LVwG-300552/27/Py/SH

Linz, 04.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn Dipl.Ing. C. R., vertreten durch G. Rechtsanwälte OG, x, L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. Oktober 2014, GZ: BZ-Pol-77070-2014, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am
12. November 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in Höhe von 73 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. Oktober 2014, GZ: BZ-Pol-77070-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 111 iVm § 33 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 56 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskosten­beitrag in Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer (26.02.2014 - 16.04.2014) und somit als iSd § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der  S. GmbH, x, W. (Arbeitgeberin), welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

 

 

 

„Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG, ab 12.04.2014 ca. 21:30 Uhr bis zumindest zur Kontrolle am 13.04.2014 um 10:15 Uhr, Herrn K. S., geb. x als Dienstnehmer (LKW Fahrer), in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt. Es erfolgte keine Anmeldung zur Sozialversicherung.

 

 

 

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt auszugehen, da Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gem. § 1152 ABGB als bedungen gilt.

 

 

 

Der in Rede stehende Beschäftigte war organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit. Die Höhe des Entgelts lag nicht über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG.

 

 

 

Obwohl dieser Dienstnehmer daher von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und als geringfügig Beschäftigter in der Unfallversicherung teilversichert ist, wurde hierüber eine den Tatsachen entsprechende Meldung als geringfügiger Beschäftigter, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Arbeits­antritt erstattet.“

 

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch beschriebenen Verwaltungsübertretung aufgrund der Aktenlage und des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes Gries­kirchen Wels, Finanzpolizei Team 46, samt Beilagen) als erwiesen anzusehen ist. Eine Glaubhaftmachung, dass den Beschuldigten an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft, ist auch durch die Rechtfertigung vom 10. Juli 2014 nicht gelungen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass Straferschwerungsgründe nicht vorliegen, das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind, weshalb eine Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe um die Hälfte erfolgen konnte.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bf eingebrachte Beschwerde, die zunächst zusammengefasst damit begründet wird, dass der Bf bereits am 11. April 2014 die Geschäftsführerfunktion wirksam zurückgelegt hat und daher ab diesem Zeitpunkt für ein später begangenes Verwaltungsdelikt nicht mehr ein­zustehen hat. Entgegen der von der Erstbehörde vertretenen Rechtsauf­fassung lässt das Gesetz die Beendigung der Geschäftsführerfunktion – wie etwa hier zur Haftungsvermeidung – durch Erklärung gegenüber der Mitgesellschaft bzw. den Mitgesellschaftern ausdrücklich zu. Die Eintragung im Firmenbuch ist zum Schutz des guten Glaubens Dritter im geschäftlichen Verkehr bestimmt. Für die Frage allfälliger verwaltungsstrafrechtlicher Haftung als Geschäftsführer kommt es dagegen auf den Stand des Firmenbuches nicht an. Der organschaft­liche Rücktritt ist von der (lediglich deklarativ wirkenden) Eintragung im Firmen­buch unabhängig und bereits nach dem Zugang der Erklärung (bzw. beim Fehlen eines wichtigen Grundes nach Ablauf von 14 Tagen) wirksam. Das Vorliegen dieses Sachverhaltes wurde behauptet und dazu auch Beweise angeboten, dass vor der gegenständlichen Betretung, also vor dem 12. April 2014, die Zurück­legung der Geschäftsführerfunktion durch Erklärung gegenüber der Gesellschaft bzw. den Mitgesellschaftern wirksam wurde.

 

Des Weiteren wird vorgebracht, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen der  S. GmbH und Herrn K. S. nicht begründet wurde und es daher bereits an der erforderlichen Tatbildlichkeit fehlt. Die GmbH als juristische Person wird durch ihre Geschäftsführer gegenüber Dritten, gegenüber Behörden und auch gegenüber den Gesellschaftern selbst durch ihre Geschäftsführer berechtigt und verpflichtet. Der Bf war bis zur Zurücklegung seiner Geschäftsführerfunktion bzw. bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers das einzige Organ der Gesell­schaft, das außenvertretungsbefugt war und mit dem ein Arbeitsvertrag wirksam geschlossen hätte werden können. Ein solcher wurde von ihm mit K. S. nicht abgeschlossen und ist dem Bf diese Person völlig unbekannt. Die Erstbehörde hätte daher Feststellungen treffen müssen, wer mit welcher Befugnis für die  S. GmbH zu welchem Zeitpunkt einen Arbeitsvertrag welchen Inhalts mit Herrn K. S. abgeschlossen hat. Eine Ausein­ander­setzung des angefochtenen Straferkenntnisses mit den Ermittlungsergeb­nissen einschließlich jener Aktenteile, die Grundlage des eingeleiteten Verfahrens gewesen sind, hat nicht stattgefunden. Vom Bf wurde niemand die Vollmacht erteilt, Herrn K. S. im Unternehmen anzustellen, noch wusste der Bf, dass dieser mit einem Firmenfahrzeug fährt. Die Erstbehörde hat die dazu vom Bf gestellten Beweisanträge zu Unrecht übergangen.

 

Weiters begründet der Bf seine Beschwerde mit dem Vorbringen, dass die Erstbehörde prüfen und Feststellungen hätte treffen müssen, die eine Beur­teilung der Vorfrage ermöglichen, ob der nicht gemeldete „Beschäftigte“ am ange­gebenen Tag in Bezug auf die  S. GmbH „in einem Verhältnis persön­licher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt“ war. Zu einer solchen Beurteilung wären unter anderem Feststellungen über die Art und das Ausmaß der Beschäftigung und über die Höhe des Entgelts erforderlich gewesen.

Die Beschwerde begründend wird zudem dargelegt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gefälligkeitsdienste nicht unter den von der Erstbehörde angezogenen Tatbestand fallen. Das Vorliegen einer solchen einmaligen unentgeltlichen Tätigkeit wurde behauptet und auch von Herrn K. S. bestätigt. Gegenteilige Verfahrensergebnisse sind nicht hervorgekommen.

 

Abschließend führt der Bf zur verhängten Strafhöhe aus, dass eine Vormerkung nicht vorliegt und dies als Milderungsgrund zum Tragen kommt. Angesichts der Geringfügigkeit der Übertretung, die sich auch in der niedrigen Höhe der ver­hängten Strafe niedergeschlagen hat, hätte auch die Ersatzfreiheitsstrafe im untersten Bereich ausgemittelt werden müssen und statt mit 56 Stunden mit maximal 30 Stunden festgesetzt werden müssen, weshalb auch die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe als rechtswidrig zu erkennen ist.

 

3. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. November 2015. An dieser nahm der Bf mit seinem Rechtsvertreter, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei teil. Als Zeugen wurden Frau  N. T. und Herr H. P. einvernommen. Herr K. S. leistete der an ihn gerichteten Ladung unbegründet keine Folge, seine Einvernahme ist aufgrund des Verfahrensergebnisses nicht weiter erforderlich und wurde auf diese auch vom Rechtsver­treter des Beschwerde­führers in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma  S. GmbH mit Sitz in W., x. Das Unternehmen ist im Bereich der Sportwerbung tätig, insbesondere durch Bandenwerbung bei Sport­veranstaltungen.

 

Am 12. April 2014 benötigte die Firma  S. GmbH für einen Einsatz beim W.-M. kurzfristig dringend einen LKW-Fahrer, um einen vom Unternehmen angemieteten LKW von G. nach W. zu lenken. Der Projektmanager der Firma  S. GmbH, Herr H. P., wandte sich daher an seine Ehegattin, Frau  N. T., die aus A. stammt, mit der Bitte, ob sie unter der r. Gemeinschaft im Umkreis nachfragen könne, ob jemand als LKW-Fahrer einspringen würde. Frau T. nahm daraufhin mit Herrn K. S., geb. x, Kontakt auf und fragte ihn, ob er einen LKW-Führerschein besitzt oder jemanden kennt, der mit einem LKW fahren könnte.

 

Herr K. S. sagte zu, über die Entlohnung wurde nicht gesprochen. Er übernahm am 12. April 2014 den in Graz abgestellten LKW und fuhr damit in das P. nach W.. Nach dessen Entladung wurde er bei der Rückreise um 10.15 Uhr durch die Polizei auf der A2 in der Gemeinde Unterpremstätten einer Verkehrskontrolle unterzogen wurde.

 

Eine Anmeldung des als LKW-Fahrer von der Firma  S. GmbH geringfügig beschäftigten Dienstnehmers K. S. vor Arbeitsantritt wurde beim zuständigen Sozialver­sicherungsträger nicht erstattet.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2015.

 

4.2.1. Zunächst ist beweiswürdigend festzuhalten, dass es dem Bf nicht gelungen ist, seine Behauptungen, wonach er zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht mehr als handelsrechtlicher Geschäftsführer der  S. GmbH tätig war, glaubwürdig unter Beweis zu stellen. So gab Herr H. P. bereits anläss­lich seiner Niederschrift am 13. Mai 2014 – und somit zeitnahe – gegenüber der Finanzpolizei an, dass der Bf bis 16. April 2014 Geschäftsführer der  S. GmbH war, diese Tätigkeit auch tatsächlich bis zu diesem Zeitpunkt ausge­führt hat und dafür entlohnt wurde. Gleichlautende Angaben machte der Zeuge auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 12. November 2015 (vgl. Tonbandprotokoll Seite 2, Zeuge P.: „Der Rücktritt des Herrn Dipl.Ing. R. erfolgte ordnungs­gemäß im Rahmen eines Gesellschafter­beschlusses. Wenn aus den Unterlagen hervorgeht, dass am 16.04.2014 ein derartiger Gesellschafterbeschluss gefallen ist, dann wird das so richtig sein. Herr Dipl.Ing. R. hat das schon zuvor ange­deutet, dass er zurücklegen wird, aber die Entscheidung gefallen ist dann in dieser Form am 16.04.2014.“). Auch bei seiner Zeugenvernehmung am Stadtpolizeikommando Wels am 15. April 2014 machte der Bf keinerlei Angaben, wonach er seine Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens bereits zurück­gelegt habe. Dass das von ihm vorgelegte, mit 11. April 2014 datierte und an die „ S. GmbH“ gerichtete Rücktrittsschreiben der Generalversammlung oder allen Gesellschaftern vor dem gegenständlichen Tatzeitpunkt zuging, konnte der Bf ebenfalls nicht nachweisen.

 

4.2.2. Die übrigen Sachverhaltsfeststellungen fußen auf dem Akteninhalt sowie den Aussagen des Bf und den in der Verhandlung einvernommenen Zeugen und blieben im Wesentlichen unbestritten, weshalb sie der Entscheidung in dieser Form zu Grunde gelegt werden konnten.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Im gegenständlichen Fall einer GmbH liegt die verwaltungsstrafrechtliche Verant­wortlichkeit somit beim Geschäftsführer (vgl. z.B. VwGH vom 25.09.1992, 92/09/0148).

 

Gemäß § 16a Abs. 1 GmbHG können Geschäftsführer unbeschadet der Ent­schädigungsansprüche der Gesellschaft ihnen gegenüber aus bestehenden Ver­trägen ihren Rücktritt erklären; liegt ein wichtiger Grund hiefür vor, kann der Rücktritt mit sofortiger Wirkung erklärt werden, sonst wird der Rücktritt erst nach Ablauf von 14 Tagen wirksam.

 

Gemäß § 16a Abs. 2 GmbHG ist der Rücktritt gegenüber der Generalversamm­lung, wenn dies in der Tagesordnung angekündigt wurde, oder gegenüber allen Gesellschaftern zu erklären. Hievon sind allfällige Mitgeschäftsführer und, wenn ein Aufsichtsrat besteht, dessen Vorsitzender zu verständigen.

 

Dass ein solcher wirksamer Rücktritt des Bf als handelsrechtlicher Geschäfts­führer der Firma  S. GmbH vor dem gegenständlichen Tatzeitpunkt erfolgte, konnte vom Bf nicht nachgewiesen werden. Ein an die Gesellschaft adressiertes Schreiben wird in der Rechtsprechung dazu als nicht ausreichend angesehen (vgl. OLG Wien 28 R 206/06 d NZ 2007, 308). Entgegen dem Beschwerde­vorbringen lag daher beim Bf zum Tatzeitpunkt nach wie vor die verwaltungs­strafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der Bestimmungen des Allge­meinen Sozialversicherungsgesetzes durch die  S. GmbH. Die Ankündigung des Bf, seine Geschäftsführerposition zurückzulegen, reicht nicht aus, ihn von der Haftung zu befreien. Er wäre angehalten gewesen, seinen Rück­tritt als Geschäftsführer entsprechend den Voraussetzungen des § 16a Abs. 2 GmbHG gegenüber der Generalversammlung oder gegenüber allen Gesell­schaftern zu erklären; es handelt sich dabei um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Allein ein an die Gesellschaft adressiertes Schreiben wie das vom Bf vorgelegte vom 11. April 2014 beendet die gesellschaftsrechtliche Stellung des Bf als Geschäftsführer nicht und befreit ihn daher auch nicht von seiner Verantwortung gemäß § 9 VStG (vgl. BVwG W178 2106223-1/3E vom 2. Juli 2015).

 

5.2. Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 539a ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs. 2 ASVG). Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs. 3 ASVG).

 

Der verfahrensgegenständliche Dienstnehmer wurde anlässlich einer Polizei­kontrolle als Fahrer eines von der Firma  S. GmbH angemieteten LKW angetroffen. Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen, das heißt arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht atypische Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstver­hältnis, dann muss die dies bestreitende Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte (vgl. VwGH vom 16. 11.2011, Zl. 2008/08/0262, vom 19.12.2012, Zl. 2012/08/0165, sowie vom 15.05.2013, Zl. 2011/08/0130).

 

Als solche atypischen Umstände macht der Bf das Vorliegen eines unentgelt­lichen Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes geltend.

 

Die Unentgeltlichkeit einer Verwendung bzw. ein Gefälligkeitsdienst ist nicht schon bei bloßem Fehlen einer Entgeltvereinbarung zu vermuten. Die Unentgelt­lichkeit muss vielmehr – wenigstens den Umständen nach konkludent – verein­bart worden sein und einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten. Eine derartige sachliche Rechtfertigung könnte in persönlichen Beziehungen, in bestimmten wirtschaftlichen Interessen, aber auch in einer idealistischen Einstellung begründet sein. Als Freundschafts- oder Gefälligkeits­dienste sind insbesondere kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. VwGH vom 14.03.2013, Zl. 2010/08/0229). Eine spezifische Bindung oder Nahebeziehung, die ein für die Erbringung von Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten nachvollziehbares Motiv bilden könnte, konnte im Verfahren nicht erwiesen werden, zumal es sich um Tätigkeiten für den Geschäftsbetrieb der Firma  S. GmbH gehandelt hat und somit im Rahmen eines Gewerbebetriebes. Das Vorhandensein einer spezifischen Bindung könnte allenfalls in der Bekanntschaft des Herrn S. mit der Zeugin T. gelegen sein, der die Leistungen des Herrn S. jedoch nicht zu Gute kamen (ergänzend darf angeführt werden, dass selbst das Bestehen einer besonderen Nahebeziehung zu Frau T. nicht vorgelegen haben dürfte, zumal Herr S. anlässlich seiner Befragung durch die Finanzpolizei deren Familiennamen nicht nennen konnte). Ein Gefälligkeitsdienst, der die Annahme rechtfertigen würde, dass im gegenständlichen Fall eine Beschäftigung in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit gegen Entgelt nicht vorlag, ist daher zu verneinen.

 

Im Zweifel gilt für die Erbringung von Dienstleistungen ein angemessenes Entgelt als bedungen (vgl. § 1152 ABGB). Wurde die Höhe des Entgelts nicht festgelegt, so ist ein angemessener Lohn zu zahlen (vgl. VwGH vom 26.05.2014, GZ: 2012/08/0207). Im Hinblick auf die kurze Dauer der vereinbarten Arbeitsverrichtung ging die belangte Behörde zu Recht vom Vorliegen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses aus. Das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit ist im Hinblick auf die Weisungsgebundenheit des Herrn S. in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten gegeben, die wirtschaftliche Abhängigkeit findet ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die verwendeten Betriebsmittel.

 

Obwohl Herr S. daher von der Firma  S. GmbH geringfügig beschäftigt wurde, wurde eine Meldung bei der GKK vor Arbeitsantritt nicht erstattet. Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsüber­tretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird in der Regel durch die Auf­nahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl. VwGH vom 19.12.2012, Zl. 2012/08/0260). Auch Übertretungen des § 33 ASVG sind Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Das verantwortliche Organ ist strafbar, wenn es nicht genügend Vorkeh­rung getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. In einem solchen Fall einer zur Last gelegten Unterlassung besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Es ist daher Sache des Dienstgebers, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf, und initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Dienstgebers für eine unter­bliebene Anmeldung zur Sozialversicherung ist die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend, das verhindert, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers ohne dessen Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozial­versicherung begonnen werden. Die Erteilung entsprechender Weisungen ent­schuldigt den Arbeitgeber nur dann, wenn er dargelegt und nachgewiesen hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, die die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften über die Anmeldung von pflicht­versicherten Dienstnehmern gewährleisten, insbesondere, welche Kontrollen er eingerichtet hat und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat (vgl. VwGH vom 04.09.2013, Zl. 2013/08/0113). Eine solche Ent­lastung ist dem Bf im Verfahren nicht gelungen. Eine firmeninterne Aufgabenver­teilung vermag den Bf nicht von der ihn treffenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften durch die  S. GmbH zu befreien. Dem Bf ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die gesetzliche Mindeststrafe bei Übertretungen der Bestimmungen des ASVG beträgt 730 Euro. Dem Bf kommen als Milderungsgründe seine Unbescholtenheit und die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zugute. Die belangte Behörde hat die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe bereits herabgesetzt, ein Vorgehen nach § 21 VStG scheidet jedoch aus, da das tatbildmäßige Verhalten des Bf nicht hinter dem typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück­blieb. Die Erteilung einer Ermahnung scheidet daher aufgrund der dafür erforder­lichen kumulativen Voraussetzungen aus.

 

Entgegen den Beschwerdebehauptungen kann auch die Höhe der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe nicht als rechtswidrig erachtet werden. Gemäß § 16 Abs. 2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsüber­tretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheits­strafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe beträgt rund 16 % der gesetzlich festgelegten Höchststrafe, weshalb die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 16 % der in § 16 Abs. 2 VStG festgelegten Dauer als angemessen anzusehen ist.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Der Kostenausspruch ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 17. März 2016, Zl.: Ra 2016/08/0054-3