LVwG-300383/12/Kü/JB

Linz, 18.08.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde des Herrn R J H, x, vom 18. Juni 2014, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Mai 2014, SV96-63-2013, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

1.         Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 13. Mai 2014, SV96-63-2013, wurden über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 33 Abs. 1 i.V.m. § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) vier Geldstrafen in Höhe von jeweils 730 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 18 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

„Sie, Herr H, haben es als Verantwortlicher der Firma R R H mit Sitz in x verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass die öster­reichischen Staatsangehörigen

 

1.  J F E, geb. am x (beschäftigt vom 12.02.2013 ab 08:30 bis zum 14.02.2013 bis 01:30 Uhr)

2.  A K, geb. am x (beschäftigt vom 31.01.2013 ab 11:30 bis zum 04.02.2013 bis 15:00 Uhr)

3.  G E R, geb. am x (beschäftigt vom 31.01.2013 ab 11:30 bis zum 04.02.2013 bis 15:00 Uhr)

4.  B Z, geb. am x (beschäftigt vom 31.01.2013 ab 11:30 bis zum 04.02.2013 bis 15:00 Uhr)

 

bei welchen es sich um in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Personen han­delt, in den oa. Zeiträumen beschäftigt waren, obwohl diese zumindest am Kontrolltag, den 28.03.2013 um 15:01 Uhr nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung bei der Oö Gebietskranken­kasse angemeldet wurden.

 

Dies wurde der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land am 27.05.2013 vom Finanzamt Grieskirchen Wels angezeigt.“

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der beantragt wird, die Geldstrafe aufzuheben.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass für den Bf keine Verpflichtung zur Anmeldung von Herrn J F E, Herrn A K, Herrn G E R und Herrn B Z bestanden habe, weil es sich bei den angeführten Personen nicht um echte Dienstnehmer gehandelt habe.

 

Entgegen der Ansicht des Finanzamtes Grieskirchen Wels seien die genannten Herren nicht Dienstnehmer der Firma R sondern würden der Sozialversicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG unterliegen.

 

Die Herren E, K, R und Z würden in einem durchgehenden Vertragsverhältnis zu R und auch R würde in einem durchgehenden Vertragsverhältnis zur T L G. GmbH stehen. Alle beteiligten Unternehmer würden sich zur laufenden Erbringung von Dienstleistungen verpflichten. Das Vorlegen eines durchgehenden Vertragsverhältnisses zeige sich auch aus den zwischen den Parteien jeweils abgeschlossenen Auftrags-/Vertragsvereinbarungen. Die Herren E, K, R und Z seien im Rahmen der abgeschlossenen Dienstleistungsverträge nicht zur Annahme seitens R angefragter Tätigkeitseinsätze verpflichtet. Auch würden sie Anfragen von R sanktionslos (d.h. ohne die Konsequenz der Auflösung oder Verschlechterung des Vertragsverhältnisses) ablehnen können und könnten somit über die zeitliche Lagerung und das Ausmaß der Inanspruchnahme der Arbeitszeit selbst bestimmen.

 

Festzuhalten sei, dass die genannten Herren eine uneingeschränkte Ablehnungsbefugnis hätten. Das heißt, dass sie Arbeiten immer und nicht nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa bei Krankheit oder bestimmten Arbeiten, ablehnen könnten. Aufträge könnten selbst dann abgelehnt werden, wenn zuvor eine Zusage zur Auftragsabwicklung gegeben worden sei. Aufgrund dieser jederzeitigen Auftragsablehnungsbefugnis sei die persönliche Abhängigkeit der genannten Herren klar zu verneinen. Auch das unregelmäßige Ausmaß des Einsatzes und die mangelnde Disposition von R über die Arbeitskraft der Herren würden gegen das Vorlegen eines Dienstverhältnisses sprechen.

 

Die Herren E, K, R und Z müssten sich weder nach Dienstzeiten von R noch von T richten. Ein Auftrag müsse lediglich innerhalb eines Zeitrahmens, der vorweg zwischen T, Herrn H und den genannten Herren besprochen würde, erfüllt werden. R und die genannten Herren hätten die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit jederzeit selbst zu gestalten. Des Weiteren seien die Herren nicht in unternehmensinterne Abläufe von T integriert, selbst dann nicht, wenn Personal von T vor Ort auf der Baustelle anwesend sei.

 

Persönliche Weisungen, wie etwa Anweisungen zur genauen Arbeitsabfolge oder zur Optimierung bestimmter Arbeitsabläufe seien im vorliegenden Fall weder seitens T noch seitens R gegeben. Es bestehe für R bzw. für die genannten Herren lediglich die Verpflichtung, auf den Baustellen Berufskleidung mit Aufnähern der T zu tragen. Alle anderen Weisungen/Kontrollen seien sachliche Weisungs- und Kontrollrechte hinsichtlich des Arbeitsergebnisses selbst, somit in Bezug auf den Arbeitserfolg (und nicht zu verwechseln mit dem arbeitsbezogenen Verhalten). Insofern seien die vom Auftragsleiter der Firma T erteilten Arbeitsanweisungen oder technischen Anleitungen sowie die sich auf das Arbeitsergebnis bzw. den Arbeitsfortschritt beziehenden Kontrollen kein Kriterium für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit. Im vorliegenden Fall hätten die Herren keine Berichtspflicht über die von ihnen ausgeführte Tätigkeit. Es würden lediglich Stundenaufzeichnungen für Zwecke der Verrechnung an R bzw. an T geführt.

 

Im vorliegenden Fall hätten alle beteiligten Personen sehr wohl eigene wesentliche Betriebsmittel. Die Herren E, K, R und Z würden mit eigenem umfangreichen Standardwerkzeug, das ihnen nicht von der T zur Verfügung gestellt worden sei, arbeiten. Seitens der T würden daher nur Spezialwerkzeuge und auch spezielle Messwerkzeuge, welche T erbaut habe, zu Verfügung gestellt. Für die Verrichtung des Auftrags erforderliche generelle Werkzeuge hätten hingegen die Beschäftigten selbst beizubringen. Auch R verfüge über wesentliche Betriebsmittel (Spezialwerkzeug, Standardwerkzeug, Fahrzeuge), mit welchen R eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen habe und somit in der Lage sei, die Tätigkeit ohne T oder für einen anderen Auftraggeber auszuüben.

 

Im vorliegenden Fall hätten die genannten Herren keinen einsatzunabhängigen Entgeltanspruch. Gebührt kein Entgelt aufgrund Nichtverfügbarkeit, so spreche dies klar für das Vorliegen von Unternehmerrisiko bei den genannten Herren. Ausgabenseitig würden die Herren E, K, R und Z und auch R einen Ersatz für Nächtigungen und teilweise eine Mitfahrgelegenheit bzw. Kilometergeld bei der Benutzung eines eigenen PKW’s erhalten. Seitens T würden laut Aussage von Herrn E auch noch drei Pullover und drei T-Shirts pro Jahr zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus gäbe es jedoch keine Kostenersätze seitens T oder R. Insofern müssten das gesamte Werkzeug bzw. sonstige Betriebsmittel und auch Arbeitshose, Arbeitsjacke und Sicherheitsschuhe auf eigene Kosten beschafft werden. Die genannten Personen hätten das wirtschaftliche Risiko im Hinblick auf die eingesetzten Betriebsmittel (z. B. bei Verlust, Beschädigung müssen diese auf eigene Kosten repariert/nachbeschafft werden).

 

Nach dem Gesamtbild sei betreffend der angeführten Herren eben gerade nicht von einem Überwiegen der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen. Folglich bestehe für alle beteiligten Personen keine Versicherungspflicht als echter Dienstnehmer gem. § 4 Abs. 2 ASVG. Vielmehr würden alle Beteiligten ihre Dienstleistungen in einem freien Dienstvertrag erbringen. Mit dem freien Dienstverhältnis sei im vorliegenden Fall jedoch keine Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG für die Personen verbunden. Alle beteiligten Personen würden über einen facheinschlägigen Gewerbeschein verfügen, der dem jeweiligen Auftraggeber auch vorgelegt worden sei. Der vorgelegte Gewerbeschein wirke sich bei der im Sozialversicherungsrecht geltenden Prüfreihenfolge insofern aus, als er für die Tätigkeit eines freien Dienstnehmers eine Pflichtversicherung als alter Selbstständiger nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG vorsehe und eine nachrangige Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG als freier Dienstnehmer eben ausschließe. Da alle Beteiligten ohnehin als freie Dienstnehmer mit Gewerbeschein der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG unterliegen würden, bei der S der gewerblichen Wirtschaft gemeldet seien und Beiträge entrichten würden, habe für R keine Anmeldeverpflichtung der Herren E, K, R und Z bei der Oö. GKK bestanden. Vor diesem Hintergrund könne dem Bf auch kein ordnungswidriges Verhalten vorgeworfen werden.

 

3.         Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Beschwerde samt bezughabenden Verfahrensakt mit Schreiben vom 2. Juli 2014 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

4.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Juni 2015, an welcher Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben. Der Bf ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

 

4.1.      Der Bf ist als selbstständiger Einzelunternehmer unter dem Firmennamen R R H, Standort: x, im Bereich Maschinen- und Metallbau, Schweißen und Geschäftsvermittlung tätig. Zu den regelmäßigen Geschäftspartnern des Bf zählt das Welser Unternehmen T M GmbH.

 

Aufgrund ansteigender Aufträge war der Bf alleine nicht mehr in der Lage, die von der T GmbH beauftragten Arbeiten zu übernehmen. Um diese Aufträge weiter bearbeiten zu können, hat der Bf entweder auf Leasingpersonal zurück­gegriffen oder selbstständige Unternehmer wie Herrn J F E, Herrn A K, Herrn G E R und Herrn B Z engagiert, um die von der T GmbH erteilten Aufträge abzuarbeiten.

 

Herr J E verfügt über die Gewerbeberechtigung „Montage und Demontage von vorgefertigten Winkelprofilen und Fachböden durch einfache Schraubverbindungen“, die Herren R, K und Z verfügen jeweils über die Gewerbeberechtigung „Montage von Blech- und Kunststofffahnen, in die anschließend Kabelbahnen verlegt werden“. Sämtliche genannten Personen unterliegen der Pflichtversicherung gemäß GSVG.

 

Der Bf hat mit den genannten Personen Auftragsvereinbarungen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Inhalt dieser Vereinbarungen ist, dass die genannten Personen als Auftragnehmer vom Bf als Auftraggeber bis auf weiteres für Regiearbeiten im Rahmen ihrer gewerblichen Möglichkeit beauftragt werden. In diesen Auftragsvereinbarungen wurden Preise für Regiestunde Inland und Preise für Regiestunde Ausland festgesetzt. Zudem ist vereinbart, dass im Stundensatz sämtliche Zuschläge (Überstunden, Sonn- und Feiertagszuschläge) sowie Tagesdiäten enthalten sind und Nächtigungen vom Auftraggeber bezahlt werden. Weiters ist ein Haftungsausschluss des Auftragnehmers und die Zahlungskondition netto 30 Tage ab Posteingang festgelegt. Der Einsatz wird laut Auftragsvereinbarung kurzfristig und auftragsspezifisch fixiert. Bei direkter Abwicklung etwaiger Aufträge am Endkunden (Ausspannen) wird eine Konventionalstrafe in Höhe von doppeltem Auftragswert an die Firma R vereinbart.

 

Auch zwischen der Firma des Bf als Auftragnehmer und dem Kunden T M GmbH besteht eine derartige Auftragsvereinbarung mit dem Inhalt Regiearbeiten bis auf Widerruf durchzuführen.

 

Diese Auftragsvereinbarungen zeigen, dass die Firma des Bf in einem durchgehenden Vertragsverhältnis zur Firma T und die Herren E, K, R und Z in einem durchgehenden Vertragsverhältnis zur Firma des Bf stehen. Die beteiligten Gewerbeinhaber verpflichten sich zur laufenden Erbringung von gattungsmäßig bestimmten Dienstleistungen. Die Herren E, K, R und Z sind im Rahmen der abgeschlossenen Auftragsvereinbarungen nicht zur Annahme der vom Bf abgefragten Tätigkeitseinsätze verpflichtet und können vom Bf angefragte Einsätze beispielsweise aus Zeitmangel und vorrangigen anderen Tätigkeiten ohne Weiteres ablehnen und somit über ihre Arbeitszeit selbst bestimmen. Falls von einem der genannten Gewerbetreibenden eine bereits zugesagte Leistung abgelehnt wird, springt der Bf in diesen Fällen entweder selbst ein oder sucht selbstständig eine Vertretung aus dem Kreis der anderen Gewerbetreibenden. Wenn dies nicht möglich ist, greift der Bf schlussendlich auf Leasingpersonal zurück.

 

Die Herren E, K, R und Z müssen sich an keine Dienstzeiten halten. Ein Auftrag muss lediglich innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens erfüllt werden. Innerhalb dieses Zeitrahmens gestalten die Gewerbetreibenden den Ablauf der Arbeit selbst. Arbeitsanweisungen und technische Anleitungen zur Koordination der Arbeitsabläufe werden grundsätzlich vom Auftragsleiter der T GmbH vorgegeben. Die Gewerbetreibenden unterliegen keiner Berichtspflicht über die von ihnen ausgeübte Tätigkeit. Es werden lediglich Stundenaufzeichnungen für Zwecke der Verrechnung zwischen der Firma des Bf und der T GmbH geführt.

 

Die Gewerbetreibenden arbeiten grundsätzlich mit eigenen Werkzeugen, nur Spezialwerkzeuge werden von der T GmbH bzw. der Firma des Bf zur Verfügung gestellt. Unter den genannten Bedingungen wurden die Herren E, K, R und Z auf verschiedenen Arbeitsstellen zusammen mit Personal der T M GmbH im Zeitraum 31.1.2013 bis 4.2.2013 bzw. 12.2.2013 bis 14.2.2013 eingesetzt.

 

4.2       Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 27. Mai 2013 und den enthaltenen Beilagen, wie den Auftragsvereinbarungen abgeschlossen zwischen der Firma des Bf und der T M GmbH bzw. dem Bf und den einzelnen Gewerbetreibenden. Zudem zeigen die Sozialversicherungsdatenauszüge der Gewerbetreibenden, dass diese als gewerblich selbstständige Erwerbstätige bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gemeldet sind. Zudem wurden vom Bf im Zuge des Verfahrens die einzelnen Gewerbescheine der genannten Personen sowie eine Bestätigung über deren Beitragsleistungen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgelegt. Die Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsabläufe ergeben sich aus den mit dem Bf bzw. Herrn J E aufgenommenen Niederschriften, welche ebenfalls Beilage des genannten Strafantrages sind. Insofern steht die Art und Weise des Arbeitseinsatzes der genannten Personen unbestritten fest.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.         Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1.   Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2.   Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3.   Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

 

Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1.   einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.   eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a.    dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b.    dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c.    dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungs­fondsgesetzes, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

2.         Die belangte Behörde geht im vorliegenden Straferkenntnis davon aus, dass der Bf die vier genannten Personen in bestimmten Zeiträumen beschäftigt hat, ohne diese vor Arbeitsantritt, welcher entgegen der Anlastung im Spruch jedenfalls nicht 28.3.2013 gewesen ist, bei der Sozialversicherung anzumelden. Grundlage dafür bilden die Ausführungen im Strafantrag des Finanzamtes, wonach von einer Arbeitskräfteüberlassung durch die Firma des Bf an die T M GmbH auszugehen ist, zumal die vier Personen kein eigenes Werk erbrachten, zum Teil untereinander bzw. mit Dienstnehmern der Firma T zusammengearbeitet haben. Aus diesem Umstand wäre der Schluss zu ziehen, dass die vier Personen als Dienstnehmer des Bf anzusehen sind.

 

Für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits kommt es darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall läge ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt. Vom Dienstvertrag ist jedoch überdies der "freie Dienstvertrag" zu unterscheiden, bei dem es auf die geschuldete Mehrheit gattungsmäßig umschriebener Leistungen, die von Seiten des Bestellers laufend konkretisiert werden, ohne persönliche Abhängigkeit ankommt (vgl. VwGH vom 07.09.2011, Zl. 2011/08/0206).

 

Unbestritten ist im ggst. Fall, dass die Herren E, K, R und Z von der Firma des Bf nicht mit der Erbringung eines eigenständigen Werkes beauftragt wurden und gegenständlich somit nicht als selbstständige Subunternehmer zu werten sind. Vielmehr bestand zwischen dem Bf und den einzelnen Personen eine Auftragsvereinbarung für die Durchführung von Regiearbeiten, welche nicht als Zielschuldverhältnis sondern als Dauer­schuldverhältnis zu werten ist. Für die rechtliche Beurteilung des ggst. Falles ist somit ausschlaggebend, ob diese Vereinbarung und die tatsächliche Ausgestaltung der Arbeitsleistungen zur Annahme führen kann, dass die vier genannten Personen zum Bf in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gestanden sind oder aufgrund der konkreten Sachlage als freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG zu werten sind, die über Gewerbescheine für die auszuführenden Tätigkeiten verfügen sowie gemäß GSVG pflichtversichert und deswegen nicht der Versicherungspflicht nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unterstehen.

 

Ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist (vgl. VwGH vom 10.12.1986, VwSlg. Nr. 12.325/A).

 

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. VwGH vom 25.05.2011, Zl. 2010/08/0025, mwN).

 

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde (vgl. VwGH vom25.06.2013, Zl. 2013/08/0093). Steht dem Dienstgeber die Möglichkeit offen, im Falle der (jederzeit möglichen) Absage der von ihm in Aussicht genommenen Person aus dem "Arbeitskräftepool" sofort die jeweils nächste Arbeitskraft abzurufen und stehen genügend Arbeitskräfte zur Verfügung, dann könnte der einzelne Teilnehmer am "Pool", mit dem dies vereinbart wurde oder dem dies bekannt ist, tatsächlich in Übereinstimmung mit dem Vereinbarten davon ausgehen, einzelne Arbeitsleistungen jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu dürfen (vgl. VwGH vom 17.12.2002, Zl. 99/08/0008, 13.08.2003, Zl. 99/08/0174, 21.04.2004, Zl. 2000/08/0113, 20.04.2005, Zl. 2004/08/0109, 04.07.2007, Zl. 2006/08/0193).

 

Der Geschäftszweig des Bf ist darauf gerichtet, Dienstleistungen wie Montage- und Schweißarbeiten auf Baustellen der Firma T zu erbringen. Soweit der Bf die Arbeiten nicht selbst erledigen kann und zusätzliches Personal benötigt, zieht dieser Gewerbetreibende wie die Herren E, K, R und Z bei oder greift auf Leasingpersonal zurück. Mit den Gewerbetreibenden bestehen jeweils unterschiedliche Preisvereinbarungen über die Höhe der vom Bf zu leistenden Regiestundensätze. Für den jeweiligen Arbeitseinsatz kann der Bf aus einem bestimmten Pool an Gewerbetreibenden auswählen und bei diesen hinsichtlich des Arbeitseinsatzes für einen bestimmten Auftrag anfragen. Sofern von einem Gewerbetreibenden ein möglicher Auftrag abgelehnt wird, kann der Bf bei einem anderen aus dem Kreis der Gewerbetreibenden den Arbeitseinsatz abfragen. Die Gewerbetreibenden sind zur Übernahme der Arbeitseinsätze nicht verpflichtet und können sanktionslos diesen ablehnen und können aber auch einen bereits vorweg zugesagten Arbeitseinsatz widerrufen. Dem Bf steht in diesem Fall möglicherweise ein anderer Gewerbetreibender zur Verfügung. Sollte dies nicht der Fall sein, wird vom Bf mit Leasingfirmen hinsichtlich einer Personalbereitstellung Kontakt aufgenommen.

Insgesamt ist bei der gegebenen Sachlage in Anlehnung an die eben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes festzustellen, dass die persönliche Arbeitspflicht der Herren E, K, R und Z nicht jene Ausprägung erfährt, die für das Bestehen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG erforderlich ist. Vielmehr gereicht die Art und Weise der Gestaltung der Arbeitsabläufe zur Annahme, dass zwischen dem Bf und den vier genannten Personen freie Dienstverträge im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG abgeschlossen wurden.

 

Keine Pflichtversicherung des freien Dienstnehmers im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG liegt allerdings vor, wenn aufgrund der erbrachten Tätigkeit bereits eine Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1-3 GSVG besteht. Die Innehabung eines Gewerbescheins – und daraus folgend die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG – schließt beim freien Dienstvertrag die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 lit. a ASVG aus (vgl. VwGH vom 30. Juni 2010, Zl. 2010/08/0102).

 

Die Herrn E, K, R und Z verfügen nachweislich über die zur Erbringung der Montageleistungen erforderlichen Gewerbescheine, unterliegen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG und leisten die entsprechenden Beiträge, wie der Beitrags­aufstellung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft entnommen werden kann. Im Ergebnis unterliegen daher die Herrn E, K, R und Z nicht der Pflichtversicherung im Sinne des ASVG, weshalb dem Bf die Verletzung der Meldepflicht beim Sozialversicherungsträger vor Arbeitsantritt nicht angelastet werden kann. In diesem Sinne war daher der Beschwerde zu folgen, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen

 

 

III.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger