LVwG-650469/2/MS/MP

Linz, 22.09.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Süß über die Beschwerde von Herrn E R, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 06.08.2015 GZ. FE-471/2015, mit dem die Lenkberechtigung entzogen wurde

zu Recht    e r k a n n t :

 

I.                Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung der Klassen AM und B sowie die Entziehung einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung auf 18 Monate, gerechnet von 14. August 2015 (= Zustellung Entziehungs-bescheid) bis einschließlich 14. Februar 2017, herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

 

II.                     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vom 06.08.2015 GZ. FE-471/2015, wurde Herrn R (im Folgenden Beschwerdeführer)

 

1.   die von der LPD- – PK Wels, am 14.02.2014, unter der Zahl F13/237828, für die Klassen AM und B erteilte Lenkberechtigung, mangels Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 24 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen;

2.   eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von 24 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides, entzogen;

3.   aufgefordert, den Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern;

4.   einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wegen Gefahr in Verzug, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Begründend wurde dazu Folgendes ausgeführt:

„Die Landespolizeidirektion - Verkehrsamt erhielt am 05.05.2015 vom LG Linz, unter der Zahl 25 Hv 7/15i eine Urteilsausfertigung nach §§ 83 und 84 StGB. Daraufhin wurde ein Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung eingeleitet.

 

Diesem Urteil ist zu entnehmen, dass Sie schuldig gesprochen wurden,

I) am 07.09.2014 in Linz, eine namentlich im Urteil genannte Person durch Versetzen von Faustschlägen gegen den Kopf und den Körper vorsätzlich an sich schwer, verbunden mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung in Form einer Jochbeinfraktur rechts, eines Oberkieferbruches rechts samt Hämatom sowie eines Bruches der Augenhöhle rechts, einer Prellung der rechten Schulter sowie multipler Schürfwunden im Gesicht und am Körper verletzt zu haben.

 

II) mit drei weiteren im Urteil genannten, sowie der abgesondert verfolgten Personen am 13.10.2014 in Linz in verabredeter Verbindung versucht haben, 3 namentlich im Urteil genannte Personen am Körper zu verletzen, indem Sie Ihren Mittätern, die sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite versteckt hielten, ein Hupsignal gaben, als die 3 Personen bei ihrem Fahrzeug standen, worauf Ihre 3 Mittäter auf diese zuliefen und einer davon auf eines der angeführten Opfer einschlug, ein weiterer Mittäter versuchte dem Opfer einen Faustschlag zu versetzen, wobei es infolge der Gegenwehr des Opfers bzw. aufgrund eines anderen Umstandes beim Versuch blieb.

 

Sie haben hierdurch

zu I.) das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB;

 

zu II.) das Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung nach den §§ 15 Abs. 1, 83 Abs.1, 84 Abs. 2 Z 2 StGB

begangen und wurden hierfür unter Anwendung der §§ 28 und 39 StGB nach  n § 84 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe um Umfang von 2 Jahren verurteilt.

 

Sie wurden schon zweimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Mildernd bei der Strafbemessung wertete das Gericht den teilweisen Versuch und das Geständnis zum objektiven Sachverhalt zum Punkt II. sowie das Geständnis zum Punkt I.; erschwerend dagegen sechs einschlägige Vorstrafen. Sie befanden sich bereits fünf Mal in Haft.

 

Im Detail wird auf das Ihnen vollinhaltlich bekannte Urteil verwiesen.

 

Die Behörde kommt zu dem Schluss, dass erst nach Ablauf der festgesetzt Zeit von 24 Monaten angenommen werden könne, dass Sie keine schweren strafbaren Handlungen mehr begehen werden, wobei bei der Festsetzung der Frist die seit der Tat vergangene Zeit mitbewertet wurde. Diese Frist erscheint insbesondere als erforderlich, um feststellen zu können, ob bei Ihnen eine Änderung der Sinnesart" im Geiste des § 7 FSG" stattgefunden habe und Sie somit im Sinne des Gesetzes über eine ausreichende Verkehrszuverlässigkeit verfügen, die Sie dazu geeignet mache, als verantwortlicher Lenker eines Kraftfahrzeugs am öffentlichen Straßenverkehr teilzunehmen.

 

Gem. § 7 Abs. 3 Z. 9 FSG liegt bei einer Person die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor, wenn diese Delikte u.a. gem. § 84 bis 87 StGB oder wiederholt gem. § 83 StGB begangen hat. Gem. 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 1 genannten und im Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Sie haben aufgrund des zitierten Urteiles somit eine bestimmte Tatsache gesetzt, aufgrund derer Ihnen der Gesetzgeber die Verkehrszuverlässigkeit abspricht, unabhängig davon, ob bei der Verwirklichung dieser Tatsache ein Kraftfahrzeug verwendet wurde.

 

Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (sogenannte Gewaltdelikte) stellen einen besonders schweren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und sind daher als verwerflich und gefährlich anzusehen. Die gegenständlichen Vorfälle haben gezeigt, dass Sie eine überdurchschnittlich hohe Bereitschaft zur Gewaltanwendung aufweisen.

 

Unmaßgeblich ist, ob die Gewalttaten im Zusammenhang mit der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges begangen wurden (VwGH 28.Juni 2001, 2001/11/0114), weist die Begehung Solcher strafbarer Handlungen doch auf eine Sinnesart hin, aufgrund derer anzunehmen ist, (dass Sie im Sinne des § 7 Abs.1 FSG auch im Straßenverkehr beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährdet werde, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten. Daher muss von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden (VwGH 26.Februar 2002, 2001/11/0379).

 

Unbeherrschte Aggressivität lässt befürchten, dass die betreffende Person entweder mit betont aggressiver Fahrweise oder aggressivem. Verhalten auf vermeintliches oder tatsächliches Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer reagiert.

 

Weiters ist zu beachten, dass Sie bereits in der Vergangenheit mehrmalig straffällig wurden und Verurteilungen wegen Vergehen nach § 83 StGB betreffen. Diese Taten wurden im Zeitraum von 2005 bis 2014 begangen. Wenngleich einige dieser Delikte bereits länger zurückliegen, sind diese Vergehen dennoch zu Ihrem Nachteil zu berücksichtigen, da im Rahmen der Wertung nach § 7 Abs. 4 FSG das gesamte Verhalten des Betreffenden, sogar wenn es schon länger zurückliegt, zu berücksichtigen ist (z.B. VwGH 28.0ktober 2003, 2001/11/0299). Dementsprechend ist jedenfalls eine entsprechende Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung gerechtfertigt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema.

 

Dass die Entziehung der Lenkberechtigung als Nebenwirkung mittelbar die Erwerbstätigkeit verhindert oder verhindern könnte, ist bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit sowie Festsetzung der Entziehungsdauer rechtlich bedeutungslos.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Aufgrund der Verwerflichkeit des Verhaltens und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Taten begangen wurden, wird die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit wieder erlangt.

 

Nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen stellen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar und sind daher von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen.

 

Da die Weiterbelassung Ihrer Lenkberechtigung unter den gegebenen Umständen mit Gefahr für die übrigen Straßenbenützer verbunden wäre und die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge geboten ist, handelt es sich beim Entzug Ihrer Lenkberechtigung um eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 13 Abs. 2 VwGVG und berechtigt die Behörde, einer eventuellen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu versagen. Auf persönliche, wirtschaftliche oder berufliche Interessen kann daher keine Rücksicht genommen werden.“

 

 

Gegen diesen Bescheid, der dem Beschwerdeführer am 14. August 2015 persönlich zugestellt wurde, hat dieser mit Eingabe vom 28. August 2015 (Eingangsstempel der Landespolizeidirektion ) und somit rechtzeitig eine als Einspruch bezeichnete Beschwerde erhoben.

 

Begründend wird Folgendes ausgeführt:

„Aufgrund des Bescheides vom 06. August 2015 zur Entziehung meiner Lenkberechtigung, erhebe ich nun auf schriftlichem Weg Einspruch gegen diesen Bescheid. Die von Ihnen erwähnten Begründungen zu meiner Verkehrsunzuverlässigkeit und meiner gesundheitlichen Eignung ein Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen, sehe ich als maßlos übertriebene Anschuldigung Ihrerseits gegenüber meiner Verkehrszuverlässigkeit an sowie die von Ihnen erwähnte „überdurchschnittliche hohe Bereitschaft zur Gewaltanwendung“ als nicht richtig an. Das kann ich nicht einfach so im Raum stehen lassen.

 

Das von Ihnen erwähnte Urteil zu GZ: 25Hw 7/15i vom LG Linz ist mit besonderer Vorsicht zu genießen, da es die Vorsitzende Richterin leider verabsäumt hat, die Aussagen der Zeugen auf den Wahrheitsgehalt entsprechend zu prüfen umso der Wahrheitsfindung beizutragen. Dieses Urteil ist leider zu meinem Nachteil entstanden und entspricht nicht der Wahrheit wie es sich tatsächlich abgespielt hat.

 

Das Gericht kam zu diesem Urteil letztendlich nur, aufgrund meiner Vorstrafen und hat objektiv vernachlässigt der Wahrheitsfindung nachzukommen, da das vermeintliche Opfer eigentlich der Täter war und mich unter Drogeneinfluss und Verwendung einer Stichwaffe (Springmesser) attackiert und mich dadurch versucht hat vorsätzlich schwer zu verletzen.

 

Da ich große Angst um Leib und Leben hatte und mit dem schlimmsten rechnen musste, habe ich nicht wie von Ihnen erwähnt mit Vorsatz sondern nur in Notwehr gehandelt um nicht gesundheitliche Schäden davonzutragen.

 

Weiters möchte ich noch anführen, dass ich seit meiner Haftentlassung ein geregeltes Leben geführt, einen ordentlichen Wohnsitz habe, einer täglichen Arbeit nachgegangen bin und mit den Unterhaltszahlungen für meinen Sohn     (9 J.) den ich aber erst seit 3 Jahren persönlich kenne, nie in Verzug geraten bin und meine Bewährungsauflagen auch aufgehoben werden sollten, kurz vor dem tragischen Vorfall.

 

Der von Ihnen ausgesprochene Bescheid über die Entziehung meiner Lenkberechtigung mit der Dauer von 24 Monaten ist maßlos zu hoch, da ich nicht vorsätzlich gehandelt habe und nicht die wie von Ihnen ausführlich beschriebene Verkehrsunzuverlässigkeit besitze. Ich bitte Sie höflichst um Absehen vom Entzug meiner Lenkberechtigung.“

 

 

Mit Schreiben vom 28. August 2015 legte die Landespolizeidirektion die ggst. Beschwerde unter Anschluss des bezugshabenden Verfahrensaktes dem OÖ. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Durch das Landesverwaltungsgericht wurde Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde übermittelten Verfahrensakt.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da aufgrund des vorliegenden Aktes zu erkennen ist, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist, zumal es nur um die Klärung von Rechtsfragen geht und der Sachverhalt unzweifelhaft feststeht.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Urteil des LG Linz, unter der Zahl 25 Hv 7/15i, wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1 StGB, § 84 Abs. 1 StGB sowie wegen des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung nach den §§ 15 Abs. 1, 83 Abs.1, 84 Abs. 2 Z 2 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 39 STGB nach § 84 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

 

Grund für die Verurteilung war, dass der Beschwerdeführer eine weitere Person am 7. September 2014 durch Versetzen von Faustschlägen gegen den Kopf und Körper vorsätzlich an sich schwer, verbunden mit einer länger als 24 Tagen dauernden Gesundheitsschädigung in Form einer Jochbeinfraktur rechts, eines Oberkieferbruches rechts samt Hämatom sowie eines Bruches der Augenhöhle rechts, einer Prellung der rechten Schulter sowie multipler Schürfwunden im Gesicht, am Körper verletzt hat sowie dass der Beschwerdeführer mit drei weiteren Personen am 13. Oktober 2014 in Linz in verabredeter Verbindung versuchten, drei weitere im Urteil genannte Personen am Körper zu verletzen, indem der Beschwerdeführer den Mittätern, die sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite versteckt hielten, ein Hupsignal gab, als die im Urteil genannten Personen bei seinem Fahrzeuge Standen, worauf die Mittäter auf diese zuliefen, einer der Mittäter auf ein Opfer einschlug, eine weiterer Mittäter versucht, einem weiteren Opfer einen Faustschlag zu versetzen, wobei es infolge Gegenwehr dieses Opfers bzw. aufgrund des für das dritte Opfer tödlichen Kopfschuss beim Versuch blieb.

 

Die beiden rechtskräftigen Taten, die am 07. September 2014 bzw. 13.Oktober 2014 verwirklicht wurden, waren Anlass für die Erlassung des nunmehr angefochtenen Entziehungsbescheides.

 

Der Beschwerdeführer weist im Strafregister insgesamt sieben einschlägige Verurteilungen zu jeweils einer Freiheitsstrafe auf, davon zweimal wegen Taten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen.

 

Entsprechend der Eintragung im zentralen Führerscheinregister wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung vom 24. August 2006 bis zum 24. November 2006 entzogen.

 

 

III.        Gemäß § 2 Abs. 3 Z 7 FSG umfasst die Lenkberechtigung jeder Klasse die Lenkberechtigung für die Klasse AM.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs. 3 Ziffer 9 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 FSG hat die Behörde einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs.4), der seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen.

Der eingezogene Führerschein ist der Ausstellungsbehörde zusammen mit einer Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. Nach Ablauf der Entziehungsdauer hat der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs. 3 oder, falls die Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR- oder eines Nicht-EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, zu dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Eine Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates oder eines Nicht-EWR-Staates ist auszusprechen, wenn eine Person eine Lenkberechtigung in diesem Staat zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem die Person ihren Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich und nicht im Ausstellungsstaat des Führerscheines hatte.

 

 

IV.          Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Vom Beschwerdeführer selbst blieb unbestritten, dass er wegen der oben angeführten Vergehen (vgl. II) und im Urteil aufliegenden Vergehen, zu einer Freiheitsstrafe 2 Jahren verurteilt wurde.

 

Strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben, Gewaltdelikte, stellen einen besonders schweren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und sind als besonderen verwerflich und gefährlich zu qualifizieren.

 

Dem Beschwerdeführer wurde der die Entziehung bewirkende Bescheid vom 06. August 2015 am 14. August 2015 zugestellt und damit die 24-monatige Entzugsfrist ausgelöst. Die belangte Behörde hat also die Auffassung vertreten, dass der Beschwerdeführer bis zum 14. August 2017 verkehrsunzuverlässig sei. Die Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Begehung der Tat – im ggst. Fall also ab 07. September 2014 bzw. 13. Oktober 2014 – zu beurteilen; die belangte Behörde geht daher, unter Heranziehung der letzten Tatbegehung im Oktober 2014 insgesamt von einer Unzuverlässigkeitsdauer des Beschwerdeführers von etwa 35 Monaten aus.

 

Basis für den Entzug der in Rede stehenden Lenkberechtigungen des Beschwerdeführers und die damit einhergehenden Spruchteile des angefochtenen Bescheides bildet die Verurteilung des Beschwerdeführers durch das LG Linz vom 12. März 2015. Im Hinblick auf diese (nicht) rechtskräftigen Verurteilungen besteht für die belangte Behörde wie auch das Oö. Landesverwaltungsgericht Bindungswirkung, sodass von der Verwirklichung einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z 9 FSG auszugehen ist.

 

Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs. 1 Z 2 FSG genügt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach jedoch nicht schon das Vorliegen einer bestimmten Tatsache, sondern es muss auf Grund der gemäß § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmenden Wertung anzunehmen sein, der Betreffende werde sich wegen seiner Sinnesart weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden (vgl etwa VwSlg 15.059 A/1998).

 

Zu Recht verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.6.2001, 2001/11/0114, in welchem der Gerichtshof ausgesprochen hat, dass es „[b]ei Gewaltdelikten … nicht darauf an[kommt], dass sie `im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen begangen´ werden“ (zum Zusammenhang einer strafbaren Handlung mit der Verwendung eines KFZ siehe jedoch auch VwGH 26.2.2008, 2006/11/0149).

 

Das bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass die Begehung eines Gewaltdelikts in jedem Fall indiziert, dass sonstige schwere strafbare Handlungen durch die Verwendung eines KFZ typischerweise erheblich erleichtert werden.

 

Eine Nahebeziehung zwischen dem Lenken eines KFZ und den vom Beschwerdeführer verwirklichten Delikten liegt im konkreten Fall nur einem Fall vom 13. Oktober 2014 vor.

 

Auch eine Anwendung des § 7 Abs. 1 Z 1 FSG, wonach die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährdet sein muss, vermag bei dem völlig ohne im Zusammenhang mit einem KFZ stehenden entscheidungsrelevantem Sachverhalt vom 07. September 2014 nicht erkannt werden.

 

Aus dem im Verfahrensakt aufliegenden Strafregisterauszug ist für das erkennende Gericht jedoch klar erkennbar, dass selbst wiederholte Verurteilungen zu unbedingten Haftstrafen den Beschwerdeführer nicht von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen (Gewaltdelikten) nach §§ 15 Abs. 1, 83 Abs.1, 84 Abs. 2 Z 2 StGB sowie nach § 84 Abs. 1 StGB abgehalten haben. Daraus ist weiters klar erkennbar, dass der Beschwerdeführer von einer zur Gewalt neigenden Sinnesart geprägt ist und in Konfliktsituationen mit Gewalt reagiert.

Im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen, muss jedoch aufgrund des im Straßenverkehrs häufig auftretenden Konfliktfällen, vom Lenker eines Kraftfahrzeuges eine nicht zur Gewalttätigkeit neigende Sinnesart verlangt werden (VwGH vom 26.02.2002, 2001/11/0379). Aufgrund der bisherigen Straffälligkeiten des Beschwerdeführers und der zuletzt begangenen Vergehen, die Anlass für die Entziehung der Lenkberechtigung durch die belangte Behörde waren, kann geschlossen werden, dass sich der Beschwerdeführer weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. Aus diesem Grund ist von der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers auszugehen.

 

Die belangte Behörde ging bei der in Rede stehenden Entscheidung von einer etwa 24-monatigen Verkehrsunzuverlässigkeit aus, wobei die seit der Tat vergangene Zeit mitbewertet wurde.

 

Vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann im Beschwerdefall der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei für eine Dauer von insgesamt rund 35 Monaten verkehrsunzuverlässig, nicht geteilt werden.

 

Seit den strafbaren Handlungen vom September bzw. Oktober 2014 ist inzwischen eine Zeitspanne von einem Jahr vergangen in der sich der Beschwerdeführer offensichtlich wohlverhalten hat, jedoch verbrachte er diesen Zeitraum in Haft, sodass er ein normenkonformes Verhalten noch nicht ausreichend unter Beweis stellen konnte. Darüber hinaus ist festzustellen, dass einem Wohlverhalten während anhängiger Straf- und Entziehungsverfahren grundsätzlich – wenn überhaupt – nur geringe Bedeutung beigemessen werden kann.

 

Der Beschwerdeführer wurde zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Die seither verstrichene Zeit ist daher noch viel zu kurz, als dass der Beschwerdeführer seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte. In Anbetracht der Gesamtumstände, insbesondere unter Bedachtnahme auf sein höchst verwerfliches – auch unter Hinweis auf dessen Vergangenheit - kriminelles Verhalten, ist die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten eines Kraftfahrzeuges derzeit noch nicht gewährleistet. Auch wenn der Beschwerdeführer derzeit inhaftiert ist, kann zumindest gegenwärtig noch nicht die erwiesene und gefestigte Annahme gerechtfertigt sein, dass er die Verkehrszuverlässigkeit besitzt, würde man Ihm die Lenkberechtigung belassen bzw. frühzeitiger wieder ausfolgen.

 

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände gelangt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich daher zur Auffassung, dass es im konkreten Fall einer Entziehungsdauer von 18 Monaten bedarf, bis der Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers beträgt somit gerechnet ab der letzten begangenen Straftat am 13. Oktober 2014 rund 26 Monate. Diese Dauer erscheint im Hinblick auf die Verwerflichkeit der Tathandlungen durchaus angemessen und steht auch in Einklang mit der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Unterschreitung dieser nunmehr festgesetzten Entzugsdauer bzw. die Aufhebung der durch die Behörde festgesetzten Entzugsdauer – wie beantragt - ist nicht möglich. Diese Überlegungen gelten auch für die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Entziehung einer ausländischen Lenkberechtigung.

 

Die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer im Ausmaß von 24 Monaten, welche einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers von rund 35 Monaten ab Tatbegehung entsprechen würde, ist nicht (mehr) vereinbar (vgl. dazu z. B. VwGH 20. September 2001, 2001/11/0119).

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um eine Schutzmaßnahme im (primären) Interesse anderer Personen vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern (VwGH 22. Oktober 2002, 2001/11/0108, 8. Juli 1983, 82/11/0014). Persönliche, berufliche oder familiäre  Interessen am Besitz der Lenkberechtigung haben bei einer Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses außer Betracht zu bleiben (VwGH 24. August 1999, 99/11/0166).

 

Der Ausspruch über die Entziehung einer allfälligen ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung bzw. eines allfälligen ausländischen EWR-Führerscheines stützt sich auf § 30 Abs. 2 FSG und die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines und Mopedausweises (= Lenkberechtigung der Klasse AM) ist in  § 29 Abs. 3 FSG begründet. Beide Anordnungen sind daher zu Recht erfolgt.

 

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ergibt sich aus § 13 Abs. 2 VwGVG und erfolgte zu Recht. Angesichts der Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf ist es geboten, diesen mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker von führerscheinpflichtigen Fahrzeugen auszuschließen (z. B. VwGH 20. Februar 1990, 89/11/0252).

 

V.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des       Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Süß