LVwG-300597/17/GS/PP

Linz, 27.04.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn D. V., geb. x, x, vertreten durch Dr. R. G., Dr. J. K., Mag. H. L., Mag. R. S., Mag. T. B., x. Rechtsanwälte OG, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 8.1.2015, GZ: SV96-31-2014-Fe, wegen Übertretung des ASVG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 8.1.2015, GZ: SV96-31-2014-Fe, wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.180 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen verhängt. Ferner wurde der Beschwerde­führer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von 218 Euro zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

Sie haben nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Kranken­versicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 19.12.2013 beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person ange­meldet wurde. Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung erst am 27.12.2013 und damit nicht rechtzeitig erstattet.

 

Name: G. V., geb. x, Arbeitsantritt: 19.12.2013, Beschäftigungsort: x

Tatort: Gemeinde K.

Kontrollzeit: 12.04.2014, 14:40 Uhr

 

I.2. Dagegen richtet sich die Beschwerde, persönlich abgegeben bei der belangten Behörde am 5. 2.2015, mit welcher beantragt wurde, die Strafe gegen den Beschwerdeführer (Bf) einzustellen. Begründend wird vorgebracht, dass die zur Last gelegte rechtswidrige Handlung sowie im Straferkenntnis angeführt nicht passiert sei. Frau G. V. wäre vom Arbeitsmarktservice eine Arbeitsbewilligung ab 19.12.2013 erteilt worden. Die Mitarbeiterin wäre im Betrieb ab 20.12.2013 beschäftigt worden. Dies habe der Bf auch zeitgerecht seinem Lohnverrechnungsbüro mitgeteilt und dieses habe online am 20.12.2013 bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse die ordnungsgemäße Anmeldung durchgeführt. Als Beweis werde nochmals die Anmeldung vorgelegt, aus der der Anmeldezeitpunkt 20.12.2013 eindeutig ersichtlich sei. Da Frau G. am 19.12.2013 in keinster Weise im Betrieb des Bf beschäftigt gewesen wäre und an diesem Tag auch nicht anwesend gewesen wäre, die Anmeldung dem Gesetz entsprechend erfolgt sei, liege keine strafrechtswidrige Handlung durch den Bf vor.

 

I.3. Die Beschwerde wurde mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 5.2.2015 dem OÖ. Landesverwaltungsgericht am 10.2.2015 zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

Beweis erhoben wurde durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.3.2015. An dieser nahmen der Bf, sein Rechtsvertreter sowie als Zeugen die Ehegattin des Bf, K. V. und Frau V. S. (vormals G.) teil. Die Finanzpolizei und die belangte Behörde entschuldigten ihre Teilnahme an der Verhandlung.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Bf betreibt in x unter der Adresse x das Lokal „K.“. Am Freitag, den 20.12.2013 um 16:00 Uhr begann Frau G. V., nunmehr verheiratete S., geb. x, in diesem Lokal ihre Tätigkeit als Kellnerin. Frau G. V. wurde vom Dienstgeber V. D. am 20. Dezember 2013, Übermittlungszeit 14:14:45 Uhr, mit einer Mindestangaben-Anmeldung per ELDA online elektronisch bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse angemeldet.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der Tatvorwurf im Straferkenntnis der belangten Behörde fußt auf dem Straf­antrag der Finanzpolizei, Team 43, vom 16.4.2014, FA-GZ: 051/10225/15/4314. Diesem liegt wiederum eine Kontrolle durch die Finanzpolizei im Lokal K. am 12.4.2014 um 14:40 Uhr zugrunde. Die Finanzpolizei stützte sich auf ein mit Frau G. aufgenommenes Personenblatt, in dem sie angab, dass sie seit 19.12.2013 im Lokal des Bf arbeitet.

 

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem OÖ. Landes­verwaltungsgericht (LVwG) am 20.3.2015 wurden einige Missverständnisse rund um das Ausfüllen des Personenblattes durch Frau G. V., nunmehr verheiratete S., aufgeklärt. In Zusammenschau aller glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen der einvernommenen Personen in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG ist davon auszugehen, dass der tatsächliche Arbeitsbeginn von Frau G. im Lokal des Bf Freitag, der 20.12.2013, um 16:00 Uhr gewesen ist. Die in der Verhandlung vor dem LVwG einvernommenen Zeugen, Frau G. und Frau K. V., schilderten glaubwürdig und nachvollziehbar, dass beide am Donnerstag, den 19.12.2013 beim AMS Kirchdorf die Arbeitsbewilligung einholten, anschließend Behördenwege auf der BH erledigten und sich weiters noch bei der Gebietskrankenkasse erkundigten, wie die Anmeldung zu geschehen hat. Tatsächlich ist die eingeholte Arbeitsbewilligung mit 19.12.2013 datiert. Weiters ist auf dem von Frau G. am Kontrolltag aufgenommenen Personenblatt in der Spalte „selbständig tätig“ das Datum 20.12. durchgestrichen erkennbar. In der Nebenspalte unter dem Titel „nicht selbständig tätig“ wurde sodann der Eintrag 19.12.13 getätigt. Die Zeugen V. G. und K. V., die im Lokal mitarbeitende und bei der Kontrolle anwesende Gattin des Bf, schilderten glaubwürdig, dass mit dem Eintrag „19.12.2013“ das Datum der Arbeitsbewilligung und mit dem durchgestrichenen Eintrag „20. Dezember“ der tatsächliche Arbeitsbeginn im Lokal gemeint war. Dass Frau G. am Donnerstag, den 19.12.2013 nicht im Lokal des Bf gearbeitet hat, ist auch durch die lebensnahe Aussage des Bf, dass dieser stets am Donnerstag selbst in seinem Lokal Dienst versieht, da er bei seiner unselbständigen Tätigkeit im S. A. stets am Donnerstag dienstfrei hat, belegt. Im Einklang zu dieser Aussage, wonach der Bf selbst am Donnerstag in seinem Lokal arbeitet, steht die Angabe von Frau G. im Personenblatt, wonach sie an einem Donnerstag nicht im Lokal des Bf arbeitet.

Aber auch der auf dem Personenblatt von der Finanzpolizei angebrachte Vermerk, dass Frau G. zweimal bezüglich dem Arbeitsbeginn befragt wurde und nach Rücksprache mit Frau V. als Arbeitsbeginn der 19.12.2013 angegeben wurde, kann den nunmehr festgestellten tatsächlichen Arbeitsbeginn 20.12.2013 nicht entkräften. Die Zeuginnen schilderten, dass sie im Rahmen der Kontrolle beim Ausfüllen des Personalblattes nicht nebeneinander gestanden sind. Die Gattin des Bf sagte aus, dass sie dem einen Finanzpolizisten gegenüber beide Daten, nämlich den 20.12.2013 als tatsächlichen Arbeitsbeginn und den 19.12. als Datum der Arbeitsbewilligung, angegeben hat. Das von Frau G. unterzeichnete Personenblatt hat sie aber gar nicht zu Gesicht bekommen. In Anbetracht der damals schlechten Deutschkenntnisse der Zeugin S. ist es für die erkennende Richterin nachvollziehbar und lebensnah, dass es bei den eingetragenen Datumsangaben zu Missverständnissen gekommen ist. In Zusammenschau der festgestellten Fakten (Bf versieht am Donnerstag stets selbst in seinem Lokal Dienst; Frau G. hat Donnerstag als dienstfrei angegeben; das auf dem Personenblatt von Frau G. durchgestrichenen Datum „20. Dezember“) ist für die erkennende Richterin Freitag, der 20.12.2013, als tatsächlicher Dienstantritt im Lokal des Bf eindeutig belegt.

 

 

IV. Rechtliche Beurteilung

 

IV.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienst­geber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten ist.

 

IV.2. Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundes­gesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgelts verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

IV.3. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder 2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder 3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder 4. gehörig ausgewiesene Bedienstete oder Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von
2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheits­strafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Frau V. G., nunmehr verheiratete S., hat ihren Dienst als Kellnerin im Lokal des Bf am Freitag, den 20.12.2013 um 16:00 Uhr tatsächlich angetreten. Vom Dienstgeber erfolgte die Anmeldung von Frau G. V. als Mindestangaben-Anmeldung mit Anmeldedatum 20.12.2013 und der Übermittlungszeit am 20.12.2013 um 14:14:45 Uhr. Somit wurde vom Dienstgeber vor Arbeitsantritt eine dem Gesetz entsprechende Mindestangaben-Anmeldung erstattet. Der Tatbestand gemäß § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG ist somit nicht erfüllt. Der Bf hat somit die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen, weshalb der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Damit aber entfällt auch der von der belangten Behörde vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Verfahrens. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht ist gem. § 52 Abs. 1 VwGVG ebenfalls nicht zu leisten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger