LVwG-601050/7/Br/HK LVwG-650482/7/Br/HK

Linz, 21.10.2015

IM   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier  über die Beschwerden der K L B, geb. x 1970, vom 16.8.2015 und 17.9.2015 gegen das in Punkt 1) bekämpfte Straferkenntnis und den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vom 14.8.2015, GZlen: VStV/915300268642/2015 und FE-203/2015,  nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.10.2015

 

zu Recht:

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der gegen das Strafausmaß gerichteten  Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als unter Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage ermäßigt wird.

 

 

I.1. Gemäß § 64 Abs.2 VStG ermäßigen sich die behördlichen Verfahrenskosten auf 50 Euro und § 52 Abs.8 VwGVG entfällt für das Beschwerdeverfahren im Verwaltungsstrafverfahren ein Kostenbeitrag.

 

II.      Im Führerscheinverfahren wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis und dem Bescheid  der belangten Behörde wurde über die Beschwerdeführerin wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 800 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Tagen und im Punkt 2) 40 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Stunden ausgesprochen.

Es wurde ihr zur Last gelegt,

„Sie haben am 22.02.2015 zwischen 16.50 und 16:51 Uhr in 4020 Linz, vom Bindermichl kommend über die Werndlstraße -  Stechergasse - bis Höhe Landwiedstraße Nr. x das Kraftfahrzeug, PKW Opel mit dem Kennzeichen x,

1.   in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt und

2. am 22.02.2015 um 16:50 Uhr in 4020 Linz, Stechergasse, von  Bindermichl kommend über die Werndlstraße, Stechergasse in Richtung Landwiedstraße fahrend als Lenkerin des Kraftfahrzeuges, PKW Opel mit dem Kennzeichen x den Straßenzug in der Stechergasse trotz des deutlich sichtbar aufgestellten Verbotszeichens ‚FAHRVERBOT‘ (in beiden Richtungen) mit der Zusatztafel ‚ausgenommen Anliegeverkehr und Radfahrer‘ befahren, obwohl Sie nicht unter diese Ausnahme fielen.“ (Der Spruchpunkt 2. ist unangefochten und daher in Rechtskraft).

 

 

 

I.1. Im Führerscheinverfahren hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich der Beschwerdeführerin

• die Lenkberechtigung – ausgestellt von der LPD Oberösterreich (vormals BPD Linz) am 05.11.1998, Zahl: F 4941/98 für die Klassen AM, B für einen Zeitraum von einem (1) Monat gerechnet ab 22.02.2015 bis einschließlich 22.03.2015 entzogen,

• ordnete an, die Beschwerdeführerin habe binnen einer Frist von drei (3) Monaten - gerechnet ab Zustellung des gegenständlichen Bescheides-  ein Verkehrscoaching bei einer hierzu ermächtigten Stelle zu absolvieren und

• entzog auch eine allenfalls bestehenden ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung ab Verkündigung des Bescheides für die hier ausgesprochene Dauer.

 

 

Rechtsgrundlagen: §§ 2; 7; 24 Abs.1, Abs.2, Abs.3; 26 Abs.1 ,Abs.2, Abs.5; 29 Abs.4; 30 Abs.1; 30 Abs.2 FSG; 13 Abs.2 VwGVG.

 

 

II. Begründend führte die Behörde zu beiden Verfahren im Ergebnis folgendes aus:

Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die vorliegende Anzeige vom 22.02.2015, durch die eigene dienstliche Wahrnehmung von Organen der Straßenaufsicht, durch die vorliegenden Gutachten sowie das durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

Zusammen mit der Anzeige vom 22.02.2015 wurde der Behörde das amtsärztliche Gutachten hinsichtlich der klinischen Untersuchung, erstellt von Dr. R-V, übermittelt. Das Gutachten vom 22.02.2015 hat zum Inhalt, dass aufgrund der von den Exekutivbeamten beobachteten Vorkommnisse und Erscheinungsmerkmale, wie auch aufgrund der im Zuge der Untersuchung beobachteten Symptome bzw. der Ergebnisse der psychophysischen Tests zum Zeitpunkt des Lenkens eines Kraftfahrzeuges eine Beeinträchtigung durch Alkohol und Suchtgift (mit Fragezeichen) festgesteilt worden sei. Sie wurden darin für nicht fahrfähig befunden.

Durch Ihre rechtsfreundliche Vertretung, zum damaligen Zeitpunkt RA Dr. E, wurde am 24.02.2015 Akteneinsicht genommen und mit Schriftsatz vom 25.02.2015 sinngemäß vorgebracht, dass es sich bei der Durchfahrt durch die Stechergasse um keine unübliche Abkürzung handle und diese Fahrt, auch wenn sie nicht zulässig sein sollte, kein gravierendes Fehlverhalten darstelle. Die im Bericht des Amtsarztes festgestellte Fahruntauglichkeit sei anzuzweifeln, als alle Tests positiv absolviert worden seien und lediglich bei der Pupillenreaktion Abweichungen hätten festgestellt werden können.

Mit Gutachten vom 16.03.2015 wurde durch die Gerichtsmedizin Salzburg in der Folge festgestellt, dass von Ihnen neben Ethylalkohol auch Cannabisprodukte (vermutlich „Haschisch" und/oder „Marihuana") konsumiert worden seien. Zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung hätte im Armvenenblut nur noch das pharmakologisch inaktive Stoffwechselprodukt von THC, THC-COOH nachgewiesen werden können. Sie hätten aber zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung noch unter der Wirkung von Ethylalkohol gestanden, sodass Ihre Fahrtüchtigkeit zum Vorfallzeitpunkt nicht mehr bestanden haben dürfte.

Am 24.03.2015, nach Einlangen des Gutachtens der Gerichtsmedizin Salzburg hinsichtlich der chemisch­toxikologischen Untersuchung der Armvenenblutprobe, erschien Ihre rechtsfreundliche Vertretung erneut bei der ho. Behörde. Das Gutachten wurde in Kopie ausgefolgt. In der Folge wurde am selben Tag eine Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelt. Angeführt wird, dass in diesem Schreiben neben der Übertretung nach § 52 lit.a Zi.1 StVO irrtümlich auch die Übertretung nach § 58 Abs.1 StVO anstatt § 5 Abs.1 StVO zur Last gelegt wurde.

Mit Schriftsatz vom 01.04.2015 brachte Ihre rechtsfreundliche Vertretung zu den zur Last gelegten Übertretungen sinngemäß vor, dass Sie in der Landwiedstraße wohnen würden (Anmerkung der Behörde: die Stechergasse in Fahrtrichtung stadtauswärts mündet in die Landwiedstraße). Hinsichtlich des Fahrverbotes sei überprüfenswert, ob bei der gegenständlichen „Durchfahrt" durch die Stechergasse überhaupt ein strafbares Verhalten vorliege und sei der entsprechende Bescheid bzw. die Verordnung zum Fahrverbot in der Stechergasse beizubringen.

Zur Übertretung nach § 58 Abs.1 StVO werde nach wie vor bestritten, dass Sie sich am 22.02.2015 in einer geistigen oder körperlichen Verfassung befunden hätten, die sie zum Lenken eines Fahrzeuges untauglich gemacht hätte. Weder die Beobachtungen zur angeblich unangepassten Fahrgeschwindigkeit, noch das Fahren durch ein Fahrverbot würden ausreichen eine Fahruntauglichkeit zu belegen. Zu den Beobachtungen der Polizisten bei der Anhaltung sei zu berücksichtigen, dass die Anhaltung einerseits für Sie überraschend erfolgt sei und andererseits hätten Sie erst drei Stunden zuvor erfahren, dass Ihre Mutter verstorben sei. Ihr Verhalten sei unter diesen Umständen als durchaus normal einzuordnen gewesen und sei es für Sie auch normal viel zu reden bzw. hyperaktiv zu wirken. Zudem sei Ihnen zu Unrecht der Führerschein entzogen worden, sodass Ihre Überaktivität bzw. Emotionen in dieser Situation als völlig verständlich und normal anzusehen seien.

Von den Beobachtungen der einschreitenden Polizisten abgesehen, sei aber auch das vorliegende amtsärztliche Gutachten hinterfragenswert. Die Pulsfrequenz hätte mit 98 Schlägen pro Minute im Rahmen des normalen gelegen und sei somit nicht erhöht gewesen. Wie sich aus dem Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg ergebe, hätte die Pupillenweite nichts mit der Verwendung von Rauschmitteln zu tun gehabt, sei der Nystagmus normal beurteilt worden und seien sowohl der Einbein-Stehtest, Geh-und Drehtest als auch der Finger-Nase-Test erfolgreich absolviert worden. Der Finger- Fingertest sei zwar zittrig verlaufen, allerdings gebe es Persönlichkeiten, die diesen Test im nüchternen Zustand definitiv nicht schaffen würden. Hinsichtlich des Romberg Tests sei eine Verzögerung von 13 Sekunden festgestellt worden, was ein klassisches Zeichen dafür sei, dass kein Marihuanaeinfluss vorliege. Wie diese Verzögerung zu einer Beurteilung „verkehrsuntauglich" führen könne, sei von der Amtsärztin detailliert zu erläutern. Sämtliche anderen Tests seien unauffällig verlaufen und hätte für eine Fahruntauglichkeit einzig der positive Urintest gesprochen, welcher mittlerweile allerdings durch das Gutachten der Gerichtsmedizin widerlegt sei.

Es wurde beantragt eine detaillierte und nachvollziehbare Stellungnahme der Amtsärztin dahingehend einzuholen, welche Parameter konkret dafür gesprochen hätten, dass Sie zum Zeitpunkt des Vorfalles nicht fahrtauglich gewesen sein sollen.

Ihrem Antrag auf Beibringung der Verordnung zum Fahrverbot Stechergasse wurde entsprochen und ergibt sich aus dieser (Verordnung der Landeshauptstadt Linz, Magistrat vom 19.10.1984, GZ: 101-5/19), dass in der Stechergasse zwischen Landwiedstraße und Stadlerstraße in beiden Richtungen das Fahren - ausgenommen Anliegerverkehr und Radfahrer - verboten ist. Weiters ist den Anlagen (Aktenvermerken) der Verordnung zu entnehmen, dass die entsprechenden Verkehrszeichen am 31.10.1984 an allen Einfahrtsmöglichkeiten angebracht wurden.

Dem Antrag auf Einholung einer Stellungnahme durch die Amtsärztin wurde ebenso entsprochen. Von Dr. R-V wurde mit Schreiben vom 20.05.2015 sinngemäß ausgeführt, dass sich während der Untersuchung Auffälligkeiten gezeigt hätten, welche durchaus im Zusammenhang mit Alkohol auftreten können. Natürlich würden dabei auch Eigenheiten der Persönlichkeit, eventuelle Vorerkrankungen, Medikamente und Nervosität eine Rolle spielen. Was im Einzelnen die Leistungen des Gehirns beeinträchtige lasse sich mit einer klinischen Untersuchung alleine nicht feststellen, weshalb eben Atemluftalkoholtests wie auch Blutanalysen durchgeführt würden. Gerade bei Mischkonsum von Alkohol, Drogen und Medikamenten würden sich die klinischen Symptome überlagern. Die Fahruntüchtigkeit von Frau B sei grundsätzlich aufgrund der Alkoholisierung ausgesprochen worden und hätte hierzu ein Wert von 0,6 Promille vorgelegen. Als sich bei der Harnuntersuchung auch ein positiver Test auf THC ergeben hätte, sei der Verdacht nahe gelegen, dass möglicherweise auch diese Substanz an der Beeinträchtigung Anteil hat. Dazu sei gekommen, dass die Angaben von Frau B eher unglaubwürdig gewirkt hätten, da auch ein Spritzer etwa 10 Minuten vor Fahrtantritt den Alkoholisierungsgrad nicht erklären hätten können.

Bei der klinischen Untersuchung hätte eine träge Pupillenreaktion festgestellt werden können. Dies führe zu einer Verschlechterung der Adaption der Augen auf Dunkelheit (schlechtes Sehen) bzw. auf den Schutz vor dem geblendet werden durch entgegenkommende Fahrzeuge. Dadurch könne es passieren, dass mit dem Auto kurze Strecken im Blindflug zurückgelegt würden. Die gegenständliche Pupillenweite lasse sich mit der Wirkung des Alkohols erklären, als bei Alkohol die Pupillen leicht erweitert seien. Bei frischem Cannabiskonsum wären die Pupillen noch deutlicher erweitert, die Erweiterung würde aber mit dem langsam fließenden Abbau der Substanz abnehmen. Damit hätte bei mittelweiter Pupillenweite auch noch eine Beeinträchtigung durch Cannabis vorliegen können.

Das Zittern der Finger könnte natürlich auch durch einen essentiellen Tremor bzw. durch andere neurologische Erkrankungen bedingt sein, allerdings seien von Frau B in der Befragung hierzu keine Anhaltspunkte geliefert worden.

Mit dem Romberg Test lasse sich, wie ihre mehr als 10-jährigen Erfahrung gezeigt hätte, sehr gut die Reaktionsfähigkeit eruieren. Eine Verzögerung von 13 Sekunden sei eine sehr stark verzögerte Reaktionsgeschwindigkeit. Sehr viele, der nachweislich durch Drogen beeinträchtigten Probanden, würden eine Verzögerung von 4 bis 5 Sekunden aufweisen. Auch diese Verzögerung reiche aus um im Straßenverkehr ein Hindernis zu spät wahrzunehmen.

Dieses Ermittlungsergebnis wurde Ihnen im Schreiben 15.06.2015 mitgeteilt bzw. der restliche Akteninhalt in Kopie übermittelt (Verordnung, Stellungnahme). Mit diesem Schreiben wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurden Sie darauf hingewiesen, dass der Bescheid auf Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen wird, soweit Ihre Stellungnahme nicht anderes erfordert. Das Schreiben wurde Ihnen am 19.06.2015 zu Händen Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 06.07.2015, nunmehr erstellt durch RA Dr. V, wurde sinngemäß vorgebracht, dass die Stellungnahme der Amtsärztin nicht gesetzeskonform sei, als diese von einem „nachgewiesenen" Alkoholgehalt von 0,6 Promille ausgehe und damit automatisch von einer Fahruntüchtigkeit. Es sei zwar das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem Alkoholgehalt von mehr als 0,5 Promille nicht zulässig, allerdings gelte der Zustand einer Person erst ab einem Alkoholgehalt von 0,8 Promille als jedenfalls von Alkohol beeinträchtigt. Unter 0,8 Promille sei das nicht der Fall und dennoch ergebe sich aus der Stellungnahme, dass die Nichtfahrfähigkeit bereits bei 0,5 Promille beginne. Weiters enthalte die Stellungnahme die Wortfolge, dass die Fahruntauglichkeit „grundsätzlich aufgrund der Alkoholisierung" ausgesprochen worden wäre. Es sei somit nicht formuliert worden, dass eine Fahruntauglichkeit vorgelegen hätte. Die 0,34 mg/l Alkoholgehalt seien mit Hilfe eines Alkohol-Vortestgerätes festgestellt worden, welches lediglich Rückschlüsse auf das Vorliegen eines Verdachtes einer Beeinträchtigung durch Alkohol zulasse, nicht jedoch auf den (tatsächlichen) Alkoholgehalt der Atemluft. Der Alko-Vortest sei somit nicht zur Bestimmung des Alkoholgehaltes im Sinn des § 5 Abs.1 StVO geeignet. Ein Nachweis von 0,6 Promille liege somit nicht vor. Darüber hinaus sei es eine bekannte Tatsache, dass der Konsum von alkoholischen Getränken unmittelbar vor Fahrtantritt, selbst die Messwerte eines Alkomaten beeinträchtigen könnten, umso mehr die Messwerte eines Alko-Vortests. Insofern sei nicht erklärbar, weshalb die Angaben des „Spritzers" 10 Minuten vor Fahrtantritt als unglaubwürdig erachtet worden seien.

Der medizinischen Literatur sei zu entnehmen, dass eine Pupillenweite von 3,5 mm bei einer Person Ihres Alters durchaus im normalen Bereich liege. Es könne in Ihrem Fall somit nicht von einer Erweiterung der Pupillen die Rede sein und sei die Pupillenweite von verschiedenen Faktoren (Alter, Erregungszustand udgl.) abhängig.

Was die Verzögerung des Romberg Tests angehe, sei anzuführen, dass es sich hierbei um ein neurologisches Verfahren zur Untersuchung von Störungen des Gleichgewichts handle und nicht wie von der Ärztin erläutert, um einen Test der Reaktionsgeschwindigkeit. Auch wenn von Ihnen die 30 Sekunden falsch eingeschätzt worden seien, hätten ansonsten keine Auffälligkeiten bestanden und sei der Test somit erfolgreich absolviert worden.

Zudem würden sämtliche andere Symptome fehlen, welche auf eine körperliche Unsicherheit hindeuten würden. Auch wenn der Finger-Fingertest möglicherweise zittrig verlaufen sei, sei er dennoch erfolgreich absolviert worden. Es sei bei Ihnen ein Normalzustand viel zu reden, im gegenständlichen Fall aber verstärkt durch die Amtshandlung bzw. Untersuchung wie auch der Angst die Lenkberechtigung und somit Ihre Lebensgrundlage zu verlieren. Die in den Unterlagen angeführten roten Augen seien darauf zurück zu führen, dass Sie am Nachmittag vom Tod Ihrer Mutter erfahren hätten. Bei derartigen Nachrichten sei es üblich, dass die Augen vom Weinen gerötet sind und sei somit der von der Amtsärztin gezogene Rückschluss ebenfalls widerlegt.

Alles in allem sei das gegenständliche amtsärztliche Gutachten nicht geeignet einen tatsächlichen Rückschluss auf Ihre Fahrtauglichkeit oder auch Fahruntauglichkeit zuzulassen.

Somit sei die Übertretung hinsichtlich § 58 Abs.1 StVO gänzlich zu streichen und bleibe als strafbarer Sachverhalt lediglich die Übertretung nach § 52 lit.a Zi.1 StVO übrig. Da Sie durch den gegenständlichen Vorfall Ihre Arbeitsstelle verloren hätten sei es völlig ausreichend in diesem Punkt mit einer Ermahnung vorzugehen. Das Verfahren zu § 58 Abs.1 StVO sei einzustellen.

Zumal nur jene Fahruntüchtigkeit, die überhaupt nicht durch Alkohol hervor gerufen wurde, der Vorschrift nach § 58 Abs.1 StVO zu unterstellen ist, war die Anlastung nach § 58 Abs.1 StVO einzustellen und innerhalb der Verfolgungsverjährung eine richtig gestellten Anlastung/ Verfolgungshandlung zu übermitteln. Dies erfolgte mit Schreiben der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 13.07.2015. In dieser Aufforderung zur Rechtfertigung wurden jene im Spruch angeführten Tatbestände zur Last gelegt und Sie erneut aufgefordert sich binnen zwei Wochen ab Zustellung schriftlich zu rechtfertigen. Sie wurden neuerlich darauf hingewiesen, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen. Das Schreiben wurde ihnen am 17.07.2015 zu Händen Ihrer rechtsfreundlichen Vertretung RA Dr. V zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 23.07.2015 wurde sinngemäß vorgebracht, dass Sie am 22.02.2015 um 16.50 Uhr eine in der Bevölkerung üblich Abkürzung über die Stechergasse genommen hätten. Der Unrechtgehalt dieser Tat sei Ihnen bewusst und würden Sie das nie wieder tun. Die Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO werde bestritten. Sie hätten unmittelbar vor Fahrtantritt Alkohol zu sich genommen, sodass davon auszugehen sei, dass die 10 Minuten später durchgeführte Messung mit dem Alko-Vortestgerät von diesem Alkoholkonsum direkt beeinflusst gewesen sei. Das Messergebnis des Alko-Vortestgerätes könne schon aus diesem Grund, wie auch dem Umstand, dass dieses Gerät lediglich auf einen Verdacht einer Beeinträchtigung schließen lasse, nicht verwertet werden. Eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem geeichten Atemluftalkoholmessgerät sei nicht erfolgt, sodass die Annahme Sie hätten ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt nicht zulässig sei. Es sei zu Ihren Gunsten davon auszugehen, dass Sie zwar Alkohol konsumiert hätten wobei Sie dadurch allerdings nicht beeinträchtigt gewesen seien.

Es wurde beantragt das Verfahren zu § 5 Abs.1 StVO einzustellen und hinsichtlich der Übertretung nach § 52 lit.a ZI. 1 StVO mit einer Ermahnung vorzugehen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber, oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs. 1b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 800,-- bis EUR 3.700,- im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von einer bis sechs Wochen zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

Gemäß § 52 lit.a Zi.1 StVO zeigt das Zeichen „Fahrverbot (in beiden Richtungen)" an, dass das Fahren in beiden Fahrtrichtungen verboten ist; das Schieben eines Fahrrades ist erlaubt.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

Es steht unbestritten fest, dass Sie am 22.02.2015 zwischen 16.50 und 16.51 Uhr das Kraftfahrzeug, PKW Opel mit dem Kennzeichen X in Linz, von Am Bindermichl kommend - über die Werndlstraße - Stechergasse - bis Höhe Landwiedstraße Nr. x gelenkt haben. Fest steht auch, dass Sie bei der Fahrt durch die Stechergasse das deutlich sichtbar mittels Verkehrszeichen kundgemachte Fahrverbot missachtet haben und nicht unter die im Zusatztafeltext angeführten Ausnahmen („ausgenommen Anliegeverkehr und Radfahrer") fielen. Sie wurden bei der Einfahrt in den Fahrverbotsbereich wahrgenommen und folgte Ihnen der Funkwagen durch das Fahrverbot bis zum Ende desselben bzw. bis zur Landwiedstraße Höhe Nr. x wo eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt wurde. Im Zuge der Kontrolle wurden bei Ihnen, und von ihnen auch unbestritten, Geruch nach Alkohol aus dem Mund und eine leichte Bindehautrötung festgestellt, sodass Sie zur Durchführung eines Alkovortests aufgefordert wurden. Diese Messung mit dem Vortestgerät lieferte um 16:59 Uhr einen Wert von 0,34 mg/l. In der Folge wurden Sie zur Untersuchung der Atemluft mittels des geeichten Atemluftalkoholmessgerätes in der PI Neue Heimat aufgefordert, wobei von Ihnen hierzu eine Lungenerkrankung (COBT Stufe 2-3) vorgebracht wurde bzw. Versuche eine Untersuchung mit dem Alkomaten durchzuführen scheiterten. Da eine Untersuchung mit dem Atemluftalkoholmessgerät aus gesundheitlichen Gründen somit nicht möglich war, wurden Sie dem Amtsarzt vorgeführt. Von der Amtsärztin wurde mit Gutachten vom 22.02.2015 eine Fahrunfähigkeit aufgrund von Alkohol und möglicherweise Suchtgift festgestellt.

Weiters steht fest, dass die abgenommene Blutprobe an die Gerichtsmedizin Salzburg übermittelt und mit Gutachten vom 16.03.2015 festgestellt wurde, dass von Ihnen neben Ethylalkohol auch Cannabisprodukte (vermutlich „Haschisch" und/oder „Marihuana") konsumiert worden seien. Zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung hätte im Armvenenblut nur noch das pharmakologisch inaktive Stoffwechselprodukt von THC, THC-COOH nachgewiesen werden können. Sie hätten aber zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung noch unter der Wirkung von Ethylalkohol gestanden, sodass ihre Fahrtüchtigkeit zum Vorfallszeitpunkt nicht mehr bestanden haben dürfte.

Von Ihnen wurde zu der zur Last gelegten Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO im Wesentlichen entgegnet, dass das vorliegende amtsärztliche Gutachten bzw. die darin festgestellte Fahrunfähigkeit anzuzweifeln sei, als von Ihnen die Tests weitgehend erfolgreich absolviert worden seien und die darin vermerkten Auffälligkeiten wie Redseligkeit, Hyperaktivität, Pupillenweite udgl. ein „Normalzustand" seien bzw. die Rötung der Augenbindehäute mit der zuvor erhaltenen Todesnachricht Ihrer Mutter zusammen hängen würden. Darüber hinaus sei der Messwert von 0,34 mg/l nicht verwertbar, als dieser mit einem Vortestgerät festgestellt worden sei.

Ihren Ausführung hinsichtlich der Verwertbarkeit eines Messergebnisses aus einem Vortestgerät war nicht entgegen zu treten, allerdings wurde Ihnen auch zu keinem Zeitpunkt ein konkreter Messwert zur Last gelegt bzw. erfolgte die Anlastung iSd § 5 Abs.1 1. Satz StVO. Die gesetzlich unwiderlegbare Vermutung der Beeinträchtigung durch Alkohol iSd § 5 Abs.1 2. Satz StVO war zu keinem Zeitpunkt Thema des Verfahrens. Eine Person, die ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkt, macht sich der Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO unabhängig davon schuldig, ob der Atemluftalkoholgehalt 0,4 mg/l (bzw. Blutalkoholgehalt 0,8 Promille) erreicht hat oder nicht (vgl, VwGH 01.03.1991, G 274/90).

Nach § 5 Abs.1 1. Satz StVO darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet. Es ist hierzu nicht zwingend eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bzw. eine Blutanalyse erforderlich, sondern kann dieser Tatbestand auch vorliegen, wenn ein Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille bzw. ein Atemluftalkoholgehalt von unter 0,4 mg/l vorliegt bzw. auch bei Feststellung eines Arztes, dass eine derartige Beeinträchtigung durch Alkohol vorliegt, bei der der Lenker infolge seiner geistigen und körperlichen Verfassung ein Fahrzeug nicht zu beherrschen oder die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften nicht zu befolgen vermag (vgl. VwGH 17.06.1992, 92/03/0073, VwGH 10.10.1973, 2041, 2042/71; VwGH 06.09.2001, 98/03/0068). Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob die festgestellte Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrzeuglenkers allein durch den Konsum von Alkohol hervorgerufen wurde oder auch auf andere Komponenten zurückzuführen ist (vgl. VwGH 25.09.1991, 91/02/0043; VwGH 15.02.1991, 85/18/0323; VwGH 29.01.1986, 85/03/0103).

Im gegenständlichen Fall wurden von den einschreitenden Polizisten im Zuge der Anhaltung bzw. Amtshandlung Symptome wie gerötete Augenbindehäute, Geruch nach Alkohol aus dem Mund, erweiterte Pupillen, Hyperaktivität, Redseligkeit, enthemmtes aufgeregtes Benehmen, leichte Ablenkbarkeit, veränderter Gang bzw. hektische Bewegungen festgestellt. Grundsätzlich ist hierzu anzuführen, dass ein Organ der Straßenaufsicht als befähigt anzusehen ist das Vorliegen von Symptomen zu beurteilen (vgl. VwGH 12.12.2001, 2000/03/0111; VwGH 29.04.2003, 2002/11/0252). Auf welche Ursachen die Symptome, die einen durch Alkohol oder auch Suchtgift beeinträchtigten Zustand vermuten lassen, tatsächlich zurückzuführen sind, ist nicht von Bedeutung (vgl. VwGH 07.08.2003, 2000/02/0089). Insofern war nicht näher darauf einzugehen, welchen Ursprung die geröteten Augenbindehäute oder auch Ihre Hyperaktivität, Redseligkeit tatsächlich hatten. Aufgrund der festgestellten Symptome wie auch dem Umstand, dass Sie beim Lenken eines Fahrzeuges auf frischer Tat betreten wurden, waren die Organe der Straßenaufsicht jedenfalls berechtigt Sie zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aufzufordern. Als es Ihnen aus gesundheitlichen Gründen (Lungenkrankheit) offenbar nicht möglich war den Alkomaten zu beatmen, wurden Sie dem Amtsarzt vorgeführt. Bei der amtsärztlichen Untersuchung wurde am 22.02.2015 eine Fahrunfähigkeit aufgrund Alkohol festgestellt und weiters Suchtgift mit Fragezeichen vermerkt. Auch wenn von Ihnen nun der Wortlaut „Fahrunfähigkeit grundsätzlich aufgrund der Alkoholisierung" in der Stellungnahme bemängelt wurde, ist anzuführen, dass das Gutachten (siehe letzte Seite) klar ergibt „beeinträchtigt durch Alkohol, Suchgift (?) und nicht fahrfähig". Die von Ihnen bemängelte Formulierung der Amtsärztin in der Stellungnahme wurde aus dem Zusammenhang gerissen, als die Ärztin zuvor lebensnah ausführte, dass sich die klinischen Symptome einer Alkoholisierung mit jenen von anderen Substanzen überlagern können und anhand der klinischen Untersuchung allein nicht feststellbar sei, was im Einzelnen die Leistungen des Gehirns beeinträchtigt. Die Fahrunfähigkeit sei im Zuge der klinischen Untersuchung grundsätzlich aufgrund der Alkoholisierung ausgesprochen worden, und sei „Suchtgift" angekreuzt worden, als die Harnuntersuchung ein positives Ergebnis auf THC geliefert und somit der Verdacht weiterer beeinträchtigender Substanzen im Raum gestanden hätte.

Zu Ihren Einwendungen hinsichtlich der Feststellungen zur Pupillenweite ist auszuführen, dass selbst von Ihnen formuliert wurde, dass 3,5 mm „durchaus im normalen Bereich" liegen würden. Demnach also nicht zwingend immer. Hierzu wurde von der Amtsärztin schlüssig ausgeführt und widerspricht dies auch nicht Ihrem Verweis auf Untersuchungen der Tübinger Augenklinik, dass sich die festgestellte Pupillenweite mit der Wirkung von Alkohol erklären hätte lassen, als Alkohol die Pupillen leicht erweitere. Bei Cannabis hange die Pupillenweite vom Status des Substanzabbaus ab. Die Pupillenweite lieferte somit ein weiteres Indiz im Zuge der Untersuchung für eine mögliche Beeinträchtigung, lässt aber nur anhand der klinischen Untersuchung keine Rückschlüsse zu, welcher konkrete Umstand zugrunde liegt. Relevanter war jedoch der Umstand, dass eine träge Pupillenreaktion von 3 Sekunden festgestellt wurde. Die Ärztin führte hierzu aus, dass dieser Umstand zur Verschlechterung der Adaption der Augen auf Dunkelheit führe. Dies verursache ein „schlechteres Sehen" bzw. beeinträchtige den Schutz vor dem geblendet werden bei entgegen kommenden Fahrzeugen. Gerötete Augenbindehäute und eine unausgiebige Pupillenreaktion beeinträchtigten die Sehfähigkeit. Welche Konsequenzen eine Fahrt mit einem (Kraft-) Fahrzeug, wenn auch nur für eine kurze Strecke, im „Blindflug" im Straßenverkehr nach sich ziehen kann, muss hier wohl nicht näher ausgeführt werden, noch dazu wo von Ihnen ein Kraftfahrzeug durch die Stechergasse gelenkt wurde, welche aufgrund der Verparkungen lediglich einen Fahrstreifen aufweist und bei entgegen kommenden Fahrzeugen ein Ausweichen unumgänglich macht. Zudem ist auszuführen, dass es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, das die von einem Amtsarzt festgestellte - und von Ihnen in den umfangreichen Stellungnahmen nicht bestrittene - träge Pupillenreaktion schon allein die Annahme der Alkoholbeeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs.1 StVO rechtfertigt (vgl. VwGH 15.02.1991, 85/18/0323; VwGH 16.12.1983, 83/02/0073).

Der Finger-Fingertest, welcher zittrig verlaufen sei, wurde von ihnen damit begründet, dass auch andere absolut nüchterne Personen diesen nicht schaffen würden. Gegenständlich geht es aber nicht um das Vorliegen von Fähigkeiten anderer Personen, sondern um Feststellungen zu Ihrer Person. Als von Ihnen gegenüber der Ärztin keinerlei Angaben gemacht wurden, dass Sie etwa an einer neurologischen Erkrankung leiden würden, war der Test zwar absolviert worden, aber eben nicht sicher sondern zittrig. Es lag somit ein weiteres Indiz für eine Beeinträchtigung vor, als Unsicherheiten beim Finger-Fingertest in Zusammenschau mit der Pupillenrektion und der Rötung der Augenbindehäute auch auf eine Beeinträchtigung des Raumsinns schließen lassen (vgl. VwGH 16.06.1969, 312/68). Ihren Ausführungen zum Sinn und Zweck des Romberg Tests (Quelle: wikipedia) war soweit nicht entgegen zu treten, allerdings wurde von der Ärztin eine Verzögerung von 13 Sekunden festgestellt. Die untersuchende Ärztin weist eine langjährige Erfahrung bei derartigen Untersuchungen auf und verwies sie darauf, dass die Erfahrung gezeigt hätte, dass Probanden welche nachweislich durch Drogen beeinträchtigt waren, lediglich eine Verzögerung von 4-5 Sekunden aufgewiesen hätten. 13 Sekunden Verzögerung lasse auf eine stark verzögerte Reaktionsfähigkeit schließen und würde sich eine derartige Verzögerung ebenso im Straßenverkehr auswirken. Die Ärztin hat gar nicht behauptet, dass der Romberg Test zur Feststellung der Reaktionsgeschwindigkeit gedacht ist, sondern ausgeführt, dass sich dieser hierzu nach Ihrer Erfahrung eignen würde.

Aufgrund der festgestellten Symptome/ Indizien wie unter anderem gerötete Augenbindehäute, der trägen Pupillenreaktion, dem vorliegenden Geruch nach Alkohol aus dem Mund, dem zittrigen Finger-Fingertest, der Verzögerung beim Romberg Test, dem vorliegenden Alko Vortestergebnis von 0,34 mg/l, dem Umstand, dass der Konsum von Alkohol auch eingeräumt wurde, wurde für die Behörde in Form des vorliegenden medizinischen Amtssachverständigengutachtens vom 22.02.2015 schlüssig festgestellt, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben und eine Fahrunfähigkeit vorgelegen hat. Einem Amtsarzt ist aufgrund seiner wissenschaftlichen Studien wie auch seiner Berufserfahrung die nötige Sachkenntnis zuzumuten, auf Grund von vorhandenen Symptomen einwandfrei beurteilen zu können, ob eine untersuchte Person als fahrtüchtig anzusehen ist oder nicht (vgl. VwGH 03.04.1985, 84/03/0335; VwGH 15.02.1991, 85/18/0323). Dr. R-V führt derartige Untersuchungen seit etwa 10 Jahren zuverlässig durch und kann somit jedenfalls vom Vorliegen der entsprechenden Sachkenntnis und Erfahrung ausgegangen werden. Der Verdacht auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung hat sich durch die Blutauswertung nicht erhärten lassen, allerdings weist auch das Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg den Vermerk auf, dass Sie zum Zeitpunkt der Blutprobensicherstellung noch unter der Wirkung von Ethylalkohol gestanden hätten und Ihre Fahrtüchtigkeit zum Vorfallzeitpunkt somit nicht mehr bestanden haben dürfte. Eine Beeinträchtigung durch Alkohol liegt unabhängig vom Blutalkoholgehalt dann vor, wenn sich eine Person infolge Alkoholgenusses, gegebenenfalls auch in Zusammenhang mit weiteren Substanzen/ Ursachen, in einem fahruntüchtigen Zustand befindet. Von der Amtsärztin und indirekt auch von der Gerichtsmedizin Salzburg wurde festgestellt, dass infolge Alkoholkonsums keine Fahrfähigkeit vorgelegen hätte und war der Tatbestand nach § 5 Abs.1 StVO für die erkennende Behörde somit erwiesen. Aufgrund der zugrundeliegenden klinischen Untersuchung und der oben angeführten Reihe an Symptomen/ Umständen wurde der nachvollziehbare Schluss gezogen, dass Sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben und nicht fahrtüchtig waren.

Hinsichtlich der Übertretung nach § 52 lit.a Z.1 StVO liegen sowohl die entsprechende Verordnung als auch die Aktenvermerke hinsichtlich der Kundmachung vor und ist der erkennenden Behörde darüber hinaus bekannt, dass die entsprechenden Verkehrszeichen tatsächlich an den jeweiligen Örtlichkeiten vorhanden sind. Als der Umstand, dass das Fahrverbot missachtet wurde, in letzter Konsequenz von Ihnen nicht bestritten wurde und auch die Verordnung vorliegt, steht für die Behörde fest, dass auch zu dieser Übertretung die objektive Tatseite als erfüllt anzusehen ist.

Es kamen letztlich keine Umstände hervor, die hinsichtlich der objektiven Tatseite beider zur Last gelegten Übertretungen Zweifel hätten erwecken können.

Was die subjektive Tatseite anbelangt, ist festzuhalten, dass es sich bei den gegenständlichen Verwaltungsübertretungen um sogenannte „Ungehorsamsdelikte" handelt, weil zum Tatbestand der angelasteten Übertretungen weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehört. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs.1 VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. „Glaubhaftmachung" bedeutet, dass der Täter initiativ alles vorzubringen hat, was für seine Entlastung spricht; insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Sie haben kein Vorbringen erstattet, das mangelndes Verschulden aufzeigt. Zwar bestritten Sie hinsichtlich § 5 Abs.1 StVO eine Beeinträchtigung vehement allerdings lagen keine Argumente bzw. Gründe vor, welche Sie zu entschuldigen vermochten. Darüber hinaus ist anzuführen, dass eine Person die ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, obwohl sie vorher Alkohol konsumiert hat, die Verantwortung auch dann trägt, wenn unabhängig vom Ausmaß des getrunkenen Alkohols, auf Grund irgendwelcher zusätzlicher Komponenten eine Fahruntauglichkeit vorliegt (vgl. 29.03.1976, 1505/74). Hinsichtlich § 52 lit.a Zi.1 StVO wurde ausgeführt, dass es sich bei der gewählten Fahrtroute um eine ortsübliche Abkürzung handle und lediglich ein geringfügiges Verschulden vorliege, sodass mit einer Ermahnung das Auslangen zu finden sei. Diese Angaben lassen darauf schließen, dass Ihnen das vorhandene Fahrverbot jedenfalls bekannt ist. Trotz dieses Wissens wurde der Weg durch die Stechergasse offenbar bewusst gewählt, um schneller in die Landwiedstraße zu gelangen, quasi nach dem Motto „weil es alle tun". Dies deutet nicht nur auf ein fahrlässiges Handeln hin sondern vielmehr auf zumindest bedingten Vorsatz.

Somit war für die Behörde erwiesen, dass Sie gegen die angeführten Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung auch schuldhaft verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei der Bemessung der Strafen war nach § 19 Abs.1 VStG das Ausmaß der mit den Taten verbundenen Schädigungen oder Gefährdungen derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohungen dienen und der Umstand, inwieweit die Taten sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen haben, zu berücksichtigten.

Im ordentlichen Verfahren sind nach § 19 Abs.2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie anfälligen Sorgepflichten des Beschuldigten sind zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist nicht unerheblich, da durch die übertretenen Normen insbesondere Vorschriften, die dem Gemeinwohl bzw. der Lebensqualität, der Sicherheit des Straßenverkehrs und vor allem der Vermeidung von Unfällen dienen, verletzt wurden. Dass ein Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand das Verkehrsrisiko, insbesondere die Gefahr von Unfällen, wesentlich erhöht, steht wohl außer Zweifel. Der Zweck des Fahrverbotes in diesem Bereich ist unter anderem die Lebensqualität rund um die durch ein dicht besiedeltes Wohngebiet führende Stechergasse soweit wie möglich aufrecht zu erhalten bzw. den Durchzugsverkehr auf die Hauptstraßen umzuleiten. Durch die Missachtung bzw. Übertretung der angeführten Tatbestände wurde den durch die Normen verfolgten Verkehrssicherheitsinteressen zuwider gehandelt.

Im gegenständlichen Fall sind keine Gründe hervor gekommen, dass die Einhaltung der Bestimmungen eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Übertretungen aus besonderen Gründen nur schwer hätten vermieden werden können, sodass - wie auch oben bereits ausgeführt - das Verschulden in beiden Fällen nicht als geringfügig angesehen werden konnte.

Als mildernd konnte in Ihrem Fall zu § 52 lit.a Zi.1 StVO das reumütige Geständnis gewertet werden wie auch der Umstand dass ho. keine einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen aufscheinen; Erschwerungsgründe lagen keine vor.

Da der erkennenden Behörde Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie sozialen Verhältnisse samt allfälligen Sorgepflichten nicht bekannt waren, wurde bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und bedingt durch den Verlust der Arbeitsstelle ein Einkommen von ca. EUR 600,-monatlich beziehen.

Gemäß § 99 Abs. 1b StVO ist für die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO ein Geldstrafenrahmen von EUR 800,- bis EUR 3700,-- vorgesehen, gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO für die Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Zi.1 StVO ein Geldstrafenrahmen bis zu EUR 726,-. Aufgrund Ihrer als unterdurchschnittlich angenommenen Einkommenssituation und der vorliegenden Milderungsgründe war hinsichtlich § 5 Abs.1 StVO mit der Verhängung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe jedenfalls das Auslangen zu finden. Hinsichtlich § 52 lit.a Zi.1 StVO wurde im Lichte der identen Gründe ein Strafbetrag im unteren Rahmen (nicht einmal 10% des möglichen Strafrahmens) festgesetzt. Eine noch mildere Bestrafung war allerdings nicht mehr möglich, zumal gerade - auch entgegen Ihrer Ansicht - generalpräventive Erwägungen eine Bestrafung in dieser Höhe erforderten. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung bedingen gerade Fahrten im alkoholbeeinträchtigten Zustand Verkehrsunfälle mit oftmals schweren Personen- und Sachschäden. Zudem konnte auch mit dem Hintergrund, dass es sich offenbar um „eine ortsüblich Abkürzung" handelt und das Fahrverbot somit offenbar konsequent missachtet wird, nicht von einer vernachlässigbaren Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts ausgegangen werden. Es konnten daher schon im Interesse der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, im Interesse der Bewohner der Stechergasse und darüber hinaus auch aus spezialpräventiven Gründen keine geringeren Strafen festgesetzt werden. Die für eine Ermahnung iSd § 45 Abs.1 Z4 VStG erforderlichen Voraussetzungen lagen nicht vor.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Gründe bleibt es ihnen unbenommen bei der hiesigen Behörde (Vollzug, Sachbearbeiterin Frau B) einen Antrag auf Ratenzahlung einzubringen.“

 

 

II.1. Im Führerscheinverfahren wurde in der Sachverhaltsannahme im Ergebnis davon ausgegangen, die Beschwerdeführerin habe zu dem im Straferkenntnis erwähnten Zeitpunkt  auf Grund des vor Ort durchgeführten Atemalkoholvortests einen Atemalkoholgehalt von 0,34 mg/l ausgewiesen. Sie sei in der Folge durch ein von der Behörde hierzu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht zur Atemluftalkoholuntersuchung mit einem geeichten Messgerät aufgefordert worden. Aus gesundheitlichen Gründen (Lungenkrankheit) sei ihr die Durchführung der Atemluftalkoholmessung nicht möglich gewesen, sodass sie  dem Amtsarzt (gemeint einer Amtsärztin) vorgeführt wurde. Im Zuge der klinischen Untersuchung, welche eine Blutabnahme umfasste, sei eine Fahruntüchtigkeit aufgrund Alkohol sowie möglicherweise Suchtgift festgestellt worden. Eine Beeinträchtigung durch Suchtgift konnte, wie sich aus dem Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg vom 16.03.2015 ergeben hatte, nicht nachgewiesen werden, allerdings enthielt auch dieses Gutachten den Vermerk, dass sie zum Zeitpunkt der Blutprobenerhebung noch unter der Wirkung von Ethylalkohol gestanden hätte und somit die Fahrtüchtigkeit zum Vorfallzeitpunkt nicht mehr bestanden haben dürfte.

 

 

I.2. Der bis dahin bevollmächtigt gewesene Rechtsvertreter wendet sich mit den fristgerecht gegen das Straferkenntnis und den Führerscheinentzugsbescheid gerichteten Beschwerden.

„Es wird die Erklärung abgegeben, den angefochtenen Bescheid im Umfang des Punktes 1.) zu bekämpfen.

Der angefochtene Bescheid leidet an einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit.

Es wurde im angefochtenen Bescheid zu Unrecht erkannt, dass K L B am 22.02.2015 zwischen 16.50 und 16.51 Uhr in Linz einen Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt hat.

Die Feststellungen der Erstbehörde stützen sich auf ein Gutachten der Gerichtsmedizin einer­seits, aber auch auf ein Gutachten des polizeiärztlichen Dienstes. Beide sind jedoch nicht tragfähig.

Zum Gutachten der Gerichtsmedizin Salzburg:

Es wird in der angefochtenen Entscheidung mehrfach darauf hingewiesen, dass in dem Gut­achten vom 16.03.2015 durch die Gerichtsmedizin Salzburg festgestellt wurde, dass "von Ihnen neben Ethylalkohol auch Cannabis-Produkte konsumiert worden seien".

"Frau B stand zum Zeitpunkt der Blutprobensicherstellung jedoch noch unter Wirkung von Ethylalkohol. Ihre Fahrtüchtigkeit zum Vorfallenszeitpunkt dürfte nicht mehr bestanden haben".

Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese Worte tatsächlich so im Gutachten der Ge­richtsmedizin Salzburg verwendet wurden.

Es ist aber so, dass die Untersuchung des Armvenenblutes durch die Gerichtsmedizin Salz­burg ausschließlich eine chemische- toxikologische Untersuchung auf Drogen- und Medika­mentenwirkstoff, nicht jedoch auf Ethylalkohol war.

Weder gab es einen Auftrag dazu, noch wurde eine eigene Untersuchung durchgeführt.

Der Hinweis auf Ethylalkohol stammt von der Untersuchung mit den Alkohol-Vortests. Es wurde nicht berücksichtigt, dass es sich dabei um ein Gerät handelt, das den Alkoholgehalt der Atemluft zwar nicht bestimmt, aber einen solchen misst und anzeigt, dass daraus Rück­schlüsse auf das Vorliegen des Verdachtes einer Beeinträchtigung durch Alkohol gezogen werden können.

Zumindest ist der einzige gesetzlich zulässig Schluss der, dass der "Verdacht einer Beeinträchtigung durch Alkohol besteht", nicht jedoch die Bestätigung des Verdachtes selber.

Die Angaben und die Rückschlüsse der Gerichtsmedizin, die sich auf diese Werte stützen, müssen daher als nicht richtig angesehen werden.

Zum Gutachten der Amtsärztin:

Das Erkenntnis stützt sich weiters auf ein Gutachten der Amtsärztin.

Gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens gibt es jedoch heftige Bedenken, die bislang nicht ausgeräumt wurden.

Trotz des klaren Wortlautes des § 5 StVO wurde nicht nur von der Gerichtsmedizin, sondern auch von der Polizeiärztin das Messergebnis mit 0,34 mg/l als gegeben und Faktum hinge­nommen.

Der Polizeiärztliche Dienst hat am 20.05.2015 beginnend mit den Worten: Vorausschickend möchte ich feststellen, dass Frau B zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits durch den Einfluss von Alkohol mit einem nachgewiesenen Alkoholgehalt von 0,6%o nicht fahrtüchtig war .. eine Stellungnahme erstattet.

Die Annahme, dass der Alkohol-Vortest bereits für die Annahme einer Alkoholisierung aus­reicht, entspricht nicht den rechtlichen Bestimmungen.

Die für die den polizeiärztlichen Dienst entscheidende Annahme, dass ein Alkoholgehalt von 0,6%o nachgewiesen wurde, entspricht nicht den Tatsachen und ist daher falsch.

Weiters wird in dieser Stellungnahme ausgeführt, dazu kommt, dass die Aussagen von Frau B nicht glaubwürdig waren, da auch ein Spritzer in 10 Minuten vor dem Fahrtantritt den Alkoholisierungsgrad nicht erklärt.

Diese Aussagen, die offensichtlich die bereits vorgegebene Grundlage für die nachfolgende klinische Untersuchung war, geht, wie oben angeführt, von einer gesetzlich falschen Voraus­setzung aus.

Es war sich offensichtlich die Polizeiärztin über die wesentlichen Faktoren einer Atemluftkontrolle nicht im Klaren.

Ein unmittelbar vor Durchführung eines Testes aufgenommener Alkohol - wobei 10 Minuten durchaus als unmittelbar zu bezeichnen sind - hat direkte Auswirkungen auf das Messergeb­nis.

Hier wird nämlich tatsächlich auch der restlich vorhandene Alkohol im Mundraum, nicht je­doch ausschließlich der aus der Lunge gemessen.

Es hätte entweder eine Viertelstunde zugewartet werden müssen oder Frau B zugestan­den werden müssen, ein Glas Wasser zu trinken.

Bei beidem hätte sich dann ein tatsächlich messbares und verwertbares Ergebnis ergeben. So wurden von der Polizeiärztin zwei Fehler gleichzeitig gemacht:

        Sie hat sichtlich keine Kenntnisse davon, welche Faktoren das Messergebnis beein­trächtigen, und hat daher den falschen Schluss gezogen, dass die mehr als 0,6%o tat­sächlich gegeben sind.

        Von der rechtlichen Konsequenz des § 5 Abs. 1 im Hinblick auf das Alkoholvortestge­rät einmal ganz zu schweigen.

In dieser Sachverhaltsfeststellung finden sich auch weiters Ausführungen hinsichtlich des Rombergtests.

Wörtlich führt sie in dieser Stellungnahme aus:

Der Rombergtest zeigt nach meiner mehr als 10-jährigen Erfahrung sehr gut die Reaktionsfä­higkeit an. Eine Verzögerung von 13 Sekunden ist eine sehr stark verzögerte Reaktionsge­schwindigkeit, auch wenn das der Anwalt von Frau B anders sieht. Sehr viele der nachweislich durch Drogen beeinträchtigten Probanden haben eine Verzöge­rung von 4-5 Sekunden. Auch diese Verzögerung reicht aus, um im Straßenverkehr ein Hin­dernis zu spät wahr zu nehmen. In diesem Sinne zeigt sich wieder, dass der Gesetzgeber gut daran getan hat, die Alkoholgrenze von 0,8%o auf 0,5%o zu senken.

Was die Verzögerung durch den Romberg-Test anbelangt, so muss darauf hingewiesen wer­den, dass keine Straßenverkehrssituation bekannt ist, bei der man die Füße eng geschlossen hat, den Kopf hochgehoben, die Augen 30 Sekunden lang geschlossen, dann die Augen auf­macht, Stopp sagt, und den Kopf wieder in eine Normalposition bringt.

Der Romberg-Test ist ein neurologisches Verfahren zur Untersuchung von Störungen des Gleichgewichtsinnes, nicht jedoch der Reaktionsgeschwindigkeit.

Der Romberg-Test ist dann positiv, wenn eine Schwank- oder Fallneigung bei geschlossenen Augen auftritt oder wenn eine bereits bei offenen Augen vorhandene Schwankungs- oder Fallneigung verstärkt wird.

Auch wenn B K die Zeit von 30 Sekunden falsch eingeschätzt hat, aber sonst kei­ne Auffälligkeiten bestehen, muss ausdrücklich festgehalten werden, dass der Romberg-Test bestanden worden ist.

Die wenigsten Leute sind tatsächlich in der Lage, eine Zeitperiode richtig einzuschätzen. Zur Illustration ein kurzer Exkurs in die Nautik:

Im Bereich der Schifffahrt werden Leuchtfeuer verwendet, die sich durch die Anzahl der Lichtblitze und der Zeitdauer der Wiederholung, diese liegen im Sekundenbereich, unter­scheiden, und die anhand der Seekarten und der Leuchtfeuerverzeichnisse identifiziert werden können und somit eine Standortbestimmung ermöglichen.

Wenn man als Skipper auf See die Identifizierung der Leuchtfeuer OHNE Uhr vornimmt und dabei die Leuchtfeuer verwechselt, handelt man grob fahrlässig

Es gibt keinen wissenschaftlichen Schluss, eine Verbindung von der Fähigkeit, die Dauer von 30 Sekunden einzuschätzen einerseits und der Reaktionsgeschwindigkeit im Straßenverkehr andererseits.

Die von der Polizeiärztin, als "Verzögerung" bezeichnete Zeitspanne hat mit der Reaktionsge­schwindigkeit im Straßenverkehr nichts, aber schon gar nichts zu tun.

Die Reaktionsgeschwindigkeit selber wurde bislang noch nie in einem amtsärztlichen Verfah­ren getestet, sodass es fraglich ist, woher die Polizeiärztin ihre Erfahrung hat. Was die Pupillenweite anbelangt, muss darauf hingewiesen werden, dass nicht einmal fest­stellbar ist, ob die Pupillen überhaupt erweitert waren. Es könnte sich auch um einen Normalzustand handeln.

Was die träge Pupillenreaktion anbelangt, so ist es schon richtig, es gibt tatsächlich eine stän­dige Judikatur des VwGH, wonach eine träge Pupillenreaktion ein eindeutiges Merkmal des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung ist.

Allerdings verweisen sämtliche Entscheidungen darauf, dass eine träge Pupillenreaktion erst bei mindestens 1 %o Blutalkohol gegeben ist.

Von diesem Wert sind wir jedoch - auch nach dem Gutachten - weit entfernt. Was jetzt zwei Schlüsse nach sich zieht.

Entweder war die Messung unkorrekt (wobei nicht feststeht, wie die Zeit tatsächlich genom­men wurde) oder es liegt ein möglicher neurologischer Defekt bei K B vor.

Betrachtet man das Gutachten des amtsärztlichen Dienstes als Ganzes und objektiv, so ist ausdrücklich festzuhalten, dass das Gutachten in seiner Gesamtheit als unschlüssig zu be­trachten ist.

Was von Seiten der Verteidigung in diesem Zusammenhang überhaupt nicht verstanden wird, ist, dass die Gerichtsmedizin der LPD Linz ausdrücklich mitgeteilt hat, dass eine Auswertung des Blutes nach Ethylalkohol möglich ist, dies aber bis jetzt noch nie in Auftrag gegeben wurde.

So lobenswert der Kampf der LPD gegen die Gefahren des Alkohols auch ist, im gegenständ­lichen Fall hat sie jedoch den Sachverhalt zu Lasten von K B angenommen.

Die sachlichen Grundlagen sind für den rechtlichen Schluss, zu dem die Erstbehörde gekom­men ist, nicht ausreichend bzw. zulässig.

 

 

 

Es wird daher der

ANTRAG

 

an das . Landesverwaltungsgericht gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu be­heben.

 

Linz, am 16. August 2015 K B

 

 

III. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Verwaltungsstrafverfahren nach § 44 Abs.1 VwGVG durchzuführen. Diesem Verfahren war auch das Führerscheinverfahren einzubeziehen. Die Beschwerdeführerin erschien persönlich mit einem privat einschreitenden und eine Vollmacht vorweisenden Rechtsvertreter. Die Vollmacht mit dem ursprünglich ausgewiesenen Rechtsanwalt wurde aufgelöst.

Beweis erhoben wurde durch Verlesung der Akteninhalte, insbesondere des von der Amtsärztin auf Grund einer klinischen Untersuchung erstatteten amtsärztlichen  Gutachtens und dessen Klarstellungen vom 20.5. und zuletzt noch am Tag der Verhandlung am 21.10.2015. Die zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladene Amtsärztin war angesichts ihres Nachtdienstes bis zum Morgen des Verhandlungstages an der Teilnahme verhindert bzw. entschuldigt. Sie übermittelte jedoch eine weitere erklärende Stellungnahme.

 

 

IV.  Sachverhalt:

Die sich aus dem Akt ergebenden Fakten über den Fahrverlauf werden an sich von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Demnach lenkte sie am 22.2.2015 um 16:50 Uhr einen Pkw wobei sie  einer Polizeistreife aufgefallen war, als sie ein Fahrverbot befuhr und mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen sein soll. Dies war der Grund für eine Nachfahrt und anschließende Anhaltung durch die einschreitenden Polizeibeamten.

Die Beschwerdeführerin ist damals nach Arbeitsende als Paketzustellerin mit ihrem Firmenfahrzeug auf dem Heimweg gewesen und habe sich dabei noch etwas zu Essen besorgt. Dabei habe sie auch ein Glas Wein getrunken.

Im Zuge dieses Lokalaufenthaltes habe sie vom Ableben ihrer Mutter und deren bereits erfolgter Beerdigung erfahren. Sie habe hiervon ihre Tochter telefonisch verständigt und sei dann nach Hause gefahren, wobei sie eine Abkürzung über den Bereich eines Fahrverbotes gemacht habe. 

Sie habe sich in einer Art „seelischen Ausnahmezustand“ befunden, was wohl durchaus einen nachteiligen Einfluss auf ihr klinisches Erscheinungsbild verursacht haben mochte. Faktum ist auch, dass wohl keine (Alkohol-) Grenzwertüberschreitung vorlag, der die gesetzliche Vermutung der Fahruntauglichkeit an sich bedingt hätte. Sie hat ob des ausgesprochenen Führerscheinentzuges ihren Arbeitsplatz verloren und verfügt derzeit über eine Arbeitslosenunterstützung in Höhe von monatlich 900 Euro.

Bei der Beschwerdeführerin wurden letztlich jedoch Symptome einer Alkoholisierung (Alkoholgeruch aus dem Mund) und gerötete Pupillen festgestellt,  welche die einschreitenden Beamten als mögliche Beeinträchtigung auch durch Suchtgift deuteten. Der mittels Vortest durchgeführte Atemlufttest führte zu einem Atemalkoholgehaltergebnis von 0,34 mg/l. Aus diesem Grunde wurde die Beschwerdeführerin der Amtsärztin vorgeführt. Das der mit dem Vortester gemessene Atemluftalkoholgehalt möglicherweise auch noch niedriger gewesen sein mag, wird vom Landesverwaltungsgericht ebenfalls nicht übersehen.

Seitens der Amtsärztin erfolgte eine umfangreiche und ausführlich dokumentierte klinische Untersuchung und ebenso wurde eine Urinprobe genommen und die Abnahme von zwei Ampullen Blut durchgeführt. Eine davon dürfte aus nicht nachvollziehbaren Gründen jedoch in Verstoß geraten sein.

Das Ergebnis der klinischen Untersuchung lautete letztlich, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der amtsärztlichen Untersuchung durch Alkohol  bedingt nicht fahrtauglich war.

Das ebenfalls eingeholte chemisch toxikologische Gutachten von der Gerichtsmedizin Salzburg-Linz, vom 16.3.2015 erbrachte das zusammenfassende Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin neben dem Methylalkohol auch Cannabisabbauprodukte (vermutlich“ Haschisch“ und/oder“ Marihuana“) zu sich genommen und danach noch aktiv am Straßenverkehr teilgenommen hätte. Offenbar legte dieses Gutachten in unzutreffenderweise eine valide Feststellung einer Blut- und/oder Alkoholkonzentration zu Grunde.

Zum Zeitpunkt der Blutuntersuchung habe im Venenblut der Probandin wohl nur noch das pharmakologisch inaktive Stoffwechselprodukt von THC, THC-COOH nachgewiesen werden können. Sie sei jedoch zum Zeitpunkt der Blutprobensicherung noch unter der Wirkung von Alkohol gestanden. Ihre Fahrtüchtigkeit zum Vorfallszeitpunkt dürfte, so auch dieser begutachtende Experte, nicht mehr bestanden haben. Aufgrund der Tatsache, dass bei der Beschwerdeführerin neben Ethylalkohol auch die Droge Cannabis vermutet wurde, wurden von dieser Gutachterseite nachhaltige Auflagen betreffend sogenannter Abstinenznachweise vorgeschlagen, welchen die Behörde in wohl durchaus sachgerechter Weise nicht gefolgt ist.

 

IV.1. Die Amtsärztin führt zu deren abermaligen Stellungnahme zum ursprünglichen klinischen Gutachten am 21.10.2015 wiederum ergänzend aus:

 „1. Frau B wurde wegen dem Verdacht der Alkoholisierung zur Amtsärztlichen Untersuchung vorgeführt. Sie hat einen Vortest durchgeführt dieser ergab 0,34 mg/l - das entspricht 0,68 %o. Die rechtsgültige Alkomattestung war wegen ihrer COPD Grad II-III (Obstruktive Lungenerkrankung meist durch Rauchen) nicht möglich. Zur Testung mit dem Alkomat benötigt man jedoch lediglich 1,5 l Atemvolumen über 3 Sec.

Das schafften die meisten Menschen mit COPD jedoch problemlos. Ist dies nicht möglich liegt eventuell eine akute Verschlechterung der Grunderkrankung oder eine Koordinationsstörung durch Substanzmissbrauch oder eine bewusste Behinderung der Amtshandlung vor. In den ersten beiden Fällen muss man von einer akuten Fahruntüchtigkeit ausgehen, im letzteren Fall von Verweigerung. Siehe VwGH 2011/02/0311 - 27.4.2012. 

Aus ärztlicher Sicht verstärkt der durch die eingeschränkte Atemfunktion bedingte Sauerstoffmangel die Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit durch zentralwirksame Substanzen (Alkohol, Drogen) zusätzlich.

 

Weiters ist zu berücksichtigen, dass Frau B sehr wohl von ihrer Atemkapazität fähig war den Vortester zu bedienen. 

 

Die eingeschränkte Sauerstoffsättigung von 95 % findet man bei alkoholisierten Patienten oder eben bei Menschen mit einer Lungenerkrankung. Bei Frau B werden beide Faktoren mitgespielt haben. Zusammen mit den schon beschriebenen anderen Faktoren (Rombergtest: Verzögerung um 13 Sec. und vor allem  die träge Pupillenreaktion)verbunden mit dem Ergebnis aus dem Alko-Vortest von 0,68 %o war aus meiner Sicht Frau B zum Untersuchungszeitpunkt nicht mehr in der Lage ihr Fahrzeug mit der nötigen Sicherheit und Aufmerksamkeit im Straßenverkehr zu bewegen.

 

(Hervorhebung in Fettschrift vom Unterfertigten) 

 

2. Aus meiner Erfahrung und auch aus den Schulungen in Wien (HR Dr. F) weichen die Vortestergebnisse vom tatsächlichen Akomatergebnis nur geringfügig ab. Laut Hersteller beträgt die Abweichung +/-  0,05 %o (siehe Anhang).  Dies würde bei Frau B immer noch einen Alkoholgehalt von 0,63 %o ergeben. Also immer noch deutlich über dem gesetzlichen Grenzwert. Und wie schon in meiner Stellungnahme erwähnt, benötigt es wesentlich mehr Alkohol um diesen Wert zu erreichen als einen Spritzer.  Laut Wildmark/Fous-Formel würden wir bei dem Alkoholgehalt bei einer Frau (abzüglich des Resorptionsdefizits und den Abbaues - Frauen bauen ca. 0,1%o pro Stunde ab) von mindestens 30- 40 g reinen Alkohols - getrunken in einem kürzeren Zeitraum,  ausgehen. Das entspricht am ehesten 2 halben Bier oder 3-4 Gläser Wein oder 4 große Schnäpse.

 

(die Grafik an dieser Stelle mit Standardgläser wird, wie ebenfalls die fachlichen Ausführungen zum Atemluftmessgerät als nicht relevant nicht abgebildet). 

 

3. Laut Gerichtsmedizinischen Gutachten war zum Zeitpunkt der Blutabnahme zwar keine aktive THC-Substanz im Blut mehr vor, sehr wohl aber noch inaktive Metaboliten. Das bedeutet, dass der Konsum von Cannabis auch noch nicht sehr lange zurücklag. Im Harn sind diese Metaboliten bis zu 3 Wochen nachweisbar. Eine akute Beeinträchtigung durch illegale Drogen liegt  also im vorliegenden Fall nicht vor. Dennoch ist zu hinterfragen ob der Konsum ein einmaliges Ereignis war oder doch regelmäßig stattfindet. Aus diesem Grund hat der Gerichtsmediziner eine verkehrsmedizinische Überprüfung der Verkehrszulässigkeit sowie eine engmaschige Kontrolle der Drogen - und Alkoholabstinenz empfohlen. 

 

 

IV.2. Beweiswürdigung:

Die Beschwerdeführerin macht anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung  einerseits durchaus glaubhaft, dass diese Fahrt unter sehr unglücklichen Umständen ob ihres psychischen Zustandes stattgefunden hat, wobei sie sich objektiv besehen nicht beeinträchtigt gefühlt haben dürfte oder davon ausgehen hätte müssen.  Auch das Vortestergebnis lässt es als erwiesen erachten, dass keine Grenzwertüberschreitung im Sinne des § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 StVO vorlag, wohl aber – wie amtsärztlich schlüssig und glaubhaft festgestellt - eine Beeinträchtigung durch kumulative Einwirkung (auch) von Alkohol. In diesem Punkt war dem amtsärztlichen Gutachten zu folgen gewesen, bzw. fand das Landesverwaltungsgericht keinen wie immer gearteten Anhaltspunkt die diesbezüglichen Angaben einer forensisch umfassend ausgebildeten Ärztin  in Zweifel zu ziehen.

Da jedoch durchaus wahrscheinlich ist, dass durch die unmittelbar vorausgegangene Todes- und Beerdigungsmitteilung der Mutter der Beschwerdeführerin dieses klinische Bild verfestigt worden sein mag, wird in dieser Beeinträchtigung ein geringer Grad des Verschuldens erblickt.

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Zum Verwaltungsstrafverfahren:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf ein Kraftfahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Gemäß § 99 Abs.1b StVO begründet dies eine mit 800 bis 3.700 Euro zu bestrafende Verwaltungsübertretung.

Im Strafausspruch ist auf  § 19 Abs. 1 VStG, BGBl. I, Nr. 33/2013 zu verweisen. Diesem zur Folge ist Grundlage für die Bemessung der Strafe, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögen- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann unter Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100). Die Beschwerdeführerin hat sich hier unmittelbar nach der Information des Todes und bereits der erfolgten Beerdigung ihrer Mutter in einem seelischen Ausnahmezustand befunden, was ihre Fahrtauglichkeit und objektiv daher wohl auch ihr klinisches Zustandsbild negativ beeinflusst haben mochte. Faktum ist auch, dass keine Grenzwertüberschreitung vorlag, der die gesetzliche Vermutung der Fahruntauglichkeit zwingend bedingt. Letztlich zeigte sich die Beschwerdeführerin auch nicht uneinsichtig, wenngleich sie meinte mit der ärztlichen Beurteilung wäre ihr mit Blick auf den Verlust des Arbeitsplatzes objektiv Unrecht geschehen. Wirtschaftliche und berufliche Interessen müssen in diesen Fällen gegenüber den Interessen der Verkehrssicherheit zurücktreten (vgl. VwGH 19.3.2001, 99/11/0328 mit Hinweis auf VwGH 24.8.1999, 99/11/0166).

Das Landesverwaltungsgericht übersieht auch nicht die zusätzlich mit der begleitenden Maßnahme (Verkehrscoaching) einhergehende zusätzliche finanzielle Belastung, die sie als Bezieherin eines nur geringen Monatseinkommens durchaus einmal sehr hart treffen mag. Auch vor diesem Hintergrund war mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot  die Anwendung des § 20 VStG geboten. 

 

 

V.1. Zum Führerscheinverfahren:

Gemäß § 26 Abs.1 Z1 FSG ist bei erstmaliger Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.1b StVO  - wenn es sich nicht um Fahrzeuge der Klasse C oder D handelt  und keine Übertretungen im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 und 2 FSG vorliegt -  die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens einem Monat zu entziehen.

Gegenständlich handelte es sich um eine erstmalige Übertretung des § 99 Abs.1b StVO und es war somit mit der gesetzlich vorgesehenen Mindestentzugsdauer das Auslangen zu finden.

Auch die mit diesem Entzugstatbestand anzuordnenden  begleitenden Maßnahmen zum Entzug der Lenkberechtigung sind ebenfalls gesetzlich zwingend. Die angeordneten Maßnahmen sind gesetzliche Folgen der Übertretung nach § 99 Abs.1 StVO iVm § 24 Abs.3 FSG und stehen daher weder zur behördlichen noch zur gerichtlichen Disposition.

Grundsätzlich kann daher auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Behörde verwiesen werden.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. H. B l e i e r