben sie als verantwortliche Beauftragte der Firma G B GmbH, zu verantworten, dass am 23.7.2015 um 08.50 Uhr im Betrieb G B GmbH, sich im Produktionsraum an verschiedenen Stellen einige Fliegen. Z. B. eine an der Wand im Verpackungsbereich, zwei am Stromkabel der neu aufgestellten Verpackungsmaschine, je eine an der Wand, der Tür und der Decke im Zutrittsbereich, 2 auf einem Insektenschutzgitter innen bei der Milchabfüllung, eine im Reifungsraum an der Wand befanden.

Eine Kontamination (biologisch und physikalisch) der Lebensmittel durch Fliegen kann nicht ausgeschlossen werden.

Die verantwortliche Person des Unternehmens hat somit nicht vorgesorgt,  dass wie in der Verordnung (EG) 852/2004, Anhang II, Kapitel IX, Z 3) vorgeschrieben ist, Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen sind, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

Zu 1.: § 39 LMSVG (Bescheid Ges-170021/9-2013-Hau vom 29.08.2013)

Zu 2.: § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel II, Z 1 lit.f)

Zu 3.: § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art 4-Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel IX, Z 3)

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von Euro

 

Falls diese uneinbringlich, ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

Freiheitsstrafe von

 

gemäß

 

Zu 1.: 3000 €

 

 

 

Zu 2.: 1000 €

 

 

 

Zu 3.: 1000 €

 

 

30 Stunden

 

 

 

10 Stunden

 

 

 

10 Stunden

 

 

 

§90 Abs. 3 LMSVG    BGBl. Nr. 13/2006 idgF

 

§90 Abs. 3 LMSVG

BGBl. Nr. 13/2006 idgF

 

§90 Abs. 3 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF           

 

 

Allfällige weitere Aussprüche (zB über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder über privatrechtliche Ansprüche):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen: 500 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

 

Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Barauslagen) beträgt daher 5500 Euro

 

[...]

 

Begründung:

Bei der Kontrolle der Aufsichtsorgane gem § 24 Abs 3 LMSVG am 23.07.2015 in der G B GmbH, wurden neuerlich diverse Misstände in hygienerechtlicher Hinsicht festgestellt.

Die Lagerung von offenen Packungen von Schafsmilchkäse wurde so vorgenommen, dass darunter liegende Lebensmittel kontaminiert werden können. Dieser Mangel wurde bereits am 20.10.2011, 10.02.2012, 11.02.2014, 02.04.2014 und 04.07.2014 festgestellt und im Jahr 2014 jedes Mal zur Anzeige gebracht und darüber auch jedes Mal eine Strafe ausgesprochen. Damit wurden im Betrieb die Bescheidauflagen des Bescheides Ges-170021/9-2013-Hau vom 29.08.2013 nicht eingehalten.

Weiters wurde bei der Kontrolle festgestellt, dass mindestens 24 Kunststoffrollen der Arbeitstische im Reiferaum aufgrund ihrer Abnützung nicht mehr sauber gereinigt werden können. Der damit konfrontiere Vertreter der Firma war sich dieses Umstandes bewusst, hat jedoch aus dieser Erkenntnis keine Konsequenzen (Erneuerung der Räder) gezogen. Im Zuge der Kontrolle konnte außerdem festgestellt werden, dass sich im Produktionsraum Fliegen befinden, wodurch eine Kontamination (biologisch und physikalisch) der Lebensmittel durch die Fliegen nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Das Unternehmen hat somit gegen § 39 LMSVG, § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel II, Z 1 lit f) und § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel IX, Z 3) verstoßen.

Wie in der Anzeige der Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Ernährungssicherheit und Veterinärwesen festgestellt wird, reagiert der Betrieb auf Kontrollberichte und Maßnahmenschreiben überhaupt nicht, nur mangelhaft oder nicht fristgerecht. Insgesamt wird aus Sicht der Aufsichtsorgane die Zuverlässigkeit des Unternehmers in Frage gestellt und vermutet, dass die bisher in den Strafverfahren verhängten Strafen nicht angemesssen abschreckend genug waren. Diese Feststellungen wurden bei der Bemessung der Strafe mit berücksichtigt. Da gegen den Betrieb bereits mehrere Strafverfahren im Zusammenhang mit ähnlichen und gleichlautenden Übertretungen durchgeführt worden sind zeigt sich für die Behörde, dass das Unternehmen gar nicht bereit ist, hinsichtlich der oben dargelegten Verwaltungsübertretungen, Maßnahmen zur Beseitigung der Mißstände zu setzen. Aus Sicht der Behörde war daher ein deutlich höheres Strafausmaß als bei den bisher verhängten Geldstrafen erforderlich, um dem Unternehmen deutlich zu machen, dass die wiederholt festgestellten Verwaltungsübertretungen jedenfalls zu beseitigen sind. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

[...]

 

I.2. Mit als „Einspruch gegen Strafverfügung“ bezeichnetem Schreiben vom 14. März 2016 erhob die Bf rechtzeitig Beschwerde und führte aus wie folgt (Rechtsschreibfehler im Original):

 

[...]

 

Gegen die obige Strafverfügung zugestellt am 24.02.2016 erhebe ich Einspruch in offener Frist.

1)    Ich bin handelsrechtliche Geschäftsführerin der G B GmbH., und nicht gewerberechtliche Geschäftsführerin dieser Firma und daher nicht verantwortlich in dieser Angelegenheit.

2)    Sollte mich trotzdem irgendeine Verantwortung treffen, habe ich mich zwischenzeitlich in dieser Sache informiert und wende folgendes ein.

 

Zu Punkt 1.

78 Steigen sind ja nicht viele, das ist ja nur ca. ein zentel unserer Tagesproduktion. Zwischen umfüllen und Verpacken kommt es immer wieder zu kleinen Staus, wo wir sinnvollerweise den Ware für einige Minuten in den Kühlraum geben. Beim Umfüllen hat die Ware ja ca. 25 °. Die Ware wird ja offen in der im Juli herrschenden Hitze nicht besser. Freilich beginnt dort durch die Temperaturunterschiede sofort sich geringfügiges Kondenswasser zu bilden. Es kommt ja ohnehin beim Abkühlen halt dann in verpackten Bechern zur Kondenswasserbildung, irgendwo passiert das, das weis auch die Lebensmittelaufsicht. In der Sommerhitze 2015 war das etwas problematisch. Die Steigen waren ja gereinigt, das wurde ja nicht beanstandet. Das Kondenswasser ist ja nicht von aussen irgendwie zwischen die Kisten zugeführt worden. Ich war damals der Meinung, dass die Ware eine halbe Stunde im Kühlraum besser aufgehoben sei, als offen in der damaligen Julihitze.

 

Zu Punkt 2.

In der Zwischenzeit wurden schlecht zu reinigende Rollen ausgetauscht.

 

Zu Punkt 3.

Am Tag vor dem 23.07.2015 wurde eine neue Verpackungsmaschine in den Produktionsbereich gebracht. Dabei musste für eine Stunde die normalerweise versperrte doppelflügelige Tür geöffnet werden. Es gelang einer Reihe von vor der Käserei sich aufhaltenden Fliegen in den Produktionsraum zu gelangen. Wir haben ohnehin fast alle wieder erwischt 5 Fliegen waren nach intensiver Suche der Organe noch im 600 m2 großen Betriebsbereich. Die Fliegen im Zutrittsbereich werden dort ohnehin extra bekämpft. Sie befanden sich sozusagen in der Schleuse. Das kann ja nicht zur Last gelegt werden. Obwohl die Organe der Lebensmittelpolizei diesen Sachverhalt kannten, jagten sie zu zweit mit ihren Fotoapparaten hinter den paar Fliegen nach.

 

Zur Strafhöhe:

Es schaut so aus als seien wir im Betrieb lauter Schweindln. Unsere Abnehmer sind eine Reihe von Lebensmittelketten von Hofer bis REWE. Wir erfüllen dort alle Vorgaben und bestehen dort die laufend durchgeführten Audits. Ich verdiene monatlich netto € 1.366,— und beziehe eine monatliche Witwenpension von netto € 510,-- und habe für ein Kind zu sorgen. Die Höhe der ausgesprochenen Strafe beträgt ein Viertel meines Nettojahreseinkommens. Ich kann das nicht bezahlen. Ich ersuche daher aus der Stellungnahme heraus und meinen Darlegungen um eine Reduktion der Strafhöhe.

[...]

 

I.3. Dem vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren voraus gegangen war ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine Mitarbeiterin des ggst. Betriebes („verantwortliche Beauftragte“). Die Straferkenntnisse gleichen einander. Auch bei der nunmehrigen Beschwerde der Bf handelt es sich um das gleiche Dokument, welches nur geringfügig angepasst wurde. Das im genannten Verfahren ergangene Straferkenntnis wurde vom Verwaltungsgericht aufgrund des Fehlens einer gesetzgemäßen Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten aufgehoben.

 

I.4. Mit Schreiben vom 31. März 2016 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt vor, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen.  

 

I.5. Das Landesverwaltungsgericht entscheidet durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter (§ 2 VwGVG).

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme aufgrund welcher der gesamte relevante Sachverhalt feststeht. Angesichts des Umstandes, dass die Bf den Sachverhalt in keiner Weise bestreitet, sondern lediglich abweichende Rechtsfolgen behauptet und zudem keine Verhandlung beantragt hat, sieht das Verwaltungsgericht gem. § 44 Abs 3 Z1 VwGVG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ab (Behauptung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung).  

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher S A C H V E R H A L T  steht fest:

 

Die Bf ist seit 7. Juli 2011 handelsrechtliche Geschäftsführerin der G B GmbH (FN x) (idF die „Gesellschaft“).

 

Einziger Gesellschafter ist F A, geb. x 1950.

 

Die Bf verfügt über ein Einkommen von 1.876 Euro netto und hat eine Sorgepflicht.

(Vorbringen Bf, Firmenbuch)

 

Die Bf war zum Zeitpunkt der Tat verwaltungsstrafrechtlich unbescholten (Registerauszug).

 

Anlässlich einer am 23. Juli 2015 im Betrieb der Gesellschaft in O stattgefundenen Kontrolle fanden Lebensmittelaufsichtsorgane des Amtes der Oö. Landesregierung im Produktionskühlraum 78 Steigen zu je 8 offenen Packungen mit je 2x200g Schafmischkäse zur Lagerung für die spätere Verpackung vor. Die Steigen waren dicht übereinandergestapelt. Auf den Steigenböden hatte sich Kondenswasser gebildet, die darunterliegende Lebensmittel kontaminieren konnten.

 

Mit am 2. September 2013 zugestelltem, rechtskräftigem,  Maßnahmenbescheid des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abteilung Gesundheit, wurde ggü. der Gesellschaft unter Anderem angeordnet (Spruchpunkt 2), dass die offene Ware geschützt vor Kondenswasser vorrätig zu halten und der Kondenswasserbildung (zB. durch offene Steigen) entgegenzuwirken ist. In der Begründung des genannten Bescheides findet sich folgender Passus:

2 – Modul: Warenzustand und Umgang mit Waren

Die Steigen zur Aufbewahrung von offenen Käserollen oder –gupferl werden übereinander dicht gestapelt. Kondenswasser befindet sich auf den gestapelten Steigenböden, sodass die darunterliegenden offenen Waren kontaminiert werden. [...]“

(unbestrittener Sachverhalt, Anzeige vom 27. Juli 2015, Maßnahmenbescheid, Auskunft Amt der Oö. LReg v. 18. Juli 2016)

 

Mindestens 24 Räder der Arbeitstische im Reiferaum konnten nicht sauber gereinigt werden, da sie infolge Abnutzung bereits rauh geworden waren. Sie waren verschmutzt.

 

Es fanden sich 5 Fliegen im Produktionsraum.

 

Spruchpunkt drei des ggst. Straferkenntnisses lautet:

„3. § 4 Abs. 1 LMSVG BGBl. Nr. 13/2006 idgF. iVm. Art. 4 Abs. 2 VO (EG) 852/2004 (Anhang II, Kapitel IX, Z 3)

Entgegen dieser obigen Bestimmungen haben sie als verantwortliche Beauftragte der Firma G B GmbH, zu verantworten, dass am 23.7.2015 um 08.50 Uhr im Betrieb G B GmbH, sich im Produktionsraum an verschiedenen Stellen einige Fliegen. Z. B. eine an der Wand im Verpackungsbereich, zwei am Stromkabel der neu aufgestellten Verpackungsmaschine, je eine an der Wand, der Tür und der Decke im Zutrittsbereich, 2 auf einem Insektenschutzgitter innen bei der Milchabfüllung, eine im Reifungsraum an der Wand befanden.

Eine Kontamination (biologisch und physikalisch) der Lebensmittel durch Fliegen kann nicht ausgeschlossen werden.

Die verantwortliche Person des Unternehmens hat somit nicht vorgesorgt,  dass wie in der Verordnung (EG) 852/2004, Anhang II, Kapitel IX, Z 3) vorgeschrieben ist, Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen sind, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.“ (Straferkenntnis)

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt insbesondere den in Klammern angegebenen Beweismitteln. Der Sachverhalt wurde von der Bf nicht substantiell bestritten, vielmehr sogar bestätigt. Lediglich versucht die Bf die Bedeutung der festgestellten Hygienemängel als unbedeutend erscheinen zu lassen. Aus dem die Gesellschaft betreffenden Firmenbuchauszug ergibt sich, dass die Bf Geschäftsführerin des ggst. Betriebes ist. Das Amt der Oö. Landesregierung teilte auf Anfrage des Gerichtes am 18. Juli 2016 mit, dass der Maßnahmenbescheid vom 29. August 2013 nicht bekämpft wurde.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung    

 

III.1. Wesentliche rechtliche Grundlagen:

 

a)   § 9 VStG Abs 1 lautet:

 

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

 

b)   § 90 Abs 3 Z1 und Abs 4 Z3 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 130/2015) lauten:

 

2. Abschnitt

Verwaltungsstrafbestimmungen

Tatbestände

§ 90. [...]

 

(3) Wer

1. den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Union oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt,

[...]

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

(4) Wer

[...]

3. einer Anordnung gemäß den §§ 39, 58 Abs. 1 oder 59 Abs. 1 oder 4 zuwiderhandelt,

(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 130/2015)

[...]

begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 100 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

[...]

 

 

c)   Anl. 1 Teil 2 Z 1 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 88/2015) lautet:

 

Verordnungen der Europäischen Union gemäß § 4 Abs. 1

 

Teil 2

1. Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. Nr. L 139 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004);

 

 

d)   Die relevanten Bestimmungen der VERORDNUNG (EG) Nr. 852/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene lauten:

 

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

 

(1) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a) "Lebensmittelhygiene" (im folgenden "Hygiene" genannt) die Maßnahmen und Vorkehrungen, die notwendig sind, um Gefahren unter Kontrolle zu bringen und zu gewährleisten, dass ein Lebensmittel unter Berücksichtigung seines Verwendungszwecks für den menschlichen Verzehr tauglich ist;

[...]

f) "Kontamination" das Vorhandensein oder das Hereinbringen einer Gefahr;

[...]

 

KAPITEL II

VERPFLICHTUNGEN DER LEBENSMITTELUNTERNEHMER

Artikel 3

Allgemeine Verpflichtung

Die Lebensmittelunternehmer stellen sicher, dass auf allen ihrer Kontrolle unterstehenden Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln die einschlägigen Hygienevorschriften dieser Verordnung erfüllt sind.

 

 

Artikel 4

Allgemeine und spezifische Hygienevorschriften

[...]

(2) Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die den Arbeitsgängen gemäß Absatz 1 nachgeordnet sind, haben die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II sowie etwaige spezielle Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 zu erfüllen.

 

 

ANHANG II

KAPITEL II

BESONDERE VORSCHRIFTEN FÜR RÄUME, IN DENEN LEBENSMITTEL ZUBEREITET,

BEHANDELT ODER VERARBEITET WERDEN (AUSGENOMMEN ESSBEREICHE UND DIE BETRIEBSSTÄTTEN GEMÄSS KAPITEL III)

 

1. Räume, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet werden (ausgenommen Essbereiche und die Betriebsstätten gemäß Kapitel III, jedoch einschließlich Räume in Transportmitteln), müssen so konzipiert und angelegt sein, dass eine gute Lebensmittelhygiene gewährleistet ist und Kontaminationen zwischen und während Arbeitsgängen vermieden werden. Sie müssen insbesondere folgende Anforderungen erfüllen:

[...]

f) Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, und insbesondere Flächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, sind in einwandfreiem Zustand zu halten und müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssen entsprechend aus glattem, abriebfestem, korrosionsfestem und nichttoxischem Material bestehen, es sei denn, die Lebensmittelunternehmer können gegenüber der zuständigen Behörde nachweisen, dass andere verwendete Materialien geeignet sind.

[...]

 

KAPITEL IX

VORSCHRIFTEN FÜR LEBENSMITTEL

[...]

3. Lebensmittel sind auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.

4. Es sind geeignete Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vorzusehen. Auch sind geeignete Verfahren vorzusehen, um zu vermeiden, dass Haustiere Zugang zu den Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden (oder, sofern die zuständige Behörde dies in Sonderfällen gestattet, um zu vermeiden, dass ein solcher Zugang zu einer Kontamination führt).

[...]

 

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung trifft nach § 9 Abs 1 VStG grundsätzlich die nach Außen zur Vertretung eines Unternehmens berufenen Organe, also die Geschäftsführer.

 

Die Bf ist nach dem festgestellten Sachverhalt Geschäftsführerin.

 

Soweit die Bf vermeint, dass nicht sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin, sondern ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung zu ziehen sei, sei sie auf folgende Judikatur des VwGH verwiesen:

 

„Die Verantwortlichkeit des gewerbebehördlich bestellten Verantwortlichen ist durch den in § 39 Abs 1 und § 370 Abs 2 GewO 1973 abgesteckten Rahmen beschränkt, sodaß dieser für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften, nicht aber für die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes verantwortlich ist (Hinweis Erkenntnis vom 28.März 1980, Zl 2465/79). Die verwaltungsstrafrechtliche Haftung für diese Bestimmungen trifft vielmehr den zur Vertretung nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer.“ (VwGH v. 28. Februar 1992; 91/10/0187)

 

Die Bf haftet daher verwaltungsstrafrechtlich.

 

III.2.2. Zu Spruchpunkt 1 des bekämpften Straferkenntnisses – Verstoß gegen Spruchpunkt 2 des Maßnahmenbescheides vom 29. August 2013:

 

III.2.2.1. Objektiver Tatbestand:

Mit dem genannten Bescheid hat der Landeshauptmann eine Maßnahme gem.    § 39 Abs 1 Z 12 LMSVG angeordnet, nämlich, dass offene Ware geschützt vor Kondenswasser vorrätig zu halten und der Kondenswasserbildung entgegenzuwirken sei. Der Bescheid nennt als mögliche Maßnahme zur Behebung des Missstandes die Verwendung durchlässiger Steigen.

 

Der genannte behördliche Auftrag war ausreichend konkretisiert, da der Bf ausreichend klar sein musste, wie sie zu handeln hatte (vgl. VwGH v. 11. Oktober 2011; 2010/05/0152). Es war an ihr Handlungen zu setzen, die zu einer Vermeidung der Kondenswasserbildung am Boden der verwendeten Steigen geführt hätte, etwa, wie von der Behörde vorgeschlagen, durch Verwendung durchlässiger Steigen, die ein besseres Entweichen des Kondenswassers ermöglichen würden. Auch andere Formen der Vermeidung von Kontamination durch Kondenswasser standen der Bf im Rahmen ihrer Eigenverantwortung offen (Lagerung nicht übereinander, Vermeidung von Rückstau vor der Verpackung, etc.)

 

Die vorliegende behördliche Anordnung ist in Rechtskraft erwachsen und damit einer Prüfung durch das Verwaltungsgericht entzogen. In Bezug auf das nunmehrige Strafverfahren ist lediglich zu prüfen, ob die Anordnung iVm mit dem Vorwurf dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot entspricht. Dies ist nach obigen Ausführungen der Fall, weil die Anordnung keinen Zweifel daran lässt, welche Maßnahme die Bf zu setzen hatte.

 

Die Bf bestreitet den Vorwurf der Behörde auf Sachverhaltsebene auch nicht, sondern versucht den Verstoß lediglich klein zu reden und abzuschwächen (78 Steigen sind ja nicht viele). Die Bf gesteht die Bildung von Kondenswasser auch zu und versucht sie mit der besonderen Hitze im Jahr 2015 zu begründen, bzw als unbedeutend darzustellen (Kondenswasser wurde nicht zugeführt).

 

Die Bf übersieht dabei, dass die von der Behörde angeordnete Maßnahme gerade den Zweck hatte, die Kondenswasserbildung auch bei großen Temperaturunterschieden zu vermeiden und die Behörde sogar einen geeigneten Vorschlag gemacht hat, wie dieser Bildung entgegengewirkt werden kann, nämlich durch Verwendung, die Durchlüftung begünstigender, durchlässiger Steigen. Gerade aufgrund der von der Bf als Begründung herangezogenen besonderen Witterungsverhältnisse im Jahr 2015 wäre es also erforderlich gewesen, geeignete Maßnahmen zu setzen, die der Vermeidung der Kondenswasserbildung gedient hätten.

Fest steht, und bestreitet dies die Bf nicht, dass sie der gleichen Vorgehensweise, wie bereits im Jahr 2013, folgte, undurchlässige Steigen verwendete und diese dicht übereinander stapelte.

 

Sie hat daher die von der Behörde angeordnete Maßnahme nicht umgesetzt und damit den objektiven Tatbestand des § 90 Abs 4 Z 3 LMSVG erfüllt.

 

Der von der belangten Behörde gewählte Spruch war im Hinblick auf die von der die unzureichend und falsch wiedergegebenen Funktion der Bf vom Verwaltungsgericht klarstellend zu korrigieren (korrigierbarer Spruchmangel; vgl. VwGH 26. Jänner 2012, 2010/07/0011, 8. September 2011, 2011/03/0130).

 

III.2.2.2. Subjektiver Tatbestand:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor­samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vor­­schrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte die Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für ihre Entlastung spricht.

Mit dem Vorbringen, 78 Steigen seien ja nicht viele, es zu kleinen Staus komme und die Ware aufgrund der hohen Temperaturen 2015 in den Kühlraum gegeben worden sei, konnte die Bf mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen, da sie verbunden war, Kondenswasserbildung begünstigende Umstände durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. Kondenswasser bildet sich bekanntermaßen an der kühlen Oberfläche von Gegenständen, sobald wasserdampfhaltige Luft dort unter den Taupunkt abgekühlt wird. Schon dem Nichtfachmann leuchtet ein, dass der Kondenswasserbildung entgegengewirkt werden kann, wenn Temperaturunterschiede vermieden oder eine bessere Durchlüftung, die eine Abtrocknung oder ein Entweichen der feuchten Luft begünstigt, erreicht wird. Je weniger Oberfläche für den Niederschlag von Kondenswasser zur Verfügung steht, desto weniger Kondenswasser bildet sich. Nicht umsonst hat der Landeshauptmann in seiner Maßnahme durchlässige Steigen vorgeschlagen. Weder hat die Bf den Vorschlag des Landeshauptmannes umgesetzt, noch hat sie andere Maßnahmen getroffen, die einer Kondenswasserbildung entgegenwirken können.

 

Wenn sich aus dem unbestrittenen festgestellten Sachverhalt und dem Vorbringen der Bf zur subjektiven Tatseite nicht ergibt, dass sie zur Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt subjektiv nicht in der Lage oder ihr diese nicht zumutbar gewesen wäre, wird die Strafbarkeit nicht gehindert.

 

Der Bf wäre es jedenfalls möglich gewesen, im Produktionsprozess durchlässige Steigen zu verwenden. Will sie das nicht, wäre sie zumindest verbunden gewesen, zB. die von ihr dargestellten Rückstauungen durch Verlangsamung der Produktion zu vermeiden, oder andere Maßnahmen zu treffen, die eine Kondenswasserbildung verhindern (zB. Keine Stapelung). Ein diesbezügliches Vorbringen hat die Bf aber nicht einmal erstattet.

 

Der Tatbestand ist daher auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

 

III.2.3. Zu Spruchpunkt 2 des bekämpften Straferkenntnisses – Nicht gereinigte Kunststoffrollen:

 

III.2.3.1. Objektiver Tatbestand:

 

Nach Anhang II, Kapitel II, Abs 2 lit f) müssen Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, und insbesondere Flächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, in einwandfreiem Zustand gehalten werden und müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssen entsprechend aus glattem, abriebfestem, korrosionsfestem und nichttoxischem Material bestehen.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt waren mindestens 24 Kunststoffrollen nicht sauber gereinigt. Sie konnten aufgrund Abnutzung und Rauheit nicht mehr sauber gereinigt werden und befanden sich im Reiferaum, also in einem Bereich in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird. Die Bf bestreitet nicht und gesteht in ihrer Beschwerde letztlich zu, dass die Rollen nicht mehr gereinigt werden konnten, wenn sie darstellt, dass die Rollen mittlerweile getauscht wurden.

 

Sie hat den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt, zumal die Kunststoffrollen nicht den Anforderungen des Anhangs II, Kapitel II Abs 2 lit f) entsprachen. Sie waren nicht in einwandfreiem Zustand und konnten angesichts ihrer Rauhheit nicht mehr gereinigt werden. Der Spruch war diesbezüglich entsprechend zu korrigieren, weil es lit f) leg. cit. auf den technischen Zustand des Arbeitsmittels, nicht auf dessen momentanen Reinigungszustand ankommt. Zumal die belangte Behörde diesen Umstand jedoch in der Begründung ihres Bescheides aufwarf, hat sie innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine dem § 32 Abs 2 VStG entsprechende Verfolgungshandlung gesetzt, die eine Korrektur des Spruchs durch das Landesverwaltungsgericht ermöglichte.

 

III.2.3.2. Subjektiver Tatbestand:

 

Die Bf hat auch diesbezüglich den Tatbestand in subjektiver Hinsicht erfüllt. Sie hat die Tat letztlich zugestanden, indem sie angab, die Rollen mittlerweile getauscht zu haben.

Die Bf war als handelsrechtliche Geschäftsführerin berufen, darauf zu achten, dass alle Oberflächen im Produktionsraum in einwandfreiem Zustand und leicht zu reinigen sind. Dies war nicht der Fall.    

Leicht wäre es ihr möglich gewesen, die Rollen bereits zu tauschen, als wahrnehmbar wurde, dass eine Reinigung schwierig wird. Es kamen im Verfahren keine Umstände vor, die dafür sprechen würden, dass der Bf ein Einhalten der objektiv gebotenen Sorgfalt nicht möglich gewesen wäre. Sie erstattete diesbezüglich auch keinerlei Vorbringen.

 

Im Sinne der Darstellungen unter III.2.2.2. wird Fahrlässigkeit vom Gesetz vermutet.

 

III.2.4. Zu Spruchpunkt 3 des bekämpften Straferkenntnisses – Fliegen

 

III.2.4.1. Um die sich aus Art 4 Abs 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 folgende Verpflichtung der Lebensmittelunternehmer sicherzustellen, haben  diese Maßnahmen im Rahmen ihrer auf HACCP-Grundsätzen beruhenden Verfahren (vgl dazu Art 5 VO [EG] Nr. 852/2004) zu treffen, um zu gewährleisten, dass die Prozesshygienekriterien eingehalten werden. Im Art 5 Abs 2 lit a) bis g) der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 werden die von Lebensmittelunternehmern zu beachtenden HACCP-Grundsätze für ein System zur Eigenkontrolle aufgelistet.

 

Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis sollen Lebensmittelunternehmern auf freiwilliger Basis dabei helfen, die Anforderungen der Lebensmittel-hygienevorschriften einhalten zu können (vgl näher Blass ua, LMR3 Art 7 ff VO [EG] 852/2004). Zu diesem Thema ist auf den Leitfaden der Europäischen Kommission für die Umsetzung von HACCP-gestützten Verfahren und zur Erleichterung der Umsetzung der HACCP-Grundsätze in bestimmten Lebensmittelunternehmen hinzuweisen (Wiedergabe bei Blass ua, LMR3, Band 3, VII C 5).

 

Als Sorgfaltsmaßstab wird mit Rücksicht auf die jeweilige Verarbeitungs- und Vertriebsstufe von Lebensmitteln auf einen einsichtigen und besonnenen Menschen in der Lage des Täters (zur sog. differenzierten Maßfigur näher Burgstaller in Wiener Kommentar2 § 6 Rz 38 u 48 ff), also im konkreten Fall auf einen einsichtigen und gewissenhaften Käseerzeuger abzustellen und zu fragen sein, welche angemessenen Vorsorgemaßnahmen man bei der Herstellung von Käseprodukten von einer solchen Person erwarten konnte, um den durch bestimmte Prozesshygienekriterien vorgeschriebenen Hygienestandard einzuhalten. Ebenso wie die Richtlinien des ÖLMB kraft Verkehrssitte als Verkehrsnormen gelten, die das Maß der Sorgfaltspflicht für Angehörige des angesprochenen Verkehrskreises bestimmen (vgl Leukauf/Steininger StGB3 § 6 Rz 11), fließen auch die Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis (Hygienepraxis) als solche Verkehrsnormen in die Beurteilung der gebotenen Sorgfalt ein. Verkehrsnormen sind zwar nicht unmittelbar rechtlich verbindlich, dienen aber als Mittel zur Feststellung der Verkehrssitte (Sorgfaltsregeln, die innerhalb eines Verkehrskreises beachtet werden), die als ein rechtlich delegierter Beurteilungsmaßstab anzusehen ist (vgl mwN Burgstaller in Wiener Kommentar2 § 6 Rz 47).

 

III.2.4.2. Spruchkonkretisierung bei gebotenen Vorsorgemaßnahmen

 

Aus den dargestellten Rechtsvorschriften ergibt sich allgemein, dass Lebensmittelunternehmer zur Einhaltung von vorgeschriebenen Prozesshygienekriterien im Herstellungsprozess geeignete Vorsorgemaßnahmen im Rahmen ihrer auf HACCP-Grundsätzen beruhenden Verfahren zu ergreifen haben, wobei insbesondere die Gefahren zu ermitteln und die kritischen Kontrollpunkte zu ihrer Vermeidung oder Reduzierung zu bestimmen sowie effektive Verfahren zur Überwachung der Kontrollpunkte festzulegen und durchzuführen sind. Auch die "Vorschriften für Lebensmittel" im Kapitel IX des Anhangs II der EG-Verordnung über Lebensmittelhygiene zielen auf derartige Vorsorgemaßnahmen ab, um hygienische Nachteile zu vermeiden, den Verderb zu verhindern und allgemein Schutz vor Kontaminationen zu gewährleisten.

 

Zum vergleichbaren früheren § 3 Lebensmittelhygieneverordnung 1998 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 26. März 2007, Zl. 2004/10/0029, klargestellt, dass nach der Lebensmittelhygieneverordnung nicht das Inverkehrbringen von hygienisch negativ beeinträchtigten Lebensmitteln, sondern die Unterlassung von geforderten Vorsorgemaßnahmen unter Strafe gestellt wurde. Dabei verwies der Verwaltungsgerichtshof auf das ähnliche Tatbild des § 20 LMG 1975, die Unterlassung der Vorsorge zur Vermeidung der hygienisch nachteiligen Beeinflussung, bei dem die Verwaltungsstrafbehörde nach seiner Judikatur verpflichtet war, im Tatvorwurf eine individualisierte Umschreibung jener Handlungen vorzunehmen, die der Täter hätte setzen müssen (Hinweis auf VwSlg 10998 A/1983; VwGH 19. November 1990, Zl. 98/10/0201; VwGH 11. November 1991, Zl. 91/10/0026). Da auch der § 3 der Lebensmittel-hygieneverordnung Verpflichtungen des Inhabers oder Geschäftsführers eines Lebensmittelinternehmens so umschrieb, dass diese dafür Sorge zu tragen haben, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen festgelegt, durchgeführt, eingehalten und überprüft werden und sich daraus unterschiedliche Anforderungen je nachdem, auf welcher Stufe des Inverkehrbringens das Unternehmen tätig ist, ergaben, erforderte der § 44a Z 1 VStG im Fall einer Bestrafung gemäß § 74 Abs 4 Z 1 LMG iVm § 3 der Lebensmittel-hygieneverordnung ebenfalls eine konkrete Umschreibung der vom Täter unterlassenen Maßnahmen. Dabei ist nach Ansicht des Verwaltungs-gerichtshofs unter Bezugnahme auf kritische Punkte im Prozessablauf des Lebensmittelunternehmens darzustellen, welche wirksamen Prüf- und Überwachungsverfahren dafür vorhanden sein müssen, und ob der Beschuldigte die Feststellung der kritischen Punkte schuldhaft unterlassen oder ungeachtet ihrer Feststellung nicht die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hat. Mit der bloßen Wiederholung des Tatbestands oder dem bloßen Vorwurf, der Beschuldigte habe der hygienisch nachteiligen Beeinflussung „nicht ordnungsgemäß vorgebeugt“ wird dem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen (Hinweis auf VwSlg 10998 A/1983).

 

Diese Grundsätze sind auch für die gegenständliche Sach- und Rechtslage („die verantwortliche Person des Unternehmens hat nicht vorgesorgt, dass...Lebensmittel...vor Kontamination zu schützen sind,...“) einschlägig, bei der es im Wesentlichen ebenfalls um den Vorwurf der Unterlassung von Maßnahmen zur Vermeidung einer hygienisch nachteiligen Beeinflussung bzw. fallbezogen von Sicherheitsmaßnahmen zur Einhaltung von Prozesshygienekriterien (hier das Vorhandensein von Fliegen) geht. Die nunmehr seit der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene geltende Rechtslage ist mit jener nach der Lebensmittelhygieneverordnung 1998 vergleichbar. Auch Art 4 der zitierten EG-Verordnung geht allgemein von der Einhaltung von Hygienevorschriften und davon aus, dass die Lebensmittelunternehmer gegebenenfalls besondere Hygienemaßnahmen zu ergreifen haben (Abs 3). Im Art 5 der zitierten EG-Verordnung (Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte) werden Lebensmittelunternehmer verpflichtet, Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten. Das Gleiche konnte auch im § 3 Lebensmittel-hygieneverordnung nachgelesen werden.

 

III.2.4.3. Spruchanforderungen und substanzielle Spruchmängel

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuord­nung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, [2004], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Wie schon unter III.2.4.2. näher ausgeführt, geht es auch im vorliegenden Fall um Zuwiderhandlungen durch Unterlassung gebotener Vorsorgemaßnahmen, die zur Folge hatten, dass Fliegen in den Produktionsraum der Gesellschaft gelangen konnten und damit um die gleiche Art Unterlassungsdelikt wie in dem zu § 3 Lebensmittel-hygieneverordnung 1998 ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. März 2007, Zl. 2004/10/0029. Dessen grundlegenden Aussagen sind demnach einschlägig und auf den gegenständlichen Fall übertragbar. Eine objektive Sorgfaltswidrigkeit kann sich also aus der Unterlassung erforderlicher Maßnahmen, nicht aber aus der bloßen Gegenwart einzelner Insekten ergeben.

 

Die belangte Behörde hat der Bf in Spruchpunkt 3 des angefochtenen Straferkenntnisses nur den Vorwurf gemacht, dass sich an bestimmten Stellen im Produktionsraum „einige Fliegen“ befunden hätten und eine Kontamination der Lebensmittel durch Fliegen nicht ausgeschlossen werden könne. Der Spruch erschöpft sich also in der Darstellung des Ergebnisses einer Kontrolle des Betriebes durch Lebensmittelaufsichtsorgane. Aus der Feststellung, dass Fliegen vorhanden waren, wird geschlossen, dass eine Kontamination denkbar ist (kann nicht ausgeschlossen werden), ohne dazu irgendwelche konkreten Umstände aufzuzeigen, inwieweit ein Prozessversäumnis vorliegt. Dann wird auf Pflichten des Lebensmittelunternehmers hingewiesen und ganz allgemein, durch Zitieren des Anhangs II, Kapitel IX, Z3 festgestellt, dass der Lebensmittelunternehmer nicht vorgesorgt habe, Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung vor Kontamination zu schützen.

 

Für den sinngemäß erhobenen Vorwurf der Unterlassung von nötigen Maßnahmen zur Einhaltung der Prozesshygiene genügt es nicht, bloß festzustellen, dass sich 5 Fliegen in einem Raum befunden haben, weil im modernen Schuldstrafrecht wie auch im Verwaltungsstrafrecht eine bloße Ergebnishaftung des Täters nicht in Betracht kommen kann. Dem Täter muss vielmehr ein konkretes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Unterlassung von gebotenen Maßnahmen bezogen auf die jeweilige Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufe des Unternehmens angelastet und ein auf diese Weise bestimmter Verhaltensvorwurf im Spruch gemacht werden. Es geht also um die Frage, ob sich diese fünf Fliegen aufgrund eines Versäumnisses der Bf im Rahmen der Schädlingsbekämpfung im Produktionsraum befunden haben, geht es der genannten Norm doch nicht darum, in jedem Fall jegliches Vorhandensein einzelner Schädlinge unter Strafe zu stellen (Ergebnishaftung), sondern dem Lebensmittelunternehmer durch die flexible HACCP – Methode [vgl. etwa Leitfaden der Kommission für die Durchführung einzelner Bestimmungen der VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene, Punkt 4 und 5] in Eigenverantwortung (vgl. die Begriffe „geeignete“, „erforderlichenfalls“, „angemessen“, „ausreichend“) Prozesse vorzuschreiben, die eine Kontamination möglichst verhindern.  

 

Die belangte Behörde hat aber nur auf Pflichten des Lebensmittelunternehmers in Rechtsvorschriften abstrakt hingewiesen, ohne einen bestimmten, durch konkrete Umstände individualisierten Verhaltensvorwurf zu umschreiben. Es mangelt dem Spruch daher an der nach dem § 44a Z 1 VStG erforderlichen Konkretisierung in Bezug auf die vom der Bf unterlassenen Maßnahmen, sei es nun, dass sie kritische Punkte im Prozessablauf (zB. keine Fliegengitter, keine Fliegenfallen usw.) entweder gar nicht bestimmt hat oder unbeachtet ließ und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen nicht festgelegt oder nicht (ausreichend) umgesetzt wurden.

 

 

 

 

III.2.4.4. Ergebnis – Spruchpunkt 3

 

Die belangte Behörde hat die aus der gegebenen Rechtslage beim fahrlässigen Unterlassungsdelikt abzuleitenden Anforderungen an den Spruch offensichtlich verkannt. Weder im Spruch noch in der Begründung hat sich die Strafbehörde auch nur ansatzweise mit der Problematik auseinandergesetzt. Dementsprechend ist dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt auch keine taugliche Verfolgungshandlung zu entnehmen. Die belangte Behörde hat mit Ausnahme des Straferkenntnisses auch keinerlei Verfolgungshandlungen gesetzt.

 

Da das angefochtene Straferkenntnis der Bf weder ein bestimmtes und hinreichend konkretisiertes Verhalten vorwirft, noch Feststellungen zu den gebotenen Hygienemaßnahmen trifft, war der Beschwerde den Punkt 3 des Straferkenntnisses betreffend stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt aufzuheben und das Strafverfahren diesbezüglich wegen Fehlens einer substanziell zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 (Verfolgungsverjährung) VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen. 

 

III.3. Strafbemessung im Hinblick auf die Spruchpunkte 1 und 2:

 

III.3.1. Allgemeines

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (statt vieler VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessens­aktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. ua. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen ua im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung  oder, wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Vorauszuschicken ist, dass die Bf zum Zeitpunkt der Tat verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Die belangte Behörde hat bislang eine ihr als verantwortliche Beauftragte benannte Person verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen. In einem Vorverfahren hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass keine wirksame Bestellung vorlag.

Die belangte Behörde hat die Tat der Bf aufgrund der Taten der vermeintlichen verantwortlichen Beauftragten zu Unrecht als Wiederholungstaten gewertet und scheinbar auch den erhöhten Strafsatz des § 90 Abs 3 und 4 LMSVG (Höchststrafe 100.000 Euro) als Basis herangezogen. Das vorliegende Straferkenntnis bleibt in diesem Zusammenhang (und generell) weitgehend unbegründet, jedoch kann aus der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe auf den erhöhten Strafsatz geschlossen werden.

 

Zumal die Bf unbescholten und damit Ersttäterin ist, ist der niedrigere Höchststrafsatz von 50.000 Euro heranzuziehen.

 

III.3.2. Strafbemessung zu Spruchpunkt 1

 

Das Rechtsgut der Lebensmittelsicherheit (Gesundheitsschutz) ist von großer Bedeutung, wie die vielfältigen Normen der EU zum Thema zeigen.

Der Versuch der Bf, die Umstände klein zu reden (nur 78 Steigen) schlägt in das Gegenteil um, da es nicht darauf ankommt, wie hoch die Tagesproduktion der Gesellschaft ist, sondern, inwieweit sich die Kontaminationsgefährdung auf das Rechtsgut des Gesundheitsschutzes auswirkt. Zumal jede Steige 8 Packungen zu je 2, also 16 Schafmischkäsestangen enthielt, waren 1.248 Schafmisch-käsestangen und insofern auch mindestens so viele Verbraucher betroffen, wenn man im für die Bf günstigsten Fall davon ausgeht, dass nur ein einzelner Konsument die von ihm gekaufte Packung konsumiert (Oftmals werden es mehrere sein). Es zeigt sich, dass die Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich ist. 

 

Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Gesellschaft bereits im Jahr 2013 auf die ggst. Hygienemängel hingewiesen und fanden immer wieder Kontrollen statt. Die Bf musste als Geschäftsführerin von diesen Umständen wissen. Sie entschied sich, keine Maßnahmen zu setzen sondern verharrte in ihrem strafbaren Verhalten. Der Bf kann in diesem Zusammenhang kein Vorsatz (positives Wissen) nachgewiesen werden, jedoch ist zumindest von einem durchaus erheblichen fahrlässigen Verschulden auszugehen.

 

Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Einkommens der Bf sowie ihrer Unbescholtenheit, erachtet das Verwaltungsgericht eine Strafe von 1.500 Euro als angemessen um die Bf vor weiteren derartigen Handlungen abzuhalten. Die von der belangten Behörde verhängte Strafe von 3.000 Euro ist zu hoch bemessen zumal die belangte Behörde den erhöhten Strafsatz für Wiederholungstäter heranzog und ganz offensichtlich der Bf die Vorstrafen ihrer vermeintlich verantwortlichen Beauftragten anrechnete. Die Bf war im Zeitpunkt der Übertretung aber unbescholten.

In Anbetracht des Umstandes, dass die Behörde auch die Ersatzfreiheitsstrafe am erhöhten Strafsatz bemaß, die angesichts der nunmehr anzuwendenden geringeren Höchststrafe gleich bliebe, musste angesichts des Verbots der  „reformatio in peius“ eine Herabsetzung erfolgen (vgl. VwGH v. 28. Mai 2013, 2012/17/0567).   

 

Eine Ermahnung kommt angesichts des doch erheblichen Schuldgehalts und des erheblichen Verschuldens der Bf nicht in Betracht.

 

III.3.3. Strafbemessung zu Spruchpunkt 2:

 

Zu den allgemeinen Fragen kann auf III.3.2. verwiesen werden. 

Das Verwaltungsgericht erachtet den vorliegenden Verstoß als nicht so gravierend, wie jenen nach Spruchpunkt 1.

Dies insbesondere deshalb, weil die Räder (Rollen) an den Rollwägen keinen unmittelbaren Kontakt mit Lebensmitteln haben und die Gefahr der Kontamination von Lebensmitteln deshalb eine wesentlich geringere ist. Dennoch ist die Bf nach der verletzten Bestimmung verpflichtet einen Einwandfreien Zustand dieser Räder zu gewährleisten.

Die Räder waren im Zeitpunkt der Einleitung des Strafverfahrens gegen die Bf bereits getauscht (es wird dies bereits in der Beschwerde der „verantwortlichen Beauftragten“ vorgebracht). Zwar lässt sich aus diesem Umstand kein besonderer Milderungsgrund ableiten, er wirkt jedoch allgemein mildernd.

Angesichts der Unbescholtenheit der Bf kann deshalb mit einer Strafe im Ausmaß von einem Prozent (500 Euro) des sehr hohen Strafrahmens das Auslangen gefunden werden.

 

III.4. Bei diesem Ergebnis war gem. § 52 Abs 8 VwGVG auf einen Entfall des Verfahrenskostenbeitrages zu erkennen.

 

Die Kosten des behördlichen Strafverfahrens reduzieren sich auf 200 Euro.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der oben zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der Sachverhalt kaum verallgemeinerungsfähige Elemente aufweist (Einzelfallbezogener Maßnahmen-bescheid, Fliegen) und die Rechtslage klar ist (verschmutzte Rollen).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l