LVwG-300183/2/Kü/KR

Linz, 27.03.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Frau X, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X, Mag. X, X, vom 29. Mai 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Mai 2013, SV96-90-2011, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungegesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. November 2013

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis der belangten Behörde bestätigt.

 

II.       Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind 146 Euro, zu leisten.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 10. Mai 2013, SV96-90-2011, wurden über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach §§ 33 Abs.1 iVm 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 365 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 22 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie, Frau X, haben es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als die gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 nach außen zur Vertretung Berufene der Firma X GmbH mit Sitz in X verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma die ausländischen (rumänischen) Staatsangehörigen

1.   X, geb. 1977

2.   X, geb. 1975

bei denen es sich um in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Personen handelt als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG am Kontrolltag, den 16. 8. 2011 gegen 10.45 Uhr beschäftigt haben, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet wurden."

 

I. 2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in welcher beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die Behörde keinen relevanten Sachverhalt erhoben habe und die Rechtfertigung bzw. Stellungnahme der Beschuldigten in keiner Weise berücksichtigt habe. X sei Dienstgeber von X und X gewesen, nicht jedoch die X GmbH. Diese hätte die Verwaltungsstrafbehörde aufgrund der angebotenen Beweismittel feststellen können. Insbesondere würde auf den Zeugen X hingewiesen, der gemäß den auch in der Stellungnahme vom 14.12.2012 beigelegten Urkunden zweifelsfrei als Vertragspartner des Unternehmens der Beschuldigten und als Dienstgeber der Herren X und X ersichtlich sei.

 

Der gegenständliche Sachverhalt umfasse drei verschiedene Vertragsver­hältnisse. Dem Vertragsverhältnis zwischen X und X GmbH liege ein Werkvertrag über die Erbringung und Zurverfügungstellung von Fliesen sowie zum Verfugen und Verfliesen dieser Fliesen zugrunde. Aufgrund dieses Vertrages habe X die Haftung für die gewährleistungstaugliche Erbringung dieses Werkes und Lieferung der Fliesen gegenüber der X getragen. X habe das Werkentgelt gegenüber der X am 17.8.2011 im Umfang von 927 Euro verrechnet. Dies habe sowohl die Lieferung von Fliesen als auch deren Verfugen und Verfliesen beinhaltet.

 

Die X GmbH habe ihrerseits das Unternehmen X mit der Verfugung und Verfliesung der durch die X GmbH zur Verfügung gestellten Fliesen im Rahmen eines Werkvertrages als Subunternehmer beauftragt. Dementsprechend habe das Unternehmen X gegenüber der X GmbH für die gewährleistungstaugliche Erbringung des Werkes, nämlich dem Verfugen und Verfliesen der von X zur Verfügung gestellten Fliesen, gehaftet. Zwischen X und X habe kein Vertragsverhältnis und dementsprechend auch keine Haftung bestanden. Das Werkentgelt für die Erbringung dieses Werkes wurde seitens der X GmbH am 17.8.2012 im Umfang von 260,50 Euro gemäß dessen Rechnung an das Unternehmen X verbucht.

 

Offensichtlich habe sich das Unternehmen X zur Erbringung des geschuldeten Werkes der Arbeitskraft seiner Dienstnehmer X und X bedient. Diese beiden hätten zu keinem Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis mit der X GmbH gehabt, deren Lohn/Werkentgelt/Gehalt sei nachweislich nicht von der X GmbH bezahlt worden. Die Beschuldigte sei Geschäftsführerin der X GmbH und nicht des Unternehmens X. Sie habe zu keinem Zeitpunkt gewusst, welcher seiner Dienstnehmer sich das Unternehmen X bei der Erfüllung dieses Werkauftrages bediene.

 

Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, wonach eine Verwaltungsübertretung vorliege, weil die beiden angetroffenen Personen angegeben hätten, "X sei ihr Chef" gewesen, sei ebenfalls absurd. X sei im Unternehmen X GmbH u.a. für die Beauftragung, Durchführung und Betreuung von Subunternehmern – in diesem Fall X – seinerseits als geringfügig angestellter Dienstnehmer betraut gewesen. Chef der X GmbH sei die Beschuldigte gewesen, die aus rechtlichen Gesichtspunkten einzig und ausschließlich dazu in der Lage gewesen sei, rechtsverbindliche Vereinbarungen – Dienstverträge – für die X GmbH abzuschließen. Wenn also X und X angegeben hätten, der Chef sei X gewesen und sie hätten für die X GmbH gearbeitet, so könne dies lediglich so zu verstehen sein, dass die beiden als Dienstnehmer des Subunternehmers (X) auf der Baustelle der X GmbH gearbeitet hätten, deren (nämlich der Baustelle) "Chef" X gewesen sei.

 

Auch das Fehlen einer entsprechenden gewerbebehördlichen Genehmigung von X sei für die Beschuldigte nicht von Belang. Unabhängig einer wie immer gearteten Gewerbeberechtigung sei jedenfalls ein rechtsverbindlicher Werkvertrag zwischen der X GmbH und dem Unternehmen X zustande gekommen.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den bezughabenden Verwaltungs­strafakt mit Schreiben vom 31. Mai 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

Die Beweisaufnahme erfolgte durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 28. November 2013, an welcher die Bf und ihr Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben. In der mündlichen Verhandlung wurden X, X und X unter Beiziehung einer Dolmetscherin als Zeugen einvernommen.

 

Mit 1.1.2014 trat das Landesverwaltungsgericht Oö (LVwG) an die Stelle des Unabhängigen Verwaltungssenates. Die Berufung gilt gemäß § 3 Abs.1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) als Beschwerde iSd Art 130 Abs.1 Z 1 B-VG. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) durch einen Einzelrichter. Die Zuständigkeit des erkennenden Richters ergibt sich aus § 3 Abs.7 VwGbk-ÜG.

 

I.4. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bf war im August 2011 handelsrechtliche Geschäftsführerin der X GmbH mit dem Sitz in X. Der Tätigkeitsbereich dieser Firma umfasste die Geschäftszweige Fliesengroß- und –einzelhandel sowie Fliesenverlegung. Die Fliesenverlegung erfolgte im Jahr 2011 nicht mit eigenem Personal sondern wurden diese Arbeiten an Subunternehmen weitergegeben. Zusammengearbeitet wurde dabei mit verschiedenen Subfirmen, eine dieser Firmen war auch der Einzelunternehmer X, X. Herr X verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Verfugen mit Silikon und Acryl“, für die Fliesenverlegung besteht keine Gewerbeberechtigung.

 

Intern waren die Aufgaben in der X GmbH so verteilt, dass sich die Bf um die administrativen Angelegenheiten gekümmert hat und ihr Ehemann, Herr X, für die Verlegearbeiten zuständig gewesen ist. Den Kontakt mit der Firma X hat der Ehegatte der Bf hergestellt. Die Gewerbe­berechtigungen der Firma X wurden von der Bf nicht kontrolliert.

 

Grundsätzlich erhielten die Subunternehmer, so auch die Firma X, die Aufträge in mündlicher Form, wobei nach verlegten Quadratmetern abgerechnet wurde. Von Kunden, die bei der X GmbH Fliesen gekauft haben, wurden auch Pläne für die Verlegearbeiten vorgelegt. Anhand dieser Pläne erfolgte die Berechnung der Fliesenmenge und wurden die Verlegearbeiten vom Ehegatten der Bf mit dem jeweiligen Kunden besprochen. Der Ehegatte der Bf hat dann die Aufträge mündlich an die Subfirmen weitergeleitet und diesen auch Pläne für die Verlegearbeiten übergeben. Sämtliche Materialien für die Fliesenverlegearbeiten sind von der X GmbH beigestellt worden, über das für die Verlegearbeiten notwendige Werkzeug verfügten die Subunternehmer selbst.

 

Im August 2011 erhielt die X GmbH den Auftrag zur Verlegung von Fliesen am Standort der Firma X in X. X war im August 2011 nicht in Österreich sondern in Rumänien aufhältig und hat daher vom Ehegatten der Bf keinen Auftrag für die Durchführung der Verfliesung bei der Firma X erhalten. Obwohl X keinen Auftrag erhalten hat, wurde zwischen der Firma X und der X GmbH ein Betrag von 260 Euro für diese Baustelle verrechnet.

 

Ebenfalls im August 2011 waren X, der Bruder von X, und sein Cousin, X, in Österreich aufhältig, da sie beabsichtigten alte Gebrauchsgegenstände in Österreich einzusammeln und nach Ungarn zu transportieren. X und X kannten auch X. Die Bekanntschaft ist über X, der von Herrn X ein Haus gekauft hat, zustande gekommen. X hat während seine Aufenthalts in Österreich auch bei Herrn X angefragt, ob dessen Frima Fliesenreste zur Verfügung stellen kann, welche nach Ungarn transportiert werden sollten. Herr X hat X aufgrund seiner Anfrage Fliesenreste übergeben.

 

Gleizeitig hat Herr X bei X angefragt, ob er zusammen mit X Fliesenverlegearbeiten bei der Firma X durchführen könnte. Nachdem beide zustimmten, hat Herr X den beiden Ausländern die Baustelle gezeigt und haben die beiden dort am 16.8.2011 Fliesen verlegt. Es wurde im Vorhinein nicht vereinbart, dass die beiden Ausländer für ihre Arbeitsleistung kein Entgelt erhalten sollten. Da die beiden Ausländer nach ihrer Arbeitsleistung von Organen des Finanzamtes kontrolliert wurden, haben sie schlussendlich kein Entgelt von der X GmbH für ihre Arbeiten erhalten.

 

Die beiden Ausländer wurden von der X GmbH vor Arbeitsbeginn nicht beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet.

 

II. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Aussagen der Bf sowie der einvernommenen Zeugen in der mündlichen Verhandlung. Grundsätzlich wird nicht bestritten, dass die beiden Ausländer über mündlichen Auftrag des Ehegatten der Bf die Fliesenverlegearbeiten bei der Firma X ausgeführt haben. Sowohl X als auch X geben übereinstimmend an, dass sie nur in Österreich gewesen sind, um Gebrauchsgegenstände einzusammeln und diese nach Ungarn zu transportieren, und der Grund ihres Aufenthaltes nicht Arbeitsleistungen für die X GmbH gewesen sind. Auch steht aufgrund der übereinstimmenden Aussagen fest, dass beide kein Entgelt für die Fliesenverlegearbeiten erhalten haben. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich, dass von der Firma X für die Verlegearbeiten bei der Firma X 260 Euro in Rechnung gestellt wurden. Warum ein derartiger Betrag verrechnet wurde, kann sich X, der aufgrund seiner Angaben mit diesem Auftrag nichts zu tun gehabt hat, nicht erklären. Er gibt an, dass er anhand von Unterlagen, die er vom Ehegatten der Bf erhalten hat, dann seine Abrechnungen an die X GmbH gestellt hat. Offensichtlich waren auch für die Baustelle X Unterlagen dabei und hat er deshalb diese 260 Euro verrechnet. Fest steht aber aufgrund der übereinstimmenden Aussagen, dass X zum Zeitpunkt der Fliesenverlegearbeiten gar nicht in Österreich gewesen ist und daher seine Firma, entgegen den Ausführungen im Beschwerdevorbringen, keinen Auftrag für diese Arbeiten erhalten hat. Die beiden Ausländer haben vielmehr – wie bereits erwähnt – über direkte Beauftragung durch den Ehegatten der Bf diese Fliesenverlegearbeiten durchgeführt.

 

III. Nach § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs.2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

1.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

2.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

3.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs.2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a Abs.1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Zur Auslegung des Dienstnehmerbegriffs gemäß § 4 Abs. 2 ASVG besteht umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. So hängt die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zB aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. 12.325 A).

 

Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.

 

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vgl. zum Ganzen - unter vielen - das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2012, Zl. 2009/08/0126).

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Verantwortung der Bf im Beschwerdevorbringen, wonach das Unternehmen X von der X GmbH mittels Werkvertrag mit den Fliesenverlegearbeiten bei der Firma X betraut worden ist, nicht den Tatsachen entspricht. Im Ermittlungsverfahren hat sich eindeutig ergeben, dass X zum Zeitpunkt der Arbeiten nicht in Österreich gewesen ist und keinen Auftrag erhalten hat. Vielmehr hat der Ehegatte der Bf die beiden Ausländer X und X mit den Arbeiten bei der Firma X betraut. Die X GmbH war von der Firma X auch mit Verlegearbeiten beauftragt. Zur Erfüllung dieses Auftrages hat der Ehegatte der Bf in seiner Funktion als zuständiger Mitarbeiter der X GmbH die beiden Ausländer herangezogen. Die beiden wurden hinsichtlich der zu leistenden Arbeiten angewiesen. Insofern wurde den beiden Arbeitern sowohl Arbeitsort, Arbeitszeit als auch das arbeitsbezogene Verhalten vorgegeben. Zudem war die X GmbH für die ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten ihrem Auftraggeber gegenüber verantwortlich.

 

Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens können die Arbeitsleistungen der beiden Ausländer auch nicht als Gefälligkeitsdienste gewertet werden, zumal zwischen den beiden bzw. dem Ehegatten der Bf eine spezifische Bindung, die grundlegendes Merkmal für einen Gefälligkeitsdienst bildet, nicht erkannt werden kann.

 

Auch ist im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen, dass zwischen dem Ehegatten der Bf und den Ausländern ausdrücklich die Unentgeltlichkeit der Arbeitsleistungen vereinbart worden ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die beiden Ausländer als Dankbarkeit dafür, dass sie von der X GmbH Fliesenreste für den Eigenbedarf übernehmen konnten, diesen Arbeitsleistungen zugestimmt haben.

 

Insgesamt steht in Würdigung des wahren wirtschaftlichen Gehalts der Tätigkeiten daher fest, dass die beiden Ausländer von der X GmbH als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt wurden. Der Bf ist sohin die Erfüllung des objektiven Tatbestandes anzulasten.

 

IV.2. Übertretungen des § 33 ASVG sind Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Das verantwortliche Organ ist strafbar, wenn es nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In einem solchen Fall einer zur Last gelegten Unterlassung besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Es ist daher Sache des Dienstgebers, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf, und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

 

Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Dienstgebers für eine unterbliebene Anmeldung zur Sozialversicherung ist die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend, das verhindert, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers ohne dessen Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden. Die Erteilung entsprechender Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber nur dann, wenn er dargelegt und nachgewiesen hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, die die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Anmeldung von pflichtversicherten Dienstnehmern gewährleisten, insbesondere, welche Kontrollen er eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2012/08/0260).

 

Die Bf kann sich daher mit dem Vorbringen, dass ihr Ehemann, der Mitarbeiter der X GmbH gewesen ist, eigenmächtig die beiden Ausländer für Verlegearbeiten eingesetzt hat, nicht entlasten. Sie hat vielmehr weder das Bestehen eines Kontrollsystems behauptet, noch erkennbar dargelegt, wie dieses Kontrollsystem im Einzelnen funktionieren hätte sollen. Damit ist es der Bf nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie an der Nichteinhaltung der verletzten Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

IV.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die Strafbemessung ist im gegenständlichen Fall den Vorgaben des § 111 Abs. 2 ASVG folgend vorzunehmen. Dazu ist festzustellen, dass bereits von der belangten Behörde im Hinblick auf die gesetzlichen Vorgaben die Geldstrafe bis zur Hälfte der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe reduziert wurde. Die belangte Behörde hat daher in Würdigung der mildernden Umstände den vorgesehenen Strafrahmen im größtmöglichen Ausmaß zu Gunsten der Bf ihrer Beurteilung zugrundegelegt, weshalb sich im Beschwerdeverfahren ein Eingehen darauf, ob den Bestimmungen des § 19 VStG bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde entsprochen wurde oder nicht erübrigt und sich darüber hinaus gehende begründende Ausführungen über das Strafausmaß als entbehrlich erweisen.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

V. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat die Bf gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger