LVwG-410118/8/WEI/BZ

Linz, 12.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der x, geb. x, x, vertreten durch x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Steyr, vom 27. Mai 2013, Zl. S-4717/ST/13, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.       Gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG hat die Beschwerdeführerin weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden Bfin) wie folgt schuldig erkannt:

 

"Straferkenntnis

 

Sie haben als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma x, also als handelsrechtliche Geschäftsführerin dieser GmbH zu verantworten, dass sich diese Firma in der Zeit von 01.2.2011 bis 29.03.2012 in x mit den ua angeführten Geräten an zur Teilnahme vom Inland aus veranstalteten Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen gem § 2 Abs 4 GSpG an denen die Spieler vom Inland aus teilgenommen konnten als Unternehmer gem § 2 Abs 2 GSpG beteiligt hat, indem Sie die für die Durchführung von Glücksspielen in Form von verbotenen Ausspielungen notwendigen Gegenstände (Banknoteneinzüge) gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat und dadurch selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet hat, weshalb sie als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG zu betrachten ist. Die Firma hat damit eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 4. Tatbild GSpG begangen, welche von Ihnen in der Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin zu verantworten ist.

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung wurde bei einer von der Abgabenbehörde als Organ der Öffentlichen Aufsicht iSd § 50 Abs 2 GSpG durchgeführten Kontrolle am 29.03.2012 um 13.30 Uhr im Lokal mit der Bezeichnung "x", x, Betreiber x, festgestellt. Es wurden folgende Geräte betriebsbereit vorgefunden:

 

Finanzamtnr. Gehäusebezeichnung Seriennr. Typenbezeichnung Versiegelungsplaketten

1       Auftragsterminal Kajot 9071105001030    A-T2 17087-17093

2       Auftragsterminal Kajot 9070905000745    A-T2 17094-17100

3       Auftragsterminal Kajot 9071105001028    A-T2 17101-17107

4       Auftragsterminal Kajot 9071105001065    A-T2 17108-17114

5       Auftragsterminal Kajot 9070905000867    A-T2 17115-17121

 

Mit diesen Geräten wurden wiederholt Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt, wobei aufgrund der möglichen Einsätze und der in Aussicht gestellten Gewinne in verschiedener Höhe deshalb in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministers für Finanzen vorlag, noch die mit diesen Geräten durchführbaren Ausspielungen nach den Bestimmungen des § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen noch von einer landesrechtlichen Bewilligung gedeckt waren.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 2 Abs. 1 und 4 GSpG und 52 Abs. 1 Z. 1 Tatbild 4 GSpG (BGBl. Nr. 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 112/2012)

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich Freiheitsstrafe von   Gemäß

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 10.000,-- 30 Tage § 52 Abs. 1 Z.1 4. Tatbild GSpG

 

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

·         1.000,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

·         -- Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

11.000,-- Euro."

 

Begründend führte die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

 

"Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Organe des Finanzamtes x, der vorgelegten Anzeigen vom 24.04.2012 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Mit Schreiben vom 18.03.2013 wurden Sie gem. § 40 und § 42 VStG aufgefordert sich zum gegenständlichen Tatvorwurf zu rechtfertigen.

 

Im darauffolgenden Schriftsatz Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung vom 6.6.2013 bringen Sie (zusammengefasst) im Wesentlichen vor, dass der Meldungsleger noch als Zeuge zu einem von Ihnen aufgestellten Fragenkomplex einvernommen müsste, da aufgrund der bis­herigen Ergebnisse ein Straftatbestand nicht feststehe.

Die verfahrensgegenständlichen Eingabeterminals wären keine Glückspielautomaten son­dern würden diese lediglich Aufträge an Glückspielautomaten in Graz, welche dort behördli­che genehmigt wären, weiterleiten. Es handle sich somit um reine Eingabe- und Auslesestationen. Diesbezüglich beantragten Sie die Beiziehung eines Sachverständigen. Im Übrigen würden im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Vorgangsweise gem. § 21 Abs. 1 a VStG 1991 vorliegen.

 

Die erkennende Behörde kommt zu folgenden Erwägungen:

 

Mit der Novelle BGBl. Nr. I 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System untersteilt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegen­den Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für ver­gleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sogenannte 'kleine Glücksspiel' mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht untersteilt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind. Diesbezüglich hat der Oberösterreichische Landtag am 10.03.2011 das OÖ. Glücksspielautomatengesetz beschlossen, welches am 05.05.2011 in Kraft getreten ist. Demnach dürfen die Ausspielungen mit Glücksspielautomaten nur mit Bewilligung der Landesregierung erfol­gen, wobei die Ausspielung mit Glücksspielautomaten in Automatensalons oder in Einzelauf­stellungen erfolgen kann.

Außer Streit gestellt ist, dass Sie über eine derartige Konzession nicht verfügen.

 

Mit der am 20.7.2010 in Kraft getretenen GSpG-Novelle 2008, BGBl. 54/2010, wurde ua. die verbotene Ausspielung als Anknüpfungspunkt für ein strafbares Verhalten im Zusammen­hang mit dem Betrieb von Glückspielgeräten neu definiert und geregelt.

[…]

 

Bei der von der Finanzpolizei am 29.3.2012 in x durchgeführten Kontrolle wurden die im Spruch angeführten Geräte betriebsbereit und voll funktionsfähig vorgefunden. Mit diesem wurden laut niederschriftlichen Angaben einer Auskunftsperson zu­mindest seit 01.02.2011 bis zum Kontrolltag wiederholt Glücksspiele in Form von virt. Walzenspielen durchgeführt.

 

Anhand der durchgeführten Probespiele und der auf den Geräten angebrachten Spielbe­schreibungen lässt sich folgender konkreter Spielablauf feststellen:

 

Virtuelle Walzenspiele:

Für die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnte im Zuge der Kontrolle durch Testspiele folgender Spielablauf festgestellt werden:

Die Spiele (hauptsächlich virtuelle Walzenspiele) konnten am Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden.

Nach Eingabe von Geld (geforderter Mindesteinsatz EUR 0,20), Auswahl eines Einsatzbetrages mit der 'Setzen'-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand.

Nach etwa einer Sekunde kam der 'Walzenlauf' zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Die Spieler hatten keinerlei Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab. Spielern war nur möglich nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene (z.B.) Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Wetten auf das Ergebnis elektronsicher Vorgänge sind somit nicht Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, sondern Glücksspiele, welche in Form einer Ausspielung veranstaltet werden.

 

Elektronische Geräte:

Die durchgeführten Spiele waren deshalb Glückspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 des GSpG, weil den Spielern keine Möglichkeiten geboten wurden, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen, sondern die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing. Die Spieler konnten bei den elektronischen Geräten nur einen Einsatz und den dazugehörenden Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen.

 

Die Abgabenbehörde hat Sie als unternehmerisch Beteiligten an Glücksspielen ermittelt.

Nach dem Firmenbuch sind Sie handelsrechtliche Geschäftsführerin der Fa. x.

Diese Firma hat sich dadurch an diesen verbotenen Ausspielungen beteiligt, dass sie die für die Durchführung von Glücksspielen notwendigen Gegenstände (Banknoteneinzüge) gegen Entgelt zur Verfügung gestellt hat und dadurch selbständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung dieser Glücksspiele entfaltet.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben wird entgegen gehalten, dass auf Grund der zuvor detailliert beschriebenen Spielabläufe für die Behörde zweifelsfrei feststeht, dass es sich im gegen­ständlichen Fall um verbotene Ausspielungen handelt. Im Übrigen wurde diese Frage be­reits im Erkenntnis des UVS OÖ vom 18.9.2012 betreffend die Beschlagnahme der angeführ­ten Glückspielgeräte, ausreichend geklärt.

Aufgrund des eindeutigen und klaren Anzeigesachverhaltens konnte daher eine ergänzende Einvernahme der Beamten des Finanzamtes unterbleiben. Weiters wurde vom VwGH bereits bestätigt, dass das Spiel dort stattfindet, wo der Spieler durch Einwurf seines Spieleinsatzes und allenfalls Drücken eines Startknopfes den - unabhängig ob später noch durch ihn beeinflussten - Ablauf des Spieles in Gang setzte.

 

Weiters sind im gegenständlichen Fall weder die Strafverfolgung aussichtslos noch scheint der hiefür erforderliche Aufwand in einem Missverhältnis zur Bedeutung der Verwaltungsübertretung.

Mit den angeführten Verstößen wurde geradezu in typischer Art und Weise in das Glück­spielmonopol des Bundes eingegriffen.

 

Hinsichtlich Ihrer vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken wird ebenfalls auf die einschlä­gige Judikatur des VwGH (28.6.2011, Zl. 2011/17/0068 u. v. 14.12.2011, Zl. 2011/17/0024) verwiesen.

 

Ein allfällig im Raum stehender Rechtsirrtum über die Charakteristik der Glücksspielgeräte und die Anwendbarkeit des GSpG vermag nicht zu entschuldigen, da es einem Veranstalter von Glücksspielen und Eigentümer solcher Geräte jedenfalls obliegt, sich auch mit den maß­geblichen Vorschriften des Glücksspielgesetzes vertraut zu machen

[…]

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser von sach- und fachkundigen Or­ganen der Abgabenbehörde aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung einwandfrei fest­gestellt werden konnte. Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Die verhängte Geldstrafe, die sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens be­findet, entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Die Tat schädigte in nicht unerheblichem Maße das durch die Strafdrohung geschützte Inte­resse am Schutz des staatlichen Glückspielmonopols, das öffentliche Interesse an der kontrollierten Durchführung von Glücksspielen und damit zusammenhängenden ordnungs- und fiskalpolitischen Zielsetzungen im Interesse der Allgemeinheit. Deshalb war der Un­rechtsgehalt der Tat an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht gering. Auch das Verschulden konnte nicht als geringfügig angesehen werden, weil nicht erkennbar ist, dass die Verwirklichung des Tatbestandes bei gehöriger Aufmerksamkeit nur schwer hät­te vermieden werden können.

 

Der Milderungsgrund der ha. verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt Ihnen zu Gute.

Da der Behörde Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekannt waren, wurde bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von mindestens ca. € 2.000,-- netto monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet."

 

I.2. Gegen diesen, am 29. Mai 2013 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 31. Mai 2013.

Darin wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis eine Vielzahl von Begründungsmängeln aufweise, da der entscheidungswesentliche Sachverhalt sowohl unvollständig geblieben als auch die Begründung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend ausgeführt worden sei. Die verfahrensgegenständlichen Geräte seien weder Glücksspielautomaten noch elektronische Lotterien, weil es sich in Wahrheit nur um Eingabeterminals handle, mit denen ein genehmigter Spielapparat in der Steiermark betrieben werde, sodass die Behörde unzuständig sei. Zudem würden die angesprochenen Geräte mangels Software selbst keine Spiele ermöglichen und wären deshalb keine Eingriffsgegenstände. Zur Beurteilung der gegenständlichen Spielgeräte werde daher die Beiziehung eines Sachverständigen beantragt. Das Glücksspielgesetz enthalte außerdem eine Reihe von unbestimmten Gesetzesbegriffen, die dem Bestimmtheitsgebot widersprächen und im Ergebnis für verwaltungsstrafrechtliche Tatbestände ungeeignet wären und zur Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens führen müssten. Überdies habe sich die belangte Behörde mit dem subjektiven Tatbestand der Strafnorm nicht bzw nicht genügend auseinandergesetzt.

 

Aus diesen Gründen werden die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Behebung des Straferkenntnisses und die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens sowie die Herabsetzung der Strafe beantragt.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 11. Juni 2013 die Berufung dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

I.3. Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 hat das Landesverwaltungsgericht Oö. gegen die Beschuldigte des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet.

Der beim Oö. Landesverwaltungsgericht entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Ergebnisse einer am 29.03.2012 von den Organen der nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zuständigen Abgabenbehörde durchgeführten Glücksspielkontrolle wurde von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz gegen die Beschuldigte x, geb. x, ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG eingeleitet, welches nunmehr beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängig ist.

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, 'wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt'.

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der 'ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird'.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um 'geringe Beträge' iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs 1 StGB zurücktritt.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ist – sobald im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden – das Verwaltungsstrafverfahren gem § 30 Abs 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl dazu VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233).

Gegenteilig dazu erkannte der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, die Verfassungswidrigkeit dieser VwGH-Judikatur und sprach aus, dass die Strafbarkeit nicht an das Verhalten des konkreten Spielers – nämlich die tatsächliche Einsatzleistung – anknüpfe, sondern auf das Verhalten jener Person abstelle, die verbotene Ausspielungen ermöglicht. Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach dem GSpG und dem StGB sei bei einer verfassungskonformen, das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung darauf abzustellen, ob an einem Glücksspielautomaten bzw mit einem darauf installierten Spielprogramm Einsätze von höchstens oder mehr als 10 Euro ermöglicht werden oder ob Serienspiele veranlasst werden können. Der Verfassungsgerichtshof löst somit auch die Konkurrenzsituation zu einer Versuchsstrafbarkeit gem. §§ 15, 168 StGB.

Dieser Rechtsansicht schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsansicht – an (VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder Serienspielen (Auto-Start-Taste!) iSd OGH-Judikatur besteht, liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs – und dem folgend nunmehr auch des Verwaltungsgerichtshofs – somit eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gem § 168 StGB vor. 

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, sowie vom 15. März 2013, Zl. 2012/17/0536, und der Verfassungsgerichtshof im oben dargestellten Erkenntnis (vgl. diesem folgend jüngst auch VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249) angeschlossen haben – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (zB bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) spielt (vgl Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz 19; Rainer in SbgK § 168 Rz 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten "für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist" (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02).

Die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellten erreichbaren Supergames (bei einem Einsatz von 0,20 Euro bis zu 20 Euro + 34 SG), die vom Obersten Gerichtshof mit mindestens 10 Euro pro Supergame bewertet wurden (vgl OGH 20.3.2013, Zl. 6 Ob 118/12i) und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation bereits zwischen dem minimalsten Einzeleinsatz und dem dazu in Aussicht gestellten höchstmöglichen Gewinn indizieren die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht iSd höchstgerichtlichen Judikatur (vgl etwa OGH 20.4.1983, Zl. 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirken damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Mit dieser Judikatur zeigt der Oberste Gerichtshof beispielhaft auf, welche Parameter zur Beurteilung der Serienspielqualität eines Glücksspielautomaten heranzuziehen sind und in welchen Fällen diese jedenfalls zu bejahen ist. Vor dem Hintergrund der Einzelfallbezogenheit der zitierten Entscheidungen sind darüber hinaus jedoch auch weitere Konstellationen denkbar, die eine vom jeweiligen Einzeleinsatz unabhängige gemäß § 168 StGB strafbare Serienspielveranstaltung begründen können. Allein die Möglichkeit, eine beliebige Anzahl von Spielvorgängen im Abstand von wenigen Sekunden jeweils neu zu starten, sowie der Umstand, dass das von den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten vermittelte Angebot primär in der Erzielung von Gewinnen besteht, belegen, dass das Gewinnstreben als Motivation des Spielers soweit in den Vordergrund tritt, dass nicht mehr von Spielen zum bloßen Zeitvertreib die Rede sein kann, sondern vielmehr eine gerichtlich strafbare Serienspielveranstaltung anzunehmen ist.

So indiziert etwa die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. 'Automatic-Start-Taste', welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts Oö. die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Zum selben Ergebnis kam im Übrigen auch die LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5. November 2012, bei der die grundsätzliche Anwendbarkeit der zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte bestätigt wurde.

Da nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichts Oö. bei den in Rede stehenden Geräten Serienspiele an diesen Geräten veranstaltet werden konnten, ist von einer (ausschließlichen) Gerichtszuständigkeit auszugehen."

 

I.4. Mit Schreiben vom 8. August 2013 hat der Oö. Verwaltungssenat die belangte Behörde um folgende notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens ersucht:

-      Welcher Höchsteinsatz ist bei den im Spruch genannten Geräten mit den FA-Nummern 3, 4 und 5 möglich?

-      Welcher höchstmögliche Gewinn wurde dazu in Aussicht gestellt?

-      Wie stellen sich die Gewinn-Verlust-Relationen bei den Geräten dar – insbesondere: Welche Mindesteinsatzmöglichkeit stand welchem in Aussicht gestellten Höchstgewinn gegenüber?

-      Verfügen die Geräte über funktionsfähige Auto-Start-Tasten?

 

Mit Schreiben vom 24. September 2013 übermittelte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat zu dem erteilten Ermittlungsauftrag eine Stellungnahme der Finanzpolizei, datiert mit 13. September 2013.

 

Zunächst werden dem Ersuchen, die Einsatzmöglichkeiten am gegenständlichen Gerät zu eruieren, erhebliche technische Probleme entgegengehalten, da Geräte, welche vom Stromnetz und von Datennetz getrennt worden seien, nicht ohne aktive Mitwirkung des Veranstalters wieder in Betrieb genommen werden könnten und dieser Auftrag zur Mitwirkung nur von der Behörde erteilt werden könnte.

 

Zu den konkreten Fragen wurde Folgendes ausgeführt (Hervorhebungen nicht im Original):

"Zu 1.:

Der bei jedem der angebotenen Glücksspiele im Tatzeitraum ermöglichte Höchsteinsatz kann allenfalls nur dann festgestellt werden, wenn der Veranstalter die Geräte wieder in jenen Zustand versetzt, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Kontrolle befanden, also ohne allfällige Updates – mit denen, naturgemäß, auch sämtliche Einsatzmöglichkeiten und die in Aussicht gestellten Gewinne verändert werden könnten – über die Datenverbindung beim erneuten Hochfahren der Geräte. Werden mögliche Einsätze von mehr als 10 Euro am Bildschirm dargestellt, muss der Veranstalter zudem die Durchführung jedes der angebotenen Spiele durch Aufbuchung eines entsprechenden Spielguthabens gewährleisten, um im Wege der Testspiele den jeweils tatsächlich maximal möglichen Einsatz erheben zu können. Nach bisherigen Erfahrungen können zwar Einsätze von mehr als 10 Euro durchaus vorgewählt werden, die Spiele lösen aber stets bereits bei einem Einsatz von maximal 5 Euro aus! Es sind bei diesen Geräten also Einsätze von mehr als 10 Euro gerade nicht möglich! Somit kann ohne Testspiel nichts über allenfalls mögliche Einsätze ausgesagt werden!

 

Zu 2.:

Der an den gegenständlichen Geräten in Aussicht gestellte Höchstgewinn könnte allenfalls dann festgestellt werden, wenn Gewinne von mehr als 20 Euro nicht in verschlüsselter Form dargestellt werden. Im Falle einer verschlüsselten Darstellung, etwa in Form von jeweils einer Anzahl von 'AG' oder 'SG', kann auf den in Aussicht gestellten Höchstgewinn nur aufgrund der dienstlichen Erfahrung geschlossen werden, dass ein 'AG' oder 'SG' den Wert von 10 Euro repräsentiert.

 

Zu 3.:

Bei sämtlichen bisher bekannt gewordenen, mit elektronischen Glücksspielgeräten ermöglichten Glücksspielen beträgt der bedungene Mindesteinsatz nicht mehr als 50 Cent, bei Glücksspielen mit zwei Spieldurchgängen, nämlich bei Kartenpokerspielen, das Doppelte. Ferner verhalten sich der jeweils gewählte Einsatz zu dem dazu jeweils in Aussicht gestellten Höchstgewinn – bei nahezu allen Spielprogrammen – wie 1:1000. Das heißt: Für einen Maximaleinsatz von € 5,- pro Spiel werden € 5000,- als Höchstgewinn in Aussicht gestellt. Aus der Erfahrung ist also bekannt, dass sich – bei fast jedem der bislang bekannt gewordenen Spielprogramme – der gewählte Einsatz zum jeweils dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinn wie 1:1000, schlechtesten Falls aber wie 1:800 verhalten. Ändert sich bei einem der angebotenen Spiele an einem elektronischen Glücksspielgerät jedoch dieses Verhältnis mit steigendem Einsatz zum Nachteil des Spielers, zum Beispiel, auf 1:600 oder noch weniger, wie das, z.B., beim Spiel 'Party Time' ab einem Einsatz von 10 Euro zu bemerken ist, dann stellt sich zwingend die Frage, weshalb ein Spieler ein solches Spiel überhaupt zur Durchführung aufrufen sollte, bzw. mit Einsätzen von mehr als 10 Euro spielen sollte?

 

Zu 4.:

Zur Automatik-Start-Taste:

'Serienspiele' werden weder in einem Gesetz, noch in einer Verordnung definiert, bloß in der Judikatur in einem konkreten Urteil in einem bestimmten Fall. Die Annahme, dass 'Serienspiele' ermöglicht worden wären, weil eine funktionsfähige Automatik-Start-Taste am Gerät vorhanden ist, vernachlässigt zweifelsfrei die Mehrfachfunktion dieser Taste.

Die Taste ist jedenfalls dann unverzichtbar, wenn in Form von 'AG' oder 'SG' in Aussicht gestellte Gewinne tatsächlich erzielt werden. An Stelle jedes einzelne der erzielten, z.B. 'SG' durch Betätigung der Start-Taste auszulösen, um die damit vom Spielprogramm zugeteilten 10 Euro pro 'SG' dem Spielguthaben zubuchen zu können, muss der Spieler bloß einmal die 'Automatik-Start-Taste' betätigen. Immerhin werden bei manchen Spielen 498 SG oder gar 998 SG in Aussicht gestellt, was bei Zubuchung mittels der Start-Taste eine 498malige oder 998malige unmittelbar hintereinander erfolgende Betätigung dieser Taste bedeuten würde.

Die offenkundig herrschende Ansicht, dass die aus der Judikatur abgeleitete Bedingung für 'Serienspiele', nämlich '…die rasche Abfolge [von Spielen], auf die der Spieler auch keinen Einfluss nehmen kann …' durch die Existenz dieser Taste bereits erfüllt wäre, geht deshalb ins Leere, weil die mit dieser Taste ausgelöste Spielabfolge durch erneutes Betätigen der Taste sofort wieder abgebrochen wird, der Spieler auf die Abfolge der Spiele also durchaus Einfluss nehmen kann. Im Übrigen ergibt eine kontinuierliche Betätigung der Start-Taste eine ebenso rasche Spielabfolge, wie bei Auslösung mit der Automatik-Start-Taste. Durch zweimalige, unmittelbar hintereinander ausgeführte Betätigungen der Automatik-Start-Taste können durchaus auch Einzelspiele durchgeführt werden. Diese Tasten-Funktion kann, insbesondere beim vorgeschalteten Würfelspiel in der höchsten Einsatzeinstellung (höchste Augenzahl) sinnvoll für die Durchführung von Einzelspielen angewendet werden, weil damit die für die Auslösung des gewählten Walzenspieles notwendige, bis zu 15mal hintereinander durchzuführende Betätigung der Start-Taste auf zwei Betätigungsvorgänge, nämlich Auslösen und Stoppen des Einzelspieles, reduziert werden kann."

 

 

II.1. Gemäß § 3 Abs 1 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz – VwGbk-ÜG, BGBl I Nr. 33/2013 idF BGBl I Nr. 122/2013 gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG. Das Verfahren kann gemäß § 3 Abs 7 Z 1 VwGbk-ÜG vom zuständigen Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts weitergeführt werden, weil er bereits vor dem 31. Dezember 2013 dem zuständigen Senat angehört hatte.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in vorgelegte Aktenteile der belangten Behörde (Aktenvermerk vom 29.03.2012 über gegenständliche Kontrolle, Fotodokumentation, Niederschrift mit x vom 29.03.2012 und die Anzeige gegen die Bfin vom 24.04.2012, GZ 090/15504/17/2012) sowie durch Auswertung ergänzend beigeschaffter wesentlicher Beweismittel aus Parallelakten. Aus diesen Unterlagen ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.

 

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen, was im Glücksspielgesetz nicht der Fall ist.

 

II.2. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem  S a c h v e r h a l t  aus:

 

II.2.1. Anlässlich einer von Organen der Abgabenbehörde am 29. März 2012 im Lokal mit der Bezeichnung "x", in x, durchgeführten Kontrolle wurden die im Spruch näher bezeichneten Walzenspielgeräte mit den FA-Nrn. 1 bis 5 allgemein zugänglich aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden laut Anzeige von zumindest 1. Februar 2011 (Aufstellungsdatum) bis Februar 2012 (vgl auch die Aussage des Herrn x in der Niederschrift vom 29.03.2012) wiederholt virtuelle Walzenspiele (mit vorgeschaltetem Würfelspiel) durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind.

 

Bei sämtlichen Geräten handelte es sich um Eingabeterminals mit Internetverbindung (vgl die Niederschrift vom 29.03.2012).

In diesem Zusammenhang ist auf die in ähnlich gelagerten Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat betreffend vergleichbare Glücksspielgeräte erstatteten Ausführungen der Finanzpolizei hinzuweisen. So wird etwa im Schreiben der Finanzpolizei vom 5. September 2013, Zl. 046/72615/54/2012 im Oö. UVS-Verfahren, protokolliert zu VwSen-360096 (vgl die im Akt einliegende Kopie protokolliert unter ON 2), auszugsweise ausgeführt, dass Geräte, welche vom Stromnetz und vom Datennetz getrennt wurden, grundsätzlich nicht wieder in Betrieb genommen werden können. Dies könne nur unter – verfassungsrechtlich freilich nicht zulässiger (Verbot der Selbstbezichtigung!) – Mitwirkungspflicht des Veranstalters erfolgen. Im Übrigen weist die Finanzpolizei dabei auch darauf hin, dass im Falle einer Wiederinbetriebnahme der Eingriffsgegenstände durch den Veranstalter - auf Grund der nicht überwachbaren Internetverbindung zu unbekannten externen elektronischen Einrichtungen - bei einer neuerlichen Kontrolle durchaus andere Inhalte sichtbar gemacht werden könnten, als zuvor in den Geräten vorhanden gewesen wären.

 

Ebenfalls in einem Schreiben bezüglich eines ähnlich gelagerten Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat führte etwa auch die Bezirkshauptmannschaft Schärding in ihrer Mitteilung, eingelangt am 29. Juli 2013 im UVS-Verfahren protokolliert zu VwSen-360253 (vgl die im Akt einliegende Kopie protokolliert unter ON 3) aus, dass die – dem vorliegenden Ermittlungsauftrag vergleichbaren – aufgetragenen Sachverhaltsergänzungen aus faktischen Gründen nicht möglich seien, was sich aus den telefonischen Angaben der Finanzpolizei ergebe. So habe der bei der finanzpolizeilichen Kontrolle Verantwortliche angegeben, dass nach Angaben des Amtssachverständigen x eine nachträgliche Ermittlung technisch nicht möglich sei. Zudem würde eine Internetverbindung benötigt und würde hierbei sofort ein Update auf das Gerät überspielt werden.

 

Auf Grund der Darstellung in der Anzeige, der GSp26-Dokumentationen über die Probespiele und des Aktenvermerks vom 16. Mai 2013 über die Kontrolle stellt sich für den erkennenden Richter des Oö. Landesverwaltungsgerichts der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

Bei den gegenständlichen Walzenspielgeräten sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatik-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

An den Walzenspielgeräten wurden im Rahmen der Kontrolle von der Finanzpolizei Probespiele durchgeführt, bei denen nach der Anzeige sowie der Fotodokumentation nur gespielte Mindest- und Höchsteinsätze, nicht aber tatsächlich mögliche Höchsteinsätze für das jeweilige Spielprogramm pro Gerät und nur die für diese Einsätze in Aussicht gestellten Gewinne angegeben werden.

 

Im Zuge dieser Probespiele konnte festgestellt werden, dass bei sämtlichen Geräten Mindesteinsätze von 0,20 Euro erforderlich waren, denen Gewinne von 20 Euro und bis zu 34 SG gegenüber standen. Weiters waren bei den Geräten Höchsteinsätze bis zu 5,50 Euro möglich, denen Gewinne von 20 Euro und bis zu 898 SG gegenüberstanden.

 

Die Funktionsfähigkeit sämtlicher Gerätschaften bestätigte zudem Herr x gegenüber der Finanzpolizei auf die Frage "Funktionieren die Geräte derzeit alle?" durch seine Antwort: "Ja eigentlich alle. Ausser die 5 Geräte im Hinterzimmer rennen schon seit ca. 1 Monat nicht mehr. Mein Chef x hat gesagt, wir sollen die ausschalten. … Früher sind sie schon gelaufen, Da habe ich auch Gewinne ausbezahlt. Am Gerät ist ein Betrag, also Gewinn gestanden und ich hatte einen Schlüssel mit dem ich auf Null stellen konnte. Das Geld habe ich aus der Wettkasse genommen und der Chef hat den Betrag dann wieder ausgeglichen." (vgl die Niederschrift vom 29.03.2012).

 

II.2.2. Nach genauerer Betrachtung und sorgfältiger Auswertung der Fotodokumentation in Farbe sind zu den einzelnen Geräten und den möglichen Gewinnen in Euro und SG (= Supergames) folgende wesentlichen Umstände festzuhalten:

 

Die Kajot-Geräte mit den FA-Nrn. 2, 3 und 5 sind vom gleichen Gerätetyp (Kajot) und verfügen diese über zehn mögliche Spiele (Ring of Fire XL, Simply Gold, Simply the Best, Kajot Card, Super Lines, The Frog King, Moko Mania, Casino Roulette Kajot, Joker Mania II und Casino Poker). Beim während der Kontrolle gespielten Walzenspiel "Ring of Fire" konnten bei einem Mindesteinsatz von 0,20 Euro nach dem Gewinnplan höchstens 20 Euro + 34 SG (vgl Fotodokumentation) gewonnen werden.

 

Wesentlich höhere Einsatzmöglichkeiten mit korrespondierend noch weit höheren Gewinnplänen sind auch wegen des sog. "Würfelspiels" (vgl 2 quadratische Felder mit Augendarstellung auf den dokumentierten Fotos sowie die Anzeige vom 24.04.2012) jedenfalls möglich.

 

Bei den Geräten mit den FA-Nrn. 1 und 4 handelt es sich laut Anzeige vom 24.04.2012 sowie laut der Fotodokumentation ebenso um Kajot-Geräte.

Beim Gerät mit der FA-Nr. 1 waren neun mögliche Spiele (Classic Seven, Lucky Pearl, Fruit Machine 27, Strong, High Five II, Super Lines II, Joker Plus II, Hot Factor und Demon Master) verfügbar (vgl wiederum die Anzeige vom 24.04.2012 sowie die Fotodokumentation).

 

Anlässlich der Kontrolle wurde das Walzenspiel "Classic Seven" nur mit einem Einsatz von 4,50 Euro gespielt. Wie sich aber aus der im Akt des Oö. Landesverwaltungsgerichts einliegenden Kopie (protokolliert als ON 4) der Anzeige des Finanzamtes x vom 26. Juni 2013, GZ 051/70232/27/0113, im UVS-Verfahren protokolliert zu VwSen-360375, ergibt, stehen beim Spiel mit der Bezeichnung "Classic Seven" Mindesteinsätzen von 0,30 Euro Höchstgewinne von 600 Euro und Höchsteinsätzen von 15 Euro Höchstgewinne von 30.000 Euro gegenüber. Da im gegenständlichen Verfahren von der Finanzpolizei im Rahmen der Kontrolle – wie aus der Anzeige ersichtlich – nur die gespielten Einsätze bei dem Spiel "Classic Seven", nicht aber die tatsächlich möglichen Höchsteinsätze ermittelt wurden, muss angesichts der eindeutigen Feststellungen aus dem zitierten UVS-Verfahren hinsichtlich des auf dem verfahrensgegenständlichen Gerät mit der FA-Nr. 1 angebotenen gleichartigen Spiels mit der Bezeichnung "Classic Seven" davon ausgegangen werden, dass tatsächlich Einsätze über 10 Euro möglich waren. Vor diesem Hintergrund sind für den erkennenden Richter auch bei den anderen Geräten Höchsteinsätze über 10 Euro wahrscheinlich und muss dies im Zweifel wohl zugunsten der Beschuldigten angenommen werden, weil der relevante Sachverhalt mangels Beweissicherung nachträglich nicht mehr aufklärbar ist (vgl dazu unter II.2.1).

 

Beim Gerät mit der FA-Nr. 4 waren ebenfalls neun mögliche Spiele (Submarine, Simply Gold II, Coco Lotto, Kajot Lines, Joker 27, Lucky Dragon, Joker 81, Karaoke King, Tutti Frutti) verfügbar. Beim während der Kontrolle gespielten Walzenspiel "Simply Gold" konnten bei einem Einsatz von 0,20 Euro nach dem Gewinnplan höchstens 20 Euro + 18 SG gewonnen werden (vgl Fotodokumentation).

 

Bei den auf diesen beiden Geräten verfügbaren Spielen handelt es sich um gleichartige Spiele wie bei den auf den Geräten mit den FA-Nrn. 2, 3 und 5 verfügbaren Spielen. Der Fotodokumentation ist wiederum die Möglichkeit einer erheblichen Einsatzsteigerung mit sog. "vorgeschaltetem Würfelspiel" zu entnehmen.

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzwertes werden nämlich – wie in der Anzeige der Finanzpolizei festgehalten – sämtliche Werte im dazugehörigen Gewinnplan erhöht. Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste.

 

Wie aus der Anzeige samt Dokumentation der Geräte hervorgeht, konnten die Einsätze bei den Walzenspielen durch ein sog. "vorgeschaltetes Würfelspiel" gesteigert werden, auf das nicht verzichtet werden konnte, wenn um entsprechend hohe Gewinne gespielt werden sollte. Es handelt sich dabei in Wahrheit um kein Spiel, sondern um eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von (weiteren) Teileinsatzbeträgen, die in "Augendarstellung" auf Feldern ("Würfeln") in der Nähe des Einsatzbetragsfeldes eingeblendet wird. Die Einsatzsteigerung erfolgt ab 50 Cent durch fortgesetzte Betätigung einer Taste bis zum programmbedingt höchstmöglichen Einsatz, wobei am Bildschirm "Augen" bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet werden und danach noch ein Symbol erscheint, mit dem der gewählte Einsatzwert verschlüsselt angezeigt wird.

 

Wurde ein verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die Start-Taste solange hintereinander betätigt werden (oder einmal die Auto-Start-Taste) bis der vorgewählte Einsatzbetrag in Teileinsatzbeträgen vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um dann das Spiel auszulösen.

 

Wie der Anzeige vom 24.04.2012 sowie der Fotodokumentation eindeutig zu entnehmen ist, waren sämtliche der in Rede stehenden Geräte mit einer Auto-Start-Taste ausgestattet.

 

Zudem ergibt sich aus der im Akt unter VwSen-360245/3 einliegenden Stellungnahme der Finanzpolizei, datiert mit 13. September 2013, unzweifelhaft, dass die Auto-Start-Taste bei sämtlichen Geräten erforderlich war (vgl unter Punkt I.4., Hervorhebungen "Zu Punkt 4.").

 

Im Hinblick auf die Tatsache, dass bei sämtlichen Geräten eine Einsatzsteigerung mit sog. "vorgeschaltetem Würfelspiel" sowie bereits bei einem Mindesteinsatz von 0,20 Euro bis zu 20 Euro + 34 SG in Aussicht gestellt werden (vgl Anzeige sowie Fotodokumentation), und dem Vorbringen der Finanzpolizei bestehen hinsichtlich der Funktionsfähigkeit der Auto-Start-Taste keine Zweifel, da die gegenständlichen Geräte ansonsten für Spieler aufgrund der "aufwändigen" Bedienung im Vergleich zu anderen Geräten völlig uninteressant gewesen wären.

 

II.2.3. Folgende Begleitumstände und Rahmenbedingungen veranlassen zu Serienspielen:

 

Wie aus der Anzeige sowie der Fotodokumentation hervorgeht, verfügen sämtliche Geräte über einen Banknoteneinzug zur Herstellung eines Spielguthabens. Laut Aussage von Herrn x in der Niederschrift wurden allfällige Gewinne durch ihn ausbezahlt (vgl Niederschrift vom 29.03.2012).

 

Aus diesen Feststellungen ist zu schließen, dass ein Spieler mindestens eine Banknote in Höhe von 5 Euro einspeisen muss und dafür beim Mindesteinsatz von 0,20 Euro bereits 25 Einzelspiele durchführen kann. Da die Auszahlung von Guthaben einschließlich von erzielten Gewinnen nicht durch die Geräte selbst, sondern vom Lokalbetreiber erfolgt – somit organisatorisch nicht unerhebliche Zwischenschritte zur Restgelderlangung notwendig sind – ist es wahrscheinlich, dass Restbeträge eher wieder eingesetzt werden. Diese Situation und Geräteausstattung begünstigt demnach die Ketteneinsatzleistung.

Bei sämtlichen Geräten sind neben der "Würfelspielfunktion" zusätzliche Gewinnmöglichkeiten durch Supergames im Gewinnplan vorgesehen, die bei steigenden Einsätzen auch vermehrt zur Verfügung stehen. Der Vorteil liegt darin, dass mit geringem Einsatz ein vergleichsweise hoher Gewinn erzielbar ist.

Beim vorgeschalteten "Würfelspiel" wird durch minimale Einsätze und Gewinne bei bestimmten Symbolen suggeriert, dass es sich jeweils um eigenständige Spiele handeln soll. Es handelt sich aber in Wahrheit um einen versteckten "Einsatzmultiplikator" in der Form von scheinbar vorgeschalteten Spielen, die im Wesentlichen der Einsatzsteigerung dienen und bei denen nach "Gewinn" für erhöhte Einsätze auch erhöhte Gewinnlinien zur Verfügung stehen.

Diese Funktion schafft für den Spieler Rahmenbedingungen, die ihn durch einen möglichen höheren Gewinn in Relation zum geringen Einsatz zu Serienspielen veranlassen soll.

Noch mehr Anreize ergeben sich durch die regelmäßig gegebene Ausstattung der auf den Walzenspielgeräten verfügbaren Spielprogramme mit der Supergame-Option. Auch hier hat der Spieler beim "Gewinn eines Supergames" mit einem geringen Einsatz die Möglichkeit in lukrativere (sei es "Gewinnwahrscheinlichkeit" oder "Gewinnhöhe") Gewinnautomatismen zu gelangen. Insofern ist ein Supergame auch mit dem Wert von 10 Euro zu bewerten (vgl ausdrücklich OGH vom 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i: "Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert." sowie auch die Ausführungen der Finanzpolizei unter Punkt I.4., zu 2.).

Der Anreiz durch diese in Aussicht gestellten höheren Gewinnmöglichkeiten bei "Supergames" ist der Gleiche, wie bei einer Ausweisung der Gewinne in Geldbeträgen. Insofern ist es letztlich für den Spieler im Ergebnis von gleicher Bedeutung, wenn bspw 20 Euro plus 100 Supergames oder 1.020 Euro an Gewinnmöglichkeit ausgewiesen wird (vgl dazu OGH vom 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i, Seite 4 aE).

 

Für die gleichartigen Geräte ergibt sich im konkreten Fall schon mit dem Mindesteinsatz von 0,20 Euro und einer Gewinnmöglichkeit von 20 Euro, ohne Berücksichtigung von Supergames, eine Grundrelation von 1:100. Bei einem Einsatz von 5,50 Euro und einer dazugehörigen Gewinnmöglichkeit von 20 Euro + 898 SG ergibt sich unter Berücksichtigung der Supergames mit dem Wertansatz laut OGH-Entscheidung die attraktive Relation von 5,50 zu 9000 oder 1:1636.

 

Es leuchtet ein, dass durch diese besonderen Einsatz- und Gewinnrelationen der gewinnsüchtige Spieler ganz bewusst zu Serienspielen veranlasst wird.

 

Für die von der Finanzpolizei nicht festgestellten Höchsteinsatzmöglichkeiten an den gegenständlichen Geräten wären die möglichen Relationen noch deutlich günstiger einzuschätzen, weil - wie auch die Anzeige ausführt - die Gewinnpläne mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages erhöht werden. Eine gewisse Vorstellung von den möglichen Einsatz- und Gewinnhöhen gewinnt man, wenn man berücksichtigt, dass beim "Würfelspiel" eine Augendarstellung von maximal 9 Augen pro "Würfel" möglich ist und danach ein Symbol folgt, das für gewöhnlich dem höchsten Multiplikationsfaktor 10 pro "Würfel" entspricht. Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl dazu OGH 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i) verleiten diese Gewinn-Verlust-Relationen nach Auffassung des Landes­verwaltungsgerichts unzweifelhaft zu Serienspielen iSd der OGH-Judikatur (vgl etwa OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo bereits ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde).

 

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist insbesondere aus der Ausgestaltung mit "Würfelspielmultiplikatoren" und der "Supergame-Funktion" zu erkennen, dass die Spielprogramme an den Gerätschaften - wie dies schon per se aus dem Banknoteneinzug und der Auto-Start-Taste an sich abzuleiten ist - darauf ausgerichtet sind, dass der Spieler eine große Anzahl an Einzelspielen durchführen soll. Aus der Quantität der Spielabläufe können nämlich nicht nur direkt, sondern vielmehr auch indirekt Berechtigungen erworben werden, die es ermöglichen, besser bewertete Spiele durchzuführen (ob dies wiederum als ein Spiel im Spiel oder als einheitliches Spiel gesehen wird, ist für die Serienspielindikation nicht wesentlich). Das einfache Spiel stellt lediglich die Möglichkeit dar, den "Zugang" zu weiteren "höherwertigen" Spielen zu erlangen und muss wiederum zufallsabhängig gewonnen werden. Mit diesen "besseren" Spielen wird der Spieler insofern an das Gerät gebunden, als entsprechend dem geräteinternen Spielplan die "Einsatzmultiplikation mit anschließenden höheren Gewinnplänen" und/oder der Gewinn von Supergames vorgesehen sind und dem Spieler suggeriert wird, dass er lediglich diese Hürde überwinden muss, um in eine "Gewinnzone" zu kommen. Nicht das einzelne Spiel wird dem Spieler "schmackhaft" gemacht, sondern eine ganze Spielphase. Das zeigt allein der Umstand, dass eine Vielzahl von Supergame-Optionen als besonders attraktive Gewinne in Aussicht gestellt werden (konkret: zwischen 2 und 34 SG bei bloßen Mindesteinsätzen), für die der Spieler nur einen "rabattiert" geringen Einsatz bei dennoch hohen Gewinnchancen (vgl zur Illustration ON 5 "Screenshot"-Dokumentation, Seiten 15f: Bei nur 0,10 Euro Einsatz besteht bspw mindestens eine vierfache Chance – bzw 50 % Gewinnwahrscheinlichkeit auf 10 Euro am Glücksrad mit insgesamt 8 Feldern bei nur 2 Verlustfeldern) leisten muss. Deshalb wird ein Spieler "einfache Games" am Walzengerät vorwiegend mit der Intention spielen, möglichst viele Supergames erzielen und auch verwerten zu können. Seine Gerätenutzung ist intentional auf eine gewisse Dauer angelegt. Damit wird der Spieler auf derartigen Glücksspielgeräten absichtlich dazu veranlasst, "dabei" zu bleiben und eben Serienspiele durchzuführen. Insofern wird auch durch die Ausstattung mit der Supergame-Option und der "Würfelfunktion" der Unterhaltungsfaktor zu Gunsten der Gewinnerzielungsabsicht zur Gänze in den Hintergrund gedrängt.

Sämtliche Geräte waren mit einer Automatik-Start-Taste ausgestattet. Bei Auslösung einer Spielphase durch die Automatik-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die einzelnen Spielabläufe ("Würfelspiel" und Walzenspiele) sehr rasch und kontinuierlich ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste vom Spieler erneut betätigt wird (vgl die Beschreibung in der Anzeige)

Auch in der einschlägigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – in Bezug auf den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben:

"Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

Demnach stellt schon die Ausstattung mit dieser Taste offenbar eine wesentliche und auch hinreichende Rahmenbedingung zum alleinigen Zwecke dar, Spieler zu Serienspiele zu verleiten (zum Erfordernis der Rahmenbedingungen VwGH vom 07.10.2013, Zl. 2013/17/0211).

 

Dass der an sich schon zweifelhafte Unterhaltungswert von Walzenspielen spätestens durch die Verwendung der Automatik-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, entspricht auch den Erfahrungen des vormals zuständigen Oö. Verwaltungssenats, der sich im Rahmen einer Probebespielung davon überzeugen konnte (dazu im Folgenden).

 

II.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und den ergänzend beigeschafften Unterlagen. 

 

Alle unter Abschnitt II.2. getroffenen Feststellungen und die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen finden letztlich Bestätigung durch die Ergebnisse einer am 14. Februar 2013 durchgeführten Probebespielung durch den Oö. Verwaltungssenat auf einem vergleichbaren Glücksspielgerät mit dem vergleichbaren Spiel "Ring of Fire".

Über diese Probebespielung durch ein Mitglied des Oö. Verwaltungssenats wurden Videoaufnahmen gemacht, die auf Daten-CD festgehalten sind, welche im Rahmen der gemeinsamen Berufungsverhandlung der 9. und der 11. Kammer des Oö. Verwaltungssenats vom 13. November 2013 in den verbundenen Verfahren zu Zlen. VwSen-360057 und VwSen-360049 vorgeführt und besprochen worden sind (vgl das im Akt unter ON 6 einliegende Verhandlungsprotokoll samt Beilage [ON 5] und Video-CD). Von den Verfahrensparteien und dem finanzpolizeilichen Zeugen wurde damals der am Beispiel eines Gerätes "KAJOT Multigame" auf dem Video dokumentierte Spielablauf als dem für Walzenspiele üblichen Ablauf entsprechend angesehen. Das Video wurde auch in einer "Screen-Shot"-Dokumentation dargestellt und als Beilage zum Verhandlungsprotokoll genommen. In dieser werden die "Auto-Start-Taste", die "Gamble-Funktion", die "Würfelspielfunktion" und die "Supergame-Funktion" anschaulich erklärt und beschrieben. Außerdem werden die seriellen Veränderungen am Spielguthaben (Credit) bei aktivierter Auto-Start-Funktion dargestellt. Bei einem Einsatz von bloß 0,50 Euro reduzierte sich der Credit binnen etwa zwei Minuten von 613,5 auf 581 Euro (Verlust 32,50). Beim höchsten Spieleinsatz (= Superman-Symbol, was - wie aus der Video-CD ersichtlich - dem Faktor 10 entspricht) reduzierte sich der Credit binnen 1,5 Minuten von 581 Euro auf 506,5 Euro (Verlust 74,50) und nach wenigen weiteren Minuten sogar auf nur 126,5 Euro (Verlust 454,50). Damit zeigt sich eindrucksvoll, dass bei Serienspielen mit bloß einstelligen Einsätzen innerhalb einer einstelligen Minutenzahl leicht Beträge in Höhe von 450 bis 500 Euro verloren werden können.

Der monetäre Aspekt in Form des Gewinnstrebens verdeckt somit bei derartig ausgestalteten Gerätschaften selbstredend den Unterhaltungsaspekt zur Gänze.

 

 

III. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 112/2012 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 daran beteiligt".

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

IV.2. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 03.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 02.07.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.08.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

 

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

 

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22.8.2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

"[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

IV.3. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung gemäß oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm 3 zu § 85 SPG mwN).

 

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der oben zitierten Entscheidung vom 13. Juni 2013 zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

 

IV.4. Da beim Oö. Landesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt I.3. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war das Oö. Landesverwaltungsgericht verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten.

 

Durch die Normierung der allgemeinen ausdrücklichen Subsidiarität für Verwaltungsstrafbestimmungen ergibt sich, dass die Tat (= der einheitliche Lebenssachverhalt; siehe dazu auch VfGH vom 13.06.2013, Zl. B 422/2013 Rz 27) als Verwaltungsübertretung nicht mehr strafbar ist, wenn sie unter § 168 StGB (bzw §§ 15, 168 StGB oder §§ 12, 15, 168 StGB) zu subsumieren ist. In Zusammenschau mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, die einerseits die Reichweite des § 168 StGB klarstellt und andererseits die Funktion (s VfGH vom 13.06.2013, Zl. B 422/2013 Rz 30; "...Abgrenzungsregelung...") und den Regelungsinhalt des § 52 Abs 2 GSpG mit Art 4 7. ZPzEMRK in Einklang bringt (siehe VfGH vom 13.06.2013, Zl. B 422/2013, ebenso VfGH vom 26.06.2013, Zl. B 63/2013), ergibt sich sohin, dass eine vom Oö. Landesverwaltungsgericht durchzuführende selbstständige Beurteilung der gerichtlichen Strafbarkeit nach § 168 StGB (im Sinne der strafrechtlichen stRsp des OGH zu dieser Bestimmung) Klarheit im Hinblick auf die Abgrenzung einer allfälligen verwaltungsrechtlichen Strafbarkeit von der Strafbarkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit bringt. Im Falle einer vom Gesetzgeber ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität (§ 22 VStG) können keine Zweifel darüber bestehen, dass bei Vorliegen der gerichtlichen Strafbarkeit ausschließliche Zuständigkeit der Strafgerichte besteht und damit auch begrifflich schon keine Verwaltungsübertretung in Betracht kommt (arg. "... nur dann ... strafbar ...").

 

Vor dem Hintergrund der nunmehr mit § 22 VStG ausdrücklich und umfassend normierten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit sowie insbesondere auch der eindeutigen aktuellen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs – der im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich folgt – hatte das Landesverwaltungsgericht daher nunmehr die selbstständige strafrechtliche Beurteilung vorzunehmen.  

 

IV.5. Die strafrechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ergibt Folgendes:

 

IV.5.1. Vorweg ist festzuhalten, dass am 5. November 2012 in einer LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz die grundsätzliche Anwendbarkeit der Serienspieljudikatur des OGH ausdrücklich bestätigt wurde.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

 

Wie bei den Feststellungen im Punkt II.2.2. dargelegt, waren beim Gerät FA-Nr. 1 mit dem Spiel "Classic Seven" höchstwahrscheinlich Einsätze über 10 Euro möglich, weshalb die gerichtliche Strafbarkeit evident ist. Will man diese Annahme nicht "in dubio pro reo" auf die vergleichbaren anderen Geräte erstrecken, wird durch den festgestellten Sachverhalt zumindest eindeutig belegt, dass nach der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Walzenspielgeräte Begleitumstände und Rahmenbedingungen vorlagen, die zu Serienspielen veranlasst haben (vgl näher die Feststellungen in den Punkten II.2.2. und II.2.3.).

 

Neben der Ausstattung der Geräte mit Banknoteneinzug und funktionsfähiger Automatik-Start-Taste waren außergewöhnlich günstige Gewinn-Verlust-Relationen (bis zu 1:1636) festzustellen (vgl näher Punkt II.2.3.). Überhaupt ist nach der Ausgestaltung der Walzenspielabläufe mit besonderen Dauerspielanreizen für Spieler durch attraktivere Gewinnlinien nach jeder Einsatzsteigerung beim "Würfelspiel", durch die Supergame-Optionen und deren eklatant gesteigerte Häufigkeit je nach Einsatzerhöhung zu rechnen. Beim Gewinn eines Supergames bestehen besondere Gewinnchancen trotz minimaler Einsätze (vgl Punkte II.2.2. und II.2.3.). Die Spielprogramme auf den Walzenspielgeräten sind nach den festgestellten Umständen darauf ausgelegt, den gewinnsüchtigen Spieler am Gerät zu "halten" und zu Serienspielen zu veranlassen. Dem gewöhnlichen Einzelspiel kommt dabei kaum eigenständige Bedeutung zu. Es muss nur immer wieder gespielt werden, um den Einstieg in höhere Gewinnlinien und damit in eine attraktivere Spielphase mit erhöhten Gewinnchancen zu schaffen.

 

Diese günstigen Gewinn-Verlust-Relationen in Verbindung mit einer funktionsfähigen Automatik-Start-Taste bzw der Funktion AUTOSTART belegen bei den gegenständlichen Walzenspielgeräten eindeutig einen besonderen Anreiz für Serienspiele iSd Judikatur des Obersten Gerichtshofs, die in gewinnsüchtiger Absicht und nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden (vgl etwa OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde). In der Zusammenschau von Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs mit der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 13.06.2013, Zl. B 422/2013, ist zweifelsfrei erkennbar, dass der Betrieb der gegenständlichen Walzenspielgeräte auf Grund ihrer Funktionsweise gerichtlich strafbar erscheint, zumal keinesfalls bloß Spiele zum Zeitvertreib veranlasst oder ermöglicht werden. Letzteres bestätigte der Oberste Gerichtshof einmal mehr in der einschlägigen Revisionsentscheidung vom 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i, in der festgehalten wird (Hervorhebungen nicht im Original): "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

IV.5.2. Auf Grund der dargelegten Funktionsweise der Walzenspielgeräte werden nach Auffassung des Oö. Landesverwaltungsgerichts Serienspiele des Spielers veranlasst bzw ermöglicht. Entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013 (ebenso nunmehr VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249), ist somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegten Anreize, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele durchzuführen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit Automatik-Start-Taste ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines der gegenständlichen Glücksspielgeräte, an denen die Spieler zu Serienspiele veranlasst werden, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

 

IV.5.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass die Beschuldigte im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass aufgrund der dargelegten Funktionsweise der mit  "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Walzenspielgeräte Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen können, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend geht auch Kirchbacher im Wiener Kommentar zum StGB (vgl denselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse.

 

Beim Einsatz von Walzenspielgeräten mit Automatik-Start-Taste und Serienspielanreizen durch attraktive Gewinn-Verlust-Relationen werden aber nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der Automatik-Start-Taste durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

Schließlich liegen bei sämtlichen Geräten – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven "Supergame"– Optionen (vgl abermals OGH 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i) – zu Serienspielen verleitende, sehr günstige Gewinn- und Verlustrelationen iSd OGH-Judikatur vor. Die in Aussicht gestellten Gewinnchancen sind offenkundig darauf ausgerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibs muss verneint werden. Dadurch liegt der strafbare Versuch einer gemäß § 168 iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, weil auch das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

 

IV.6. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht, da die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen. Auch bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz ist die gerichtliche Strafbarkeit gegeben, wenn nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt wird.

 

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Strafverfahren auf der Grundlage des § 45 Abs 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis war der Bfin gemäß § 52 Abs 9 VwGVG und § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß