LVwG-600293/2/Zo/KR

Linz, 02.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über den Vorlageantrag des Mag. C O, geb. 1952, X, vom 15.4.2014 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Vöcklabruck, vom 28.3.2014, VerkR96-12308-2013 wegen einer Übertretung der StVO

 

 

zu Recht  e r k a n n t :

 

 

I.          Der Vorlageantrag wird abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.       Der Antragsteller hat für das Beschwerdeverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 24,00 Euro zu bezahlen.

 

 

III.        Gegen diese Erkenntnisse ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof  zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I. und II.:

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Beschwerdeführer in der  angefochtenen Beschwerdevorentscheidung vorgeworfen, dass er am 12.5.2013 um 13:36 Uhr auf der A1, Richtungsfahrbahn Wien, bei Kilometer 231,270 als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,39 Sekunden festgestellt wurden. Dadurch sei die Verkehrssicherheit gefährdet worden.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs. 1 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2c StVO eine Geldstrafe in Höhe von 120 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 12 Euro verpflichtet.

 

2.           In der gegen das vorher ergangene Straferkenntnis rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer zusammengefasst folgendes aus:

Im Straferkenntnis sei nicht auf den Inhalt seines Einspruches eingegangen worden. Es sei ihm das Verfahren der Abstandsmessung erklärt worden und dazu könne er nichts anführen, was geeignet sei, die Rechtmäßigkeit der Messung anzuzweifeln.

Er habe die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erhalten und es sei ihm auch kein Bildmaterial zur Verfügung gestellt worden. Es sei entweder das vordere Fahrzeug knapp vor ihm in die Lücke hineingefahren oder es sei ein anderes Fahrzeug auf der Überholspur gewesen, welches man seinem knappen Auffahren auf den Vordermann zuordnen könne. Er ersuchte daher um Zusendung des Bildmaterials, um seinen Standpunkt besser darlegen zu können.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 28.2.2014 dem Beschwerdeführer die der Abstandsmessung zu Grunde liegenden Lichtbilder übermittelt. Dazu führte er in seiner Stellungnahme vom 25.3.2014 aus, dass eindeutig ein auf der Überholspur fahrendes Fahrzeug zu sehen sei, welches er, nachdem er selbst schon zum Überholen angesetzt hatte, noch habe abwarten wollen. Es sei erkennbar, dass sich dieses überholende Fahrzeug annähere, weshalb er noch nicht zu seinem Überholvorgang angesetzt habe. Hätte er dies getan, so wäre eine wesentlich gefährlichere Situation entstanden als bei einem um eine Hundertstelsekunde zu geringen Abstand.

 

 

In weiterer Folge erging die oben angeführte Beschwerdevorentscheidung. Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 15.4.2014 die Vorlage seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Er führte dazu aus, dass auf den Bildern klar zu erkennen sei, dass er gerade überholt worden sei. Hätte er in dieser Situation einen Fahrstreifenwechsel auch nur angedeutet, so hätte dies zu einer wesentlich gefährlicheren Situation geführt als sein um eine Hundertstelsekunde zu geringer Abstand zum Vordermann. Die Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges sei offenbar nicht gemessen worden. Man könne jedoch davon ausgehen, dass jenes Fahrzeug wesentlich schneller unterwegs gewesen sei und ihn somit offenbar im letzten Moment vom Überholen abgehalten habe. Der geringe Abstand zum vorderen Fahrzeug habe sich nur deshalb ergeben, weil er dieses Fahrzeug überholen wollte und vom nachkommenden auf dem linken Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug von diesem Überholvorgang abgehalten worden sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Vorlageantrag dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Dieses hat durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. In der Beschwerde wurde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus dem Akt und die Durchführung einer Verhandlung wurde nicht beantragt, weshalb von dieser gemäß § 44 Abs. 3 Z. 1 VwGVG abgesehen wird.

 

4.1. Folgender wesentliche Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer lenkte am 12.5.2013 um 13:36 Uhr den oben angeführten PKW auf der A1, Richtungsfahrbahn Wien, bei Kilometer 231,270 auf dem rechten Fahrstreifen. Die Messung mit dem geeichten Messsystem VKS 3.10, A910, ergab bei einer Geschwindigkeit von 112 km/h einen Abstand von 12 m zu dem vor ihm auf dem selben Fahrstreifen fahrenden PKW. Dies entspricht einem zeitlichen Abstand von 0,39 Sekunden.

 

Aus den über diesen Vorfall angefertigten Bildern ist ersichtlich, dass sich auf dem linken Fahrstreifen ein Pkw mit augenscheinlich höherer Geschwindigkeit annäherte und den Beschwerdeführer sowie das vor diesem fahrende Fahrzeug zum Zeitpunkt der Abstandsmessung überholte. Es ist glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer beabsichtigte, den vor ihm langsamer fahrenden PKW zu überholen und den gemessenen Abstand nur relativ kurze Zeit wegen dieses beabsichtigten Überholvorganges einhielt. Es ist auch nachvollziehbar, dass er den beabsichtigten Überholvorgang wegen des ihn überholenden Fahrzeuges erst später beginnen konnte, was wegen seiner im Verhältnis zum vorausfahrenden Fahrzeug höheren Geschwindigkeit zur Verkürzung des Abstandes führte.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht  erwogen:

5.1. Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

5.2. Das Ergebnis der Abstandsmessung wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten, die Messung erfolgte mit einem geeichten Messgerät. Die vom Beschwerdeführer geschilderten Umstände, welche zu dem kurzen Abstand führten, sind glaubwürdig. Der Sachverhalt ist daher nicht weiter zu überprüfen. Der Beschwerdeführer machte nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend, weshalb eine Verhandlung nicht erforderlich war.

 

Bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 18 Abs. 1 StVO ergibt sich, dass beim Hintereinanderfahren jederzeit ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden muss. Die Bestimmung des § 18 Abs. 1 StVO ist auch im Falle eines beabsichtigten Überholens zu beachten. Der Überholende darf sich einem Fahrzeug nur soweit nähern, dass die Einhaltung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes möglich ist (VwGH vom 4.7.1963, 1372/61 und OGH vom 17.1.1985, 8 Ob 35/84).

 

Aus diesen Entscheidungen ergibt sich eindeutig, dass ein ausreichender Sicherheitsabstand auch unmittelbar vor einem beabsichtigten Überholvorgang eingehalten werden muss. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer beabsichtigte, das vor ihm fahrende Fahrzeug zu überholen und wegen des auf dem linken Fahrstreifen von hinten herankommenden Fahrzeuges den Überholvorgang verschieben musste, ändert nichts daran, dass er verpflichtet gewesen wäre, auch in diese Situation den erforderlichen Sicherheitsabstand einzuhalten.

 

Nach ständiger Rechtsprechung ist als notwendiger Sicherheitsabstand mindestens der Reaktionsweg einzuhalten. Dies entspricht einem zeitlichen Abstand von mindestens 1 Sekunde. Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer nicht seine gesamte Aufmerksamkeit auf das vor ihm fahrende Fahrzeug richten konnte sondern auch das ihn überholende Fahrzeug beachten musste, um beurteilen zu können, wann er selbst seinen beabsichtigten Überholvorgang beginnen kann. Unter diesen Umständen ist eine kürzere Reaktionszeit nicht realistisch und damit ein kürzerer Sicherheitsabstand als 1 Sekunde nicht zu vertreten. Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat der Beschwerdeführer den erforderlichen Sicherheitsabstand daher deutlich unterschritten. Richtig ist, dass er den Grenzwert für die Einstufung als Vormerkdelikt gemäß § 30a FSG (0,4 sec) nur ganz knapp unterschritten hat, diese Bestimmung steht aber in keinem direkten Zusammenhang mit der Tatbestandsmäßigkeitkeit seines Verhaltens.

 

Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Beschwerdeführers ausschließen würden, weshalb gemäß § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs. 2c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einhält, sofern der zeitliche Abstand 0,2 Sekunden oder mehr, aber weniger als 0,4 Sekunden beträgt.

 

Der Beschwerdeführer weist bei der LPD Wien in den letzten 5 Jahren insgesamt 5 Vormerkungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen auf. Auch wenn es sich dabei um relativ geringe Strafen handelt, stellen diese doch einen Straferschwerungsgrund dar. Strafmildernd ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer den Grenzwert für die Anwendung der (gegenüber der allgemeinen Strafnorm des § 99 Abs. 3 StVO) strengeren Bestimmung des § 99 Abs. 2c nur knapp erreicht hat.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die von der Behörde verhängte Strafe in Höhe von 120 Euro nicht überhöht. Diese schöpft den gesetzlichen Strafrahmen zu weniger als 6 % aus. Die Strafe erscheint ausreichend, in dieser Höhe aber notwendig, um den Beschwerdeführer in Zukunft zur genaueren Einhaltung des Sicherheitsabstandes anzuhalten. Sie entspricht auch seinen finanziellen Verhältnissen, wobei mangels anderslautender Mitteilung die behördliche Einschätzung (Nettoeinkommen ca. 1.800 Euro bei keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen) zu Grunde gelegt wird.

 

Zu II.:

Die Vorschreibung der Kosten ist in § 52 VwGVG begründet.

 

Zu III.:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Sicherheitsabstand ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen diese Erkenntnisse besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Beschwerde bzw. Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 


 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l