LVwG-350173/6/Py/TO

Linz, 05.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde der Frau R. R., geb. x, sachwalterlich vertreten durch V. Sachwalterschaft, H., L., wiederum vertreten durch Mag. J. K., Rechtsanwalt, H., P., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.6.2015, GZ: 3.01 - ASJF, wegen bedarfsorientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der behördliche Bescheid vom 26.6.2015, GZ: 3.01 – ASJF bestätigt.

 

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.6.2015, GZ: 3.01 – ASJF, wurde der Antrag der Frau R. R. (in Folge: Bf), sachwalterlich vertreten durch V. Sachwalterschaft, H., L., vom 12.05.2015 betreffend die Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. BMSG in Anwendung der Bestimmungen der §§ 27 und 30 Oö. BMSG zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bf mit Schreiben vom 9.6.2015 im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht ersucht worden sei, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Urkunden bzw. Unterlagen, die aufgelistet wurden, beizubringen. In diesem Schreiben sei sie nachweislich darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen kann. Die Bf sei ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, somit fehle für ihren Antrag die Entscheidungsgrundlage.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde vom 27.7.2015, mit welcher eine mündliche Verhandlung beantragt wird. Inhaltlich wird ausgeführt:

„Der angeführte Bescheid wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Begründung:

Es ist unrichtig, dass die Beschwerdeführerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.

Das Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 09.06.2015, worin die Beibringung der darin angeführten Informationen und Unterlagen im Rahmen der Mitwirkungspflicht eingefordert wird, wurde dem V. Sachwalterschaft am 11.06.2015 zugestellt.

Die gewährte 14-tägige Frist zur Erledigung endete daher am 25.06.2015. Mit Schreiben vom 24.06.2015, zur Post gegeben am 25.06.2015, also rechtzeitig am  letzten  Tag,  hat  das V.  Sachwalterschaft die  geforderten Informationen und Unterlagen dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz übermittelt. Die Tage des Postlaufes sind für die Einhaltung der Frist nicht zu beachten.

Hinsichtlich der Unterlagen und Informationen betreffend den Lebensgefährten wurde einerseits auf das beim Magistrat ebenfalls anhängige Verfahren zur Gewährung der Mindestsicherung betreffend den Lebensgefährten und die dort einliegenden Informationen und Unterlagen verwiesen.

Andererseits war es der Beschwerdeführerin nicht möglich, von ihrem Lebensgefährten diese Unterlagen einzufordern, da dieser ihr gegenüber zur Herausgabe solcher Informationen und Unterlagen nicht verpflichtet ist. Vielmehr wäre es der belangten Behörde gemäß § 30 Abs 4 OÖBMSG oblegen, derartige Informationen betreffend Einkommen und Vermögen des Lebensgefährten direkt von diesem einzufordern. Was rechtlich mangels Anspruches nicht möglich ist, kann der Beschwerdeführerin auch nicht als Verletzung der Mitwirkungspflicht angelastet werden.

 

Die Erstellung eines Unterhaltsfestsetzungsantrages gegenüber den Eltern der Beschwerdeführerin kann gemäß § 7 Abs 3 OÖBMSG nicht zur Zurückweisung des Antrages herangezogen werden, weil die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung jedenfalls sicherzustellen ist.

Ungeachtet dessen ist mangels Vorliegens einer Unterhaltsvereinbarung und Einkommensnachweisen der Eltern die Vorlage dieser Unterlagen binnen 14 Tagen nicht zu bewerkstelligen und insofern die gesetzte Frist nicht angemessen. Die Stellung eines Unterhaltsfestsetzungsantrages binnen 14 Tagen ist ebenfalls nicht zumutbar im Sinne von § 7 OÖBMSG, weil im Unterhalts-festsetzungsverfahren volljähriger Kinder Kostenersatzpflicht besteht.

Zur Verhinderung einer Kostenersatzpflicht der Beschwerdeführerin nach § 45 ZPO, der auch im Außerstreitverfahren anzuwenden ist, ist es daher unerlässlich, die Eltern vor Verfahrenseinleitung außergerichtlich zur Vorlage von Ein­kommensunterlagen zwecks Unterhaltsbemessung aufzufordern.

Dazu ist es jedoch notwendig, zunächst die Adressen der Eltern, zu denen die Beschwerdeführerin schon lange keinen Kontakt mehr hat, durch das V. Sachwalterschaft ausfindig zu machen.

All dies kann in 14 Tagen nicht bewerkstelligt werden.

Zusammengefasst erfolgte die Zurückweisung des Antrages zu Unrecht.“

 

3. Mit Schreiben vom 21.9.2015 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Verwaltungsakt samt Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.10.2015, an der Vertreter der belangten Behörde, die Sachwalterin der Bf und der Rechtsvertreter teilnahmen.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Mit Eingabe vom 12.5.2015 beantragte die Bf, vertreten durch ihre Sachwalterin, Mindestsicherung nach dem Oö. BMSG. Diesem Antrag legte die Bf folgende Unterlagen bei: Mietvertrag, Privathaushaltsbestätigung aus dem Melderegister, Wohnbeihilfebescheid vom 3.3.2015, AMS-Bescheid über den Leistungsanspruch, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.9.2014 über die Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung, Urkunde, dass mit Beschluss des Bezirksgerichts Urfahr vom 16.1.2014, GZ 8 P 15/14z das V. Sachwalterschaft zum Sachwalter gem. § 268 Abs. 3  Z 2 ABGB bestellt wurde sowie Kontoauszüge der Bf für den Zeitraum 7.4.2015 bis 5.5.2015.

 

Mit Schreiben vom 9.6.2015 wurde die Bf von der Behörde aufgefordert, weitere Unterlagen vorzulegen. Dieses Schreiben hatte folgenden Inhalt:

„Sie haben mit Antrag vom 12.05.2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs beantragt.

Sie sind gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

1. erforderlichen Angaben zu machen

2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Sie werden daher ersucht, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens

• folgende Urkunden bzw. Unterlagen beizubringen:

a. Nachweis über rechtmäßigen Daueraufenthalt vom Lebensgefährten

b. Amtlicher Lichtbildausweis

c. AMS-Terminschreiben von Ihnen und Ihrem Lebensgefährten

d. AMS-Meldebestätigung vom Lebensgefährten

e. AMS-Bescheid vom Lebensgefährten

f. Vollständige Kontoauszüge der letzten 6 Monate von ALLEN Konten mit allen

Ein- und Ausgängen inkl. Verwendungszweck (auch vom Lebensgefährten)

g. Vermögens nach weis vom gesamten Haushalt wie z.B. Sparbuch, Bausparver-

trag, Lebensversicherung, KFZ, etc.

h. Unterhaltsvereinbarung oder

i.   Einkommensnachweise der Eltern mind. der letzten 3 Monate oder

j.   Bestätigung, dass beim Bezirksgericht Linz ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung gestellt wurde

k.  Nachweis über Arbeitseinschränkung (ärztliches Gutachten) wenn vorhanden

l.   Sachwaltschaftsbeschluss des BG Urfahr v. 16.12.2014

m. Nachweis wofür Oö. Gebietskrankenkassa Zahlungen leistet z.B. am 29.04.2015 €36,37)

n. Vollständigen BMS-Bescheid inkl. Berechnungsblatt der BH Urfahr Umgebung o.  Bestätigung wie lange die BMS durch die BH UU bezogen wurde

 

Hinweis:

Wenn Sie Ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb der angegebenen Frist nicht nachkommen, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen.

Dieses Schreiben gilt als nachweislicher Hinweis gemäß § 30 Abs. 2 Oö. BMSG.“

 

Dieses Schreiben der belangten Behörde wurde dem V. Sachwalterschaft am 11.6.2015 zugestellt. Die Zustellung ist durch einen Rückschein im Akt ausgewiesen.

Die Bf hat das Schreiben der belangten Behörde innerhalb offener Frist nicht beantwortet und keine Unterlagen vorgelegt.

 

Daraufhin erging der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 26.6.2015, GZ: 3.01 – ASJF, der zudem den Hinweis enthält, dass mit diesem Bescheid keine inhaltliche Entscheidung über den Antrag erfolgt, jedoch – unter Hinweis auf die geforderte Mitwirkungspflicht - eine neuerliche Antragstellung möglich ist.

 

Am 29.6.2015 langte bei der belangten Behörde ein Schreiben vom Sachwalter, datiert mit 24.6.2015 ein, dem der Sachwalterschaftsbeschluss des Bezirksgerichts Urfahr, der BMS-Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 6.5.2015, das BMS-Berechnungsblatt vom 6.5.2015, der AMS-Bescheid über den Bezug einer Leistung, ein Schreiben der Stadt G. bzgl. Kostenersatz der vollen Erziehung vom Sohn und ein Beleg (Kontoauszug) über den tagesaktuellen Kontostand vom 25.6.2015, 8:50 Uhr (!), beigelegt waren.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt mit den darin einliegenden Unterlagen sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 22.10.2015.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Oö. BMSG, LGBl. 74/2011 idgF setzt die Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung einen vorherigen Antrag voraus. Sie ist auch ohne Antrag anzubieten, wenn Umstände bekannt werden, die eine Hilfeleistung erforderlich machen.

 

Gemäß § 28 Abs. 5 leg.cit sind im Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung folgende Angaben zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen:

1. zur Person und Familien- bzw. Haushaltssituation;

2. aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation;

3. Wohnsituation;

4. zum Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Z 2, soweit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zu dessen Nachweis vorsehen.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

1. erforderlichen Angaben zu machen,

2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 Oö. BMSG kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zu Grunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen, wenn eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihre Mitwirkungs­pflicht innerhalb angemessener Pflicht nicht nachkommt. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer Unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

5.2. Zunächst ist auszuführen, dass „Sache" des nunmehrigen Beschwerde­verfahrens nur die Rechtmäßigkeit der in Rede stehenden Zurückweisung ist (VwGH 29.4.2010, 2008/21/0302; VwGH 22.10.2013 2012/10/0213).

Im Beschluss vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0049, führt der Verwaltungs­gerichtshof zu den Verfahrensbestimmungen vor den Verwaltungsgerichten aus, dass „Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat, ist. Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst" normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens" zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache" sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung"(vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat insofern im gegenständlichen Verfahren nur zu überprüfen, ob die Zurückweisung des Antrages vom 12.5.2015 durch die belangte Behörde rechtmäßig war oder nicht.

 

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist allerdings die Prüfung, ob der Beschwerdeführerin bedarfsorientierte Mindestsicherung zu gewähren ist oder nicht. Auch die außerhalb der Vorlagefrist eingebrachten Urkunden, welche am 29.6.2015 bei der belangten Behörde eingelangt sind, können nicht Sache des Beschwerdeverfahrens werden.

 

5.3. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich unstrittig, dass die Bf mit Schreiben vom 9.6.2015 von der belangten Behörde aufgefordert wurde, binnen 14 Tagen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Diese Aufforderung wurde dem Verein V.-Sachwalterschaft am 11.6.2015 durch persönliche Übernahme zugestellt, was durch den im Akt befindlichen Rückschein erwiesen ist. Die Frist zur Vorlage der Unterlagen endete somit am 25.6.2015. Tatsächlich langten Unterlagen erst am 29.6.2015 bei der belangten Behörde ein, somit außerhalb der von der Behörde gesetzten Frist. In der Zwischenzeit war datiert mit 26.6.2015 der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid ergangen.

 

In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen, dass diese Zurückweisung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht.

Die Beschwerdeführerin wurde im Sinn von § 30 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. BMSG i.V.m. § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung ihres Antrages sowie zur Vorlage von Urkunden aufgefordert. Erfolgt die Behebung eines nach § 13 Abs. 3 AVG aufgetragenen Formgebrechens verspätet, jedoch vor Erlassung des Zurück­weisungsbescheides, wirkt die Verbesserung zwar nicht zurück, führt aber, es sei denn, es wäre eine Frist versäumt, nicht zur Zurückweisung des Anbringens, weil das ursprünglich fehlerhafte Anbringen mit der Behebung des Mangels als fehlerfrei eingebracht gilt (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 13 AVG E 33b; VwGH 22.2.1995, 93/03/0141). Auch eine nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrages ist der gänzlichen Unterlassung der Behebung von Mängeln gleichzusetzen (vgl. VwGH 9.9.1987, 87/01/0144).

 

Die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG ist auch für die Vorgehensweise nach § 30 Oö. BMSG relevant. In der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags, XXVII. Gesetzgebungsperiode wird zu § 30 Oö. BMSG ausgeführt: „Stellt sich jedoch heraus, dass wesentliche Unterlagen fehlen und eine sachgerechte Entscheidung nicht in Frage kommt, so hat die Behörde den Antrag zurückzuweisen. Auch gilt (wie bei § 13 Abs. 3 AVG), dass die hilfebedürftige Person dadurch zwar nicht die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung verliert, aber Aufgrund des Ausschlusses einer rückwirkenden Antragstellung für die Zeit bis zur wiederholten Antragsstellung keine Leistungen mehr geltend machen kann.“

 

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Unterlagen rechtzeitig zur Post gegeben wurden, ist anzuführen, dass es sich gegenständlich nicht um eine gesetzliche, sondern um eine behördliche Frist handelt und somit § 33 Abs. 3 AVG nicht zur Anwendung gelangt. In seinem Erkenntnis vom 23.5.2007, ZI. 2007/04/0045 setzte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der verspäteten Vorlage von Urkunden nach Erlassung eines Bescheides auseinander:

 

Zu prüfen ist daher, ob die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers darauf gestützt werden kann, dass der Beschwerdeführer die schriftliche Arbeit unstrittig erst nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 3 AVG gesetzten Frist vorgelegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - sofern es nicht um die Einhaltung einer gesetzlichen Frist geht (vgl. das hg, Erkenntnis vom 21. Juni 2001, ZI. 99/20/0462), was gegenständlich nicht der Fall ist - die Zurückweisung eines Anbringens gemäß § 13 Abs, 3 AVG nicht nur dann unzulässig, wenn der Mangel fristgerecht behoben wurde, sondern auch dann, wenn die gemäß der letztgenannten Gesetzesstelle aufgetragene Behebung dieses Mangels verspätet, jedoch vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides erfolgt ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 31 zu §13 A VG und zB das dort zitierte Erkenntnis vom 22. September 1998, ZI. 98/05/0116). Im letztzitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Frage, ob die Mängelbehebung vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides erfolgt ist, darauf abgestellt, ob der Antragsteller die fehlenden Unterlagen vor der Zurückweisung seines Antrages „vorgelegt" hat (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkennntnis vom 22. Februar 1995, ZI. 93/03/0141, in dem das Einlangen der Unterlagen vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides maßgeblich war). Ist daher die gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung des Ansuchens gesetzte Frist verstrichen, so kann die Behörde das Ansuchen zurückweisen, sofern ihr die fehlenden Unterlagen nicht bis zur Erlassung des Zurückweisungsbescheides vorgelegt wurden. Die (bloße) Aufgabe der Unterlagen bei der Post vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides steht daher in einem Fall, in dem die Verbes­serungsfrist schon verstrichen ist (§ 33 Abs. 3 AVG kommt nicht zur Anwendung) der Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht entgegen.

Im gegenständlichen Beschwerdefall, in dem der angefochtene Bescheid am 31. Jänner 2007 erlassen wurde, kommt es somit nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer die schriftliche Arbeit nach seinen Angaben in der Beschwerde noch am 30. Jänner 2007 zur Post gegeben hat. Entscheidend ist vielmehr, dass der belangten Behörde diese Unterlage, wie der Eingangsstempel am diesbe­züglichen Begleitschreiben im Verwaltungsakt zeigt, erst am 1. Februar 2007 und damit erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides zukam.

 

Im vorliegenden Fall hat die Bf ihre nicht vollständige Urkundenvorlage erst nach Erlassung des Bescheides vom 26.6.2015, nämlich am 29.6.2015 erstattet.

 

Der Zurückweisung steht auch die Bestimmung des § 33 Oö. BMSG nicht entgegen. Die Bf hat im Rahmen ihrer (verspäteten) Urkundenvorlage nicht alle von der belangten Behörde geforderten und für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen übermittelt.

 

Dazu ist zunächst anzuführen, dass - sollte es der Bf nicht möglich sein, die geforderten Unterlagen der Behörde in der gesetzten Frist zu übermitteln - sie gehalten wäre, einen begründeten Antrag auf Fristerstreckung an die Behörde zu richten. Im gegenständlichen Fall wurde zudem lediglich der tagesaktuelle Kontostand vom 25.6.2015 vorgelegt. Dieser Betrag kann am Tag zuvor – wie auch am Tag danach – eine gänzlich andere Höhe aufweisen. Damit wird die Behörde jedoch nicht in die Lage versetzt, sich bei der Prüfung des Antrages auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung einen Überblick über die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation der Antragstellerin, wie in § 28 Abs. 5 Z 2 Oö. BMSG gefordert, zu verschaffen. Die zu diesem Zweck nachge­fragten Kontoauszüge der letzten 6 Monate liegen jedoch nicht vor. Von der belangten Behörde kann nicht gefordert werden, dass diese anhand eines tagesaktuellen Kontostandes interpretiert, mit welchen finanziellen Mitteln die Beschwerdeführerin aktuell ihre Lebensführung zu bestreiten hat. Wenn der Rechtsvertreter der Bf anführt, dass die Vorlage von Einkommensunterlagen für die letzten sechs Monate vor Antragstellung vom Gesetz nicht gefordert werde, weil nur die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nachzuweisen seien und dies mit dem Kontoauszug vom 25.06.2015 erfolgt sei, ist anzu­merken, dass gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie der tatsächlich zur Verfügung stehenden Leistung Dritter zu erfolgen hat. Das heißt, dass bei der Bemessung von Leistungen der Mindestsicherung das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfe suchenden Person zu berücksichtigen sind. Das kann nur anhand von Kontoauszügen, die Einblick über die Kontobewegungen innerhalb eines längeren Zeitraumes geben, erfolgen. Der Rechtsvertreter der Bf ist mit seiner Behauptung nicht im Recht, dass nur bestimmte Unterlagen bzw. aus einem bestimmten Zeitraum Unterlagen angefordert werden dürfen. Konkrete Angaben welche Unterlagen die Behörde anfordern darf, sind dem Oö. BMSG nicht zu entnehmen (vgl. VwSen-560239/2/Kl/TK vom 29.1.2013).

 

Die belangte Behörde hat jedoch die Bf zutreffend im angefochtenen Zurück­weisungsbescheid unter Hinweis auf die erforderliche Mitwirkungspflicht auf die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung hingewiesen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.


H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny