LVwG-870003/3/RK/FE

Linz, 06.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer, über die Säumnisbeschwerde der beschwerdeführenden Parteien

1.   C. P., geb. am x,

2.   A. P., geb. am x,

 

beide wohnhaft in U., beide vertreten durch Dr. W. Sch., Rechtsanwalt in S.,

gegen die belangte Behörde, Gemeinderat der Gemeinde Unterach/Attersee wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in der Angelegenheit Einwendungen gegen ein Bauvorhaben

 

zu Recht    e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs.7 VwGVG wird der Säumnisbeschwerde teilweise stattgegeben und dem Gemeinderat der Gemeinde Unterach/Attersee, Hauptstraße 9, 4866 Unterach/Attersee, aufgetragen, in der gegenständlichen Bausache den von ihm versäumten Berufungsbescheid unter Zugrundelegung der unten noch näher dargelegten Rechtsanschauung des Oö. Landesverwaltungsgerichtes binnen 8 Wochen zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides sowie eine Kopie des Nachweises über die Zustellung des Bescheides an sämtliche Parteien dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorzulegen, widrigenfalls das Verwaltungsgericht über die Beschwerden durch Erkenntnis in der Sache selbst entscheidet.

 

II.       Kommt die Behörde dem oben erwähnten Auftrag zur Berufungsbescheiderstellung nach, so hat sie bei ihrer Entscheidung jedenfalls folgende sie bindende Rechtsansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ihrer Entscheidung zugrunde zu legen:

 

1. Im Berufungsverfahren ist zu klären, ob die gesamte bauliche Anlage gegenüber dem ursprünglichen Bewilligungsantrag inzwischen wesentliche Änderungen im Sinne der baurechtlichen Vorschriften gegenüber der erstinstanzlichen Bewilligung erfahren hat. Würden von der Berufungsbehörde derartige wesentliche Änderungen erkannt werden, ist der Bauwerber hierauf hinzuweisen und zu klären, ob dieser die wesentlichen Projektsänderungen zurückzieht oder aufrecht erhält und wäre gegebenenfalls ein neues Bauverfahren abzuführen.

 

2. Die Berufungswerber des erstinstanzlichen Bauverfahrens sowie jene, welche von allfälligen Änderungen betroffen sind, sind in das Berufungsverfahren durch Gewährung der Parteistellung, verbunden mit allen damit verfahrensrechtlich einhergehenden Rechten, geeignet einzubinden. Die mehreren Parteien des Berufungsverfahrens sind nachweislich insbesondere durch ordnungsgemäße Ladung zu allfälligen Verhandlungen und Lokalaugenscheinen in die Sache einzubinden und ihnen jedwede Gelegenheit zur Stellungnahme über Ergebnisse im Ermittlungsverfahren zu geben.

 

3. Sämtlichen im Verfahren beizuziehenden Sachverständigen ist als Beweisthema die Formulierung exakter Auflagepunkte im Falle einer Bewilligung des Gesamtvorhabens oder von Teilen, welche jedenfalls einer Vollstreckung zugänglich sind, vorzugeben und diese mit etwaiigem Vorbringen der Parteien zu konfrontieren. Auch ist ihnen als Beweisthema vorweg eine Aussage darüber vorzugeben, ob bzw. allenfalls welche Teile des gesamten Bauvorhabens überhaupt aus dortiger fachtechnischer Sicht errichtet werden können; dies unter Zugrundelegung der allgemeinen Vorschriften der Oö. BauO für eine Bewilligung der gesamten Anlage.

 

4) Schließlich ist dem Gebot der Prozessökonomie folgend, unbedingtes Augenmerk darauf zu legen, wie im Verfahren sinnvollerweise dann weiter vorzugehen wäre, wenn für allenfalls notwendige Bodenerkundungen bzw. Baugrubenabsicherungen bzw. Hangsicherungen solche Maßnahmen von den Sachverständigen formuliert würden, welche die Zustimmung der davon betroffenen Grundeigentümer erforderlich machen würden, da in einem derartigen Fall bei gegebener Nichtzustimmung die Realisierung des gesamten Vorhabens in einer angemessenen Zeit als schwierig angesehen werden müsste, weil mit nachträglichen Verfahren zu rechnen wäre.  

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Schriftsatz vom 18.5.2011 (als Einspruch bezeichnet) gegen den Baubescheid der Gemeinde Unterach, Zl. 131/9-48/2010 vom 2.5.2011, haben die nunmehrigen Beschwerdeführer, C. und A. P., Dr.-x-x-Straße x, x U., gegen den obigen Bescheid mit welchem der B. Baugesellschaft mbH, xstraße x, x W., die Baubewilligung zur Errichtung einer aus 3 Objekten bestehenden Wohnanlage auf dem Grst. Nr. x, Grundbuch x, Bezirksgericht Mondsee, erteilt wurde, Berufung an die belangte Behörde als Berufungsbehörde erhoben. Der nunmehrige Zweitbeschwerdeführer, A. P., hat am 23.3.2012 gegen den genannten Bescheid schriftlich Berufung an die belangte Behörde als Berufungsbehörde erhoben. Zu diesen Umständen ist auszuführen, dass im gesamten Verfahren vorgebracht und unwidersprochen blieb, dass der erstinstanzliche Bewilligungsbescheid vom 2.5.2011 nur der Erstbeschwerdeführerin, Frau C. P., zugestellt wurde und dem Zweitbeschwerdeführer dieser Bescheid erst am 12.3.2012 zugestellt wurde, weshalb dieser auch erst mit Datum 23.3.2012 Berufung gegen den genannten Bescheid eingebracht hat. Im gesamten weiteren Verlauf der Angelegenheit kann, nachdem der Akt dem Oö. Landesverwaltungsgericht leider nur lückenhaft vorgelegt wurde, der weitere behördliche Verlauf wie folgt angenommen werden.

 

Mit Datum vom 22.8.2011, Zl. 131/9-2011/B, gemäß einem Beschluss des Gemeinderates vom 7.7.2011, erging eine Berufungsentscheidung des Gemeinderates der Gemeinde Unterach/Attersee, welche dem Zweitbeschwerdeführer A. P. offensichtlich nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist, weshalb dieser nach Kenntnis dieses Bescheides am 14.3.2012 am 23.3.2012 Berufung gegen den oben genannten Bescheid des Gemeinderates eingebracht hat.

 

Infolge einer vorherigen vom Vorstellungswerber, Herrn G. B., x, x U., gegen den oben genannten Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Unterach/Attersee vom 22.8.2011 erhobenen Vorstellung an die Oö. Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde erging von dort mit Bescheid vom 28.2.2012, GZ. IKD(BauR)-159268/2-2012, u.a. nachstehender Spruch: "Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde Unterach/Attersee zurückverwiesen."

 

In der dortigen Begründung wird unter IV. 1. ausgeführt:

 

"Im Lichte der oben stehenden Ausführungen ist die Berufungsvorentscheidung mit dem Einlangen des Vorlageantrags durch den Vorstellungswerber (Georg Baumann) ex lege außer Kraft getreten. Der angefochtene Bescheid der Erstbehörde, mit dem die Baubewilligung erteilt wurde (Anmerkung: dies ist der oben erwähnte Bescheid vom 2.5.2011 der Gemeinde Unterach/Attersee, Zl. 131/9-48/2010), tritt wieder in Kraft. Sämtliche eingebrachte Berufungen sind wieder unerledigt und ist nunmehr die Berufungsbehörde ausschließlich zuständig, über diese zu entscheiden."

 

Im Laufe des gesamten behördlichen Verfahrens sind weitere behördliche Aussprüche getätigt worden, so insbesondere ein mit 4.11.2011, Zl. 131/9-48/10, datierter baupolizeilicher Auftrag gemäß § 41 Abs. 3 Z. 1 Oö. BauO an den Konsenswerber, Firma B. Baugesellschaft mbH., mit welchem unter Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung die Fortsetzung der begonnenen Bauausführung untersagt wurde, ein formloses Schreiben der Gemeinde Unterach/Attersee vom 8.11.2011, Zl. 131/9-48/10-FR, an die B. Baugesellschaft mbH, mit welchem ihr unter diversen Auflagen die Fortführung des Bauvorhabens wiederum formlos gestattet wurde sowie finden sich diverse Schriftstücke (Aktennotiz vom 19.12.2011 betreffend "BVH-Wohnanlage" x in U. und gezeichnet mit Ing. F. M., xweg x, x B. H., und inhaltlich bezugnehmend auf Sachverhaltsdarstellungen sowie Hinweise betreffend Vorkehrungen wegen der festgestellten Setzungsrisse am Gebäude der Familie C. und A. P. und bezugnehmend weiters auf zusätzliche Maßnahmen in Richtung Feststellung der möglichen Ursachen der auftretenden Setzungen als auch Neuplanungen der Baugrubensicherung).

 

Ferner findet sich ein mit 2.7.2013 datierter Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG des Bürgermeisters der Gemeinde Unterach/Attersee, mit welchem weitere Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Oö. BauO vorgeschrieben werden.

 

Auf Grund einer von den Beschwerdeführern beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Säumnisbeschwerde gemäß Art. 132 B‑VG vom 4.10.2013 wurde von diesem mit Schreiben vom 14.10.2013 dem Gemeinderat eine Frist von 3 Monaten gegeben, den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Bescheidkopie dort vorzulegen. Diese Frist endete unter Einrechnung des Postlaufes am 18.1.2014 und blieb unerledigt.  

 

Mit Schreiben vom 9.1.2014 (eingelangt beim Oö. Landesverwaltungsgericht am 16.1.2014) wurde die gegenständliche Angelegenheit gemäß § 5 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) an das Oö. Landesverwaltungsgericht abgetreten.

 

Schließlich wurde vom Rechtsvertreter der Gemeinde Unterach/Attersee mit Schreiben vom 15.1.2014 ein Antrag auf Fristerstreckung (an den nicht mehr zuständigen Verwaltungsgerichtshof) zur Erlassung und Übermittlung des Bescheides einmalig um einen Monat, somit bis 18.2.2014, gestellt, welcher mit dortigem Schreiben vom 21.1.2014, Zl. 2013/05/0188-5, an das Oö. Landesverwaltungsgericht zuständigkeitshalber übermittelt wurde.

 

II.           Gegenständlicher Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorliegenden Schriftstücken des Gesamtaktes der Gemeinde Unterach/Attersee sowie den schriftlichen Eingaben der nunmehrigen Beschwerdeführer bzw. insbesondere den bescheidmäßigen Ausführungen der Gemeindeaufsichtsbehörde, Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, zu do. Zl. IKD(BauR)-159268/2-2012/Ram/Wm, wobei vor allem auf die dortige Begründung und insbesondere die Begründungspunkte III. und IV. verwiesen wird, die sinngemäß auch vom Oö. Landesverwaltungsgericht geteilt werden. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch auf die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführer (anwaltlich vertreten) vom 4.10.2013 zu verweisen, in welcher eine umfassende Zusammenfassung des bisherigen Verlaufs der Angelegenheit zu ersehen ist.

In diesem Zusammenhang wird hier unmissverständlich noch einmal ausgeführt, dass dem Oö. Landesverwaltungsgericht der Akt jedoch nur lückenhaft vorgelegt wurde, weil insbesondere folgende Unterlagen nicht enthalten sind, auf die jedoch im Akt an gegebener Stelle Bezug genommen wird und deren Vorhandensein vermutbar ist.  

 

Es sind dies:

 

1. Verhandlungsschrift der erstinstanzlichen Baubehörde vom 24.1.2011

2. Berufung von G. und M. B, R. x, x U., vom 17.5.2011

3. Protokoll der Gemeinderatssitzung der Gemeinde Unterach/Attersee vom 7.7.2011

4. Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters vom 11.8.2011

5. Bescheid des Gemeinderates vom 22.8.2011

6. Vorlageantrag G. und M. B. vom 27.8.2011

7. dessen Zurückziehung vom 1.9.2011

8. Vorstellung von G. B. vom 6.9.2011

9. Protokoll einer Begehung der Baubehörde zur Besichtigung von Schäden vom 14.10.2011

1.    Schreiben der Ehegatten P. an die Baubehörde I. Instanz vom 31.10.2011

 

Im Ergebnis ist die Sachlage für das Oö. Landesverwaltungsgericht unter Einbeziehung der aktenmäßig hervorgetretenen Lücken nachvollziehbar, insbesondere ergeben die Säumnisbeschwerde der Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof vom 4.10.2013 in Zusammenschau mit dem Bescheid der Gemeindeaufsichtsbehörde vom 28.2.2012, in denen die gesamte Angelegenheit relativ exakt dargestellt ist, ein durchaus nachvollziehbares Bild  für den Spruch des gegenständlichen Erkenntnisses.

 

III.

Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes sowie des Bundesverfassungsgesetzes:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 7 VwGVG kann das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B‑VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, 8 Wochen nicht übersteigender, Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

 

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

 

III.         2. Baurecht:

 

Gemäß § 55 Abs. 1 Oö. BauO ist Baubehörde I. Instanz in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat.

 

Gemäß § 55 Abs. 4 Z. 1 Oö. BauO entscheidet über Berufungen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinderat, in Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat.

 

III 3. Verwaltungsverfahrensrecht:

 

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG 1991 hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst getrennter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrensleitenden Antrages gelten alle Einwendungen als miterledigt. Lässt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

 

IV.         Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 5 Abs. 2 VwGbk-ÜG hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerden in sonstigen bei ihm mit Ablauf des 31. Dezember 2013 anhängigen Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht an das zuständige Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens abzutreten. Die Entscheidungsfrist für das Verwaltungsgericht beginnt mit Einlangen der Akten beim Verwaltungsgericht neu zu laufen.

 

V.           Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

 

V. 1. Zur Zuständigkeit:

 

Die oben genannte Bestimmung des § 5 Abs. 2 VwGbk-ÜG ist unzweifelhaft auf den gegenständlichen Fall anzuwenden. Mit Schreiben vom 9.1.2014, eingelangt am 16.1.2014, hat der Verwaltungsgerichtshof die gegenständliche Säumnisbeschwerde (gemäß ehemals Art. 132 B-VG) vom 4.10.2013 an das Oö. Landesverwaltungsgericht abgetreten. Wie den Materalien zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz zu entnehmen ist, hat für das Landesverwaltungsgericht die Entscheidungsfrist neu zu laufen begonnen und ist dieses nunmehr für die gegenständliche Angelegenheit zuständig. Die konkrete Antragslegitimation der Beschwerdeführer ergibt sich zweifelsfrei aus dem gesamten Akt. Für die konkrete Legitimation zur Erhebung der Beschwerde ist die Säumnis im Sinne der Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde zur Entscheidung Prozessvoraussetzung. Der Beschwerdegegenstand ist die Nichterlassung eines Bescheides. Im gegenständlichen Fall hat die Oö. Landesregierung mit dem  oben schon erwähnten Vorstellungsbescheid vom 28.2.2012 den vom Gemeinderat erlassenen Berufungsbescheid über die Berufung anderer Nachbarn gegen die Baubewilligung aufgehoben und dort wortwörtlich ausgeführt (Seite 12 f), dass der von der Erstbehörde (Bürgermeister) erlassene Bescheid wegen des Außerkrafttretens der von ihm nachfolgend erlassenen Berufungsvorentscheidung wieder in Kraft getreten ist. Ab dem Zeitpunkt des Außerkrafttretens sind die vorliegenden Berufungen wieder unerledigt, die Zuständigkeit zur Entscheidung darüber ist wiederum auf die Berufungsbehörde übergegangen. Daher sind die Ausführungen der Beschwerdeführer auch als zutreffend anzusehen, dass, wie sich aus dem Akt ferner ergibt, diese in ihrem gesetzlichen Recht auf Entscheidung über ihre Berufungen vom 18.5.2011 und 23.3.2012 verletzt sind, da die belangte Behörde (Gemeinderat) somit seit mehr als 6 Monaten über diese Berufungsanträge nicht entschieden hat, weshalb die Legitimation zur Erhebung der Säumnisbeschwerde vorerst an den Verwaltungsgerichtshof bis zum oben erwähnten Zuständigkeitsübergang gegeben war.

 

V. 2. In der Sache:

 

Im vorliegenden Fall wird von der zuständigen Behörde insbesondere zu beachten sein, vorweg zu klären, ob das gesamte Bauvorhaben seit der ursprünglichen Antragstellung eine wesentliche Änderung erfahren hat und wird gegebenenfalls sämtlichen davon betroffenen Parteien Gelegenheit zu geben sein, im Berufungsverfahren in das Verfahren einzutreten (siehe auch Neuhofer, Oö. Baurecht 2000, Seite 35f.).

 

Auch wird zu beachten sein, dass mehrere Parteien im gegenständlichen Verfahren bis dato aufgetreten sind und diesfalls für das sogenannte Mehrparteienverfahren bestimmte baurechtliche Vorschriften Geltung haben, die insbesondere vorsehen, dass bei nicht trennbaren Teilen die "ganze Sache", also ohne Beschränkungen, zum Gegenstand des Berufungsverfahrens wird und die Berufungsbehörde bei derartigen Mehrparteienverfahren und mehreren Teilanfechtungen über alle diese Rechtsmittel in einem einheitlichen Bescheid gemeinsam abzusprechen und die Sache dort zur Gänze zu erledigen hat.

 

Auch werden die beigezogenen Sachverständigen im Laufe des Berufungsverfahrens mit exakt formulierten Beweisthemen, welche sich auf den maßgebenden Sachverhalt beziehen, zu befassen sein. Im konkreten Fall bedeutet dies insbesondere eine exakte Fragestellung an den oder die Sachverständigen auch darüber, ob allenfalls Teile des gesamten Bauvorhabens aus Sachverständigensicht realisiert werden können, und wenn ja, unter welchen Auflagen.

Dabei ist von der Berufungsbehörde jedenfalls die durch die Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes erhärtete Rechtslage zu beachten, dass diverse Nebenbestimmungen jedenfalls dem Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs. 1 AVG entsprechen müssen und daher so bestimmt gefasst sein müssen, dass

 

-      einerseits den Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag ohne neuerliche Nachforschungen zu entsprechen und

-      andererseits diese Nebenbestimmungen auch vollstreckt werden können.

 

Auch wird, wie dem bisherigen Stand des durch Sachverständigenbeweise gestützten Ermittlungsergebnisses entspricht, Gegenstand der behördlichen Behandlung sein, wie konkret vorzugehen ist, wenn tatsächlich fremde Grundstücke, insbesondere auch jene der Beschwerdeführer, für notwendige Erkundungen bzw. statische Sicherungsmaßnahmen heranzuziehen wären, die diesbezügliche Zustimmung aber tatsächlich nicht gegeben wird. In diesem Zusammenhang können sich Verpflichtungen der Behörde zu weiteren Verfahren und bescheidmäßigen Erledigungen aus baurechtlicher Sicht noch ergeben.

 

Abschließend wird nochmals festgehalten, dass insbesondere unbedingtes Augenmerk darauf zu legen sein wird, welcher konkreten Art und welchen Ausmaßes das aktuell weiter verfolgte Bewilligungsansuchen sinnvollerweise haben kann und hat eine unbedingte Einbingung der beigezogenen Parteien und Sachverständigen im Ermittlungsverfahren im Hinblick auf das konkrete gegenständliche Projekt zu erfolgen und eine allfällige Bescheiderstellung sich exakt mit den im Ermittlungsverfahren hervorgekommenen technischen und rechtlichen Aspekten auseinander zu setzen.

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer