LVwG-450005/19/ER/PP

Linz, 16.06.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des A K, vertreten durch L Rechtsanwälte, Rechtsanwalt Mag. K L, G,
L, gegen den Bescheid des Gemeinderats der Stadtgemeinde E vom 5. Juli 2013, GZ: HBA 498633/1-Höm, betreffend die Festsetzung der Wasserbezugs- und Kanalbenützungsgebühren für die Jahre 2010, 2011 und
1. Quartal 2012, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2014

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird gemäß § 279 Abs 1 BAO iVm § 4 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde E vom 11.12.2012 über die Neuerlassung der Kanalgebührenordnung insoweit stattgegeben, als die Höhe der Kanalbenützungsgebühr für die Jahre 2010, 2011 und das erste Quartal des Jahres 2012 jeweils mit 0,00 Euro festgesetzt wird.

 

II.       Hinsichtlich der Festsetzung Wasserbezugsgebühren wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und werden die Wasserbezugsgebühren gemäß § 279 Abs 1 BAO iVm § 4 der Verordnung des Gemeindesrates der Stadt­gemeinde E vom 11.12.2012 über die Neuerlassung der Wasser­gebührenordnung wie folgt festgesetzt (exkl. USt):

 

Wasserbezugsgebühr 2010:                    24.147,20 Euro (15.092 m3)

Wasserbezugsgebühr 2011:                    30.291,20 Euro (18.932 m³)

Wasserbezugsgebühr 2012 (1. Quartal):     8.000,00 Euro (5.000m³)

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wurde mit Rechnungen vom
15. März 2012, fällig am 15. April 2012, Wasser- und Kanalgebühren für das Jahr 2010 in Gesamthöhe von 86.011,97 Euro, für das Jahr 2011 in Gesamthöhe von 107.822,23 Euro und für das erste Quartal 2012 in Gesamthöhe von
27.632,38 Euro vorgeschrieben.

Aufgrund dieser Vorschreibung beantragte der Bf mit Schreiben vom
26. März 2012, ergänzt durch das Schreiben seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 10. September 2012, einen Nachlass in der Höhe von 50% für die vorgeschriebenen Wasserbezugsgebühren und einen Nachlass in der Höhe 100% für die vorgeschriebenen Kanalbenützungsgebühren.

 

I.1.1. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde E setzte mit Bescheid vom
22. März 2013 die Wasserbezugsgebühren für die Jahre 2010, 2011 und das erste Quartal 2012 in der Gesamthöhe von 65.420,08 Euro und die Kanalbenützungsgebühren für 2011 und das erste Quartal 2012 in der Gesamthöhe von 95.988,68 Euro fest und führte dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Der Bf sei Eigentümer von Teilbereichen der sogenannten „Z“, EZ X und andere. Das Areal werde bis zur Grundstücksgrenze von der Stadtgemeinde E mit der notwendigen Infrastruktur aufgeschlossen, die auf dem Betriebsgelände befindliche Kanal- und Wasserinfrastruktur befinde sich nicht im Eigentum der öffentlichen Hand und diene unter anderem als Aufschließung für die im Betriebsareal befindlichen Firmen.

Die Abrechnung der den einzelnen Firmen zurechenbaren Wasser- und Kanalgebühren erfolge kulanterweise seitens der Stadtgemeinde E im direkten Weg mit den einzelnen Firmen unter Heranziehung der Wassersubzähler als Verbrauchsermittler.

 

Bis 2009 sei die für das gesamte Betriebsareal zur Verfügung gestellte Wassermenge zusätzlich von einem einzigen Wasserhauptzähler dokumentiert worden. Im Zuge einer Abrechnung aus dem Jahr 2009 sei festgestellt worden, dass eine große Differenzmenge zwischen der Summe der Ergebnisse der Subzähler und dem Hauptzähler bestehe, die auf einen nicht unbeträchtlichen Wasserrohrbruchschaden hingedeutet habe. Der Bf sei darauf und auch auf seine Verpflichtung, als Grundstückseigentümer die Differenzmenge zu bezahlen, hingewiesen worden. Darauf habe der Bf eingewendet, dass durch den Hauptzähler ebenfalls Teile des Betriebsgeländes, die sich nicht in seinem Eigentum befänden, miterfasst würden und somit keine eindeutige Zuordnung des Wasserleitungsschadens getroffen werden könne.

 

Daraufhin seien im Oktober 2009 zwei neue Wasserzählerschächte errichtet und mit Hauptzählern ausgestattet worden, um die tatsächliche an das Areal des Bf übergebene Wassermenge konkretisieren zu können.

 

Die in Folge weiterhin auftretenden Fehlmengen seien daraufhin dem Gelände des Bf zuordenbar gewesen. Diese Fehlmengen seien erstmals bereits 2009 festgestellt worden. Am 10. Jänner 2011 habe sich der Bf zu den Fehlmengen bekannt und eine Sanierung zugesagt. 2011 sei eine Teilsanierung durchgeführt worden, die jedoch nicht den erwarteten Erfolg gebracht habe, es seien im Verlauf des Jahres 2011 erneut Differenzmengen zwischen den Subzählern und dem Hauptzähler festgestellt worden. Erst durch eine weitere Sanierung im ersten Quartal 2012 sei der Rohrbruch behoben worden.

 

Auf Basis des § 198 BAO, BGBl Nr. 194/1961 in der damals geltenden Fassung, sowie auf Basis von § 4 der Wassergebührenordnung und § 4 der Kanalge­bührenordnung der Stadtgemeinde E, jeweils vom 12. Dezember 2012, sowie auf Basis der Richtlinien der Stadtgemeinde E für die Gewährung von Nachlässen bei Wasser- und Kanalgebühren sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen, da spätestens im Verlauf des Jahres 2010 der Nachweis erbracht worden sei, dass die Wasserfehlmengen einzig und alleine auf eine, auf den Grundstücken des Bf befindliche, defekte Wasserleitung zurückzuführen sei.

 

Dem Antrag des Bf auf Gewährung von Nachlässen vom 10. September 2012 sei insofern stattgegeben worden, als dem Bf die Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2010 nachgelassen worden sei, zumal gemäß § 2 der Richtlinie für die Nachlassgewährung von Wasser- und Kanalgebühren der Stadtgemeinde E bei Kanalbenützungsgebühren in Fällen von nachweisbaren Rohrbrüchen im Erdreich ein Nachlass gewährt werden könne. Dies sei bis zum Jahr 2010 noch nicht eindeutig nachzuweisen, weshalb die Kanalbenützungsgebühr für das
Jahr 2010 nachgelassen worden sei.

 

Abschließend wurde die weitere Gewährung von Nachlässen mit der Begründung versagt, dass gemäß § 3 der Richtlinien keine Nachlässe gewährt würden, wenn der Mehrverbrauch im Verantwortungsbereich des Antragstellers liegt und durch entsprechende Sorgfaltspflicht wahrzunehmen gewesen wäre. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen regulären Wasserverbrauch und keinesfalls um einen Rohrbruch, der einen ganzen oder teilweisen Nachlass rechtfertigen würde. Ausnahmen – vor allem, wenn das verbrauchte Wasser nicht in den Kanal gelangt – seien nicht zu berücksichtigen.

 

Auch eine beantragte Reduktion aufgrund einer Wasserentnahme aus dem Leitungsnetz des Bf anlässlich eines Brandgeschehens am 25. März 2012 (richtig: 25. März 2011) wurde versagt, da das dabei verbrauchte Wasser tatsächlich aus dem öffentlichen Versorgungsnetz entnommen worden sei.

 

I.1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf am 22. April 2013 rechtzeitig Berufung, in der er im Wesentlichen Folgendes ausführte:

 

Die rechtliche Würdigung des angefochtenen Bescheids stehe im Widerspruch zu dessen Begründung, wonach im Rahmen des Sanierungsschrittes im ersten Quartal 2012 ein vorhandener Rohrbruch saniert worden sei. Zumal der Bürgermeister der Stadtgemeinde E somit selbst davon ausgehe, dass der Wasserverbrauch auf einen Rohrbruch zurückzuführen gewesen sei, handle es sich um keinen regulären Wasserverbrauch. Unter Zugrundelegung dieser Tatsache hätte der Bürgermeister zum Ergebnis gelangen müssen, dass ein Nachlass gemäß § 2 der Richtlinien im Ausmaß von 50% hinsichtlich der Wasserbezugs- und im Ausmaß von 100% hinsichtlich der Kanalbe­nützungsgebühren zu gewähren gewesen sei.

 

Zum Brandgeschehen vom 25. März 2011 hätte der zuständige Einsatzleiter der Feuerwehr einvernommen werden müssen.

 

2009 sei der Wasserschacht, in dem sich der Hauptzähler für das gesamte Areal befand, auf das Grundstück des Bf verlegt worden, da der ursprüngliche Schacht unter Wasser gestanden sei. Alle Beteiligten seien davon ausgegangen, dass der Wasserverlust darauf zurückzuführen gewesen sei, was durch die Verlegung des Schachtes behoben wäre.

Die Kontrolle des neuen Hauptzählers Ende 2009 habe keinen Hinweis auf einen Mehrverbrauch ergeben können, zumal einerseits keine Vergleichswerte vorgelegen seien, andererseits an der gegenständlichen Wasserleitung mehrere fremde Endverbraucher angeschlossen seien, zu deren Wasserzählerdaten der Bf keinen Zugang habe.

Im Übrigen seien im neuen Schacht keine Einstiegshilfen montiert, was die Kontrolle erschwere, zumal der Schacht zwei Meter tief sei.

 

Im Mai 2011 habe der Bf eine Grundsanierung der Wasserleitung durchgeführt, weshalb er davon ausgegangen sei, dass kein Wasseraustritt aus den Rohren erfolge.

 

Die Vorschreibung für die Jahre 2010, 2011 und das erste Quartal 2012 sei dem Bf erstmals im März 2012 zugegangen, daraufhin habe er unverzüglich eine Überprüfung der Rohrleitungen veranlasst. Dabei sei ein Rohrbruch festgestellt worden.

 

Der Mehrverbrauch liege weder im Verantwortungsbereich des Bf, noch hätte er zu einem früheren Zeitpunkt wahrgenommen und beseitigt werden können.

 

Abschließend beantragte der Bf die Einvernahme des Einsatzleiters der Feuerwehr betreffend den Einsatz am 25. März 2011 und die Einvernahme des mit den Sanierungsarbeiten betrauten Poliers der Firma H und F sowie die Beischaffung und Verlesung der Rechnungen über die Sanierungsarbeiten.

 

I.1.3. Mit Bescheid des Gemeinderats der Stadtgemeinde E (im Folgenden: belangte Behörde) vom 5. Juli 2013, HBA 498633/1-Höm, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid seinem Inhalt nach bestätigt.

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Ziel der Richtlinien zur Gewährung von Nachlässen für Wasser- und Kanalgebühren der Stadtgemeinde E sei es, dass jeder Bezieher von Trinkwasser aus der städtischen Wasserleitung regelmäßig und in kurzen Abständen die im eigenen Verantwortungsbereich liegenden Leitungen auf Undichtigkeit überprüft (zB durch Ablesen des Wasserzählers, Vergleich durchschnittlicher Verbräuche). Die Möglichkeit von Gebührennachlassgewährung solle nicht ein sorgfaltswidriges und/oder unsachgemäßes Handeln unterstützen.

 

Bereits 2009 sei der Bf auf die hohen Fehlmengen hingewiesen worden. Da am ursprünglichen Hauptwasserzähler ein nicht im Eigentum des Bf stehendes Areal angeschlossen gewesen sei, seien seitens der Stadtgemeinde E im Oktober 2009 zwei zusätzliche Wasserzählerschächte unmittelbar nach der Trennung in nördliches und südliches Fabriksgelände errichtet und mit Hauptzählern ausgestattet worden, um die tatsächlich an das Areal des Bf übergebene Wassermenge konkretisieren zu können. Die in Folge weiterhin aufgetretenen Differenzmengen hätten eindeutig bewiesen, dass der Verbrauch – ob durch einen Wasserleitungsschaden oder durch nicht erfasste Abnehmer – eindeutig auf der Liegenschaft des Bf gelegen sei. Nach Errichtung des neuen Wasserzählers sei ein Lokalaugenschein mit dem Bf durchgeführt worden, im Zuge dessen ein unüblich hoher Wasserdurchsatz festgestellt worden sei. Dabei sei auch seitens der belangten Behörde die Vermutung eines möglichen Schadens in der Infrastruktur in den Raum gestellt worden. Auch die Möglichkeit von nicht erfassten Entnahmestellen sei thematisiert worden. Die Ursache für die hohen Verbräuche sei jedoch unbeachtlich, zumal sie eindeutig nachweisbar in der Verantwortungssphäre des Grundeigentümers gelegen sei.

Spätestens bei Vorlage der Wasserverbrauchsdaten für 2010 hätte der Bf seiner Verantwortung nachkommen müssen. Die belangte Behörde sei daher dem Antrag des Bf auf Nachlassgewährung für das Jahr 2010 nachgekommen, zumal ein eindeutiger Handlungsbedarf mit Vorliegen der Daten des Jahres 2010 erkennbar gewesen sei. Für die Folgejahre hätte der Bf seiner Überprüfungs- und Handlungspflicht rascher nachkommen müssen.

 

Ferner handle es sich bei den Bestimmungen der Richtlinie um eine „Kann-Bestimmung“, es bestehe somit auch dann kein Rechtsanspruch auf Nach­lassgewährung, wenn Rohrbrüche im Erdreich nachweisbar wären.

 

Der Bf habe bei einer Besprechung am 10. November 2011 (richtig:
10. Jänner 2011) versichert, eine Sanierung der Infrastruktur vorzunehmen.

Hinsichtlich des Brandgeschehens verweist die belangte Behörde auf die schriftliche Aussage des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr E, wonach die Wasserentnahme aus dem öffentlichen Versorgungsnetz erfolgt sei.

 

Hinsichtlich der Neuerrichtung des Wasserschachtes verweist die belangte Behörde auf eine Stellungnahme des Leiters der Tiefbauabteilung, Ing. J K, wonach die Verlegung zur Eingrenzung der Wasserverluste durchgeführt worden sei. Nach der Fertigstellung sei ein Lokalaugenschein an einem Freitag Abend durchgeführt worden, im Zuge dessen festgestellt worden sei, dass der Wasserzähler des Firmengeländes des Bf einen hohen Verbrauch verzeichne, wobei der zweite Wasserzähler – betreffend das restliche Betriebsareal keinen Verbrauch angezeigt habe.

 

Ende Juli 2010 sei eine Wasser-Zwischenablesung erfolgt, bei der die Wasserverluste dem Areal des Bf zugeordnet worden seien.

 

Hinsichtlich der Bauweise des Wasserschachtes gibt die belangte Behörde an, dass dieser zwei Meter tief und mit einem Deckel von 60 cm Durchmesser abgedeckt sei. Auf Einstiegshilfen sei zur Vorbeugung von Vandalismus verzichtet worden. Der Bf sei aber informiert worden, dass er jederzeit mit dem Wasserwerk – das über einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst verfüge – Kontakt aufnehmen könne, um den Wasserzähler ablesen zu können. Ferner verfüge das Betriebspersonal des Wasserwerks im Instandhaltungsfahrzeug über eine Leiter zur Begutachtung solcher Schächte.

 

Am 4. Oktober 2010 habe eine Besprechung stattgefunden, wobei der Bf über die hohen Wasserverluste auf seinem Areal erstaunt gewesen sei. Er habe umgehendes Handeln zugesichert und darüber informiert, dass die Firma L bereits eingebunden sei. Eine Leckortungsfirma solle überdies beauftragt werden. Ferner habe der Bf zugesichert, 2011 alle Hauptwasserleitungen sowie die Hausanschlüsse bis zu den Wasserzählern neu errichten zu lassen.

 

I.2. Gegen diesen, dem Bf am 10. Juli 2013 zugestellten Bescheid hat dieser mit Schreiben vom 24. Juli 2013 rechtzeitig Vorstellung an die Oö. Landesregierung erhoben.

Darin stellte der die Anträge, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückzuverweisen und der Vorstellung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

 

Begründend führte der Bf dazu im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Zur Anwendbarkeit der Richtlinien für die Gewährung von Nachlässen für Wasser- und Kanalgebühren der Stadtgemeinde E wandte der Bf ein, dass gemäß § 2 Abs 1 der Richtlinien Nachlässe nur bei einem Mehrverbrauch, der auf nachweisbare Rohrbrüche im Erdreich zurückzuführen ist, gewährt werde. Es sei daher von primärer Relevanz, welche Ursache die hohen Verbräuche haben.

Keine Nachlässe seien gemäß § 3 der Richtlinien bei einem Mehrverbrauch, der im Verantwortungsbereich des Antragstellers liegt und durch entsprechende Sorgfaltspflicht jederzeit hätte wahrgenommen und beseitigt werden können, zu gewähren. Exemplarisch würden ein undichtes WC im Haus, undichte Sicherheitsventile bei der Heizung oder defekte Druckminderungsventile angeführt. Der vorliegende Rohrbruch, der explizit in § 2 der Richtlinien genannt sei, sein damit nicht vergleichbar.

 

Die belangte Behörde habe dem Bf vorgehalten, dass er spätestens nach der Vorlage der Wasserverbrauchsdaten für das Jahr 2010 seiner Verantwortung und Sorgfaltspflicht nachkommen hätte müssen. Diese Daten seien dem Bf erst am 16. März 2012 zugestellt worden. Unmittelbar danach habe der Bf eine Leck­ortungsfirma beauftragt, die aber zu keinem brauchbaren Ergebnis gelangt sei. Daraufhin habe der Bf unverzüglich stichprobenartige Grabungen zur Auffindung des Lecks veranlasst, wobei der Rohrbruch entdeckt und die Sanierung unverzüglich beauftragt worden sei.

Der Mehrverbrauch aufgrund des Rohrbruchs liege daher weder im Verantwortungsbereich des Bf, noch hätte er zu einem früheren Zeitpunkt wahrgenommen bzw beseitigt werden können.

Die belangte Behörde trage am unentdeckt gebliebenen Verbrauch somit eine Mitschuld, da dem Bf die Abrechnungen erst am 16. März 2012 übermittelt worden seien.

 

Teile der von der belangten Behörde ins Treffen geführten Gespräche hätten nicht stattgefunden, es habe lediglich am 10. Jänner 2011 ein Gespräch gegeben, aufgrund dessen eine Grundsanierung der Wasserleitung erfolgt sei. Eine daran anschließende Druckprüfung habe keinen Hinweis auf einen Rohrbruch ergeben.

 

Im Rahmen der Verlegung des Hauptwasserzählerschachtes sei von allen handelnden Personen davon ausgegangen worden, dass die Wasserverluste auf den alten Schacht zurückzuführen seien, der unter Wasser gestanden sei. Durch die Verlegung des Wasserschachtes seien alle Beteiligten davon ausgegangen, dass die Wasserverluste behoben würden.

 

Auch die Kontrollen Ende 2009 hätten keinen Hinweis auf einen Wassermehrverbrauch ergeben könne, zumal keine Vergleichswerte vorgelegen seien und der belangten Behörde bekannt gewesen sei, dass an der gegen­ständlichen Wasserleitung noch mehrere fremde Endverbraucher angeschlossen seien.

 

Nach Ausführungen betreffend die Ermessensübung führt der Bf an, dass ihm die Überprüfung des Hauptwasserzählers nicht zumutbar sei, zumal der vom Wasserwerk errichtete neue Schacht entgegen den gesetzlichen Anforderungen nicht mit Einstiegshilfen ausgestattet sei. Dieser Fehler könne nicht mit Vandalismusprävention gerechtfertigt werden und könne dem Bf nicht angelastet werden. Ferner sei dem Bf erstmals im Berufungsbescheid die Möglichkeit der jederzeitigen Ablesung durch das Wasserwerk eröffnet worden.

 

Der Bf schließt sein Vorbringen mit Ausführungen zur unterlassenen Beweisaufnahme und erneuten, seiner Berufung entsprechenden Beweis­anträgen.

 

I.3. Mit Schreiben der Oö. Landesregierung vom 16. Dezember 2013, zugestellt am 2. Jänner 2014, IKD(BauR)-080000/1-2013-Pe/Wm, wurde diese Vorstellung im Hinblick auf die am 1. Jänner 2014 in Kraft getretene Verwaltungs­gerichtsbarkeits-Novelle BGBl.Nr. I 51/2012 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

Nach der Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG, BGBl I
Nr. 51/2012, ging die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des
31. Dezember 2013 bei den Aufsichtsbehörden anhängigen Verfahren über Vorstellungen auf die Verwaltungsgerichte über.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 bis 4 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes, BGBl I Nr. 33/2013 idgF BGBl I Nr. 122/2013, gelten vor dem Ablauf des
31. Dezember 2013 rechtzeitig erhobene Vorstellungen nunmehr als Beschwerden iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

 

Gemäß § 272 Abs. 1 Bundesabgabenordnung BGBl N.r 194/1961 idF BGBl I
Nr. 70/2013 – BAO entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch Einzel­richter, soweit gesetzlich nicht anderes angeordnet ist.

 

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheid­beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und folgende angeforderte ergänzende Unterlagen: Stellungnahme von Ing. K vom 25. April 2014 betreffend die Verlegung des Wasserzählerschachtes und den Lokalaugenschein nach fertiger Installation der neuen Wasserzähler; Aktenvermerk vom 5. Oktober 2010 über die Besprechung am 4. Oktober 2010; E-Mail des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr E vom 19. Jänner 2013 betreffend den Einsatz vom 25. März 2011 samt Fotobeilage, sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2014.

 

I.5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2014 von folgendem ent­scheidungs­relevanten S a c h v e r h a l t aus:

 

Der Bf ist Eigentümer von Teilbereichen der ehemaligen „Z“ E.

 

Bis Oktober 2009 wurde der Wasserverbrauch der im Eigentum des Bf befindlichen Teilbereiche des Areals gemeinsam mit Teilbereichen, die sich nicht in seinem Eigentum befanden, durch einen gemeinsamen Hauptwasserzähler dokumentiert.

 

Im Oktober 2009 wurden an Stelle des gemeinsamen Wasserzählers zwei getrennte Wasserzähler in getrennten Wasserzählschächten errichtet, um den Wasserverbrauch den Grundeigentümern zuordnen zu können. Diese Wasserzählschächte wurden vom Wasserwerk E errichtet.

 

Seit Errichtung des neuen Schachtes betreffend das Areal des Bf wird der darin befindliche Hauptzähler vom Wasserwerk E abgelesen.

 

Wasserbezüge und Kanalbenützungsgebühren für das Areal des Bf wurden bereits vor 2009 anhand der Subzähler der einzelnen am Areal angesiedelten Betriebe abgerechnet und beglichen. Jeweils zu Jahresende wurden die Subzähler abgelesen und die Ergebnisse dem Wasserwerk E übermittelt. Diese Praxis wurde auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geübt.

 

Über den Hauptwasserzähler wurden lediglich die Wasserfehlmengen, die sich aus der Differenz des Ableseergebnisses des Hauptwasserzählers und der Summe der Ableseergebnisse der Subzähler ergeben, ermittelt. Diese Fehlmengen bilden die Basis für die im angefochtenen Bescheid vorge­schriebenen Abgaben.

 

Ende 2009 wurden nach Errichtung der neuen Schächte in Anwesenheit des Bf die Hauptwasserzähler abgelesen, wobei an einem Freitag Abend am dem Bf zugerechneten Hauptwasserzähler eine hohe Durchflussmenge beobachtet wurde, wogegen der Hauptwasserzähler des zweiten Schachtes keinen Durchfluss verzeichnete.

 

Am 4. Oktober 2010 wurde der Bf von der Stadtgemeinde E über hohe Wasserfehlmengen unterrichtet, wobei er zusagte, eine Leckortungsfirma zu beauftragen. Zwischen Ende 2009 und 4. Oktober 2010 fand keine Besprechung zwischen dem Bf und der Stadtgemeinde E betreffend die Wasserfehlmengen statt.

 

Anlässlich einer weiteren Besprechung am 10. Jänner 2011 sagte der Bf zu, die Wasserleitungen zu sanieren.

 

Am 25. März 2011 fand auf dem Areal der Firma K ein Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr E statt, bei dem Wasser aus dem öffentlichen Wasserleitungsnetz entnommen wurde.

 

Der Bf hat 1997 Wasserleitungen in der Länge von 180 Laufmetern ausgetauscht, und zwar auf dem mit X im Akt einliegenden Plan bezeichneten Grundstück entlang der südöstlichen Gebäudekante.

Im Mai 2011 hat der Bf anschließend an die 1997 vorgenommene Teilsanierung neue Wasserleitungsrohre und Hausanschlüsse entlang der restlichen südöstlichen Gebäudekante des auf dem Grundstück X befindlichen Gebäudes und entlang der südöstlichen Kante des auf dem Grundstück X befindlichen Gebäudes errichten lassen. Die ursprünglich verwendeten Leitungen wurden dabei vom Wasserversorgungsnetz getrennt und auf einer neuen Trasse durch neue Leitungen ersetzt. Die neu errichteten Leitungen wurden durch Druckprüfungen auf deren Dichtheit überprüft. Im Zuge der 2011 vorgenommenen Teilsanierung wurde an der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken X und X ebenfalls ein Hydrant erneuert.

 

Etwa an der Stelle des Hydranten befindet sich eine Abzweigung für die Wasserversorgung der nicht im Eigentum des Bf befindlichen Areale der Firmen K und S. Die Zuleitung zu diesen Firmen verläuft entlang der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken X und X bis zur nordwestlichen Grundstücksgrenze des Grundstücks X auf dem im Eigentum des Bf befindlichen Areal. Auch diese Zuleitung wurde 2011 saniert, die Abzweigungen außerhalb der Grundstücksgrenze des Bf wurden von der Sanierung nicht mitumfasst, da sich diese Leitungen nicht auf dem Grundstück und nicht im Eigentum des Bf befinden. Die Wasserversorgung dieser beiden Firmen ist an den Hauptwasserzähler des Bf angeschlossen, der Bf hat keinen Zugang zu den Subzählern dieser Firmen.

 

Dem Bf wurde erstmals mit Rechnungen vom 15. März 2012, fällig am
15. April 2012, Wasser- und Kanalgebühren für das Jahr 2010 in Gesamthöhe von 86.011,97 Euro, für das Jahr 2011 in Gesamthöhe von 107.822,23 Euro und für das erste Quartal 2012 in Gesamthöhe von 27.632,38 Euro vorgeschrieben.

 

Der Bf hat daraufhin eine Leckortungsfirma beauftragt, deren Ermittlungen zu keinem Ergebnis führten. Daher beauftragte der Bf stichprobenartige Grabungen, wodurch an einer Verbindungsmuffe in der 1997 erneuerten Wasserleitung ein Rohrbruch entdeckt wurde. Dieser Rohrbruch wurde im April 2012 saniert, seither wurden keine Wasserfehlmengen verzeichnet.

 

 

II. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch den vorgelegten Verwaltungsakt und die ergänzenden Unterlagen, sowie aufgrund der Aussagen der in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Parteien und Zeugen. Daraus ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt wider­spruchsfrei.

 

Hinsichtlich der Wasserentnahme im Zuge des Feuerwehreinsatzes vom
25. März 2011 war der Aussage des im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen, der bei diesem Einsatz für die Schlauchleitung verantwortlich war, Glauben zu schenken. Der Zeuge konnte schlüssig darlegen, dass er die Schlauchleitung um rund 200 Meter verlängern musste, da der nähergelegene Hydrant des Bf „trocken“ gewesen sei. Zwar habe er versucht, vom Hydranten des Bf Wasser zu entnehmen, da dies nicht gelungen sei, sei der nächstgelegene öffentliche Hydrant, der etwa
200 Meter entfernt gewesen sei, herangezogen worden.

Nach Vorlage eines Fotos (Beilage zu ON 7)wurde sowohl vom Zeugen als auch vom Bf der am Foto abgebildete Hydrant als jener des Bf identifiziert, wobei auf dem Foto deutlich sichtbar ist, dass kein Schlauch an den Hydranten des Bf angeschlossen ist, sondern eine mit Wasser gefüllte Schlauchleitung neben dem Hydranten liegt, deren Anschluss auf dem Foto nicht sichtbar ist.

 

Aufgrund dieser Fotodokumentation und der schlüssigen Äußerungen des Zeugen steht für das Oö. Landesverwaltungsgericht fest, dass beim Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr E vom 25. März 2011 auf dem Areal der Firma K kein Wasser aus dem Hydranten des Bf entnommen wurde.

 

 

III. Gemäß § 15 Abs. 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2008 idF BGBl I Nr. 73/2010 werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß, bei dem der mutmaßliche Jahres­ertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 erster Satz der Verordnung des Gemeinderates der Stadt­gemeinde Enns vom 11.12.2012 über die Neuerlassung der Kanalge­bührenordnung (in der Folge: Kanalgebührenordnung) haben die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke eine Kanalbenützungsgebühr zu entrichten. Diese beträgt ohne Umsatzsteuer € 3,81 je m3 des aus dem öffentlichen Leitungsnetz der Stadtgemeinde Enns und aus Eigenversorgungsanlagen entnommenen Wassers.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Enns vom 11.12.2012 über die Neuerlassung der Wassergebührenordnung (in der Folge: Wassergebührenordnung) hat der Eigentümer der an die Wasserver­sorgungsanlage angeschlossenen Grundstücke für den Wasserbezug eine Wassergebühr zu entrichten. Diese beträgt bei der Messung des Wasserver­brauches mit Wasserzählern pro Kubikmeter € 1,60 ohne Umsatzsteuer.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Enns vom 6. Februar 2003 mit der eine Wasserleitungsordnung für das Gemeinde­gebiet der Stadtgemeinde E neu erlassen wird (im Folgenden: Wasser­leitungsordnung) besteht für die im Versorgungsbereich der Wasserver­sorgungsanlage liegenden Gebäude und Anlagen einschließlich der jeweils dazugehörigen Grundstücke, in denen Wasser verbraucht wird – im folgenden kurz Objekte genannt – nach Maßgabe der Bestimmungen des Oö. Wasser­versorgungsgesetzes Anschlusszwang.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung haben die Eigentümer von Objekten (§ 2 Abs. 1), die dem Anschlusszwang unterliegen, die Verbrauchsleitung (§ 6 Abs. 1) auf ihre Kosten herzustellen und zu erhalten und überdies die Kosten für die Anschlussleitung (§ 5 Abs. 1), ebenso die Instandhaltungskosten der Anschlussleitung innerhalb des Objektes zu tragen, und zwar unabhängig davon, ob die betreffenden Eigentümer aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften oder privatrechtlicher Vereinbarungen die Lasten dieser Verpflichtungen auf Dritte überwälzen können.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung ist die Anschlussleitung die Rohrleitung zwischen der Anschlussstelle an die Versorgungsleitung und der Übergabestelle. Die Übergabestelle bildet die Grenze zwischen der An­schlussleitung und der Verbrauchsleitung. Anschlussleitungen dürfen nicht mit anderen Wasserversorgungsanlagen verbunden sein. Die Anschlussleitung endet mit dem Absperrventil unmittelbar nach dem Wasserzähler, unabhängig ob sich dieser im Gebäudeinneren oder an einer einvernehmlich festgelegten Übergabe­stelle befindet (Wasserzählerschacht).

Gemäß Abs. 2 erfolgt die Messung des Wasserbezugs mittels geeichten Wasser­zählers.

 

Gemäß § 6 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung ist die Verbrauchsleitung die Wasser­leitung nach der Übergabestelle.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung ist der Wasserbezug durch Wasserzähler zu messen.

 

Gemäß § 9 Abs. 9 der Wasserleitungsordnung ist die Verwendung weiterer Wasserzähler (Subzähler) in der Verbrauchsleitung zulässig, doch bleiben Beschaffung, Einbau, Instandhaltung und Ablesung ausschließlich dem Objekteigentümer überlassen. Das Ergebnis einer solchen Zählung bildet keinerlei Grundlage für eine Verrechnung.

 

Gemäß § 198 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit in Abgaben­vorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, die Abgaben durch Abgaben­bescheide festzusetzen.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.1. Die Verordnung der Stadtgemeinde E über die Kanalbe­nützungsgebühr hat – ebenso wie die Verordnung über die Wasserbezugs­gebühren – ihre Grundlage im § 15 Abs. 3 Z 4 FAG. Gemäß dieser Bestimmung werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und –anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenbauten, vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigungen durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben.

 

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. April 1999, 98/17/0229, Folgendes festgehalten (Hervorhebungen nicht im Original): „Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. z.B. VfSlg 10.947) lässt es das Gleichheitsprinzip zu, bei Benützungsgebühren pauschalierende Regelungen zu treffen, sofern sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen. Es gilt aber auch in diesem Bereich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen der speziellen Leistung der Gebietskörperschaft und der Gegenleistung (der Benützungsgebühr). Die Gebühr darf demnach ein angemessenes Verhältnis zur Leistung nicht übersteigen (vgl. VfSlg 5023/1965 und 5028/1965).

Die Beachtung dieser Verhältnismäßigkeit ist für die Gesetzmäßigkeit der Verordnungsbestimmung über die Kanalbenützungsgebühr eine unabdingbare Voraussetzung. Wird diese nicht beachtet, dann sind diese gesetzwidrigen Verordnungsbestimmungen von der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof bedroht.

Bei gesetzeskonformer Auslegung der Verordnung jedoch – dem Verordnungsgeber ist nicht zu unterstellen, dass er eine gesetzwidrige Verordnung erlassen wollte – ist (...) die Bemessungsgrundlage auf den vom Verhältnismäßigkeitsrahmen zugelassenen Anwendungsbereich teleologisch zu reduzieren und für alle übrigen daher nicht von dieser Verordnungsregelung erfassten Fälle sind die Kanalbenützungsgebühren nach der – allenfalls im Wege der Schätzung zu ermittelnden – Menge des tatsächlich in den Kanal abgeleiteten Abwassers zu bemessen.“

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 27. Juli 1986, B842/84, VfSlg 10.947, wie folgt entschieden (Hervorhebungen nicht im Original): „In VfSlg. 5945/1969, S 235, vertrat der VfGH allerdings zu Kanalanschlußgebühren nach dem Bgld. Kanalanschlußgebührengesetz, LGBl. 1/1957, die Auffassung, daß es sich bei diesem Beitrag um eine "Gebühr im Sinne der Finanzausgleichsgesetzgebung" handle, weil sich die Kanalanschlußgebühr nach der Höhe der Aufwendungen für die Kanalisationsanlage bestimme und "Gebühr" in der Regel eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegende Gegenleistung für eine spezielle Leistung der Gebietskörperschaft sei“ (vgl auch VfSlg. 3550/1959, 4174/1962, 5022/1965, 5156/1965).

Ferner hält der Verfassungsgerichtshof in diesem Erkenntnis fest, dass „Benützungsgebühren insgesamt dadurch charakterisiert [sind], daß das Ausmaß ihrer Festsetzung im Einzelfall in einer Beziehung zum Ausmaß der Benützung stehen muß“.

 

IV.1.2. Im vorliegenden Fall hat der Bf eindeutig nachgewiesen, dass die mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde E festgesetzten Fehlmengen aufgrund eines Rohrbruchs im Erdreich nachweislich im Erdreich versickert und nicht in den Kanal eingeleitet wurden. Diesem Umstand hat die belangte Behörde für das Jahr 2010 Rechnung getragen, indem für diesen Zeitraum keine Kanalbenützungsgebühren festgesetzt wurden.

Wie sich einerseits schon aufgrund des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakts und andererseits aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung zweifelsfrei feststellen ließ, wurden die vorgeschriebenen Fehlmengen auch im Jahr 2011 und im ersten Quartal 2012 nicht in den Kanal eingeleitet, zumal der Rohrbruch – trotz vom Bf veranlasster umfangreicher Sanierungsmaßnahmen im Jahr 2011 – bis April 2012 unentdeckt blieb.

 

Im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs ist die Kanalgebührenordnung der Stadtgemeinde E demnach gesetzeskonform auszulegen und die Benützungsgebühr in Beziehung zum Ausmaß der tatsächlichen Benützung des Kanals zu setzen.

 

Die Stadtgemeinde E hat regelmäßig – kulanterweise, wie der Bürgermeister der Stadtgemeinde E in der Begründung des Bescheids vom 22. März 2013 festgehalten hat – aufgrund der Subzähler der einzelnen auf dem Gelände des Bf angesiedelten Firmen Wasserbezugs- und Kanalbenützungsgebühren vorge­schrieben. Der Bf hat regelmäßig aufgrund der Vorschreibungen der Wasser- und Kanalbenützungsgebühren, die aus den Ablesungsergebnissen der Subzähler resultierten, die tatsächlich im Verhältnis zur Benützung des Kanals stehende Gebühr beglichen.

Bei den im bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Gebühren handelt es sich ausschließlich um jene Fehlmengen, die aus der Differenz des Ablesungsergebnisses des Hauptzählers und der Summe der Ablesungs­ergebnisse der Subzähler resultieren. Diese Differenzmenge ist nachweislich durch einen Rohrbruch im Erdreich entstanden, der zum Versickern der festgestellten Fehlmengen geführt hat. Das der Fehlmenge entsprechende Wasser wurde somit nachweislich nicht in den Kanal eingeleitet, weshalb dafür iSd oben zitierten Judikatur aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips keine Kanalbenützungsgebühren festzusetzen sind.

 

IV.2.1. Gemäß § 4 Abs 1 der Wassergebührenordnung ist der Wasserverbrauch grundsätzlich durch Wasserzähler zu ermitteln. Im Sinne des § 9 Abs 1 und Abs 9 der Wasserleitungsordnung bildet der Hauptwasserzähler die Grundlage für die Wasserbezugsgebührenvorschreibung.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. November 1998, 97/17/0022, bei vergleichbarer Rechtslage (Wassergebührenordnung der Stadtgemeinde Bad Ischl, wonach gemäß § 3 Abs. 2 das Ausmaß des Wasserverbrauchs grundsätzlich durch den Zähler ermittelt wird) bereits entschieden hat (Hervorhebungen nicht im Original), ist „[d]as grundsätzlich durch den Wasserzähler ermittelte Ausmaß des Wasserverbrauchs [...] Grundlage der Abgabenbemessung. Eine nochmalige Messung des Wassers nach dem Wasserzähler oder eine Differenzierung nach unterschiedlichem Ge- oder Verbrauch des Wassers findet nach der Verordnung nicht statt. Das durch den Wasserzähler geflossene Wasser ist in die ausschließliche Verfügungsgewalt des Wasserabnehmers übergegangen; es ist damit verbraucht.“ Es kommt „nach den angeführten Bestimmungen nicht darauf an, aus welchen Gründen das über den Wasserzähler bezogene Wasser letztlich ungenützt blieb. Die Wassermenge ist danach auch verbraucht, wenn Rohrbrüche, (...) nach dem Wasserzähler zu einem unkontrollierten Wasseraustritt führen“.

 

Aufgrund den zitierten Bestimmungen der Wasserbezugsgebührenordnung und der Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde E ist die im vorliegenden Fall anzuwendende Rechtsgrundlage zweifelsfrei vergleichbar mit jener, die der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zu beurteilen hatte, da aus den entsprechenden Bestimmungen der Stadtgemeinde E eindeutig hervor geht, dass der Wasserverbrauch durch den Hauptzähler zu ermitteln ist (§ 4
Abs. 1 Wasserbezugsgebührenverordnung iVm § 9 Abs. 1 und Abs. 9 Wasser­leitungsordnung) und nochmalige Messungen oder Differenzierungen nach unterschiedlichem Ge- oder Verbrauch nicht vorgesehen sind.

Das über den Wasserzähler bezogene Wasser ist demnach verbraucht, die Festsetzung der Wasserbezugsgebühr besteht daher entsprechend der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht.

 

IV.2.2. Überdies brachten die Beschwerdeführer auch im zitierten Erkenntnis vor, dass erhöhte Wasserverbräuche darauf zurückzuführen seien, dass Wasser von einem benachbarten Betrieb bezogen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu wie folgt aus (Hervorhebungen nicht im Original): „Mit diesem Vorbringen zeigen die beschwerdeführenden Parteien eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf, weil die Abgabenschuld für das durch den Wasserzähler geflossene Wasser entsteht und es danach nicht darauf ankommt, wer Verursacher des Wasserverbrauchs ist oder wen ein Verschulden an einem Leitungsgebrechen trifft.“

 

Der Bf ist gemäß § 3 Abs. 1 der Wasserleitungsordnung verpflichtet, die Verbrauchsleitung (§ 6 Abs. 1) und die Anschlussleitung (§ 5 Abs. 1) herzustellen und instand zu halten, und zwar unabhängig davon, ob er diese Lasten auf Dritte abwälzen kann. Die Anschlussleitung der Firmen K und S liegen auf Grundstücken, die sich im Eigentum des Bf befinden. Nach den Bestimmungen der Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde E trägt der Bf somit die Verantwortung für den Wasserverbrauch der Anschlussleitung.

 

Die Abgabenschuld entsteht daher für das durch den Wasserzähler geflossene Wasser, und es kommt nicht darauf an, wer Verursacher des Wasserverbrauchs ist oder wen ein Verschulden an einem Leitungsgebrechen trifft.

 

Im Sinne dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs besteht die Abgabenforderung hinsichtlich der Wasserbezugsgebühr somit zu Recht. Die Wasserbezugsgebühr war daher spruchgemäß festzusetzen.

 

Darüber hinaus konnte aufgrund der Ablesung des Hauptwasserzählers nach der Sanierung des Rohrbruchs im April 2012 festgestellt werden, dass keine Fehlmengen mehr zu verzeichnen sind. Die Fehlmengen sind somit zweifelsfrei nicht auf einen Verbrauch der Firmen K und S, sondern ausschließlich auf den Wasserrohrbruch, der sich auf dem Areal des Bf befand, zurückzuführen.

 

IV.3. Durch die Entscheidung in der Sache selbst erübrigt sich ein gesonderter Ausspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

 

IV.4. Hinsichtlich des Antrags des Bf auf Nachsicht der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten ist darauf hinzuweisen, dass darüber gemäß § 56 Abs. 2 Z 8 iVm § 24 Abs 5 der Oö. Gemeindeordnung 1990, LGBl Nr 91/1990, idgF LGBl Nr. 90/2013, der Stadtrat der Stadtgemeinde E zu entscheiden hat. Zumal es sich im gegenständlichen Verfahren um das Gebührenfestsetzungsverfahren gemäß § 198 BAO handelt, war auf das Vorbringen betreffend den Nachsichtsantrag nicht einzugehen, da die belangte Behörde dafür keine Zuständigkeit traf.

Über den Antrag auf Nachlassgewährung hat daher der Stadtrat der Stadtgemeinde E zu entscheiden.

 

 

V. Im Ergebnis war die Kanalbenützungsgebühr unter Heranziehung des Verhältnis­mäßigkeitsgrundsatzes somit für den gesamten verfahrens­gegenständlichen Zeitraum mit 0 Euro festzusetzen, zumal das verbrauchte Wasser nachweislich nicht in einen Kanal eingeleitet wurde, sondern aufgrund eines Rohrbruchs im Erdreich versickert ist.

 

Die Wasserbezugsgebühr war aufgrund des tatsächlichen Verbrauchs iSd zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs spruchgemäß festzusetzen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 


 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder bzw. eine bevollmächtigte Wirtschaftstreuhänderin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  R e i t t e r