LVwG-300090/11/BMa/TO/TK

Linz, 31.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des X vom 19. August 2013 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Eferding vom 5. August 2013, SV96-6-2013-As, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als hinsichtlich des Tatvorwurfs betreffend X gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs.1 Z 4 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird und hinsichtlich der Tatvorwürfe betreffend X und X die  Geldstrafen auf  jeweils 365 Euro und die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.       Nach § 38 VwGVG iVm § 64 VStG ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 73 Euro; für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs.8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.     Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 5. August 2013, SV96-6-2013-As, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 ASVG iVm § 111 Abs.1 Z 1 ASVG eine Geldstrafe von insgesamt 1.825 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 281 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 182,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Das Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr, Finanzpolizei, führte am 22.04.2013, um 10:00 Uhr auf der Baustelle "X", X, eine Kontrolle auf Einhaltung der Bestimmungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und § 89 Abs. 3 EStG durch. Bei dieser Kontrolle wurde die Firma X GmbH, X bei Trockenbauarbeiten angetroffen.

Mit den Trockenbauarbeiten am Kontrolltag waren Sie als Geschäftsführer somit als ein gem. § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ und 1/3 Gesellschafter der Fa. X, Herr X, geb. 1981 und 1/3 Gesellschafter der Fa. X und Herr X, geb. 1963 und 1/3 Gesellschafter der Fa. X beschäftigt.

 

Sie waren vom 19.02.2013 bis 31.05.2013 als gewerblich selbständiger Erwerbstätiger gemeldet. Seit dem 03.05.2013 bis laufend sind sie als Angestellter bei der Fa. X beschäftigt. Herr X und Herr X waren zum Kontrollzeitpunkt laut Versicherungsdatenauszug bei keiner Firma und auch nicht als gewerblich selbständige Erwerbstätige gemeldet. Herr X war noch bis 18.05.2013 bei der Firma X GmbH mit Kündigungsentschädigung gemeldet.

 

Aufgrund des Sachverhaltes und nach Rücksprache mit der Gebietskrankenkasse fallen Sie und die zwei Gesellschafter in den Geltungsbereich des ASVG und wurden am Kontrolltag somit ohne gesetzlich vorgeschriebene Meldung zur Allgemeinen Sozialversicherung betreten.

 

Sie haben als ein nach außen vertretungsbefugtes und einzelzeichnungs-berechtigtes Organ der Fa. Auropol gem. § 9 VStG folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§§ 33 iVm. 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG).“

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20. August 2013, die den Bescheid anficht, „da eine Strafe festgesetzt wurde“. Es wurde die Berichtigung und Neuausstellung des Bescheides beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 20. August 2013 vorgelegt.

Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 Z 1 B-VG.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2014, in der die Beschwerde vom Bf auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde.

 

5. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes:

 

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen das Strafausmaß der belangten Behörde richtet. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Landesverwaltungsgericht verwehrt, sich mit dem Schuldausspruch der Entscheidung des Bezirkshauptmanns von Eferding auseinanderzusetzten.

 

5.2. Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs.2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

5.4.1. Wesentlich für die Strafbemessung hinsichtlich der Nichtmeldung des Bf zur Sozialversicherung ist, dass der Bf im Glauben, die GSVG sei für ihn zuständig, die Anmeldung zur GSVG, an einen für ihn  unzuständigen Versicherungsträger, bereits am 19. Februar 2013 erstattete. Dies ergibt sich aus dem am 29.07.2013 erstellten Versicherungsdatenauszug betreffend X.

Der Schutzzweck der übertretenen Norm ist nicht bloß darauf gerichtet, die Pflichtversicherung für die Beschäftigten sicherzustellen. Wesentlicher Zweck  der – vor Arbeitsantritt zu erfüllenden Meldepflicht – gemäß § 33 ASVG in der Fassung des Sozialrechtsänderungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 37/2007, ist die Bekämpfung der Schwarzarbeit (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 77 BlgNr. 23. GP, 3). Zusammenfassend ergibt sich, dass das Verschulden des Bf hinsichtlich seiner eigenen Meldung als gering anzusehen ist, hat er sich doch nur  hinsichtlich der Zuständigkeit des Versicherungsträgers geirrt, und die Folgen der zur Last gelegten Übertretung wiegen nicht schwer, weil eine Sozialversicherung des Bf in Österreich bestanden hat. Es lag für die jeweiligen Arbeitstage Versicherungsschutz vor und es war nie beabsichtigt, den Bf ohne Abführung der entsprechenden Beiträge und Abgaben „schwarz“ zu beschäftigen. Da somit der wesentliche Schutzzweck der gegenständlichen Norm nicht beeinträchtigt wurde, sind die Voraussetzungen der Anwendung des § 45 Abs.1 Z 4 VStG gegeben.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Seit 1.7.2013 ist diese Bestimmung des VStG in Geltung und entspricht gemäß den Erläuternden Bemerkungen im Wesentlichen dem bisherigen § 21 Abs.1 VStG.

Die erkennende Richterin gelangt zur Auffassung, dass zwar der Tatvorwurf betreffend den Bf nicht sanktionslos bleiben darf, da die völlige Straflosigkeit weitreichende Beispiels- und Folgewirkungen nach ziehen könnte, aufgrund der besonderen Sachverhaltslage kann jedoch mit der Erteilung einer Ermahnung unter gleichzeitigem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Bf das Auslangen gefunden werden.

 

4.5.2. Hinsichtlich der Tatvorwürfe betreffend X und X liegen die Voraussetzungen für die Herabsetzung der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe vor.

Der Bf war völlig unbescholten, es liegt ein erstmaliges ordnungswidriges Handeln vor und der Bf hat sich einsichtig und reumütig gezeigt. Zu Gunsten des Bf wird auch der Umstand gewertet, dass sowohl hinsichtlich X als auch hinsichtlich X Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, datiert mit 10.4.2013 – somit noch vor der Kontrolle am 22.4.2013 –, vorhanden sind. Daraus ergibt sich, dass der Bf bemüht war, erforderliche Meldungen zu erstatten, was strafmindernd zu werten ist.

 

Von der Anwendung der Bestimmungen des § 45 Abs.1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens / Erteilung einer Ermahnung) war jedoch Abstand zu nehmen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen bzw. geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sowie geringes Verschulden) nicht gegeben sind. Der Bf als handelsrechtlicher Geschäftsführer ist gehalten, sich über die mit der Ausübung seines Gewerbes verbundenen Rechtsvorschriften entsprechend zu erkundigen. Es wäre an ihm gelegen, bei der zuständigen Stelle entsprechende Erkundigungen einzuholen.

Da er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, ist bloß geringfügiges Verschulden des Bf nicht gegeben.   

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

5.  Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, waren keine Kosten für das Verfahren vor dem OÖ. Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens entsprechend herabzusetzen. Ebenso hatte eine proportionale Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe zu erfolgen.

 

6.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann