LVwG-850592/8/Re/AK

Linz, 04.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Werner Reichenberger über die Beschwerde der Frau Z D, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, W, vom 1. April 2016 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 4. März 2016, GZ: BZ-Ge-6279-2015, betreffend die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. Juni 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 4. März 2016, GZ: BZ-Ge-6279-2015, bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1.  Der Bürgermeister der Stadt Wels hat mit dem Bescheid vom 4. März 2016,
GZ: BZ-Ge-6279-2015, der Frau Z D, x, W, die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Gastgewerbe - Cafe“ im Standort W, x, im Grunde des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 entzogen.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, im Verwaltungsstrafregister der Stadt W scheinen seit dem Jahr 2011 bereits 16 Verwaltungsstrafen auf. Die Daten der Straferkenntnisse sind im Einzelnen im Entziehungsbescheid angeführt. Neben den Straferkenntnissen erfolgte am 16. Februar 2016 eine Urteilsveröffentlichung des Landesgerichtes W unter Zl. 1 Cg 46/14 f vom 29. September 2015 mit nachstehendem Inhalt dahingehend, dass sie es in Hinkunft im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen hat, Glücksspielgeräte in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb solcher zu ermöglichen, dies insbesondere im Cafe x, x, W, sofern der Dritte nicht über die erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt.

Sowohl die Vielzahl der Verwaltungsstrafen als auch die Urteilsveröffentlichung würden die Annahme des Besitzes der für die Ausübung des Gewerbes erforder­lichen Zuverlässigkeit erschüttern.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid hat Frau Z D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F M, W, innerhalb offener Frist mit Schriftsatz vom 1. April 2016 eine Bescheid­beschwerde eingebracht.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die nach GewO normierten Schutz­interessen, welche bei der Ausübung eines Gewerbes besonders zu beachten sind, seien die illegale Beschäftigung, die Kinderpornographie, der Suchtgift­konsum, der Suchtgiftverkehr, die illegale Prostitution sowie die Diskriminierung von Personen aufgrund ihrer Rasse, Hautfarbe oder Herkunft bzw. religiösen Bekenntnisses oder Behinderung. All dies sei hier nicht der Fall. Nach der Judika­tur des Verwaltungsgerichtshofes gehe die Zuverlässigkeit z.B. bei einer Vielzahl geringfügiger Verwaltungsübertretungen, z.B. bei 10 rechtskräftigen Verwal­tungsstrafen in den letzten drei Jahren oder bei 12 rechtskräftigen Verwaltungs­strafen in den letzten fünf Jahren, verloren. Weiters bewirke die falsche Beweis­aussage vor Gericht und vor der Verwaltungsbehörde oder die dreimalige Wiederholung der falschen Beweisaussage innerhalb von fünf Monaten den Ver­lust der Zuverlässigkeit. Aufgrund der im bekämpften Bescheid angeführten Übertretungen stehe fest, dass die Behörde offensichtlich den Bescheid nur auf die Urteilsveröffentlichung stütze, da die anderen Vergehen mehr als drei Jahre zurückliegen und offensichtlich geduldet würden. Die Urteilsveröffentlichung alleine könne jedoch den Entzug der Gewerbeberechtigung nicht rechtfertigen. Beantragt wird die Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

I. 3. Der Magistrat der Stadt Wels hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem zugrunde liegenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsmittelentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Beschwerdevorbringen abgegeben.

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich durch Einzel­richter ergibt sich aus §§ 2 und 3 VwGVG.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Ein­sichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu
GZ: BZ-Ge-6279-2015 sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung konnte die Beschwerdeführerin nicht befragt werden, da sie - trotz nachgewiesener Ladung - nicht erschienen ist. Anwesend war ein Vertreter der belangten Behörde sowie der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin. Letzterer bringt wie schriftlich vor. Die zitierten Straf­erkenntnisse alleine könnten nicht zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen, da das ursprünglich bereits eingeleitete Entziehungsverfahren seinerzeit einge­stellt worden sei. Die verhängten Strafen könnten daher nunmehr nicht zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen, nicht zuletzt, da sich die Beschwerde­führerin in den Jahren 2014 bis heute wohlverhalten habe und keine weiteren Vormerkungen vorliegen.

 

Der Vertreter der belangten Behörde verweist in diesem Zusammenhang auf Anrainerbeschwerden, die zu den Strafverfahren geführt hätten.

 

I. 4. In der Sache hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Ver­stöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachten­den Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erfor­derliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.

 

Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgift­verkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Her­kunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.

 

Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung auf 16 abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren verwiesen, im Rahmen derer über die Beschwerde­führerin jeweils Geldstrafen wegen Übertretungen der Gewerbeordnung verhängt worden sind. Die verhängten Geldstrafen wurden ausschließlich gemäß § 367
Z 25 iVm § 113 bzw. § 74 GewO 1994 verhängt, dies im Zusammenhang mit den Vorschreibungspunkten 2. bzw. 3. des betriebsanlagenrechtlichen Widerrufs­bescheides vom 31. Juli 1996, GZ: MA 11-GeBA-62-1993, sowie des Bescheides vom 22. Juli 1993, GZ: MA 11-GeBA-62-1993. Inhalt dieser Auflagen sind unter Punkt 2. einerseits die Verpflichtung der mit Bescheid vom 22. Juli 1993,
GZ: MA 11-GeBA-62-1993, festgelegten Sperrstunde für das Gastlokal mit
24.00 Uhr, andererseits das unter Punkt 3. verfügte Verbot der Verwendung einer leistungsstarken Musikanlage.

Die 16 im bekämpften Bescheid ausdrücklich zitierten Daten und Zahlen der die durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren abschließenden Straferkenntnisse ergingen im Zeitraum 10. März 2011 bis 6. November 2013.

 

Nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich und unter Berücksichtigung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die große Anzahl (16) von Übertretungen der Gewerbeordnung innerhalb von etwa zweieinhalb Jahren (letztes Straferkenntnis 6. November 2013) sowie alle in den letzten fünf Jahren vor Bescheiderlassung jedenfalls geeignet, die Zuverlässigkeit der Gewerbetreibenden im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 als nicht mehr vorliegend zu beurteilen. Die Beschwerdeführerin verweist zwar zu Recht auf den Gesetzestext der zitierten Norm, wonach lediglich schwerwiegende Verstöße zur Entziehung der Gewerbeberechtigung führen sollen, um zu verhindern, dass auch geringfügige Verstöße eine Entziehung auslösen. Es wäre nach ihrer Ansicht volkswirtschaftlich schwer zu verkraften, wenn die Gewerbebehörde im Zuge von Skandalen nahezu den gesamten Branchenmitgliedern die Gewerbeberechtigung entziehen müsste. Auch die ausdrücklich die Unzuverlässigkeit begründenden Gesetzesübertretungen, wie illegale Beschäftigung, Suchtgiftkonsum, illegale Prostitution etc., lägen im gegenständlichen Fall nicht vor.

 

Die Beschwerdeführerin ist in Kenntnis dieser gesetzlichen Grundlage des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verwei­sen, wonach ein schwerwiegender Verstoß gegen die schutzwürdigen Interessen nicht schon im Falle einer geringfügigen Verwaltungsübertretung, wohl aber dann angenommen werden kann, wenn durch eine Vielzahl geringerer Übertretungen ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Gewerbeinhabers zu befürchten ist.

 

Die Beschwerdeführerin verweist in ihrer Beschwerdeschrift selbst auf Zitate des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei einer Vielzahl geringfügiger Verwaltungs­übertretungen die Zuverlässigkeit verloren geht (z.B. „bei 10 rechtskräftigen Verwaltungsstrafen in den letzten drei Jahren oder bei 12 rechtskräftigen Ver­waltungsstrafen in den letzten fünf Jahren“).

 

Nichts anderes liegt im gegenständlichen Fall vor, dass nämlich über die Beschwerdeführerin in den der Entziehung vorangegangenen fünf Jahren
(März 2011 bis März 2016) 16 rechtskräftige Verwaltungsstrafen verhängt wurden.

 

Das Verhalten der Beschwerdeführerin dahingehend, dass im Laufe von zweiein­halb Jahren 16 Geldstrafen gegen sie zu verhängen waren, weist eine zumindest grobe Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit der Einhaltung von Vorschriften bzw. Auflagen bei der Ausübung des Gewerbes, grenzend an eine Ignoranz des behördlichen Vorgehens, dahingehend auf, dass das Absprechen der für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Zuverlässigkeit durch die belangte Behörde zu Recht erfolgt ist.

Die über die Beschwerdeführerin verhängten 16 Geldstrafen gründen allesamt in der Übertretung von Auflagen, die dem Nachbarschutz dienen. Die Beschwerde­führerin verletzte wiederholt die Vorschreibung, die mit Bescheid festgelegte Sperrstunde einzuhalten (24.00 Uhr), andererseits die Verwendung von leistungsstarken Musikanlagen zu unterlassen.

 

Eben solche Übertretungen bilden bei vereinzelt verhängten Strafen keinen Grund, einem Gewerbetreibenden die Gewerbeberechtigung zu entziehen. Die Beschwerdeführerin zeigt jedoch mit ihrem Verhalten, dass auch mehrfach ver­hängte Strafen ein rechtskonformes Verhalten bei ihrer Gewerbeausübung nicht herbeiführen können und weitere Übertretungen noch nicht ausgeschlossen werden können, somit zu befürchten sind.

 

Die Tatsache, dass die belangte Behörde bereits früher ein Entziehungsverfahren eingeleitet, jedoch nicht zu Ende geführt hat, kann am Ergebnis der rechtlichen Beurteilung der vorliegenden, einschlägigen, verwaltungsrechtlichen, rechtskräf­tigen Vorstrafen nichts ändern. Es ist im Beschwerdeverfahren nicht zu über­prüfen, welche konkreten Umstände zur Einleitung des Verfahrens geführt haben. Vielmehr ist wesentlich, welche und wie viele Verstöße gegen Rechtsvorschriften der Beschwerdeführerin in welchem Zeitraum zur Last zu legen sind.

 

Wenn die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde darauf verweist, dass alleine eine Urteilsveröffentlichung im Zusammenhang mit einer Unterlassungsverpflich­tung nach glücksspielrechtlichen Regelungen nicht zur Entziehung der Gewerbe­berechtigung führen kann, so ist dem weder beizupflichten, noch zu wider­sprechen und sind aus diesem Grunde auch nicht die Ergebnisse der beim Verfassungsgerichtshof anhängigen und von der Beschwerdeführerin zitierten Verfahren abzuwarten, vielmehr ist dieses Urteil nicht der Grund für die ausgesprochene Entziehung.

 

Das Beschwerdevorbringen ist somit insgesamt nicht geeignet, die vorliegenden und als solche erwiesenen Gründe, die zur Erfüllung des Tatbestandes des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 geführt haben, zu widerlegen, weshalb aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reichenberger