LVwG-050053/2/WEI

Linz, 23.10.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des N S, geb. x, A, M, vertreten durch H N, Rechtsanwälte in B, G, gegen den Ladungsbescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 1. April 2015, Zl. San60-288-2015 (04.05.), in einer Angelegenheit nach dem Suchtmittelgesetz den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.          Gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde für gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

 

 

II.         Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Der wesentliche Inhalt des angefochtenen Ladungsbescheides der belangten Behörde lautet wie folgt:

 

„Ladungsbescheid

 

Sehr geehrte Frau S!

Wir haben folgende Angelegenheit, an der Sie beteiligt sind, zu bearbeiten:

 

Amtsärztliche Untersuchung

in Folge Annahme des Suchtmittelmissbrauchs gemäß § 12 + § 35 Suchtmittelgesetz

 

Wir ersuchen Sie, persönlich in unser Amt zu kommen:

Datum Zeit Stiege/Stock/Zimmer-Nr.

04. Mai 2015 10:00 Uhr Erdgeschoß - Sanitätsdienst

 

Bitte kommen Sie persönlich in unser Amt. Sie können auch gemeinsam mit Ihrem/Ihrer Bevoll­mächtigten zu uns kommen.

Bevollmächtigter/Bevollmächtigte kann eine eigenberechtigte natürliche Person, eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft sein. Personen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben, dürfen nicht bevollmächtigt sein. Wenn Sie diesem Ladungsbescheid ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes (z.B.Krankheit, Behinderung, zwingende berufliche Behinderung, nicht verschiebbare Urlaubsreise) nicht Folge leisten, müssen Sie damit rechnen, dass Ihre zwangsweise Vorführung veranlasst wird.

 

Teilen Sie uns daher in Ihrem eigenen Interesse sofort mit, wenn Sie zum angegebenen Termin nicht kommen können, damit er allenfalls verschoben werden kann. Bitte bringen Sie diese Ladung und einen Lichtbildausweis mit.

 

 

Rechtsgrundlage: § 19 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG

Rechtsmittelbelehrung:

Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid Beschwerde zu erheben. Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides schriftlich bei uns einzubringen. Sie hat den Bescheid, gegen den sie sich richtet und die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, zu bezeichnen. Weiters hat die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforder­lich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerden rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten.

 

Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, das heißt, der Bescheid kann bis zur abschließenden Entscheidung nicht vollstreckt werden.

 

 

Die Beschwerde kann in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur soweit, als für den elektronischen Verkehr nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind.

Bitte beachten Sie, dass der Absender/die Absenderin die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risiken (z.B. Übertragungsverlust, Verlust des Schriftstückes)trägt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bezirkshauptmann

(eh Unterschrift)

B R

 

 

 

Sollte bei der amtsärztlichen Untersuchung eine Harnabgabe erforderlich sein, ist dafür Euro 45,-- an Gebühr zu entrichten.“

 

 

II. Gegen diesen dem Beschwerdeführer (Bf) durch Hinterlegung am 20. April 2015 zugestellten Ladungsbescheid richtet sich die von seinen Rechtsvertretern rechtzeitig am 11. Mai 2015 per Telefax eingebrachte Beschwerde, mit der die Aufhebung des Bescheides beantragt wird. Die Beschwerde lautet wie folgt:

 

„Gegen den Ladungsbescheid der BH Vöcklabruck, GZ: SaneO-288/90-2015 (04.05.), zugestellt durch Hinterlegung am 20.04.2015, erhebt der Beschwerdeführer (nachfolgend kurz Bf) innerhalb offener Frist

 

 

BESCHWERDE.

 

an das Landesverwaltungsgericht.

 

Begründung:

 

1. Die Vollstreckung hat mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteiles zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist (§ 5 VVG).

 

Mit dem gegenständlichen Bescheid soll das Erscheinen des Bf erzwungen werden, wobei jedoch festzuhalten ist, dass mit der angedrohten Vorführung das schärfste zur Verfügung stehende Zwangsmittel gewählt wurde und im Falle der Vollstreckung dieses Zwangsmittels die Verhängung eines schärferen Zwangsmittels nicht mehr zulässig wäre, da mit der Vorführung der Zweck bereits erfüllt ist.

 

Dies entspricht jedoch nicht den Vorgaben des Gesetzes, dass für den Fall des weiteren Verzuges (Nichterscheinens) die Androhung eines schärferen Zwangsmittels vorsieht.

 

Es ist daher nicht zulässig, dem Bf mit Ladungsbescheid bereits das schärfste Zwangsmittel anzudrohen, vielmehr hat vorerst eine Androhung einer Geldbuße zu erfolgen und erst für den Fall, dass die Bezahlung der Geldbuße keinen Erfolg zeigt, ist die zwangsweise Vorführung anzudrohen.

 

 

Der Ladungsbescheid ist daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig.

 

2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ladungsbescheides zur Verfolgung der im § 12 Abs. 1 SMG umschriebenen gesundheitspolizeilichen Zwecke ist, dass bestimmte Tatsachen zur Annahme zwingen, dass "eine Person Suchtgift missbraucht". Das Vorhandensein derartiger "bestimmter Tatsachen" für die genannte Annahme muss im Zeitpunkt der Ladung gegeben sein, wobei der Verdacht eines - aktuellen -Suchtmittelmissbrauchs in einer bestimmten Dichte vorliegen muss.

 

Ein aktueller Suchtmittelmissbrauch in der für einen Ladungsbescheid gem. § 12 SMG erforderlichen Dichte liegt im Gegensand nicht vor.

 

Beweis: Einvernahme des Beschwerdeführers

weitere Beweise vorbehalten.

 

Es werden gestellt die

 

 

Anträge,

 

 

1.            auf Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung,

2.            auf ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

 

 

N S“

 

 

III. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Daraus ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

Aus dem Abschlussbericht der LPD Salzburg vom 21. Oktober 2014, Zl. B6/33379/2014-WK, ergibt sich, dass der Bf am 2. Juli 2014 im Zuge einer Kontrolle am Parkplatz des I-H in S, C-Z-Straße x, beim Konsum von Marihuana (Rauchen eines Joints) betreten worden ist. Bei der freiwilligen Nachschau im Kfz konnten weitere 2 Gramm Cannabiskraut sichergestellt werden. Der Bf sei geständig gewesen. Er habe angegeben, seit ca einem halben Jahr zu konsumieren und 2 bis 3 Gramm pro Monat zu kaufen.

 

Mit Schreiben vom 15. Jänner 2015, Zl. 59 BAZ 3/15z, erging die Anfrage der Staatsanwaltschaft Salzburg an die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 35 Abs 3 Z 2 SMG, ob der Beschuldigte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme nach dem § 11 Abs 2 SMG bedarf oder nicht.

 

Nach einer nicht befolgten einfachen Ladung vom 2. März 2015 erließ die belangte Behörde den gegenständlichen Ladungsbescheid vom 1. April 2015 für einen Termin am 4. Mai 2015 zum Zweck „Amtsärztliche Untersuchung in Folge Annahme des Suchtmittelmissbrauchs gemäß § 12 + § 35 Suchtmittelgesetz“. Der Ladungsbescheid wurde dem Bf erst durch Hinterlegung am 20. April 2015 zugestellt. Die belangte Behörde hat keinen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen und dementsprechend auch in der Rechtsmittelbelehrung angegeben, dass die binnen vier Wochen einzubringende Beschwerde aufschiebende Wirkung habe.

 

Mit der am 11. Mai 2015 per Telefax eingelangten Beschwerde wird die ersatzlose Aufhebung des Ladungsbescheides beantragt.

 

Die aktenkundige amtsärztliche Stellungnahme vom 27. Mai 2015 hält fest, dass beim Bf eine gesundheitsbezogene Maßnahme offenbar aussichtslos sei, weil er sowohl (einfache) Ladung als auch Ladungsbescheid ignorierte und eine Beschwerde einbrachte. Mit Schreiben vom 27. Mai 2015, Zl. SanRB10-65-2015, gab die belangte Behörde in diesem Sinne gegenüber der Staatsanwaltschaft Salzburg eine Stellungnahme nach dem § 35 Abs 3 Z 2 SMG ab.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Die im Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG geregelte Beschwerdelegitimation entspricht der früher im Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG aF vorgesehenen Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, weshalb auch für die Verwaltungsgerichte I. Instanz grundsätzlich an die bisherige Judikatur und Literatur angeknüpft werden kann (vgl mwN Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 702). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation maßgeblich, ob der Bf im Einzelfall durch den angefochtenen Bescheid – ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann. Fehlt diese Möglichkeit der Rechtsverletzung in der Sphäre des Bf bereits im Zeitpunkt der Einbringung, so mangelt es von vornherein an einer Beschwerdeberechtigung und diese ist zurückzuweisen. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Bf keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl etwa mit Hinweisen zur Vorjudikatur die Beschlüsse des VwGH vom 19.03.2013, Zl. 2012/212/0257, und vom 22.03.2000, Zl. 99/03/0452).

 

Wenn etwa eine Frist zur Durchführung von Einfuhranträgen (VwGH 18.02.1992, Zl. 92/07/0009), ein Zeitraum für eine beantragte Veranstaltung nach dem Luftfahrtgesetz (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/03/0452) oder ein Termin für eine erteilte Ausnahmebewilligung (VwGH 26.01.1993, Zl. 92/07/0209) bereits abgelaufen ist, könnte auch bei Aufhebung des jeweils bekämpften Bescheides infolge zeitlicher Überholung das Anliegen bzw Rechtsschutzziel des Bf in einem fortgesetzten Verwaltungsverfahren nicht mehr realisiert und keine denkbare Verbesserung seiner Rechtsposition herbeigeführt werden. Dabei ist ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen, wenn die zu prüfenden Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung hätten.

In Bezug auf Fälle, in denen die Partei einer mit Bescheid verfügten Ladung zum dort genannten Termin freiwillig Folge leistete und danach Beschwerde einbrachte, hat der Verwaltungsgerichtshof eine weitere Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den Ladungsbescheid verneint, weil die Verhängung der nur für den Fall der unentschuldigten Nichtbefolgung (Ausbleibens iSd § 19 Abs 2  Satz 2 AVG) angedrohten Sanktion von vornherein nicht mehr in Betracht komme (vgl u.a. VwGH 07.02.2008, Zl. 2008/21/0071; VwGH 19.03.2013, Zl. 2012/21/0257).

 

Fällt die Rechtsverletzungsmöglichkeit erst nach Einbringung der Beschwerde weg, so wird die Beschwerde wegen materieller Klaglosstellung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt (vgl VwGH 28.04.2011, Zl. 2010/11/0007 und VwGH 29.03.2011, Zl. 2009/11/0012: Gegenstandslosigkeit eines Ladungsbescheides durch einen neuerlichen Ladungsbescheid, der den Verzicht auf die angedrohte Sanktion impliziert; VwGH 29.09.2009, Zl. 2008/21/0646: Ausreise nach Ausweisungsbescheid).

 

IV.2. Gemäß § 19 Abs 4 AVG idF vor der AVG-Novelle BGBl I Nr. 33/2013 war gegen einen Ladungsbescheid kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Mit der Einführung der Verwaltungsgerichte am 1. Jänner 2014 entfiel der Rechtsmittelausschluss des § 19 Abs 4 AVG, zumal der verwaltungsbehördliche Instanzenzug grundsätzlich abgeschafft und vorgesehen wurde, dass eine Beschwerde direkt an das Verwaltungsgericht erhoben werden kann (vgl näher Art 129 ff, 151 Abs 51 Z 6 bis Z 11 B-VG idFd Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr. 51/2012). Der rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Bescheidbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG kommt gemäß § 13 Abs 1 VwGVG grundsätzlich die aufschiebende Wirkung zu. Nach dem § 13 Abs 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Interessenabwägung der Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Um einen Ladungsbescheid mit vergleichbarer Wirkung wie vormals durch den Rechtsmittelausschluss nach § 19 Abs 4 AVG aF auszustatten, muss die Behörde nunmehr von der Möglichkeit Gebrauch machen, die aufschiebende Wirkung mit Bescheid auszuschließen.

 

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Ladungsbescheid, der durch Zustellung am 20. April 2015 erlassen wurde, nicht ausgeschlossen. Der anberaumte Termin 4. Mai 2015 lag innerhalb der vierwöchigen Frist für die Einbringung der Bescheidbeschwerde. Während der offenen Rechtsmittelfrist musste die Behörde abwarten, ob ein Rechtsmittel eingebracht wird. Denn der zulässigen Beschwerde kommt ex lege aufschiebende Wirkung zu, was bedeutet dass die Rechtswirkungen des Bescheides insgesamt (Vollstreckbarkeit, Verbindlichkeit, Tatbestandswirkung) suspendiert werden (vgl dazu näher Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 749). Mit der rechtzeitig am 11. Mai 2015 erfolgten Einbringung der (zulässigen) Beschwerde gegen den Ladungsbescheid wurden seine Rechtswirkungen bis zur hg Entscheidung aufgeschoben. Damit konnte der Ladungsbefehl für den Termin am 4. Mai 2015 nicht wirksam werden.

 

Der Ladungstermin war zwar schon bei Einbringung der Beschwerde zeitlich überholt. Aber erst durch den Suspensiveffekt der eingebrachten Beschwerde ist der Ladungsbefehl auch unverbindlich geblieben. Dies bedeutet weiter, dass der Bf schon begrifflich nicht iSd § 19 Abs 2 und 3 AVG unbegründet (unentschuldigt) ausbleiben konnte. Selbst durch den nachträglichen Eintritt der formellen Rechtskraft des Bescheides im Falle seiner Bestätigung durch das Landesverwaltungsgericht kann der sachlich und zeitlich überholte Ladungstermin nicht rückwirkend wirksam und zu einer vollstreckbaren Verpflichtung werden, die einer Zwangsfolge zugänglich wäre. Somit scheidet die für den Fall des unentschuldigten Nichterscheinens angedrohte Sanktion (zwangsweise Vorführung) mangels eines rechtsverbindlich gewordenen Ladungstermins aus. Der Bf ist schon durch die eingebrachte Beschwerde materiell klaglos gestellt und der Ladungsbescheid geht ins Leere.

 

Damit liegt eine Situation vor, in der die Verhängung der angedrohten Sanktion nach Einbringung der Bescheidbeschwerde nicht mehr in Betracht kommt. Eine Sachentscheidung über die Beschwerde hätte nur mehr theoretische Bedeutung. Für die Rechtsposition des Bf macht es nämlich keinen Unterschied mehr, ob der Ladungsbescheid der Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerde gegenstandslos geworden ist. Im Übrigen hat die belangte Behörde durch ihre Stellungnahme vom 27. Mai 2015 an die Staatsanwaltschaft Salzburg, wonach eine gesundheitsbezogene Maßnahme beim Bf offenbar aussichtslos sei, auch erkennen lassen, dass sie keinen weiteren Termin zur amtsärztlichen Untersuchung des Bf anstrebt.

 

IV.3. Nach der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war die Beschwerde im Fall der materiellen Klaglosstellung des Bf wegen Wegfalls der Beschwer als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG einzustellen. Eine vergleichbare Regelung sieht das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz nicht vor. § 28 Abs 1 VwGVG kennt zwar die Möglichkeit der Verfahrensbeendigung durch Zurückweisung oder Einstellung, regelt diese Fälle jedoch nicht, sondern setzt die Gründe für derartige verfahrensbeendende Beschlüsse nach § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG offenbar voraus. Es wird daher im Sinne des bisher allgemein anerkannten verfahrensrechtlichen Verständnisses mit Zurückweisung vorzugehen sein, wenn Prozessvoraussetzungen von vornherein fehlen, während die Einstellung in Betracht kommt, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, so etwa auch bei Wegfall der Beschwer durch Klaglosstellung des Bf (vgl mwN Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] Anm 5 zu § 28 VwGVG).

 

Im Ergebnis war daher gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG die Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen.

 

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG abgesehen werden, weil die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Es waren nur Rechtsfragen im Zusammenhang mit einer verfahrensrechtlichen Entscheidung zu lösen. Dem Entfall der Verhandlung steht auch von vornherein weder Art 6 Abs 1 EMRK (keine inhaltliche Entscheidung über einen strafrechtliche Anklage oder ein civil right) noch Art 47 GRC (kein Auslandsbezug) entgegen.

 

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit ersichtlich fehlt noch eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur verfahrensrechtlichen Frage, ob die Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs 1 VwGVG im Fall der (materiellen) Klaglosstellung des Bf die Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen haben.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. W e i ß

 

 

 

 

 

 

 

 

LVwG-050053/2/WEI vom 23. Oktober 2015

 

Erkenntnis

 

Normen:

Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG

§ 19 AVG

§ 13 VwGVG

§ 28 Abs 1 VwGVG

 

 

Mit der Einführung der Verwaltungsgerichte am 1. Jänner 2014 entfiel der Rechtsmittelausschluss des § 19 Abs 4 AVG idF vor der AVG-Novelle BGBl I Nr. 33/2013, zumal der verwaltungsbehördliche Instanzenzug grundsätzlich abgeschafft und vorgesehen wurde, dass eine Beschwerde direkt an das Verwaltungsgericht erhoben werden kann. Der rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Bescheidbeschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG kommt gemäß § 13 Abs 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu. Um einen Ladungsbescheid mit vergleichbarer Wirkung wie vormals durch den Rechtsmittelausschluss nach § 19 Abs 4 AVG aF auszustatten, muss die Behörde nunmehr von der Möglichkeit nach § 13 Abs 2 VwGVG Gebrauch machen, die aufschiebende Wirkung mit Bescheid auszuschließen.

 

Hat die belangte Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen einen Ladungsbescheid nicht ausgeschlossen und einen Ladungstermin innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist anberaumt, dann hindert die rechtzeitige Einbringung einer Bescheidbeschwerde, dass die Rechtswirkungen des Ladungsbescheides eintreten. Der Ladungstermin kann nicht wirksam werden. Durch den Suspensiveffekt der eingebrachten Beschwerde bleibt der Ladungsbefehl unverbindlich, was bedeutet, dass der Bf schon begrifflich nicht iSd § 19 Abs 2 und 3 AVG unbegründet (unentschuldigt) ausbleiben konnte. Selbst durch den nachträglichen Eintritt der formellen Rechtskraft des Bescheides im Falle seiner Bestätigung durch das Verwaltungsgericht könnte der sachlich und zeitlich überholte Ladungstermin nicht rückwirkend wirksam und zu einer vollstreckbaren Verpflichtung werden, die einer Zwangsfolge zugänglich wäre. Der Bf ist schon durch die eingebrachte Beschwerde materiell klaglos gestellt und der Ladungsbescheid geht ins Leere.

 

Damit liegt eine Situation vor, in der die Verhängung der angedrohten Sanktion nach Einbringung der Bescheidbeschwerde nicht mehr in Betracht kommt. Eine Sachentscheidung über die Beschwerde hätte nur mehr theoretische Bedeutung. Für die Rechtsposition des Bf macht es nämlich keinen Unterschied mehr, ob der Ladungsbescheid der Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerde gegenstandslos geworden ist.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war eine Beschwerde im Fall der materiellen Klaglosstellung des Bf wegen Wegfalls der Rechtsverletzungsmöglichkeit (Beschwer) als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG einzustellen. Eine vergleichbare Regelung sieht das VwGVG nicht vor. § 28 Abs 1 VwGVG kennt zwar die Möglichkeit der Verfahrensbeendigung durch Zurückweisung oder Einstellung, regelt diese Fälle jedoch nicht, sondern setzt die Gründe für derartige verfahrensbeendende Beschlüsse nach § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG offenbar voraus. Im Sinne des bisher anerkannten verfahrensrechtlichen Verständnisses wird mit Zurückweisung vorzugehen sein, wenn Prozessvoraussetzungen von vornherein fehlen, während die Einstellung in Betracht kommt, wenn die Beschwer durch Klaglosstellung nach Beschwerdeeinbringung entfällt.

 

 

 

Beschlagwortung:

Ladungsbescheid; aufschiebende Wirkung; Beschwer, fehlende; Zurückweisung; Klaglosstellung