LVwG-750302/4/MB

Linz, 03.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-750302/4/MB                                                                    Linz, 3. Dezember 2015

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des P B, geb. x, vertreten durch Dr. B W, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. September 2015, GZ: Sich40-11372, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltskarte“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 9. September 2015,  GZ: Sich40-11372, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 5. März 2015 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltskarte“ abgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes Nachfolgendes aus:

 

Sachverhalt:

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Sie besitzen nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, sind kosovarischer Staatsangehöriger und sind somit Fremder gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 NAG. Sie sind derzeit in der x, aufhältig.

Sie wurden am 02.03.2010 erstmals von Beamten der Polizeiinspektion Engelhartszell, als Lenker eines Ford Escort, mit dem Kennzeichen X, einer Verkehrs und Personenkontrolle unterzogen. Sie wiesen sich mit einem kosovarischen Reisepass, in dem sich ein nationales slowenisches Reisevisum befand und einer gültigen kosovarischen Identitätskarte, sowie einen UNMIK Führerschein, mit der Nr. x, aus. Einen gültigen Einreise oder Aufenthaltstitel für Österreich oder einen anderen Schengenstaat, konnten Sie nicht vorweisen. Sie wurden von der Polizei festgenommen und der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt. Sie gaben bei der Einvernahme an, dass Sie sich erst seit dem 01.03.2010 im Bezirk Schärding aufhalten und bei einer Familie A in T wohnen.

 

Noch am 02.03.2010 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding als Fremdenpolizeibehörde, unter der Aktenzahl Sich41-45-2010Hk, ein „Bescheid zur Ausweisung aus dem Gebiet der Republik Österreich" erstellt. Diesen Bescheid haben sie am 2. März 2010 um 16:15 Uhr, persönlich übernommen. In weiterer Folge wurde Ihre Ausreise vorbereitet Sie haben am 03.03.2010, mit dem Austrian Airlines Flug Nr. 777, Abflugzeit 13:40 Uhr, Österreich verlassen. Ihre Ausreise wurde durch Polizeibeamte der PI Münzkirchen und Engelhartszell überwacht und verlief ohne Vorkommnisse.

 

In einem Schreiben vom 20.08.2010 wurde Ihnen von der Bezirkshauptmannschaft Schärding, unter der Aktenzahl Sich96-61-2010, eine Aufforderung zur Rechtfertigung, an die Adresse A, deren Empfang Sie am 30.08.2010 persönlich quittiert haben, zugesendet. In diesem Schreiben werden Sie aufgefordert, sich innerhalb 14 Tagen, schriftlich oder persönlich, zu dem Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach den §§ 31 Abs. 1 Z 1 und 120 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung von BGBl. I Nr. 135/2009, zu rechtfertigen. Eine Rechtfertigung, zu der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung, ist nicht erfolgt.

 

Am 29.07.2010 stellten Sie in der Österreichischen Botschaft in Skopje, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger". Dieser Antrag wurde an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung weitergeleitet und ist dort am 10.August eingetroffen. In der Bezirkshauptmannschaft Schärding langte der Antrag am 12. August 2010 ein. Im Anhang des Antrages befanden sich die Kopien diverser Urkunden, welche Sie im Original bei der Antragstellung in Skopje beigelegt hatten. Dabei geben Sie an, Familienangehöriger von Frau T-B J, vormals T, geb. am x zu sein, welche Sie laut beiliegender Urkunde, am x, in S geheiratet haben angegeben. Frau T-B war zum Zeitpunkt Ihrer Antragstellung noch nicht 21 Jahre alt. Als beabsichtigten Wohnsitz in Österreich, haben Sie x, X/1, angeführt. Bei den beigestellten Urkunden befinden sich ferner der Staatsbürgerschaftsnachweis, der Nachweis über die Höhe der Lehrlingsentschädigung, und der Grundbuchsauszug "x" T, mit der Einlagezahl x von Frau T. In der Beantwortung des Fragebogens der Bereiche Schule und Beruf, geben Sie an, dass Sie Männlich, 20 Jahre und verheiratet seien, sowie geringe Deutschkenntnisse haben, eine Sekundärschule/allgemeinbildend abgeschlossen haben und noch nie gearbeitet haben. Unter der Rubrik bisherige "strafrechtliche Verurteilungen" geben sie "keine" an.

 

Im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Erhebung durch Beamte der PI Engelhartszell und Schärding am 24.06.2010, in X, wegen einer eventuell geführten Scheinehe wurde festgestellt, das sich nur J T und ihre Mutter im Haus befinden. Herr P B befand sich noch im Kosovo. Bei einer freiwilligen Nachschau im Wohnhaus konnten keinerlei Utensilien des P B vorgefunden werden.

 

Ihre Frau, T-B J geboren am x, ist am x verstorben.

 

Am 05.03.2015 stellten Sie einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte. Neben der Angabe Ihrer persönlichen Daten, legten sie Ihren Reisepass mit der Nummer X, gültig bis 20.02.2024 vor. Als Wohnsitz gaben Sie die X Nr. 1 in x an. Zu den Angaben über den Aufenthalt des Antragstellers in Österreich haben sie „sonstiger Angehöriger des EWR Bürgers" angekreuzt. Bei den „Angaben zum EWR Bürger" nannten Sie Frau A B, österreichische Staatsbürgerin, geb. am x. Sie haben diesen Antrag am 05.02.2015 persönlich unterzeichnet und abgegeben.

 

Mit Posteingang vom 25.03.2015 erreichte uns ein Schreiben ihres Rechtsvertreters Dr. B W, x.

 

Das Schreiben beinhaltet eine „Western Union" Überweisungsbestätigung Nr. x vom 17.09.2010 in der Höhe von 300,00 Euro an Sie, nach Kosovo, eine weitere Überweisung vom 02.03.2010           in der Höhe von 200,00 Euro, eine Bestätigung über 200,00 Euro am 28.01.2012 und eine weitere Bestätigung einer Überweisung von 05.10.2012 in der Höhe von 200,00 Euro. (Im Zeitraum von 17.09.2010 bis 05.10.2012 eine Summe von 900,00 Euro). Die Heiratsurkunde und die Geburtsurkunde Ihrer am 10.08.2010 verstorbenen Gattin J T legten sie bei. Ein Rentenbescheid für B A, der „Deutschen Rentenversicherung in welchem eine Jahresrente von 41,76 Euro bestätigt wird legten Sie ebenfalls bei. In einer Bescheinigung des Versicherungsverlaufes in Deutschland, an die PVA Oberösterreich, vom 11.10.2007 weist folgende Versicherungszeiten auf: Schwangerschaft, 26.03. - 31-05.1991, 01.06. - 30.06.1991, 01.07. - 02.07.1991, Krankheit, 03.06. - 31.07.1994, und 01.08. - 07.08.1994. Anrechnungszeiten. Arbeitszeiten sind vom 13.05.2003 - 30.06.2003, vom 01.07.2003 -31.07.2003 und 01.08.2003 - 02.08.2003 registriert. Für die Rentenberechnung in Deutschland wurden, da auch nur angefangene Monate berücksichtigt werden, 12 Monate zugrunde gelegt. In Ihrem „Vorbringen und Urkundenvorlage" weisen Sie auf die vorgenannten beigefegten Urkunden hin und erklären 1. einen Rentenanspruch auf 4 Monate Versicherungszeit. Sie bringen unter 2. weiter ein, dass Sie wegen einer schlecht belüfteten Produktionshalle vorzeitig ihren länger geplanten Arbeitsaufenthalt in Deutschland abgebrochen haben und dass Ihre Tochter J, in der Obhut ihrer Großmutter, in T blieb. Sie weisen 3. auf die Geburtsurkunde ihrer verstorbenen Gattin, J T hin. Zu 4. beschreiben Sie die Heiratsurkunde, bei der der Name des Vaters fehlt. In Punkt 5. weisen Sie auf Bestätigungen von Überweisungen der „Western Union an Sie, durch Frau B A, in der Zeit von 2010 bis 2012 hin, wobei in einem Fall, die Überweisung von einer E, einer Freundin von Frau A erfolgte. In Punkt 6. erwähnen Sie den Meldezettel aus T, und stellen fest dass Ihre Schwiegermutter B A das Freizügigkeitsrecht tatsächlich und effektiv ausgeübt habe und Sie (ihren Schwiegersohn) tatsächlich im Kosovo unterstützt habe.

 

Mit Schreiben vom 26.08.2015 wurden sie von der geplanten Abweisung Ihres Antrages verständigt und aufgefordert, allfällige Einwände innerhalb 14 Tagen darzulegen. In Ihrem Antwortschreiben vom 07.09.2014 mit Posteingang 08.09.2014 haben Sie in Form einer „Urkundenvorlage und Stellungnahme" diese Möglichkeit genutzt.

 

In dieser Stellungnahme teilen sie mit, dass Herr B sehr wohl ein Einkommen in Österreich hat und weisen dabei auf eine Witwerrente in Höhe von 253,72 € monatlich und einen einmaligen Teilersatz für Bestattungskosten in Höhe von 1.175,99 € hin. Die jeweiligen Bescheide Nr. 3686 070591-002 für die Bestattung mit Adresse B A und Nr. 5763 170182-001 für die Witwerrente für P B, ausgestellt jeweils von der der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA), legten Sie bei. Des Weiteren teilten Sie uns mit, dass Sie zu 2/3 Eigentümer des Hauses und Ihre Schwiegermutter zu 1/3 sind. Das Einkommen Ihrer Schwiegermutter beziffern Sie mit Pflegegeld der Stufe 5 in der Höhe von 902,30 €. Sie rechnen vor, dass Sie zusammen mit Ihrer Rente von 253,72 € und einer Zahlung aus dem Pflegegeld Ihrer Schwiegermutter in Höhe von 618,59 € mühelos die fehlenden -Differenz auf den Ausgleichszulagenrichtsatz, von derzeit 872,31 €, erreichen. Sie bezeichnen auch die Annahme einer Unterstützung Ihrer Schwiegermutter von 0,71 € täglich als Unterhalt in den Kosovo als falsch. Sie begründen dies mit der Feststellung, dass außer den sehr gebührenintensiven Western Union Überweisungen, auch Geld durch Boten (Schwester/Schwager) an Sie weitergeleitet wurde. Eine Ziffer, welche Höhe diese durch Boten überbrachten Geldbeträge hatten, gaben Sie nicht bekannt. Sie schlugen dazu eine Einvernahme Ihrer Schwester und Ihres Schwagers vor. Sie weisen auch noch auf die Tätigkeiten und Versicherungszeiten Ihrer Schwiegermutter in Deutschland hin und erklären, dass Diese Ihr Aufenthaltsrecht nach Richtlinie 2004/38/EG mehr als drei Monate ausgeübt hat. Die Kriterien nach § 11 Abs. 3 NAG sind demnach erfüllt. Sie und Ihre Schwiegermutter seien aufeinander angewiesen und die Schwiegermutter müsste in ein Pflegeheim, wenn die häusliche Pflege nicht mehr möglich ist. Die Kosten für die öffentliche Hand wären höher als die Kosten der Betreuung durch Sie. Ihr Verständnis mit Ihrer Schwiegermutter sei sehr gut, sonst hätte Sie Sie nicht zur Pflege herangezogen. Sie sind Miteigentümer des Hauses in T und Ihr Privatleben sei auf jeden Fall schützenswert.

 

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei, aus den, bei den Antragstellungen vorgelegten, bzw. nachgereichten Unterlagen, dem Bericht über die fremdenpolizeilichen Erhebungen der Polizeiinspektion Engelhartszell, sowie durch Einsicht in das zentrale Melderegister und eine Abfrage im Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem "EKIS". Ihrem Vorbringen mit Urkundenvorlage vom 24.03.2015 mit der Bescheinigung des Versicherungsverlaufes Ihrer Schwiegermutter in Deutschland, dem Rentenbescheid Ihrer Schwiegermutter, den Überweisungsbelegen, einer Geburtsurkunde, einer Heiratsurkunde und einem Melderegisterauszug. Ein Versicherungsdatenauszug der Schwiegermutter, der Urkundenvorlage und Stellungnahme vom 07.09.2015 und den Akteninhalt Sich40-11372.

 

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Relevante Rechtsvorschrift des NAG:

            §54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

            (2)        Zum Nachweis des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1. nach § 52 Abs. 1 Z 1: ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft;

2. nach § 52 Abs. 1 Z 2 und 3; ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären 2   Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung.

            (3)        Das Aufenthalts recht der Angehörigen gemäß Abs. 1 bleibt trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

            (4)        Das Aufenthaltsrecht von minderjährigen Kindern eines unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt auch nach dem Tod oder nicht bloß vorübergehenden Wegzug des EWR-Bürgers bis zum Abschluss der Schulausbildung an einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule erhalten. Dies gilt auch für den Elternteil, der Drittstaatsangehöriger ist, sofern dieser die Obsorge für die minderjährigen Kinder tatsächlich wahrnimmt.

            (5)        Das Aufenthaltsrecht der Ehegatten oder eingetragenen Partner, die Drittstaatsangehörige sind, bleibt bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe oder Auflösung der eingetragenen Partnerschaft erhalten, wenn sie nachweisen, dass sie die für EWR-Bürger geltenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 und 2 erfüllen und

1. die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

2. die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Auflösungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet;

3. ihnen die alleinige Obsorge für die Kinder des EWR-Bürgers übertragen wird;

4. es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, insbesondere weil dem Ehegatten oder eingetragenem Partner wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe oder eingetragenen Partnerschaft nicht zugemutet werden kann, oder ihnen das Recht auf persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird,

5. sofern das Pflegschaftsgericht zur Auffassung gelangt ist, dass der Umgang - solange er für nötig erachtet wird - ausschließlich im Bundesgebiet erfolgen darf.

(6) Der Angehörige hat diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

 

 

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG ist Drittstaatsangehörigen, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen sind zum Aufenthalt für die Dauer von mehr als 3 Monaten berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von 5 Jahren oder für eine geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von 4 Monaten ab Einreise zu stellen.

 

Aufgrund der Erhebungsergebnise mussten wir feststellen, dass die von Ihnen genannte Angehörige B A die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 54 NAG nicht erfüllt. Es war daher, bereits aus diesem Grund, spruchgemäß zu entscheiden.

 

Nach § 2 Abs. 1 Z 14 NAG ist unionsrechtliches Aufenthaltsrecht , das aufgrund der Freizügigkeitsrichtlinie gewährte Recht eines EWR Bürgers und seiner Angehörigen sich im Bundesgebiet für mehr als drei Monate oder auf Dauer aufzuhalten.

 

In einem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Rechtssache C-456/12, vom 12.03.2014 stellt dieser zur Frage ob mehrere Kurzaufenthalte im Aufnahmemitgliedsstaat ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht begründen fest, dass bei der Rückkehr nur ein Aufenthalt der die Voraussetzungen der für einen Aufenthalt von mehr als drei Monaten geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 erfüllt, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht begründen kann. Kurzaufenthalte in einem anderen Mitgliedsstaat als dem dessen Staatsbürgerschaft der Unionsbürger besitzt, erfüllen diese Voraussetzungen nicht, auch nicht zusammengenommene.

 

Da Frau B A zum Zeitpunkt der Antragstellung, als Ihre Schwiegermutter, zwar als „Angehörige" gemäß § Abs. 1 Z 14 zu bezeichnen ist, wegen die in Ihrem „Vorbringen" vorgelegten Arbeits- und Versicherungszeiten welche in keinem Fall drei Monate Dauer erfüllen, jedoch die Voraussetzungen nicht erfüllt hatte, hat Sie auch aus diesem Grund, nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen. Das zusammenzählen von diversen Versicherungszeiten welche auch schon vor dem EU-Beitritt erworben wurden, erscheint hier nicht als zielführend.

 

Das  EU-Freizügigkeitsrecht wurde von  Frau A  nie in Anspruch  genommen, beziehungsweise erreicht In diesem Zusammenhang währe ergänzend zu erklären, dass Aufenthalts- beziehungsweise Versicherungszeiten die vor dem EU-Beitritt Österreichs (1995) in Deutschland erworben wurden, selbstverständlich nicht, zum „Erwerb der Freizügigkeit", herangezogen werden können.

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch festzustellen, dass Frau A in zu min des diesen Jahren, nie Wohnsitz außerhalb Österreichs, weder in Deutschland noch einem anderen EU-Staat, genommen hat.

 

Ihre in Ihrem Anbringen beigelegten Bestätigungen der Western Union Bank von Überweisungen können auf keinen Fall als regelmäßige Unterstützungszahlungen Ihrer Schwiegermutter an sie bewertet werden da es in einem Zeitraum zwischen 17.09.2010 und 05.10.2012 nur 4 nachweisliche Zahlungen (Überweisungen) mit einer Gesamtsumme von 900,--€ gegeben hat. Berücksichtigt man den Zeitraum von der 1. Überweisung (17.09.2010), bis sie in Österreich Unterkunft genommen haben (17.03.2015) kommt man auf eine tägliche „Unterstützungsleistung Ihrer Schwiegermutter an Sie von 0,71 Euro pro Tag. Trotz der im Kosovo sicherlich niedrigeren Lebenshaltungskosten ist eine derartige Unterstützungsleistung nicht genügend um zu Ihrem Ansuchen auf Erteilung einer Aufenthaltskarte, relevant zu sein.

 

Die in Ihrem Schreiben vom 07.09.2015 angeführten Geldlieferungen durch Boten wie die Schwester oder den Schwager haben Sie nicht weiter belegt. Da diese Geldlieferungen für den gegenständlichen Fall sowieso nicht wirklich relevant sind, sondern die mangelnde Erreichbarkeit der Freizügigkeit, haben wir auf eine Einvernahme der beiden verzichtet. Auch die Tatsache, dass Sie 2/3 Besitzer von Haus und Grundstück in X, sind und Sie derzeit das „restliche" Pflegegeld Ihrer Schwiegermutter zu Ihrem Einkommen rechnen, ist in diesem Fall nicht relevant. Die für Begräbniskosten vorgesehene einmalige Sonder-Unterstützung für Ihre Schwiegermutter, als für Sie Einkommensrelevant zu bewerten entbehrt jeder Grundlage. Ihr Einwand, dass Sie sich derzeit sehr gut mit Ihrer Schwiegermutter verstehen, Sie teilweise Hauseigentümer sind und ihr Privatleben auf jeden Fall schützenswert sei, wurde zur Kenntnis genommen, die vorgeschlagenen Erhebungen durch die Polizei, erachten wir jedoch nicht als erforderlich.

 

Nach § 11 Abs. 3 NAG kann ein Aufenthaltstitel trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen.

1.         die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige   Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens

3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens

4.         der Grad der Integration;

5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.         Verstöße  gegen  die  öffentliche  Ordnung,  insbesondere  im  Bereich  des Asyl-,       Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts

8.         die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem          Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus   bewusst waren

 

Der vorliegende Antrag war deshalb auch in Bezug auf § 11 Abs. 3 NAG zu prüfen.

 

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen und der Tatsache, dass durch eine Versagung des Aufenthaltstitels Ihre bisherige persönliche Situation unberührt bleibt, war wiederum spruchgemäß zu entscheiden.

 

Schlussendlich entscheidend für diesen ablehnenden Bescheid war die Tatsache dass Ihre Schwiegermutter Frau B A nicht mindestens 3 Monate im EU-Ausland gemeldet war und die „Freizügigkeitsregelung" nicht anzuwenden ist.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig die Bescheidbeschwerde.

 

Begründend führt der Bf aus.

 

I.          Beschwerdeerklärung

 

Gegen den abweisenden Bescheid des Landeshauptmannes des Landes (verfasst auf Papier der BH Schärding) vom 9.9.2015, zugestellt am 11.9.2015, Sich40-11372 erhebe ich innerhalb offener Frist

 

 

Beschwerde

 

an das Landesverwaltungsgericht.

 

Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

 

 

 

II.         Sachverhalt

 

A          Am 9.9.2015 erließ der Landeshauptmann von einen Bescheid, der vom      Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Schärding E R            unterfertigt wurde. Damit stammt der bekämpfte Bescheid jedenfalls nicht     von der BH Schärding, wenn auch deren Briefkopf verwendet wurde.

 

B          Der Beschwerdeführer, ein kosovarischer Staatsbürger des Jahrganges                        1982 heiratete am 14.4.2010 die damals fast 19 jährige J              T aus T.

 

Diese verstarb tragisch am x am Weg zur Arbeit im Gemeindegebiet von T. Mit Einantwortungsbeschluss des BG Schärding wurde dem Beschwerdeführer als Witwer 2/3 des Nachlasses, hingegen der Mutter B A 1/3 des Nachlasses eingeantwortet. Dazu gehört nun auch der Anteil an der Liegenschaft in T. Seit der Antragstellung erhält der Beschwerdeführer auch eine Witwerrente in Höhe € 253,72.

Die körperlich schwer behinderte Schwiegermutter B A unterstützte den Beschwerdeführer seit 2010 laufend durch Geldsendungen in den Kosovo.

 

Die Schwiegermutter B T nahm nach dem Scheitern ihrer Ehe in Österreich in Deutschland eine Arbeit an. Sie gab den ehelichen Wohnsitz in R auf und wurde die Tochter J zur Großmutter in T gegeben.

 

Als Versicherungszeiten in Deutschland scheint der Zeitraum vom 13.5.2003 bis 2.8.2003 auf. Es werden vier Versicherungsmonate angerechnet, nämlich Mai, Juni, Juli und August. Da die Produktionshalle der Motorenwicklerei in Deutschland schlecht belüftet war, wurde die Schwiegermutter krank. Sie leidet nämlich an Diabetes. Aufgrund gesundheitlicher Probleme kam sie ins Krankenhaus und musste später ihre Niederlassung in B wieder aufgeben. Eigentlich wollte sie nach der Gesundung wieder in B tätig sein.

 

Zu einem unbekannten Zeitpunkt reiste der Beschwerdeführer nach Österreich ein und wandte sich an den Rechtsvertreter zur Klärung seines Aufenthaltsstatus. Am 5.3.2015 stellte er einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger einer EWR-Bürgerin. Mit Schreiben vom 25.8.2015 wurde er über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert. Insbesondere äußerte die belangte Behörde ihre Rechtsansicht, dass die Schwiegermutter das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht in Anspruch genommen hätte, da sie nie drei zusammenhängende Monate in einem anderen EU-Staat außer Österreich tätig gewesen wäre. Dazu wurde fristgerecht Stellung bezogen und auf die Argumente der Erstbehörde erwidert. Auch auf die Kriterien nach § 11 Abs. 3 NAG wurde eingegangen.

 

Mit Bescheid vom 9.9.2015 wurde der Antrag vom Landeshauptmann als unbegründet abgewiesen. Für den Landeshauptmann zeichnete der Organwalter E R.

 

 

 

 

III.        Zulässigkeit der Beschwerde

 

Da ein Fall der mittelbaren Bundesverwaltung vorliegt, ist das Landesverwaltungsgericht zuständig. Dessen Zuständigkeit ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 NAG. Die Beschwerdefrist von vier Wochen endet am 9.10.2015, sodass die Pestaufgabe an diesem Tag rechtzeitig ist.

 

IV.        Beschwerdegründe

 

A          Die Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz ist der örtlich zuständige Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann allerdings im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden. Mit Landesgesetzblatt Nr. 127/2005 wurden die Bezirksverwaltungsbehörden im Land ermächtigt, alle in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes fallenden niederlassungs-und aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen in seinem Namen zu treffen.

Im gegenständlichen Fall hat allerdings der Landeshauptmann und nicht die dazu ermächtigte Bezirksverwaltungsbehörde die Entscheidung getroffen. Dem einschreitenden Organwalter E R fehlte überhaupt die Befugnis, Bescheide im Namen des Landeshauptmannes zu erledigen bzw. zu erlassen. Der Organwalter kann lediglich für die Bezirkshauptmannschaft Schärding aufgrund der Ermächtigung im Namen des Landeshauptmannes einen Bescheid erlassen. Die vom Landeshauptmann des Landes , nicht von der Bezirkshauptmannschaft Schärding erlassene Entscheidung ist daher absolut nichtig.

 

B          Für den Fall der mangelnden Nichtigkeit wird noch ausgeführt:

 

Die Behörde nennt als Rechtsgrundlage lediglich § 54 Abs. 1 und 2 NAG und zitiert in der rechtlichen Beurteilung auch diese in ihren Augen relevante Rechtsvorschrift. In der Begründung wird weiters auf § 11 Abs. 3 NAG verwiesen. Es wird dann festgestellt, dass die Schwiegermutter B A die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 54 NAG nicht erfüllt. § 54 NAG bezieht sich auf Drittstaatsangehörige, die gerade nicht Angehörige von österreichischen Staatsbürgern sind. Die vom Beschwerdeführer genannte Angehörige B A braucht keine Aufenthaltskarte nach § 54 NAG, weil sie österreichische Staatsbürgerin ist und damit keine Fremde im Sinne dieses Bundesgesetzes. Was die Erstbehörde wahrscheinlich meint, ist, dass die Schwiegermutter B A die Voraussetzungen des § 57 NAG nicht erfüllt. In den Augen der Behörde hat B A ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Deutschland nicht in Anspruch genommen und ist im Anschluss daran auch nicht bloß vorübergehend nach Österreich zurückgekehrt.

 

B A hatte ihr Recht auf Aufenthalt in Deutschland für einen Zeitraum von über drei Monaten in Anspruch genommen, weil sie in Deutschland zu arbeiten begann und hätte dort auch sehr lange gearbeitet, wäre sie nicht erkrankt und damit vorübergehend arbeitsunfähig geworden. Die erwerbstätige Eigenschaft blieb ihr als Unionsbürgerin allerdings trotzdem erhalten. Von mehreren Kurzaufenthalten im Aufnahmemitgliedstaat kann keine Rede sein. Frau B A hat tatsächlich und effektiv ihr Freizügigkeitsrecht in der EU ausgeübt und ist später dann dauerhaft nach Österreich zurückgekehrt.

 

Die Ansicht der Behörde, dass die tägliche Unterstützungsleistung nur bei € 0,71 pro Tag liege, ist falsch. Es ist bekannt, dass Western Union hohe Gebühren verlangt, sodass die Menschen auf andere Wege der Geldübersendung ausweichen. In der Praxis sind Geldboten üblich. Da Schwester und Schwager in Österreich wohnen, hat ihnen die Schwiegermutter Geld mitgegeben, so oft sie in die alte Heimat fuhren. Zum Beweis dafür wurde Frau B A angegeben, auch die Schwester und der Schwager des Beschwerdeführers. Angeboten wurde auch die eigene Einvernahme. Dieser Beweisantrag wurde von der Erstbehörde ignoriert und liegt somit auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Wären die Beteiligten und genannten Personen als Zeugen einvernommen worden, hätte sich herausgestellt, dass tatsächlich Unterhalt gewährt wurde.

 

Was § 11 Abs. 3 NAG betrifft, stellt sich die Frage, ob auf diesem Fall überhaupt § 11 Abs. 3 NAG Anwendung finden soll. § 54 Abs. 7 NAG spricht von der Zurückweisung des Antrages in Verbindung mit der Feststellung, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

 

Dessen ungeachtet, hat es die Behörde unterlassen, die privaten und öffentlichen Interessen gegeneinander abzuwägen. Der Satz "Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen und der Tatsache, dass durch eine Versagung des Aufenthaltstitels ihre bisherige persönliche Situation unberührt bleibt, war wiederum spruchgemäß zu entscheiden" ist völlig unverständlich. Tatsächlich besteht ein Familienleben mit B A und ist dieser in pflegerischer Hinsicht vom Beschwerdeführer abhängig, dieser hingegen in finanzieller Hinsicht zum Teil von der Schwiegermutter.

 

V.         Beschwerdeantrag

 

Es wird daher beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, den bekämpften Bescheid des Landeshauptmannes als absolut nichtig aufheben, in eventu den bekämpften Bescheid insofern abändern, als eine Aufenthaltskarte für den Angehörigen eines EWR-Bürgers bzw. einer freizügigkeitsberechtigten Österreicherin erteilt wird; in eventu möge der bekämpfte Bescheid aufgehoben und zur Verfahrensergänzung an  die Erstbehörde zurückverwiesen werden.

 

R, am 9. Oktober 2015 wa/i                                                      P B

 

3. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 legte die Bezirkshauptmannschaft Schärding den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4. Mit Schreiben vom 10. November 2015 teilte der Bf mit, dass sein Rechtsvertreter vom Bürgermeister der Marktgemeinde T kontaktiert wurde. Dieser erklärte, die Bevölkerung habe vorgeschlagen, Frau B A, die Schwiegermutter des Bf, finanziell zu unterstützen bzw. in Form von Sachspenden das Wohnhaus behindertengerecht umzugestalten. Jedoch wolle er mit diesen Spenden noch bis zur Klärung des Niederlassungsstatus des Bf warten und bei einer allfälligen Ausreise es für sinnvoller halten, Frau B A in ein Pflegeheim zu übersiedeln. Dadurch müsste ihr Hausanteil hypothekarisch zugunsten des Sozialhilfeverbandes belastet werden und sie würde somit langfristig der öffentlichen Hand zur Last fallen.

 

5. Mit Schreiben vom 25. November 2015 teilte die Bezirkshauptmannschaft Schärding den Tod von Frau B A mit und legte die Parte bei.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen samt den ergänzenden Vorbringen des Bf und der belangten Behörde. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich vor diesem Hintergrund unstrittig aus den unter Pkt. I angeführten Schriftsätzen und Aktenbestandteilen.

 

2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.

 

1. Gem. Art 130 B-VG iVm §§ 3 Abs. 2, 4 NAG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig.

 

1.1. Gem. § 3 Abs. 1 NAG ermächtigt der Bundesgesetzgeber den Landeshauptmann im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung zu ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu unterfertigen. Dies erfolgte auch durch die belangte Behörde in dem der Zeichnungsbefugte eben für den Landeshauptmann den Hoheitsakt zeichnete. Die in § 3 Abs. 1 NAG angesprochene Ermächtigung betrifft das Innenverhältnis der Vertretung. Im Außenverhältnis bleibt die Entscheidung weiterhin eine Entscheidung des Landeshauptmannes (s ausführlich B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2 Rz 166ff). Ein Fehlen des Mandates und der Approbationsbefugnis des Sachbearbeiters innerhalb der Bezirksverwaltungsbehörde wird vom Bf nicht vorgebracht und kann vom Landesverwaltungsgericht auch nicht erkannt werden. Insofern geht der Einwand des Bf fehl.

 

2. Gemäß § 54 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz 2005, BGBl I 100/2005 idF 70/2015 (in der Folge: NAG), sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

 

§ 52 Abs. 1 Z 1 bis 5 NAG normieren, dass auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt sind, wenn sie

1.   Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.   Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

3.   Verwandter des EWR-Bürgers, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird;

4.   Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung nachweist, oder

5.   sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind,

a)   die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben,

b)   die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder

c)   bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen.

 

Gemäß § 54 Abs. 3 NAG bleibt das Aufenthaltsrecht der Angehörigen gemäß § 54 Abs. 1 NAG trotz Tod des EWR-Bürgers erhalten, wenn sie sich vor dem Tod des EWR-Bürgers mindestens ein Jahr als seine Angehörigen im Bundesgebiet aufgehalten haben und nachweisen, dass sie die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Z 1 bis 2 erfüllen.

 

Gemäß § 54 Abs. 6 NAG hat der Angehörige diese Umstände, wie insbesondere den Tod oder Wegzug des zusammenführenden EWR-Bürgers, die Scheidung der Ehe oder die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben.

 

Gemäß § 56 Abs. 1 NAG kann Drittstaatsangehörigen, die Angehörige im Sinne des § 52 Abs. 1 Z 4 und 5 NAG von EWR-Bürgern gemäß § 51 NAG sind, auf Antrag eine quotenfreie „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen. Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel, hat der zusammenführende EWR-Bürger gemäß § 51 NAG jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.

 

Gemäß § 56 Abs. 2 NAG sind zum Nachweis dieses Rechts ein gültiger Personalausweis oder Reisepass, die Anmeldebescheinigung oder die Bescheinigung des Daueraufenthalts des zusammenführenden EWR-Bürgers sowie folgende Nachweise vorzulegen:

1.    nach § 52 Abs. 1 Z 4: der Nachweis des Bestehens einer dauerhaften Beziehung mit dem EWR-Bürger;

2.    nach § 52 Abs. 1 Z 5: ein urkundlicher Nachweis einer zuständigen Behörde des Herkunftsstaates über die Unterhaltsleistung des EWR-Bürgers oder des Lebens in häuslicher Gemeinschaft oder der Nachweis der schwerwiegenden gesundheitlichen Gründe, die die persönliche Pflege durch den EWR-Bürger zwingend erforderlich machen.

 

Gemäß § 57 NAG finden die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 NAG auch auf Schweizer Bürger, die das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben, und deren Angehörige Anwendung. Für Angehörige von Österreichern gelten die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 sinngemäß, sofern der Österreicher sein unionsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt.

 

2. Unstrittig ist zunächst zu erkennen, dass der Bf Witwer einer österreichischen Staatsangehörigen ist und die kosovarische Staatsangehörigkeit besitzt. Er ist sohin Drittstaatsangehöriger. Die verstorbene Gattin erfüllte selbst nicht die Kriterien des § 57 NAG und kommt sohin als Zusammenführende im Rahmen der §§ 52-56 NAG auch nicht in Frage.

 

Weiter ergibt sich, dass der Bf in seinem Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte als Zusammenführende Frau A B (verstorben am 16.11.2015) angegeben hat und sich als sonstiger Angehöriger einer EWR-Bürgerin deklarierte. Diese ebenfalls verstorbene Zusammenführende erfüllt – wie sich aus den beigeschafften Unterlagen ergibt (ON 88) – ebenso die besonderen Vorrausetzungen des § 57 NAG nicht, da der Zeitraum eines über dreimonatigen Aufenthaltes nicht gegeben ist (VwGH 23.2.2012, 2010/22/0011). Der bloß beabsichtigte Aufenthalt reicht hierfür nicht aus.

 

2.1. Abgesehen von den besonderen Voraussetzungen, die § 57 NAG an die sinngemäße Anwendbarkeit der §§ 52-56 NAG bei österreichischen Zusammenführenden stellt (s VwGH 28.4.2008, 2007/18/0395), erklärt § 54 Abs. 1 NAG nur jene Drittstaatsangehörige, die Angehörige von (besonderen, vgl. § 57 NAG) Österreichern sind, zur Zielgruppe, die die in § 52 Abs. 1 Z 1-3 NAG genannten Voraussetzungen erfüllen (arg. „und“). Auf Angehörige gem. § 52 Abs. 1 Z 4 und 5 NAG findet § 54 Abs. 1 NAG sohin keine Anwendung. Der Bf ist in diesem Sinne weder Ehegatte noch Verwandter der verstorbenen Zusammenführenden gem. § 52 Abs. 1 Z 1-3 NAG. § 54 Abs. 1 NAG ist für den Bf nicht anwendbar.

 

2.2. Da § 54 Abs. 3 NAG das Fortbestehen des Aufenthaltsrechtes nach § 54 Abs. 1 NAG bestimmt, kann auch hieraus keine Anwendbarkeit für den konkreten Antrag des Bf abgeleitet werden.

 

3. § 56 NAG regelt ergänzend zu § 54 NAG in Umsetzung des Art. 3 Abs. 2 der RL 2004/38/EG (Erleichterung nach Maßgabe des nationalen Rechts) das im Vergleich zu den Angehörigen gem. § 52 Abs. 1 Z 1-3 NAG eingeschränkte Niederlassungsrecht von Drittstaatsangehörigen. Ein Rechtsanspruch auf eine derartige Niederlassungsbewilligung besteht nicht (EBRV 952 BlgStenProt NR XXII. GP, 143). Des Weiteren ist die Erteilung einer derartigen Bewilligung an den Nachweis von entsprechenden Unterhaltsmitteln der Zusammenführenden und die Abgabe einer Haftungserklärung durch selbige gekoppelt. Da die vom Bf angeführte Zusammenführende am 17.11.2015 verstorben ist, kann eine derartige Haftungserklärung der Zusammenführenden auch nicht erbracht werden.

 

Eine vergleichbare Regelung im Hinblick auf § 54 Abs. 3 NAG besteht für § 56 NAG nicht und ist im Hinblick auf § 52 Abs. 2 NAG auf die nach nationalem Recht möglichen Einschnitte im Rahmen des Art. 3 Abs. 2 der RL 2004/38/EG hinzuweisen.

 

5. Im Ergebnis ist sohin die Beschwerde abzuweisen und die beantragte Aufenthaltskarte nicht zu erteilen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal im Rahmen dieser Beurteilung jeweils auf die konkrete Einzelsituation abzustellen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.


 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter

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