LVwG-150051/2/AL/WP

Linz, 18.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde des x,  gegen den Bescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom 13. Dezember 2013, GZ: PPO-RM-Bau-130078-04,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 13. Dezember 2013, GZ: PPO-RM-Bau-130078-04, vollinhaltlich bestätigt.

 

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. x (EZ x) der KG x Linz mit dem darauf befindlichen Gebäude „x“. In einem baubehördlichen Verfahren zur Vorschreibung von Instandsetzungs- und Sicherungsmaßnahmen wurde dem Bf (aufgrund einer von einem Amtssachverständigen im Beisein des Bf am 28. Februar 2012 stattgefundenen baubehördlichen Überprüfung) mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 10. August 2012 (hinterlegt am 17. August 2012) hinsichtlich des oa. Gebäudes aufgetragen, bei der Türöffnung in der südlichen Giebelmauer im 1. OG ein Geländer so anzubringen, dass keine Absturzgefahr besteht und auch Kinder ausreichend geschützt sind. Im Rahmen einer am 24. April 2013 von einem Amtssachverständigen durchgeführten Nachschau wurde festgestellt, dass an der südlichen Giebelmauer und entlang des Baches an der Ostseite des Gebäudes nunmehr anstelle einer Absturzsicherung ein Balkon errichtet wurde. Mit Schreiben des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 14. Juni 2013 wurde der Bf über die Konsenslosigkeit der Bauführung in Kenntnis gesetzt und ihm die Möglichkeit eröffnet, binnen zweier Wochen dazu Stellung zu nehmen. Von diesem Recht hat der Bf keinen Gebrauch gemacht.

 

I.2. Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juli 2013, zugestellt am 1. August 2013, wurde dem Bf die Beseitigung des Balkons an der südlichen Giebelmauer und entlang des Baches an der Ostseite des Gebäudes Margarethen 5 binnen acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides aufgetragen.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom 13. August 2013 (Poststempel) Berufung an die Baubehörde zweiter Instanz. Nach Wiedergabe des behördlich festgestellten Sachverhalts bringt der Bf in der Sache im Wesentlichen vor, es handle sich bei der in Rede stehenden Bauführung „nicht um eine baubewilligungspflichtige Erweiterung des Objektes“ und darüber hinaus lägen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Bewilligung des Bauvorhabens vor. Der Balkon sei nicht nur bautechnisch erforderlich, sondern habe auch das Hochwasser 2013 gezeigt, dass dadurch die einzige Möglichkeit für die Bewohner gegeben wäre, das Objekt entsprechend zu verlassen.

 

I.4. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 13. Dezember 2013, zugestellt am 17. Dezember 2013, wurde die Berufung des Bf als unbegründet abgewiesen. In der Sache führt die Berufungsbehörde – mit umfangreicher Begründung – im Wesentlichen aus, dass es sich um eine anzeigepflichtige Änderung eines Gebäudes gem § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö Bauordnung 1994 handle, die durch keinen Baukonsens gedeckt sei. Zur Frage, ob der betreffende Balkon gem § 49 Abs 1 letzter Satz Oö Bauordnung 1994 (nachträglich) anzeigefähig sei, führt die belangte Behörde aus:

 

„Der im fraglichen Bereich rechtswirksame Bebauungsplan W 103 sieht die Fläche, auf der sich das Gebäude ‚x‘ befindet, mit gelber Farbe ausgefüllt vor, wobei die Ränder mit Doppelstrichen gekennzeichnet sind. In der Legende zum Plan findet sich für eine derartige Markierung die Erklärung: ‚Abbruch‘.

 

[...] Im Erkenntnis vom 14.06.1995, V 60/1994 (VfSlg Nr. 14.142), setzte sich der Verfassungsgerichtshof in einem vom Verwaltungsgerichtshof initiierten Verordnungsprüfungsverfahren eingehend mit der Zulässigkeit einer solchen ‚Abbruchsausweisung‘ in einem Bebauungsplan nach Maßgabe der Bestimmungen des (früheren) Oö. ROG 1972 auseinander und bejahte schließlich deren Rechtmäßigkeit. In diesem Erkenntnis führte der Verfassungsgerichtshof weiters aus, dass durch die Festlegung abzutragender Bauten im Bebauungsplan nur die Erwirkung einer anderen Bewilligung als der Abbruchbewilligung gemäß § 41 Abs. 1 lit. e Oö. BauO 1976 ausgeschlossen werde, nicht aber ein Abbruchauftrag rechtlich gedeckt sei.

 

Im damaligen Beschwerdefall, welcher Anlass für das Verordnungsprüfungsverfahren war, gelangte der Verwaltungsgerichtshof sodann im Erkenntnis vom 10.10.1995, 95/05/0261, zur Auffassung, dass das Bauvorhaben – es handelte sich dabei um eine bewilligungspflichtige Zweckwidmungsänderung einer Garagenbox – nicht auf einen Abbruch, sondern auf eine weitere Verwendung der Garagenbox abziele. Die Versagung der Baubewilligung für diese Zweckwidmungsänderung wurde vom Verwaltungsgerichtshof für rechtmäßig erachtet“ (Hervorhebungen im Original).

 

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2013 „Vorstellung“ beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz. Im Wesentlichen wendet sich der Bf gegen die rechtliche Würdigung des unbestritten gebliebenen Sachverhalts. Einerseits sei das entscheidungserhebliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar, andererseits bedürfe die Feststellung der „wesentlichen Veränderung“ iSd § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö Bauordnung 1994 eines weiteren behördlichen Ermittlungsverfahrens und sei eben diese Bestimmung „teleologisch“ so auszulegen, dass Änderungen, die zur Erhöhung der Sicherheit der Bewohner beitrügen, nicht zu einer Untersagung führen dürften.

 

I.6. Die Berufungsbehörde legte diese – offensichtlich noch im Dezember 2013 eingebrachte – „Vorstellung“ mit Schreiben vom 7. Jänner 2014 samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

II. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Baubehörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf). Der unter I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte gem § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Gem § 2 VwGVG hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in der verfahrensgegenständlichen Sache durch eine Einzelrichterin zu entscheiden.

 

III.1. Gem § 74 Statut für die Landeshauptstadt Linz 1992, LGBl 7 idF LGBl 2012/69 kann, wer durch den Bescheid eines Organs der Stadt in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges dagegen Vorstellung erheben. Gem Abs 2 leg cit ist die Vorstellung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Stadt einzubringen. Die Vorstellung war daher rechtzeitig.

 

Aufgrund der Einrichtung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Wirkung zum 1. Jänner 2014 gilt die (rechtzeitige) Vorstellung gem Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG idF der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51 iVm §§ 3 Abs 4 iVm 3 Abs 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122 als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG. Die Zuständigkeit des Oö. Landesverwaltungsgerichts ergibt sich aus Art 131 Abs 1 B-VG und dem Nichtvorliegen von abweichenden Regelungen in den Absätzen 2 und 3 leg cit.

 

Die Beschwerde des Bf als Gebäudeeigentümer ist daher zulässig.

 

III.2. Erlangt die Behörde Kenntnis von einer bewilligungslosen baulichen Anlage, hat sie nach § 49 Oö Bauordnung 1994 (Oö BauO 1994) vorzugehen. Die – seit der Novelle LGBl 2008/36 unverändert bestehenden – maßgeblichen Bestimmungen lauten wie folgt:

 

㤠25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[...]          

3. die nicht unter § 24 Abs. 1 Z 1 fallende

[...]

b) sonstige Änderung oder Instandsetzung von Gebäuden, wenn eine solche Baumaßnahme von Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Gebäudes wesentlich verändert;

[...]

§ 25a

Anzeigeverfahren

 

(1) Die Baubehörde hat innerhalb von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige die Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen, wenn

          

1. Abweisungsgründe im Sinn des § 30 Abs. 6 Z 1 oder des § 35 Abs. 1 Z 3 vorliegen [...]

 

(5) Im Übrigen gilt für anzeigepflichtige Bauvorhaben Folgendes:

         

1. für Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 und 2 gelten alle Vorschriften über vergleichbare bewilligungspflichtige Bauvorhaben sinngemäß, ausgenommen die §§ 32 bis 35,

 

2. für alle anderen Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 gelten die Vorschriften der §§ 36, 38, 39, 41 und 45 bis 49 sinngemäß, für Bauvorhaben nach § 25 Abs. 1 Z 3 [lit b] zusätzlich § 40;

[...]

§ 30

Vorprüfung

 

[...]

 

(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben

          

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

 

2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.

[...]

 

 

§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

 

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

 

(2) Sucht der Eigentümer der baulichen Anlage um die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung fristgerecht an und wird dieser Antrag entweder zurückgewiesen oder abgewiesen oder zieht der Antragsteller den Antrag zurück, wird der Auftrag auf Beseitigung der baulichen Anlage rechtswirksam; die im Bescheid gemäß Abs. 1 festgesetzte Frist zur Beseitigung der baulichen Anlage beginnt in diesem Fall mit der Rechtswirksamkeit der Zurückweisung oder Abweisung oder der Zurückziehung des nachträglichen Baubewilligungsantrages.

 

(3) Sind wegen des schlechten Bauzustandes der bewilligungslos errichteten baulichen Anlage Sicherungsmaßnahmen erforderlich, hat die Baubehörde die jeweils erforderlichen Sicherungsmaßnahmen dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß.

 

(4) Stellt die Baubehörde bei der Überprüfung einer baubehördlich bewilligten Anlage bewilligungspflichtige Abweichungen oder das Erlöschen der Baubewilligung fest, oder wurde die rechtswirksame Baubewilligung nachträglich aufgehoben oder für nichtig erklärt, gelten die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 sinngemäß.

 

(5) Unter baulichen Anlagen im Sinn der Abs. 1 bis 4 sind sämtliche bewilligungspflichtige Bauvorhaben (§ 24) zu verstehen.

 

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß.“

 

Aufgrund der Übergangsvorschrift des Art II Abs 2 Oö BauO 1994, LGBl 66 idF der Oö. Bauordnungs-Novelle 2013, LGBl 34 (Inkrafttreten gem Art II Abs 1 leg cit: 1. Juli 2013) sind am 1. Juli 2013 bereits anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bis zu dieser Novelle geltenden Rechts­vorschriften weiterzuführen.

 

III.3. Der für das in Rede stehende Grundstück maßgebliche Bebauungsplan „W103“, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz Nr. 19 vom 7. Oktober 1968, weist hinsichtlich dieses Grundstücks die Markierung „Abbruch“ auf.

 

IV.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs erwogen:

 

§ 49 BauO widerspiegelt die verfahrensrechtlich differenzierte Einordnung von Bauvorhaben durch die Bauordnung: Während die Absätze 1 bis 4 auf bewilligungs- und anzeigepflichtige Bauvorhaben (sinngemäß) Anwendung finden (vgl §§ 25a Abs 5 Z 2, 49 Abs 5 BauO), regelt § 49 Abs 6 BauO die Vorgehensweise im Fall einer nicht bewilligungspflichtigen baulichen Anlage.

Wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführt, handelt es sich bei der Errichtung eines Balkons um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben iSd § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö BauO 1994: Einerseits ist die (nachträgliche) Errichtung eines Balkons offenkundig geeignet, die Festigkeit tragender Bauteile zu beeinflussen, andererseits wird dadurch das äußere Aussehen des Gebäudes (siehe dazu auch die der Beschwerde beigelegten Lichtbildaufnahmen) wesentlich verändert (vgl VwGH vom 31. März 2008, 2007/05/0091 zur diesbezüglich vergleichbaren Bestimmung der Wiener BauO: „Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie im angefochtenen Bescheid davon ausging, dass die von der Bf angebrachten Balkone von Einfluss auf die Festigkeit von Teilen des Gebäudes sind. Diese Annahme bedurfte auf Grund der Offenkundigkeit keiner weiteren Erhebungen der Behörden. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Balkone keinen Einfluss auf die Statik des Gebäudes hätten, folgt die Bewilligungspflicht dieser Bauteile gemäß § 60 Abs. 1 lit. c Bauordnung für Wien daraus, dass sie Auswirkungen auf das äußere Ansehen des Gebäudes haben“). Da es sich im Ergebnis um ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben handelt, ist §§ 49 Abs 1 bis 4 iVm 25a Abs 5 Z 2 Oö BauO 1994 sinngemäß anzuwenden.

 

IV.2. Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags iSd § 49 Abs 1 leg cit setzt voraus, dass für die betreffende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung, wie auch im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrags, die (Bewilligungs- bzw) Anzeigepflicht gegeben war und ist (vgl dazu Neuhofer, Oö. Baurecht 20076 [2007] § 49 Rz 7 mwN). Zwar hat die belangte Behörde den konkreten Zeitpunkt der Errichtung der baulichen Anlage nicht festgestellt, allerdings wurde der in Rede stehende Balkon unbestritten zwischen 28. Februar 2012 und 24. April 2013 errichtet. Die maßgeblichen baurechtlichen Bestimmungen, insbesondere § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö BauO 1994, bestehen seit der Novelle LGBl 2008/36 unverändert. Das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben war demzufolge sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch während des gesamten Verfahrens anzeigepflichtig iSd § 25 Abs 1 Z 3 lit b leg cit.

 

IV.3. Ein Beseitigungsauftrag hat ferner zur Voraussetzung, dass die nachträgliche Erstattung einer Bauanzeige ausgeschlossen ist (vgl Neuhofer aaO mwN). Auch hier ist festzuhalten, dass die maßgeblichen Rechtsgrundlagen (Bebauungsplan, §§ 25 Abs 1 Z 3 lit b, 25a Abs 5 Z 2, 30 Abs 6 Z 1, 49 Oö BauO 1994) seit Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens unverändert bestehen. Gem §§ 30 Abs 6 Z 1 iVm 25a Abs 5 Z 2 Oö BauO 1994 ist die Bauanzeige eines Bauvorhabens ausgeschlossen, wenn das Bauvorhaben ua zwingenden Bestimmungen eines Bebauungsplanes widerspricht.

 

IV.4. Im rechtswirksamen Bebauungsplan W 103 – der im Übrigen bereits zum Zeitpunkt des grundbücherlichen Eigentumserwerbs des Bf im Jahr 2010 in Geltung stand – ist das mit Doppelstrichen umgrenzte Grundstück Nr x, auf dem sich das Gebäude „x“ befindet, gelb markiert. In der zugehörigen Legende findet sich dazu die Bezeichnung „Abbruch“. Der geltende Bebauungsplan weist das in Rede stehende Gebäude somit als abzutragenden Bau iSd § 32 Abs 2 Z 14 Oö ROG aus.

Zur Bedeutung dieser „Abbruchsausweisung“ für ein allfälliges Bauvorhaben auf einem solchen Grundstück zitiert die belangte Behörde die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juni 1995, V60/1994 (VfSlg 14.142). In dieser Entscheidung konstatiert das Höchstgericht: "Durch die Festlegung abzutragender Bauten im Bebauungsplan wird [...] die Erwirkung einer anderen Bewilligung als der Abbruchbewilligung gemäß §41 Abs1 lite BauO 1976 ausgeschlossen, nicht aber ein Abbruchauftrag rechtlich gedeckt".

 

Angesichts der vergleichbaren Rechtslage ist die Rspr des Verfassungsgerichtshofes auch auf den gegenständlichen Fall übertragbar. Unter Zugrundelegung dieser höchstgerichtlichen Rspr ist somit auch eine Bauanzeige iSd § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö BauO 1994 hinsichtlich eines als „Abbruch“ ausgewiesenen Gebäudes ausgeschlossen. Aufgrund der Abbruchsausweisung im Bebauungsplan ist auf dem Grundstück „x“ nur die Erwirkung einer Abbruchbewilligung zulässig, andere Bauvorhaben im Rahmen eines Bauanzeige- oder Baubewilligungsverfahrens sind hingegen ausgeschlossen. Im Rahmen der Anzeigepflicht der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Balkons hätte die Baubehörde gem § 25a Abs 1 Z 1 iVm § 30 Abs 6 Z 1 Oö BauO 1994 die Bauführung somit zu untersagen.

 

Selbst aber für den Fall, dass der ggst. Balkonanbau als bewilligungspflichtiges oder auch als bewilligungsfreies Bauvorhaben zu qualifizieren wäre, stünde diesem Bauvorhaben dennoch der rechtswirksame Bebauungsplan entgegen. Während der Gesetzgeber zwar die verfahrensrechtlichen Anforderungen hinsichtlich anzeige-, bewilligungspflichtigen und bewilligungsfreien Bauvorhaben unterschiedlich ausgestaltet, ist doch allen Bauvorhaben gemein, dass sie den Bestimmungen eines Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplans nicht widersprechen dürfen. Dies ergibt sich für bewilligungspflichtige Bauvorhaben aus § 30 Abs 6 Z 1 Oö BauO 1994, für anzeigepflichtige Bauvorhaben aus einem Verweis auf diese Bestimmung in § 25a Abs 1 Z 1 leg cit sowie für bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben aus § 49 Abs 6 leg cit. Unabhängig von der baurechtlichen Einordnung der gegenständlichen Bauführung, darf somit ein Bauvorhaben – wie bereits oben dargelegt – weder dem Flächenwidmungs- noch dem Bebauungsplan widersprechen.

 

IV.5. Da somit eine bauliche Anlage wie der vorliegende Balkonanbau der im Bebauungsplan festgelegten Ausweisung „Abbruch“ jedenfalls widerspricht, erging der Beseitigungsauftrag ohne Einräumung einer Frist zur nachträglichen Bauanzeige zu Recht.

 

IV.6. Hinsichtlich der von der Erstbehörde festgelegten und vom Bf in der Beschwerde bekämpften Erfüllungsfrist von 8 Wochen geht die Berufungsbehörde zu Recht von deren Angemessenheit aus. Nach ständiger Rspr des Verwaltungsgerichtshofes kommt es hinsichtlich der Angemessenheit dieser Frist lediglich darauf an, dass innerhalb der festgelegten Frist die erforderlichen Arbeiten technisch durchgeführt werden können.

Eine Abbruchfrist ist dann angemessen, „wenn in ihr die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können“ (VwGH vom 12.11.2012, 2012/06/0124 uHa Vorjudikatur). Weshalb die Beseitigung des ggst. Balkons, die nach Ausführung der Berufungsbehörde – was vom Bf nicht substanziell bestritten wird – nach allgemeiner Lebenserfahrung bei entsprechenden Material- und Personaleinsatz innerhalb von 8 Wochen technisch durchgeführt werden kann, und im Übrigen damit auch keine Notwendigkeit der Absiedelung der Bewohner verbunden sein wird, nicht in der gesetzten Frist durchführbar sein soll, ist angesichts des Umfangs der angeordneten Maßnahme für die erkennende Richterin nicht ersichtlich. Im Übrigen wurde die bloße Behauptung des Bf, dass die „Erfüllungsfrist mit 8 Wochen unangemessen kurz ist“, in keiner Weise konkretisiert.

 

IV.7. Das Beschwerdevorbringen, dass der Balkonanbau aufgrund der höheren Sicherheit im Falle eines Hochwassers und der damit verbundenen Fluchtmöglichkeit der Bewohner nach § 25 Abs 1 Z 3 lit b Oö BauO 1994 zulässig sei, geht ebenfalls ins Leere. So findet diese Behauptung in Bezug auf den gegenständlichen Balkonanbau jedenfalls keine entsprechende Deckung im Gesetz.

 

Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang Folgendes anzumerken: Mag eine Hochwassersituation wie die im vom Bf vorgelegten Bildmaterial dokumentierte für die betroffenen Hausbewohner unzweifelhaft von elementarer Bedeutung sein, so ist doch für die erkennende Richterin nicht ersichtlich, inwiefern in der geschilderten Hochwassersituation eine Ausweichmöglichkeit auf einen durch das Hochwasser umgebenen und damit ebenfalls isolierten Balkonbereich eine geeignete Fluchtalternative darstellen soll. Vielmehr sind entsprechend wirksame Rettungsmaßnahmen insbesondere durch die Feuerwehr auch durch Maßnahmen, die mit keiner Veränderung der Bausubstanz verbunden sind – wie etwa entsprechend der vorgelegten Bilddokumentation über die Fenster des Gebäudes – denkbar.

 

V. Im Ergebnis ist dem Bf die Möglichkeit, nachträglich eine Bauanzeige zu erstatten, nicht einzuräumen, da nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bauanzeige ausgeschlossen ist; so ist diese gem §§ 25a Abs 1 Z 1 iVm 30 Abs 6 Z 1 BauO unzulässig. Die bescheidmäßige Erteilung des Beseitigungsauftrages innerhalb einer achtwöchigen Erfüllungsfrist ohne Einräumung einer Frist zur nachträglichen Bauanzeige war somit rechtmäßig.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl VwGH vom 10. Oktober 1995, 95/05/0261), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Astrid Lukas