LVwG-650257/9/MS

Linz, 02.02.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn S. V., vertreten durch M. V., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T. B., x, gegen den Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, Neues Rathaus, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz, vom 8. Oktober 2014, GZ. 0037020/2014, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I.          Die Beschwerde wird gemäß § 31 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. Oktober 2014, GZ: 0037020/2014, wurde Herr S. V. verpflichtet, als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges Seat mit dem Kennzeichen x, die Kosten der Abschleppung in der Höhe von 215,00 Euro an die S. L. für den am 20.Mai 2014, um 09.35 Uhr in der H., vorgenommenen Abschleppvorgang, zu entrichten.

 

Begründend führt die Behörde sinngemäß aus, die Abschleppung sei zu veranlassen gewesen, da das ggst. Fahrzeug im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt gewesen sei, welches aus Sicherheitsgründen erlassen worden sei und mit dem Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13b, mit der Zusatztafel „Abschleppzone“ kundgemacht sei. Darüber hinaus sei der Pkw auch noch verkehrsbehindernd abgestellt gewesen.

 

Gegen diesen Bescheid, der dem Beschwerdeführer mittels Hinterlegung am 16. Oktober 2014 zugestellt worden ist, hat dieser mit Eingabe vom 27. Oktober 2014 und somit fristgerecht Beschwerde erhoben und begründend Folgendes ausgeführt:

In dem angefochtenen Bescheid wird der Einschreiter zur Bezahlung der Abschleppkosten verpflichtet. Begründet wird dies damit, dass der Einschreiter am besagten Tag den auf ihn zugelassenen Pkw in der H. vor dem Haus Nummer x abgestellt gehabt hätte.

Eine Begründung für die Abschleppung, insbesondere welche Verkehrsbeeinträchtigung gegeben gewesen sein soll, fehlt gänzlich, sodass der Spruch des Bescheides keine Deckung im zugrundeliegenden Sachverhalt findet, weil ja die Abschleppung nur gesetzgemäß ist, wenn sie aus einem der in § 89a StVO aufgezählten Gründe erfolgte. Es erfordert daher auch entsprechender Feststellungen, die im erstinstanzlichen Bescheid nicht enthalten sind. Der angefochtene Bescheid ist schon deswegen mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit behaftet.

Die Verwaltungsbehörden sind zur Einhaltung des § 45 Abs 3 AVG von Amts wegen verpflichtet, ohne dass es hiezu eines Antrags der Parteien bedürfte. Dem Grundsatz des Parteiengehörs entspricht es aber nicht, wenn die Behörde solche Tatsachen für die Begründung ihrer Entscheidung heranzieht, die der Partei nicht vorher zur Stellungnahme zwecks Wahrung und Geltendmachung ihrer Rechte vorgehalten worden sind (s VwSlg 14.952 A/1927). (VwGH 22. 12. 1965, 645/65, ebenso VwGH 27. 3. 1980, 2020/79). Es ist also mit den ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren tragenden Grundsätzen des Parteiengehörs und der freien Beweiswürdigung unvereinbar, einen Erkenntnis auf Beweismittel zu stützen, die der Partei nicht zugänglich sind (s VwGH 6. 5. 1980,1217 und 1306/79). (VwGH 25. 10.1983, 83/07/0206).

Das Recht auf Parteiengehör erstreckt sich nicht bloß auf das in § 45 Abs 3 AVG ausdrücklich geregelte Recht der Parteien, dass ihnen Gelegenheit geboten werde, von dem Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen, also sich zum Beweiswert der einzelnen Beweismittel zu äußern; es steht den Parteien vielmehr frei - und hiezu muss ihnen ausdrücklich Gelegenheit geboten werden - im Ermittlungsverfahren auch ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, also insbesondere auch eine Äußerung zu den rechtlichen Konsequenzen der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auf die Lösung des Rechtsfalls abzugeben. Es ist mit den ein rechtsstaatliches Verwaltungsverfahren tragenden Grundsätzen des Parteiengehörs und der freien Beweiswürdigung unvereinbar, einen Erkenntnis auf Beweismittel zu stützen, die der Partei nicht zugänglich sind (s VwGH 6. 5. 1980, 1217 und 1306/79; VwGH 25. 10. 1983, 83/07/0206).

Die Erstbehörde hat mich vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides nicht von den Verfahrensergebnissen in Kenntnis gesetzt und mir auch keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt Sie hat mir damit in unzulässiger Weise, das Recht gehört zu werden, genommen. Hätte mir die Erstbehörde die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, so hätte ich dartun und beweisen können, dass ich minderjährig und aufgrund einer bleibenden schweren geistigen Behinderung (100%ige Invalidität) nicht einmal geschäftsfähig bin. Meiner gesetzlichen Vertreterin wurden die Beweisergebnisse nicht zur Kenntnis gebracht und dieser auch keine Gelegenheit gegeben zu diesen Stellung zu nehmen. An sie ist nicht einmal der angefochtene Bescheid adressiert. Wäre das Recht auf Gehör eingeräumt worden hätte nachgewiesen werden können, dass es für die gegenständliche Abschleppung keine Rechtsgrundlage gegeben hat und wäre es in diesem Fall nicht zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides gekommen. Der erstinstanzliche Bescheid ist schon aus diesem Grund mit einer

relevanten Rechtswidrigkeit behaftet.

 

Dazu kommt, dass die Abschleppkosten mit einem überhöhten Betrag von Euro 215,00 vorgeschrieben wurden, obwohl nur angemessene ortsübliche dem tatsächlichen Aufwand entsprechende Kosten zuerkannt hätten werden dürfen, wozu es schon an den erforderlichen erstbehördlichen Feststellungen fehlt. Es lässt somit der angefochtene Bescheid jegliche Begründung zur Höhe der Abschleppkosten missen, obwohl diese einer Angemessenheitsprüfung standzuhalten haben und nicht willkürlich festgesetzt werden dürfen. Es leidet dieser daher an einem wesentlichen Begründungsmangel. Die Kosten sind zudem überhöht und entsprechen nicht der erbrachten Leistung und dem ortsüblichen Entgelt. Zum diesbezüglichen Beweis wird die Einholung eines SV-Gutachtens beantragt.

 

Abschließend wird beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben. In eventu diesen dahingehend zu ändern, dass keine Abschleppkosten vorgeschrieben werden. In eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen.

 

 

Mit Schreiben des Magistrates Linz vom 5. November 2014 wurde die ggst. Beschwerde unter Anschluss des diesbezüglichen Verfahrensaktes dem OÖ. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

In diesem Schreiben führt die Behörde zur eingebrachten Beschwerde Folgendes aus:

Das Kraftfahrzeug mit dem KZ x wurde am 20.5.2014 um 9.35 aus der vor dem neuen Rathaus befindlichen Abschleppzone nach Aufforderung des Polizeiorganes Insp. G. vom Abschleppunternehmen L. entfernt. Hr. Insp. G. gab auf der polizeilichen Meldung vom 8.7.2014 an, dass ein Lenker am Vorbeifahren gehindert war.

Wir haben uns nun auch die Strafanzeige von der LPD Oberösterreich angefordert, die eindeutig das Abstellen des Fahrzeuges in einer Abschleppzone (Tatort H.) als Tatbeschreibung enthält. Der Zulassungsbesitzer (bzw. die Erziehungsberechtigte) musste bereits im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens erfahren haben, welche Rechtsvorschrift sie verletzt hat. Das diesbezügliche Verfahren bei der Polizei läuft derzeit noch.

 

Es ist einhellig, dass Fahrzeuge aus einer Abschleppzone zu entfernen sind, ohne dass eine konkrete Verkehrsbeeinträchtigung oder die Besorgnis einer Beeinträchtigung gegeben sein muss. Dies erschließt sich ausdrücklich aus dem Wortlaut des § 89a Abs. 2 lit. b StVO.

 

P. (Kommentar zur StVO, 13. Auflage) führt hier in RZ 5 zu § 89a Abs. 2 lit. b StVO auch aus, dass eine „Sicherheitszone" ihren Sinn verlieren würde, wenn nicht dort abgestellte Gegenstände jeglicher Art ohne weiteres Verfahren entfernt werden könnten. Solche Sicherheitszonen sind aber mit einer entsprechenden Zusatztafel zu kennzeichnen, um Fahrzeuglenker darauf aufmerksam zu machen, dass etwa ein dort abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt werden kann, auch wenn es den Verkehr nicht beeinträchtigt.

 

Konkret wurde die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz über die Abschleppzone in der H., vom 14.9.2012, GZ 0027206/2012 ordnungsgemäß mit den Verkehrszeichen nach § 52 lit. a Z. 13 b iVm § 54 Abs. 5 lit. j StVO kundgemacht. Lt. Aufstellmeldung des T. L. wurden diese am 20.11.2012 angebracht.

 

Es ist auch unerheblich, wenn der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers den Gehbehindertenausweis des Zulassungsbesitzers vorlegt, ganz abgesehen davon, dass nicht bekannt ist, ob ein Ausweis nach § 29b StVO im Auto hinterlegt war. Die Möglichkeiten der Nutzung eines Ausweises für Menschen mit Behinderungen nach § 29 b StVO sind in § 29 b Abs 2 und 3 StVO geregelt (in welchen Bereichen gehalten und geparkt werden darf). Abschleppzonen sind davon nicht umfasst, ein dortiges Abstellen - selbst mit Hinterlegung eines Ausweises nach § 29 b StVO - bleibt damit rechtswidrig.

 

Laut Beschwerdeführer fehlt im Spruch eine Begründung für die Abschleppung, insbesondere welche Verkehrsbeeinträchtigung gegeben gewesen sein soll, sodass der Spruch des Bescheides keine Deckung im zugrundeliegenden Sachverhalt finde.

Der Spruch hat gemäß § 59 AVG die in Verhandlung stehende Angelegenheit (somit den Prozessgegenstand) und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Der Spruch ist im Rahmen des Wortlautes gesetzeskonform und im Lichte der Bescheidbegründung auszulegen.

Konkret werden mit dem Spruch des Bescheides vom 8.10.2014 dem Zulassungsbesitzer S. V. die Kosten für die Abschleppung vorgeschrieben. Als Rechtsgrundlage waren die §§ 89a Abs. 2, 2a, 3 und 7 StVO angeführt. Nachdem die Entfernung aus einer Abschleppzone erfolgte, lag der in § 89a Abs. 2 lit. b StVO normierte Tatbestand vor - was in der Zitierung des § 89a Abs. 2 Deckung findet. Der § 89a Abs. 2a wurde zitiert, da darüber hinaus (nach Angabe des Polizeiorganes) Lenkerinnen am Vorbeifahren gehindert waren, zumal das Fahrzeug V. die Spur, die in voller Länge zum Einfädeln in den Verkehr der Nebenspuren zur Verfügung stehen soll, verstellt hatte. § 89a Abs. 7 normiert die Kostentragungspflicht für den Zulassungsbesitzer des rechtswidrig abgestellten Fahrzeuges und die Pflicht für die Behörde, die Kosten bescheidmäßig vorzuschreiben, wenn sie nicht gleich bei Abholung beglichen werden.

 

Die Begründung des Bescheides wies dann nochmals auf § 89a Abs. 2 lit. b StVO hin und zählte überdies die Verkehrsbeeinträchtigungen des Abs. 2a auf (das a fehlt offenbar aufgrund eines Schreibfehlers), wobei der am Polizeibericht vermerkte Grund fett gedruckt war.

 

Inwiefern, wie vom Beschwerdeführer behauptet wird, eine Begründung für die Abschleppung fehlt bzw. der Spruch des Bescheides keine gesetzliche Deckung im zugrundeliegenden Sachverhalt findet, ist für uns daher nicht nachvollziehbar.

 

Ergänzend führen wir aus, dass es auch zulässig ist, im Spruch auf andere Schriftstücke Bezug zu nehmen. Im Spruch des gegenständlichen Bescheides wurde auf den beiliegenden Polizeibericht verwiesen - womit also auch schon im Spruch - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - eine Begründung enthalten ist.

 

In der Entscheidung des VwGH vom 11.09.2003, GZ 2002/07/0141, hielt dieser nämlich fest, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zulässig ist, im Spruch eines Bescheides auf außerhalb des Bescheides gelegene Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen rechtlich in den normativen Bescheid zu integrieren und solcherart zum Inhalt des rechtserzeugenden oder rechtsfeststellenden Bescheides zu machen, sofern der Bescheidspruch den Integrationsakt unzweifelhaft klargestellt hat und die im Spruch genannten Unterlagen, Beilagen, Pläne, Befundausführungen oder Erklärungen in Verhandlungsschriften ihrerseits das für den jeweiligen Abspruch nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen (vgl das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1996, Zl. 96/07/0086, und vom 27. Juni 2000, Zl. 2000/11/0035, mwN).

 

Argument des Anwaltes, dass das Parteiengehör verletzt wurde und, dass der Bescheid nicht an die gesetzlichen Vertreter adressiert war:

Es ist richtig, dass nach § 45 Abs 3 AVG den Parteien Gelegenheit zu geben ist, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Wir haben dies auch mit Schreiben vom 14.8.2014 gemacht (siehe Akt). Nachdem wir aber (aus Kostengründen) Parteiengehöre nicht mehr eingeschrieben zuschicken, haben wir leider keinen Nachweis dafür.

 

Adressat ist jedoch jedenfalls der Zulassungsbesitzer. § 89a StVO bestimmt, dass wenn der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs. 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert wird, die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben sind.

 

Die Abschleppfirmen K. und L. gingen aus einem im Jahr 2011 durchgeführten europaweiten Ausschreibungsverfahren für die Durchführung von Abschleppungen (KFZ mit Kennzeichen) im Linzer Stadtgebiet nach § 89a StVO nach Bundesvergaberecht als Billigstbietergemeinschaft hervor und erhielten den Zuschlag. Im Zuge des sehr aufwändigen Verfahrens wurden selbstverständlich auch die Kostenkalkulationen genauestens überprüft und die verrechenbaren Abschlepptarife festgelegt. Der Vertrag ist nun seit 1.1.2012 aufrecht. Der im gegenständlichen Verfahren vorgeschriebene Betrag von € 215,-- entspricht der vertraglichen Vereinbarung zwischen Stadt Linz und der Bietergemeinschaft der beiden Abschleppunternehmen.

 

 

Außerdem ist der die Kostenersatzpflicht tragenden Bestimmung des § 89a Abs. 7 StVO 1960 lediglich zu entnehmen, dass dem Zulassungsbesitzer des entfernten Kraftfahrzeuges "die Kosten" vorzuschreiben sind, nicht aber, dass in dem die Kosten vorschreibenden Bescheid die einzelnen, die Gesamtkosten bestimmenden Kostenbestandteile im Spruch offenzulegen wären. Es bildet daher auch keine Rechtswidrigkeit eines Bescheides, wenn darin die Höhe der von der Erstbehörde an das Abschleppunternehmen entrichteten Umsatzsteuer nicht ziffernmäßig bezeichnet ist (vgl VwGH 93/03/0303).

 

Das Verwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. In der Straßenverkehrsordnung ist eine Entscheidung durch einen Senat nicht vorgesehen, sodass sich die Zuständigkeit zur Entscheidung durch die lt. Geschäftsverteilung zuständige Richterin ergibt.

 

 

II.          Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde übermittelten Verwaltungsakt und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 2015. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde der meldungslegende Polizeibeamte als Zeuge einvernommen. Ebenso befragt wurde die gesetzliche Vertreterin des Beschwerdeführers. Anwesend war auch eine Vertreterin der belangten Behörde.

 

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Am 20. Mai 2014 war das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x in der H. abgestellt und wurde dessen Abschleppung von der Polizeiinspektion K. in L., veranlasst und in der Folge um 09.35 Uhr abgeschleppt.

 

Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8. Oktober 2014 wurde dem Beschwerdeführer die Begleichung der Abschleppkosten vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges S. mit dem Kennzeichen x. Der Beschwerdeführer ist am x geboren und Inhaber eines Parkausweises für Behinderte, ausgestellt vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz mit der Ausweis Nr. x. Der Beschwerdeführer ist schwer geistig behindert.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 16. Oktober 2014 zugestellt.

 

III.        Gemäß § 89 a Abs. 2 StVO hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen, wenn durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt wird. Die Entfernung ist ferner ohne weiteres Verfahren zu veranlassen

a) bei einem Gegenstand, bei dem zu vermuten ist, dass sich dessen der Inhaber entledigen wollte, sowie bei einem ohne Kennzeichentafeln abgestellten Kraftfahrzeug oder Anhänger und

b) bei einem Gegenstand (Fahrzeug, Container u. dgl.), der im Bereich eines Halte- und Parkverbotes abgestellt ist, das aus Gründen der Sicherheit erlassen worden und durch das Vorschriftszeichen nach § 52 Z 13b mit einer Zusatztafel „Abschleppzone” (§ 54 Abs. 5 lit. j) kundgemacht ist.

 

Gemäß § 89a Abs. 2a ist eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 insbesondere gegeben,

a) wenn Schienenfahrzeuge nicht unbehindert fahren können,

b) wenn der Lenker eines Omnibusses des Kraftfahrlinienverkehrs am Vorbeifahren oder Wegfahren, am Zufahren zu einer Haltestelle oder zu einer Garage oder am Befahren eines Fahrstreifens für Omnibusse gehindert ist,

c) wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Ladezone oder zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist,

d) wenn ein Fahrzeug, bei dem kein Ausweis im Sinne des § 29b Abs. 4 angebracht ist, auf einem gemäß § 43 Abs. 1 lit. d freigehaltenen Abstellplatz abgestellt ist oder wenn der Inhaber eines Ausweises nach § 29b Abs. 1 oder 5 am Zufahren zu einem solchen Abstellplatz gehindert ist,

e) wenn Fußgänger, insbesondere auch Personen mit Kinderwagen oder Behinderte mit Rollstuhl, an der Benützung eines Gehsteiges, eines Gehweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind,

f) wenn Radfahrer an der Benützung eines Radfahrstreifens, eines Radweges oder eines Geh- und Radweges gehindert sind,

g) wenn ein Fahrzeug auf einem Schutzweg, auf einer Radfahrerüberfahrt oder vor einer Behindertenrampe abgestellt ist oder

h) wenn ein Fahrzeug, das nicht ein Omnibus ist, auf einer für Omnibusse vorbehaltenen Fläche („Buszone”) abgestellt ist.

i) wenn der Lenker eines Taxifahrzeuges oder einer Fiakerkutsche am Zufahren zum Standplatz gehindert ist.

 

Gemäß § 89a Abs. 3 StVO sind im Falle der Unaufschiebbarkeit auch die Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens berechtigt, unter den im Abs. 2 genannten Voraussetzungen die dort bezeichneten Gegenstände zu entfernen oder entfernen zu lassen. Dies gilt insbesondere auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen nach § 44b Abs.

 

Gemäß § 89a Abs. 7 StVO erfolgt das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs. 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs. 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlasst hat, es sei denn, dass dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder dass die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig.

 

Gemäß § 9 AVG ist, insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

 

 

IV.         Entsprechend der Bestimmung des § 89 a Abs. 7 StVO ist zur Kostentragung der Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges heranzuziehen. Zulassungsbesitzer des abgeschleppten Fahrzeuges ist der Beschwerdeführer, der am x geboren wurde. Im Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides war der Beschwerdeführer x Jahre alt und somit minderjährig. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer geistig behindert.

Daher ist eingangs zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer rechtswirksam zugestellt werden konnte bzw. ob er die erforderliche Partei- und Prozessfähigkeit aufweist.

 

Das Vorliegen der Prozess- und Parteifähigkeit ist primär anhand der besonderen Verwaltungsvorschriften (zB nach der Bauordnung; vgl VwSlg 11.198 A/1983) einschließlich der Vorschriften des Unionsrechts (VwGH 28. 11. 2001, 2001/17/0111; vgl Rz 4, 8) zu beurteilen (VwGH 17. 12. 2008, 2006/03/0099).

Sofern sich darin keine diesbezügliche Regelung findet, sind subsidiär die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Rechts- und Handlungsfähigkeit kraft Verweisung durch § 9 AVG maßgeblich.

 

Mangelt es dem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Rechts- und damit an der Parteifähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet.

 

Das Gleiche gilt sinngemäß auch für den Fall, dass Verfahrenshandlungen von einem oder gegen einen Prozessunfähigen selbst gesetzt werden (vgl auch VwSlg 16.728 A/2005). Daher wird auch ein Bescheid, der nicht gegenüber dem gesetzlichen Vertreter, sondern gegenüber dem insoweit nicht Handlungsfähigen erlassen wird, der Partei gegenüber von vornherein nicht wirksam (vgl VwSlg 10.762 A/1982; VwGH 20. 2. 2002, 2001/08/0192; 21. 1. 2010, 2008/20/0042; VfSlg 9714/1983; ferner VwGH 16. 11. 2012, 2012/02/0198).

 

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 23. September 2014, 2013/01/0179, ausgeführt hat, nehmen Personen, die nicht prozessfähig sind, durch ihren gesetzlichen Vertreter am Verwaltungsverfahren teil. Wer gesetzlicher Vertreter ist, richtet sich gemäß § 9 AVG primär nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Minderjährige werden grundsätzlich durch ihre Eltern oder den Obsorgebetrauten vertreten (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Auflage 2014) § 9 Rzen 4, 5 und 17 mwN; sowie etwa die hg. Beschlüsse vom 30. Juni 1994, Zl. 93/01/0546; und vom 30. März 2011, Zl. 2007/13/0100; und das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, Zl. 2009/01/0049).

 

Anders als im KFG, wo in § 103 Abs 9 lit. a bestimmt wird, dass die in diesem Bundesgesetz und in den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen dem Zulassungsbesitzer auferlegten Pflichten sein gesetzlicher Vertreter zu erfüllen hat, wenn der Zulassungsbesitzer geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, mit Ausnahme von Fahrzeugen, zu deren Lenken der Zulassungsbesitzer das vorgeschriebene Mindestalter erreicht hat, sofern seine Geschäftsfähigkeit nicht auch aus anderen Gründen beschränkt ist; kennt die Straßenverkehrsordnung eine vergleichbare Bestimmung nicht, sodass entsprechend den allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzen (§ 9 AVG) auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes zurückzugreifen ist.

 

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Oktober 2014 erst x Jahre alt und demnach minderjährig. Daher konnte ihm die belangte Behörde einen Bescheid (hier: vom 8. Oktober 2014) nicht wirksam zustellen. Ist der materielle Empfänger nicht prozessfähig, ist sein gesetzlicher Vertreter als Empfänger zu bezeichnen und der Bescheid an diesen zuzustellen.

 

 

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid am 16. Oktober 2014 dem x-jährigen Beschwerdeführer durch Hinterlegung zugestellt. Diesem fehlt die Prozessfähigkeit und kann der zugestellte Bescheid dem minderjährigen Beschwerdeführer gegenüber keine Rechtswirkung entfalten, sondern ist der Bescheid absolut nichtig (vgl. VwGH 25.6.2009, 2006/07/0143).

 

 

V.           Da der einem Prozessunfähigen zugestellte Bescheid aufgrund dessen absoluter Nichtigkeit keine Rechtswirkung entfaltet, ist dieser auch nicht mittels Beschwerde bekämpfbar. Daher war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß