LVwG-410918/15/Zo/JB

Linz, 05.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des M.R.M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., x, vom 7.8.2015, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, PK Wels, vom 14.7.2015, Zl. VStV/915300877079/2015, wegen einer Betriebsschließung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.10.2015  

 

 

zu Recht erkannt: 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, PK Wels, hat mit dem angefochtenen Bescheid die am 14.7.2015 um 13.15 Uhr mündlich verfügte gänzliche Schließung des Betriebes mit der Bezeichnung „S.“ in W., x, mit Wirkung ab 14.7.2015 angeordnet. Dieser Bescheid wurde (nur) an Herrn M.R.M., x, x adressiert und dem Beschwerdeführer am 16.7.2015 zugestellt.

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat den Bescheid zusammengefasst damit begründet, dass bereits bei einer Kontrolle am 27.5.2015 in diesem Lokal 19 Glücksspielapparate vorläufig beschlagnahmt worden seien und der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1.7.2015 gem. § 56a GSpG aufgefordert worden sei, den weiteren Betrieb von Glücksspielen entgegen dem GSpG einzustellen. Dennoch seien bei einer Kontrolle am 14.7.2015 an diesem Standort 20 Glücksspielapparate wegen des Verdachtes des illegalen Glücks­spieles vorläufig beschlagnahmt worden. Es habe daher der begründete Verdacht bestanden, dass in diesem Lokal im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit seit längerer Zeit, also wiederholt Glücksspiele entgegen den Vorschriften des Glücksspielgesetzes veranstaltet worden seien und der Gefahr der Fortsetzung der verbotenen Glücksspiele nur durch die vollständige Schließung des Betriebes begegnet werden könne.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer umfangreiche Ausführungen dazu, dass es sich gar nicht um Glücksspielgeräte gehandelt habe bzw. zumindest deren Funktionsweise nicht ausreichend festgestellt worden sei. Weiters sei die letzte Änderung des § 52 GSpG verfassungswidrig und die Regelungen betreffend das Glücksspiel­monopol seien insgesamt unionsrechtswidrig, weshalb sie nicht angewendet werden dürften.

 

Zur konkreten Frage der Betriebsschließung führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass der Bescheid am selben Tag ausgestellt worden sei wie die mündliche Verfügung der Betriebsschließung. Dies sei nicht möglich. Der Bescheid sei auch nicht rechtzeitig zugestellt worden. Es sei auch noch kein Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt worden und es stelle sich daher die Frage, wie die Behörde den begründeten Verdacht eines Verstoßes gegen das Glücksspielgesetz rechtfertige. Weiters sei der Bereich, in dem die inkriminierten Geräte aufgestellt waren, abgetrennt gewesen, weshalb es möglich gewesen wäre, nur diesen getrennten Bereich abzusperren. Weitere konkrete Aus­führungen zur Betriebsschließung bzw. zum Beschwerdeführer befinden sich in der Beschwerde nicht.

 

3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat die Beschwerde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergab sich dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäfts­verteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, in die vom Finanzamt Grieskirchen Wels ergänzend vorgelegten Unterlagen sowie Durchführung einer öffentlichem mündlichen Verhandlung am 20.10.2015. An dieser haben ein Vertreter des Beschwerdeführers sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Betreiber des Lokals mit der Bezeichnung „S.“ in W., x, ist die F. GmbH mit Standort x, W.. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer dieses Unternehmens, nicht aber persönlich Betreiber des Lokals. Dieser Umstand wurde vom Vertreter des Beschwerdeführers erstmals in der mündlichen Verhandlung erwähnt und durch Vorlage einer Rechnung der Gebäudeverwaltung des entsprechenden Objektes, mit welcher der F. GmbH die Miete für das Wettbüro vorge­schrieben wurde, belegt. In der Verhandlung wurde telefonisch mit der Gewerbeabteilung des Magistrates der Stadt Wels Kontakt aufgenommen und von dieser wurde bestätigt, dass am gegenständlichen Standort die F. GmbH folgendes Gewerbe angemeldet hat: Vermittlung von Werk- und Dienstleistungsverträgen an Befugte unter Ausschluss der Übernahme von Aufträgen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie ausgenommen der den Arbeitsvermittlern, Immobilientreuhändlern, Reisebüros, Transportagenten, Spediteuren, Vermögensberatern, Versicherungsvermittlern und Wertpapier­vermittlern vorbehaltenen Tätigkeiten. Auch die P. GmbH hatte an diesem Standort ein Gewerbe angemeldet, hat diese Betriebsstätte jedoch mit 20.7.2015 gelöscht. Der Beschwerdeführer persönlich hat an diesem Standort kein Gewerbe angemeldet. Der Magistrat Wels hat in weiterer Folge zum Beleg dafür einen Auszug aus dem Gewerberegister übermittelt.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht folgendes erwogen:

 

5.1. Die relevanten Bestimmungen des Glücksspielgesetzes lauten wie folgt:

 

§ 56a (1) Besteht der begründete Verdacht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und ist mit Grund anzunehmen, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht, so kann die Behörde ohne voraus­gegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

(2) Bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs. 1 sind bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs. 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.

(3) Über eine Verfügung nach Abs. 1 ist binnen drei Tagen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungs­berechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.

(4) In einem Bescheid nach Abs. 3 können auch andere nach Abs. 1 zulässige Maßnahmen angeordnet werden.

(5) Ordentlichen Rechtsmitteln gegen Bescheide über Verfügungen nach Abs. 1 kommt keine aufschiebende Wirkung zu.

(6) Die Bescheide gemäß Abs. 3 treten, wenn sie nicht kürzer befristet sind, mit Ablauf eines Jahres außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

 

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

5.2. Das Lokal „S.“ wird von der F. GmbH betrieben. Aus den Bestimmungen des § 56a GSpG ergibt sich nicht ausdrücklich, wer Adressat des Betriebsschließungsbescheides zu sein hat. Die Anordnung, dass ein Betrieb geschlossen wird, hat jedoch unmittelbare Auswirkungen auf die Rechtstellung jener Person, welche das gegenständliche Lokal betreibt. Die F. GmbH hat daher im Betriebsschließungsverfahren jedenfalls Parteistellung im Sinne des § 8 AVG. Eine Parteistellung von weiteren Personen ist aus § 56a GSpG nicht zu entnehmen.

 

Der gegenständliche Bescheid wurde jedoch nicht an die F. GmbH, sondern an deren Geschäftsführer, Herrn M., adressiert. Die Anordnung, das Lokal zu schließen, mag den Beschwerdeführer (als Geschäftsführer der F. GmbH) zwar in seinen wirtschaftlichen Interessen berühren, hat aber keinen unmittelbaren Einfluss auf seine rechtliche Stellung, weil er das Lokal ohnedies nicht persönlich betreibt. Die Zustellung eines Bescheides an eine Person macht diese nicht zur Partei des Verfahrens, wenn die Voraussetzungen für die Parteistellung objektiv nicht gegeben sind (vgl. VwGH vom 12.3.2014, 2023/7/0708). Andererseits ist eine Person, die fälschlicherweise zu einer Leistung verpflichtet wird, kraft ihres Rechtes, nur gesetzmäßig verpflichtet oder belastet zu werden, Partei des Verfahrens im materiellen Sinn (Hengst­schläger/Leeb, AVG, Rz 10 zu § 8).

 

Der Beschwerdeführer ist nicht Betreiber des Lokals und kann deshalb nicht dazu verpflichtet werden, dieses geschlossen zu halten. Die Anordnung der Schließung ihm gegenüber erfolgte daher zu Unrecht, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

 

Zu II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteistellung im Betriebs­schließungsverfahren ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl