LVwG-840067/4/KLi/Rd

Linz, 30.10.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Karin Lidauer über den Antrag der A x S ans S GmbH, x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, x, vom 27. Oktober 2015 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der X L GmbH betreffend das Vorhaben "Erneuter Aufruf zum Wettbewerb zur Rahmen­vereinbarung der X B gesmbH für X-D 2012, Los 22, GZ: 3602.01718",

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Dem Antrag wird gemäß §§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und der Auftraggeberin X L GmbH die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 27. Dezember 2015, untersagt.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Eingabe vom 27. Oktober 2015 hat die A x S ans S GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zu­schlags-entscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftrag­geberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 3.000  Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hierzu aus, dass es sich gegenständlich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich handle. Auftraggeberin und zivilrechtlicher Vertragspartner sei die X L GmbH. Die Zuschlagsentscheidung sei der Antragstellerin am 15. Oktober 2015 per Fax übermittelt worden. Von der Auftraggeberin sei erst nach Aufforderung mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 eine anonymisierte Bewertungstabelle der Kann-Kriterien der präsumtiven Bestbieterin offengelegt worden. Der Nach-prüfungsantrag sei jedenfalls rechtzeitig.

 

Die Antragstellerin bekundete ihr Interesse am Vertragsabschluss, zumal die ausgeschriebenen Leistungen in ihrer zentralen Geschäftstätigkeit liege. Zudem erleide sie durch die Entscheidung der Auftraggeberin einen Schaden durch die Nichtabdeckung des projektgegenständlichen Deckungsbeitrages samt entgangenem Gewinn sowie durch die zwischenzeitig aufgelaufenen Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren, der erforderlichen Rechtsberatung sowie den entrichteten Pauschalgebühren. Zudem drohe auch der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Weiters erachte sich die Antragstellerin im Recht auf

-           Durchführung einer ausschreibungs- und vergaberechtskonformen Ange­bots­prüfung und –bewertung, insbesondere auf Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung und eines vergaberechtskonformen Aufklä­rungs­gesprächs ohne nachträglich eingeräumte Verbesserungsmöglichkeit, auf Einhaltung des Verbots der Verbesserung des Angebots nach Angebotsöffnung;

-           Ausscheiden von Angeboten von Bietern, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen;

-           Ausscheiden von Angeboten, die eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweisen;

-           Zuschlagserteilung;

-           Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens;

-           Widerruf bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen,

verletzt.

   

Die angefochtene Entscheidung sei für den Ausgang des Verfahrens von wesentlichem Einfluss, weil bei Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausgeschieden und die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin getroffen hätten werden müssen.

 

Zum Sachverhalt wurde nachstehend ausgeführt, dass die Auftraggeberin auf Basis der Rahmenvereinbarung der X "X-D 2012" für das Los 22 einen erneuten Aufruf zum Wettbewerb nach dem Bestbieterprinzip durchführe, wobei sich an diesem erneuten Aufruf von den sechs Parteien der Rahmenvereinbarung für das Los 22 nur zwei Unternehmer, und zwar die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin, beteiligt haben.

 

Zur Bewertung der Angebote seien die Zuschlagskriterien in Pkt. 4.10.1. der Ausschreibungsunterlage festgelegt worden.

 

Die Antragstellerin habe am 18. August 2015 fristgerecht ein Angebot gelegt. Mit Schreiben vom 10. September 2015 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass die Auftraggeberin beabsichtige, der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Nähere Informationen über die Bewertung des Bestangebots seien in dieser Zuschlagsentscheidung nicht enthalten gewesen. Insbesondere habe die Antragstellerin keine Informationen darüber gehabt, wie viele Punkte sie bei der Qualität ("Kann-Kriterien) erreicht habe.

 

Mit Schreiben vom 15. September 2015 wurde die Zuschlagsentscheidung vom 10. September 2015 zurückgenommen.

 

Am 28. September 2015 habe ein Aufklärungsgespräch stattgefunden, in welchem einzelne von der Antragstellerin genannte Schlüsselpersonen und deren Berufserfahrung besprochen worden seien. Der Antragstellerin sei auch zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen, mit wie vielen Qualitätspunkten ihr Angebot bewertet worden sei. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 sei die Antragstellerin aufgefordert worden, weitere schriftliche Aufklärung zu den besprochenen Schlüsselpersonen und deren Referenzen zu übermitteln. Dieser Aufforderung wurde fristgerecht nachgekommen. Der Antragstellerin sei am 8. Oktober 2015 seitens der Auftraggeberin mitgeteilt worden, dass ihr Angebot 49 Bewertungspunkte hinsichtlich der Qualität erreicht habe.

Am 15. Oktober 2015 sei die nunmehr angefochtene Zuschlagsentscheidung zugunsten der X-S A übermittelt worden. Die Zuschlagsentscheidung enthalte nur die Vergabesumme (1.348.699,00 Euro) sowie die Information, dass X-S und A nunmehr Punktegleichstand bei den Qualitätspunkten hätten, sowie dass es jeweils einen Qualitätspunkt Abzug bei dem Bieter X-S für das in Pkt. 3.2. im Angebot genannte Personal bzw. bei A für das bei Pkt. 3.9. im Angebot genannte Personal gegeben habe.

Aufgrund der Tatsache, dass die Zuschlagsentscheidung nicht die in § 131 BVergG 2006 geforderten inhaltlichen Angaben beinhalte und aufgrund des Verdachts, dass T-S ihr Angebot nach Abgabe im Zuge des/nach dem Aufklärungsgespräch in unzulässiger Weise geändert habe, sei die Auftraggeberin von der Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 aufgefordert worden, die Bewertung der Angebote nochmals zu überprüfen und den Bietern eine neue Zuschlagsentscheidung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Anforderungen mitzuteilen. Die Auftraggeberin sei weder der einen noch der anderen Aufforderung der Antragstellerin nachgekommen. Vielmehr habe die Auftraggeberin von der Antragstellerin die Zustimmung zur Offenlegung ihrer Angebotsbewertung gegenüber der Bestbieterin begehrt, was von der Antragstellerin verweigert worden sei. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 habe die Auftraggeberin – gestützt auf die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse – der Antragstellerin eine anonymisierte Bewertungsmatrix der präsumtiven Zu­schlags­empfängerin übermittelt, aus der sich lediglich die Qualitätspunkte ablesen gelassen haben. Die Punktevergabe könne aber immer noch nicht nachvollzogen werden. Außerdem sei bis heute keine Erklärung dazu abgegeben worden, in welchem Ausmaß und mit welcher Begründung die ursprüngliche Bewertung der Antragstellerin verändert worden sei, sodass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nunmehr als Bestbieterin hervorgegangen sei.

 

Als Gründe, auf die sich die Rechtswidrigkeit stützt, wurden von der Antragstellerin die nicht nachvollziehbare Bewertung der Qualitätskriterien des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, die mangelnde vertiefte Preisprüfung sowie die nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, genannt. Zu ersterem Grund wurde vorgebracht, dass O K in Pkt. 3.6. der "Kann-Kriterien" sowohl von der Antragstellerin als auch von der präsumtiven Bestbieterin als Schlüsselperson genannt worden sei. Aus diesem Grund sei O K auch der Auftraggeberin im Aufklärungsgespräch als "nicht entscheidungsrelevant" bezeichnet worden, weil er logischerweise in beiden Angeboten die gleichen Punkte erhalten müsse. Daher habe die Antragstellerin im Schreiben vom 6. Oktober 2015 dazu keine weiteren Ausführungen gemacht; anders hingegen offensichtlich die präsumtive Bestbieterin. Dies zeige die der Antragstellerin vorliegende Bewertung ihres eigenen Angebots, wo für O K – in unberechtigter Weise – 2 Punkte vergeben werden. Nach dem der Antragstellerin bekannten Lebenslauf wäre die praktische Berufserfahrung von O K richtigerweise nur mit 1 Punkt zu bewerten gewesen. Schon aus diesem Grund liege die Vermutung nahe, dass auch andere Schlüsselpersonen der präsumtiven Bestbieterin unrichtig bewertet wurden.

Des Weiteren spreche die Auftraggeberin beispielsweise bei der Projekt­managerin und auch bei anderen Schlüsselpersonen der Antragstellerin davon, dass weitere Referenzen nachgereicht worden seien und daher die volle Punkteanzahl angerechnet werden konnte. Dies sei unrichtig. Im Rahmen der Aufklärung habe die Antragstellerin die Tätigkeiten der genannten Schlüssel­personen nur präzisierend aufgeklärt, jedoch keine neue Referenzen genannt.

 

Aufgrund dieser Formulierung in der Bewertungstabelle des Angebotes der Antragstellerin liege jedoch der Schluss nahe, dass die Auftraggeberin sehr wohl neue Referenzen oder auch neue Schlüsselpersonen bei der präsumtiven Bestbieterin zugelassen habe. Ein solches Vorgehen sei aber jedenfalls vergabe­rechtswidrig.

 

Bezüglich der mangelnden vertieften Preisprüfung wurde ausgeführt, dass das Angebot der Antragstellerin 1.627.000,00 Euro und jenes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin 1.348.699,00 Euro betrage und somit 17,11% unter dem Angebot der Antragstellerin liege.  Aufgrund dieser Preisdifferenz wäre die Auf­trag­geberin verpflichtet gewesen, eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. Der Antragstellerin würden keine Informationen darüber vorliegen, dass eine solche durchgeführt worden sei. Die Antragstellerin, die neben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als einzige noch ein Angebot abgegeben habe, sei auch nie zur Preisaufklärung aufgefordert worden, sodass davon auszugehen sei, dass auch die präsumtive Bestbieterin zu keinem Zeitpunkt zur Aufklärung ihrer Preise aufgefordert worden sei.

 

Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Zuschlagsentscheidung schon dann für nichtig zu erklären, wenn ein Auftraggeber das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht vertieft prüfe, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre.

 

Aufgrund der dargestellten Preisdifferenzen sei auch von einem nicht ange­messenen Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszugehen. Ein derart niedriger Gesamtpreis könne nach Ansicht der Antragstellerin nicht betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sein.

 

Dies zeige sich schon aus dem Vergleich des angefochtenen Gesamtpreises der präsumtiven Bestbieterin zu den im Rahmen des Verfahrens zum Abschluss der Rahmenvereinbarung angebotenen und bekannten Preise für die gegen­ständlichen Rollen (SAP Senior Entwickler, SAP Senior Consultant und SAP Projektmanager). Setze man nämlich die aus der Rahmenvereinbarung be­kannten Tagessätze der präsumtiven Zuschlagsempfängerin – die über den Tagessätzen der Antragstellerin liegen – bei den für das x anzubietenden Mengen ein, müsste sich mindestens ein Gesamtpreis von 1,73 Mio. Euro und nicht von 1.348.699,00 Euro ergeben.

 

Vergleiche man die im Rahmen des Vergabeverfahrens zum Abschluss der Rahmenvereinbarung angebotenen Preise zu den genannten Rollen der Antrag­stellerin mit ihrem Angebot im gegenständlichen Verfahren, ergebe dies eine nicht nachvollziehbare Preisreduktion von 18% bzw. 22% (ohne den in der Rahmenvereinbarung angebotenen Rabatt).

 

Eine derartige Preisreduktion sei betriebswirtschaftlich nicht erklärbar. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die Rahmenvereinbarung bereits im Jahr 2012 abgeschlossen wurde und hier offensichtlich eine entsprechende Valorisierung der Preise nicht vorgenommen wurde. Zum anderen seien beim gegenständ­lichen Aufruf spezielle Experten gefordert, die ihre Leistungen überdies zum Großteil vor Ort in Linz zu erbringen haben und die keinesfalls zu einem derart reduzierten Preis die geforderte Leistung erbringen können.

 

Hätte die Auftraggeberin ihrer Verpflichtung zur vertieften Angebotsprüfung entsprochen, hätte sie feststellen können, dass der angebotene Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nicht nachvollziehbar sei. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre daher auch aufgrund ihrer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises auszuscheiden gewesen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zunächst auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass einer einstweiligen Untersagung der Zuschlagserteilung kein allfälliges besonderes Interesse der Auftraggeberin entgegenstehen würde. Es finde sich auch kein Hinweis in den Ausschreibungsunterlagen, dass mit dem Vorhaben nicht bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens zugewartet werden könnte. Zudem würde die einstweilige Aussetzung für die Auftraggeberin keine unverhältnismäßige Belastung darstellen. Öffentliche Interessen, etwa die Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum, vermögen in diesem Fall nicht die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu verhindern, da im konkreten Fall keine und überdies auch keine aktuelle Gefährdung vorliege.

 

Die Schädigung des Interesses der Antragstellerin durch die Zuschlagsentschei­dung und die bevorstehende Zuschlagserteilung drohe unmittelbar.

 

Da wesentliche Interessen bei Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlags­empfängerin gefährdet seien, eine vorläufige Maßnahme keinerlei (berücksichti­gungs­würdige) Interessen der Auftraggeberin schädige und auch sonst keine öffentlichen Interessen an der Fortführung des Vergabeverfahrens bestehen, habe die Interessensabwägung zugunsten der Antragstellerin auszufallen.        

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die X L GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Mit Stellungnahme vom
29. Oktober 2015 wurde bekannt gegeben, dass nicht nur in die wirtschaftlichen Interessen der X L GmbH, als Auftraggeberin, sondern auch Interessen der Öffentlichkeit, insbesondere auch wirtschaftliche Interessen des L O und der S L als Eigentümerinnen der K U GmbH, an einer nicht zeitgerechten Zusammenführung der drei bestehenden unterschiedlichen klinischen Informationssysteme (samt Schnittstellen) zu einem klinischen System (i.s.h. med) durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eingegriffen werden würde, welche nicht unerhebliche finanzielle Nachteile nach sich ziehen würde, zumal die präsumtive Zuschlagsempfängerin das in ihrem Angebot zugesicherte Personal vorhalten müsse.

 

Die X-D seien erforderlich für die Gewährleistung einer zeitgerechten technischen Zusammenführung der drei eigenständigen Krankenhäuser (A K der S L, L- und K L und L-N W-J) zu einem einzigen Klinikum. Das U und damit die Zusammenlegung und Vereinheitlichung der Standorte stehe im öffentlichen Interesse und im Fokus der oberösterreichischen Politik. Eine verspätete Zusammenführung sei neben dem enormen öffentlichen Imageverlust für das K mit erheblichen Zusatzkosten verbunden. Zur Überbrückung der Zeit zwischen Klinikumstart 1.1.2016 und finaler Bereitstellung der gemeinsamen Lösung sei ein spezielles Szenario konzeptioniert und implementiert worden. Ein längeres Aufrechterhalten dieses Übergangsszenarios verursache im Vergleich zur Umstellung erhebliche Kosten. Kosten, die sich ergeben bei der Realisierung von gesetzlichen neuen Anforderungen oder sonstigen verpflichtenden Neuerungen, da die erforderliche Funktionalität in mehreren Systemen abzubilden sei – damit auch Kosten (möglicherweise stranded costs für Lizenzen, Einführungsaufwand und nach der erfolgreichen Integration sogar noch Abbaukosten) für den bisherigen Träger zweier Häuser. Für den Betrieb der Krankenhäuser bedeute das Übergangsszenario einen Entwicklungsstopp (mit Ausnahme der verpflichtenden Neuerungen) – dies heißt längerfristig weder notwendige technische Optimierungen noch Innovationen möglich und damit ein Verlust an Ansehen im internationalen Vergleich.

Des Weiteren sei der Betrieb eines U eng gekoppelt mit den Interessen der x L. Neben den anstehenden berechtigten Bedürfnissen der StudentInnen (ab Herbst 2016 in Linz auf dem M C/N C) würden auch die Anforderungen aus Forschung und Lehre auf längere Sicht nicht umgesetzt werden können, da das klinische System Voraussetzung sei, falls man keine kostenintensive Doppel-implementierung vorsehe.

 

Da neben dem klinischen System auch die Finanzwirtschaft betroffen sei, bedeute jede Verzögerung automatisch einen Zeitverlust von zumindest einem Jahr gegenüber den bestehenden Planungen (Start mit einem Stichtag 1. Jänner erforderlich).

 

Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung würde jedenfalls auch in die berechtigten Interessen des mit diesem Vergabeverfahren ermittelten Bestbieters eingreifen.

 

Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass die von der Antragstellerin gewählte Vorgehensweise in nicht unerheblichem Ausmaß (finanzielle und volkswirtschaftliche) Interessen der Auftraggeberin bzw. der Öffentlichkeit, insbesondere durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung schädige und  nicht das gelindeste Mittel darstelle.

 

Es wird daher beantragt, von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 11 Oö. VergRSG 2006 abzusehen und den Gebührenersatzanspruch abzu­weisen.        

 

3.  Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs. 2 Z 2 lit.c B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die X L GmbH steht laut Firmenbuchauszug zu 90% im Eigentum der S L, und zu jeweils 1% im Eigentum der x A K der S L GmbH, der A E L GmbH, der I L GmbH, der L V mbH und der x S L GmbH sowie zu 5 % im Eigentum der M L GmbH, und ist sohin öffentliche Auftraggeberin im Sinn des Art.14b Abs.2
Z 2 lit.c B-VG, sodass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.    

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Ver­fügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerde­punkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages sind die Bestim­mungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung ent­standene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antrag­stellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial-verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Die von der Auftraggeberin vorgebrachten Gründe, dass ein enormer öffentlicher Imageverlust drohe, sowie das erhebliche Kosten – welche im Übrigen nicht verifiziert wurden - für ein längeres Aufrechterhalten des Übergangsszenarios entstehen würden, begründen noch nicht das Überwiegen ihrer Interessen gegenüber jenen der Antragstellerin. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungs-gerichtshofes zu berück­sichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsver­fahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen  durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Karin Lidauer