LVwG-300665/43/KLi/PP

Linz, 26.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde des I. S., geb. x, x, B., vertreten durch
Dr. G. S., Rechtsanwalt, x, L., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 10.3.2015, GZ: Ge-1155/14, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 7.9.2015, am 19.10.2015 und am 13.11.2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 10.3.2015, GZ:
Ge-1155/14, wurde dem Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma S. KG in B., x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass am 28.8.2014 auf der Baustelle oa. Firma in S., auf dem Werksgelände der Firma B. – Baustelle x, den Organen der Finanzpolizei Linz und somit Organen einer Abgabenbehörde durch oa. Firma (in deren Eigenschaft als Arbeitgeberin) Auskünfte – und zwar die Namen – über zwei von oa. Firma auf oa. Baustelle beschäftigter ausländischer Arbeitnehmer verweigert worden sei. Da Arbeitgeber verpflichtet seien, den Abgabenbehörden die Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekannt zu geben, stelle oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes dar.

 

Gemäß § 26 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 2 lit.c AuslBG werde über den Bf deshalb eine Geldstrafe von 2.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt. Ferner sei der Bf verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 250 Euro zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde lediglich aus, dass aufgrund einer Anzeige der Finanzpolizei gegen den Beschuldigten mit ha. Aufforderung zur Rechtfertigung wegen des im Spruch angeführten Tatbestandes ein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden sei. Vom Beschuldigten sei mitgeteilt worden, dass auf ggst. Baustelle zum Tatzeitpunkt A. M., L. M., N. K. und A. M. beschäftigt gewesen seien. Weitere Angaben seien nicht gemacht worden. Die erkennende Behörde gehe daher davon aus, dass der Bf es in Folge Außerachtlassens der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt verkannt habe, dass er durch sein Verhalten einen tatbildmäßigen Sachverhalt verwirklicht habe und sei als Grad des Verschuldens zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen. Die Übertretung der Bestimmungen des AuslBG sei aufgrund der Anzeige der Finanzpolizei sowie aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bf sei nicht gegeben, er sei jedoch nicht wegen der Übertretung der Bestimmungen des AuslBG bestraft worden. Weitere mildernde oder erschwerende Umstände seien nicht bekannt. Die ausgesprochene Geldstrafe entspreche somit dem Verschuldens­gehalt, dem Strafrahmen der angewendeten Rechtsvorschriften sowie den sozialen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 30.3.2015 mit welcher der Bf beantragt, seiner Beschwerde Folge zu geben und das Verfahren einzustellen.

Begründend führt der Bf aus, das Straferkenntnis beinhalte keine Feststellungen. Den vorhandenen Feststellungen sei insbesondere nicht zu entnehmen, warum der Bf nach den Bestimmungen des AuslBG bestraft werden solle. Das Straferkenntnis sei demnach nichtig. Der Bf habe lediglich die angemeldeten Beschäftigten, A. M., L. M., N. K. und A. M. beschäftigt. Andere Arbeitnehmer habe der Bf nicht beschäftigt und allfällige andere Personen wären ihm auch nicht zuzuordnen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Bf betreibt unter der Adresse B., x, das Unternehmen S. KG. Der Bf ist handelsrechtlicher Geschäftsführer dieses Unternehmens und zur Vertretung nach außen berufen.

 

II.2. Die S. AG, x, L., hat mit der B. Bearbeitungsgesellschaft m.b.H., x, H., einen Vertrag über Baustellenarbeiten auf dem Werksgelände der Firma B. in S. abgeschlossen. Die zuletzt genannte Unternehmung hat wiederum mit der Firma E. GmbH, x, H., einen Vertrag über die Verlegung von Bewehrungsstahl abgeschlossen, worauf hin die E. GmbH wiederum einen Vertrag mit der S. KG abgeschlossen hat. Die S. KG sollte auf dieser Baustelle Eisenverlege­arbeiten verrichten.

 

II.3. Am 28.8.2014 fand auf dem Werksgelände der Firma B., Baustelle x, eine Kontrolle der Finanzpolizei statt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde auch das Unternehmen des Bf bzw. dessen auf der Baustelle beschäftigter Arbeitnehmer durchgeführt.

 

Im Zuge der Kontrolle befanden sich sechs Arbeitnehmer des Bf auf der Baustelle. Zunächst waren auf der Baustelle A. M., R. A., A. M. und B. T. anwesend; zu späterer Zeit kamen auch noch L. M. und N. K. auf die Baustelle.

 

Die genannten sechs Arbeitnehmer des Bf waren auf der Baustelle in einer Baugrube tätig, wo sie Bewehrungsarbeiten an der Decke durchführten. Die Ausmaße der Baugrube waren in etwa 20 x 30 m; sie wies eine Tiefe von zirka
4 m auf. Die Baugrube war über eine Leiter erreichbar, welche die einzige Ein- und Ausstiegsstelle bildete.

 

Aufgrund der Größe der Baugrube war es möglich, dass dort zahlreiche Personen gleichzeitig arbeiten. Tatsächlich waren zum Kontrollzeitpunkt mehrere Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen in der Baugrube tätig. Neben den Arbeitnehmern des Bf waren dort auch Schalungsarbeiter und Elektriker anwesend. Auch diese Personen mussten über die Leiter die Baugrube betreten bzw. verlassen.

II.4. Im Zuge der Kontrolle wurden alle in der Baugrube befindlichen Arbeiter aufgefordert, diese zu verlassen und ihre Dokumente vorzuzeigen. Nicht nur die Arbeitnehmer des Bf, sondern auch sämtliche andere in der Baugrube tätigen Personen stiegen daraufhin über die Leiter aus der Baugrube.

 

II.5. Im Zuge der Kontrolle wurden die Dokumente aller sechs beim Bf beschäftigten Arbeitnehmer bzw. für den Bf tätigen Arbeitnehmer eingesehen. Im Zuge der Kontrolle konnten zunächst lediglich die Dokumente von A. M., A. M. und R. A. kontrolliert werden. Die Identität von B. T. konnte durch Einsichtnahme in Ausweise, welche bei der Firma S. AG hinterlegt waren, nachvollzogen werden. Im Hinblick auf die Ausweiskontrolle des L. M. und N. K. können keine Fest­stellungen getroffen werden.

 

II.6. Im Zuge der Kontrolle der aus der Baugrube entstiegenen Arbeitnehmer liefen zwei Personen davon, deren Identität von der Finanzpolizei daraufhin nicht festgestellt werden konnte. Die beiden Personen gaben zunächst an, ihre Ausweise im Auto zu haben, woraufhin sie aufgefordert wurden, diese Ausweise unter Begleitung eines Organs der Finanzpolizei zu holen. Auf dem Weg zum Parkhaus, in welchem sich das Fahrzeug befunden haben soll, liefen die beiden Personen davon. Sie konnten von den Organen der Finanzpolizei nicht aufgehalten werden. Auch zu einem späteren Zeitpunkt konnte von der Finanzpolizei nicht erhoben werden, um wen es sich bei diesen beiden Personen handelte.

 

II.7. Die Finanzpolizei ging davon aus, dass es sich bei diesen beiden Personen um Arbeitnehmer des Bf gehandelt haben muss, zumal diese aus der Baugrube gekommen waren, als auch die sechs Arbeiter des Bf aus der Baugrube stiegen. Nicht festgestellt werden kann, wer der Finanzpolizei mitgeteilt hat, dass diese Personen ihre Dokumente im Auto hätten; insbesondere kann nicht festgestellt werden, ob es die beiden Personen selbst waren oder A. M.

 

II.8. Im Rahmen der Kontrolle der Finanzpolizei waren auf der Baustelle sechs Arbeitnehmer des Bf tätig und nicht acht Arbeitnehmer des Bf. Diese sechs Arbeitnehmer waren A. M., B. T., A. M., R. A. sowie L. M. und N. K.. Weitere Arbeitnehmer können dem Unternehmen des Bf nicht zugeordnet werden.

 

II.9. Die Ausweise und Dokumente der kontrollierten Personen des Bf waren rechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zum Unternehmen des Bf ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus dem Firmenbuchauszug. Weitere diesbezügliche Sachverhaltsfeststellungen waren insofern nicht erforderlich.

 

III.2. Auch die Auftragskette (S. – B. – E. – S.) gehen aus dem Akteninhalt hervor. Diese Auftragskette wurde darüber hinaus in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.9.2015 erörtert und vom Zeugen E. P. beschrieben. Die Aussage des Zeugen steht im Einklang mit den im Akt befindlichen Verträgen der jeweiligen Unternehmen.

 

III.3. Die stattgefundene Kontrolle der Finanzpolizei ist ebenfalls im Akt dokumentiert. Der Ablauf der Kontrolle war daraufhin Gegenstand dieses Verfahrens, zumal zu dieser Kontrolle sehr widersprüchliche und unterschiedliche Aussagen vorliegen. Der Ablauf der Kontrolle ist für den Tatvorwurf relevant. Je nachdem, ob die beiden in Fragen stehenden Arbeitnehmer dem Unternehmen des Bf zuzuordnen waren oder nicht sowie ob eine Auskunft des Bf über diese Personen verweigert wurde oder nicht wird sich die Strafbarkeit des Bf ergeben oder nicht.

 

III.4. Die Anwesenheit der sechs Arbeitnehmer des Bf - A. M., B. T., A. M., R. A. sowie L. M. und N. K. – ergibt sich zunächst aus dem Akt der belangten Behörde. Einerseits wurde dazu zunächst erhoben, dass im Zuge der Kontrolle der Finanzpolizei die Dokumente von drei Arbeitern eingesehen wurden, nämlich A. M., A. M. und R. A. Daraufhin konnte auch die Identität des B. T. durch Einsichtnahme in Ausweiskopien festgestellt werden.

 

Nach einer Mitteilung des Bf im Zuge des Verfahrens vor der belangten Behörde gab dieser an, dass er auf der Baustelle A. M., L. M., N. K. und A. M. beschäftigt habe. Dies geht aus einem Schreiben vom 28.10.2014 hervor.

 

Aus dem Strafantrag der Finanzpolizei vom 9.9.2014 (FA-GZ: 046/11332/ 174014) ergeben sich die Namen von vier Arbeitnehmern des Bf, nämlich A. M., A. M., R. A. und B. T.

 

In Zusammenschau des Strafantrages mit der Auskunft des Bf steht daher fest, dass sechs Personen – A. M., A. M., R. A., B. T., L. M. und N. K. – auf der Baustelle anwesend waren. Insgesamt geht aus diesem Akteninhalt hervor, dass sechs und nicht acht Arbeitnehmer des Bf auf der Baustelle anwesend waren.

 

III.5. Würde man unterstellen, dass noch zwei weitere Personen, welche bei der Kontrolle davongelaufen sind, dem Bf zuzuordnen seien, so müssten acht Arbeitnehmer des Bf auf der Baustelle anwesend gewesen sein. Diese Annahme konnte trotz eines aufwendigen Beweisverfahrens nicht verifiziert werden.

 

Insbesondere ergibt sich nämlich zunächst aus dem Strafantrag der Finanzpolizei vom 9.9.2014, dass vier namentlich genannte Personen auf der Baustelle anwesend waren. Sodann wird im Strafantrag festgehalten, dass sich zwei Arbeiter der Kontrolle entziehen konnten, mit dem Vorwand ihre Ausweise aus dem Auto zu holen. Geht man davon aus, dass die vier im Strafantrag genannten Personen und jene zwei, welche davongelaufen sind, dem Unternehmen des Bf zuzuordnen sind, so hätten sich sechs Personen auf der Baustelle befunden, wobei zwei Personen namentlich unbekannt geblieben wären. Tatsächlich waren aber die Namen von sechs auf der Baustelle tätigen Personen bekannt, dies nicht zuletzt auch durch die Auskunftserteilung des Bf.

 

Ob nun tatsächlich acht Eisenbieger auf der Baustelle tätig waren, wurde auch in der Verhandlung am 7.9.2015 und in der Verhandlung am 19.10.2015 erörtert.

 

Dazu wurde zunächst der Zeuge E. P. befragt, welcher angab, dass zunächst nur vier Eisenbieger auf der Baustelle anwesend waren. Der Zeuge habe den Vorarbeiter, A. M., darauf hingewiesen, dass aufgrund eines hohen Termindrucks mit vier Arbeitern die Eisenverlegearbeiten nicht fertig­gestellt werden könnten. In weiterer Folge seien noch andere Eisenbieger auf die Baustelle gekommen. Dazu gab der Zeuge zwar an, dass er acht Eisenbieger gezählt habe, bei sechs Personen die Dokumente in Ordnung gewesen waren und zwei Personen davongelaufen seien. Diese zahlenmäßige Feststellung der Eisenbieger ergibt sich allerdings lediglich aus der Aussage dieses Zeugen in der Verhandlung am 7.9.2015. Der Zeuge wurde allerdings auch von der Finanz­polizei im Zuge der Kontrolle vernommen. Dort gab der Zeuge an, er habe sechs Eisenbieger gezählt. Lediglich ein Kollege habe ihm gesagt, dass acht Eisenbieger anwesend gewesen seien. Offensichtlich hat der Zeuge dazu also keine eigenen Wahrnehmungen, sondern wurde ihm dies erzählt. Die zahlenmäßige Diskrepanz, ob nun tatsächlich sechs oder acht Eisenbieger auf der Baustelle waren, konnte im Zuge der Vernehmung des Zeugen E. P. nicht aufgeklärt werden.

 

In der Verhandlung am 19.10.2015 wurde zu dieser Thematik auch der Zeuge M. S. (ein Dienstnehmer der E. GmbH) befragt. Auch im Zuge dieser Vernehmung konnte nicht aufgeklärt werden, wie viele Arbeiter des Bf auf der Baustelle anwesend sind. Insbesondere hat der Zeuge dazu keine eigenen Wahrnehmungen. Zur vertraglichen Regelung zwischen der E. GmbH und der S. KG gab der Zeuge an, dass im Vertrag das Arbeitsvolumen geregelt wurde, also wie viele Tonnen Stahl zu verlegen waren. Die Umsetzung des Auftrages wurde dabei nicht thematisiert, sondern war es vielmehr Sache des Bf, zu entscheiden, wie viele Personen hierfür benötigt wurden. Eine Berechnung der Anzahl der Arbeitnehmer aus den Vertrags­unterlagen bzw. Abrechnungen ist insofern nicht möglich und nicht rekonstruier­bar.

 

Zur Frage, wem die beiden Arbeiter zuzuordnen waren, welche davongelaufen sind, wurden auch drei Organe der Finanzpolizei in der Verhandlung am 7.9.2015 vernommen.

 

Der Zeuge A R J. S. gab an, dass im Zuge der Kontrolle sechs Eisenbieger anwesend waren. Die Eisenbieger seien über eine Leiter aus der Baugrube gekommen und es seien sechs Personen gewesen. Von drei Personen konnten die Ausweise direkt auf der Baustelle kontrolliert werden, von einer weiteren Person wurde der Ausweis nachgereicht. Von zwei weiteren Personen konnten die Ausweise nicht kontrolliert werden, da sie diese im Auto gehabt hätten. Die beiden Arbeiter seien auf dem Weg zum Auto davongelaufen und hätten nicht aufgehalten werden können. Der Zeuge gab ferner an, dass der Vorarbeiter, A. M., aufgefordert worden sei, die Namen der Personen bekannt zu geben, woraufhin dieser geantwortet habe, die Personen nicht zu kennen. Ferner gab der Zeuge an, nicht mehr zu wissen, ob A. M. selbst gesagt habe, dass diese Personen ihre Papiere im Auto hätten oder ob die beiden Personen ihm dies gesagt hätten.

 

Auch der Zeuge FOI C. K. wurde zu diesem Umstand befragt. Er gab ebenfalls an, dass sechs Arbeiter des Bf angetroffen worden seien. Von zwei Personen, welche davongelaufen seien, habe die Identität nicht festgestellt werden können. Auch dieser Zeuge konnte nicht angeben, ob der Vorarbeiter A. M. gesagt habe, er kenne die beiden nicht. Der Zeuge konnte auch nicht mehr angeben, ob die beiden Arbeiter selber angegeben hätten, dass sie ihre Ausweise im Auto hätten.

 

Der ebenfalls bei der Kontrolle anwesende Zeuge AR D. F. gab an, dass sechs Männer aus der Baugrube herausgekommen seien, welche kontrolliert worden seien. Von drei Arbeitern konnte eine Kontrolle durchgeführt werden, bei einem vierten wurde die Identität nachträglich festgestellt. Zwei Personen seien davongelaufen. Lediglich dieser Zeuge gab an, dass der Vorarbeiter A. M. gesagt habe, die beiden Personen hätten ihre Ausweise im Auto.

 

Von der Finanzpolizei wurde über die durchgeführte Kontrolle ein Aktenvermerk errichtet. Dieser Aktenvermerk hatte (auszugsweise) nachfolgenden Inhalt:

 

Von den sechs anwesenden Eisenbiegern konnten sich drei Arbeiter ausweisen. Diese waren A. M., A. M. und T. I. R. A.. Herr B. T. gab an keinen Ausweis dabei zu haben. Die Identität konnte später durch eine Ausweiskopie die von der Firma S. per E-Mail übermittelt wurde bestätigt werden. Zwei weitere Arbeiter gaben an den Ausweis im Auto zu haben. Herr S. fordert die beiden Herren auf, diese vom Auto zu holen. Herr F. wurde durch Herrn S. angewiesen die beiden Arbeiter zum Auto zu begleiten. Auf der Straße zum Parkhaus begannen die beiden Arbeiter zu laufen und entzogen sich so der Identitätsfeststellung. Nach diesem Vorfall wurde der für die Eisenverlegearbeiten zuständige Vorarbeiter Herr A. M. nach den Namen der zwei Arbeiter, die sich der Identitätsfeststellung entzogen haben, befragt. Dieser erwiderte, die Namen der beiden Arbeiter nicht zu kennen und keine Unterlagen über die beiden Herrn auf der Baustelle zu haben. Auf die Frage von Herrn S. an Herrn M. die Telefonnummer seines Chefs bekannt zu geben, erwiderte dieser sie ebenfalls nicht zu kennen. In weiterer Folge wurde Herr A. M. auf die Konsequenzen einer Kontrollverweigerung nach dem AuslBG § 26 Abs. 1 hingewiesen. Trotz mehrmaliger Aufforderung die Namen der beiden Arbeiter bekannt zu geben bzw. die arbeitsmarktrechtlichen Unterlagen vorzuweisen, wurde der Aufforderung durch Herrn A. M. nicht Folge geleistet.

 

Im Hinblick auf die bestehenden Widersprüche zwischen dem Aktenvermerk, den Aussagen der Finanzpolizei, der Zeugen E. P. und M. S. gelangt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu der Feststellung, dass sechs namentlich bekannte Arbeiter des Bf auf der Baustelle anwesend waren, nämlich A. M., A. M., R. A., B. T., L. M. und N. K.. Weitere Arbeitnehmer des Bf waren auf der Baustelle nicht anwesend.

 

Aus dem Aktenvermerk der Finanzpolizei geht außerdem hervor, dass nicht der Vorarbeiter A. M., sondern die beiden Arbeiter selber angegeben haben, ihre Ausweise im Auto zu haben. Dies wurde so im Aktenvermerk dokumentiert, welcher von der Finanzpolizei unmittelbar nach der Kontrolle angefertigt wurde. Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung gaben die Organe der Finanzpolizei an, nicht mehr zu wissen, wer ihnen gesagt habe, dass die beiden Arbeiter ihre Papiere im Auto hätten. Dem Aktenvermerk kommt daher hohe Glaubwürdigkeit zu. Dass die Zeugen im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.9.2015 dazu keine Erinnerungen mehr hatten, ist glaubwürdig, weil von der Finanzpolizei ständig und regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden, sodass nicht jede einzelne Kontrolle in Erinnerung bleiben kann. Insofern ist auch der Aktenvermerk der Finanzpolizei hilfreich zur Sachverhaltsfeststellung. Aus dem Aktenvermerk ergibt sich einerseits die Anzahl der vom Bf beschäftigten Arbeitern auf der Baustelle (nämlich sechs nicht acht) sowie dass nicht der Vorarbeiter A. M. sondern die beiden Arbeiter selber angegeben haben, ihre Ausweise im Auto zu haben.

 

Letztendlich konnte in der Verhandlung am 13.11.2015 auch der Zeuge A. M. vernommen werden, welcher in Übereinstimmung mit den bisherigen Beweisergebnissen angegeben hat, dass die beiden geflohenen Arbeitnehmer nicht dem Unternehmen des Bf zugeordnet werden konnten. Der Zeuge gab auch an, nicht dazu befragt worden zu sein, wer diese Personen waren.

 

Ferner gab A. M. im Zuge seiner Vernehmung an, dass die Baugrube zirka 30 x 20 m groß und 4 m tief war und dass mehrere Unternehmen in der Baugrube arbeiteten, insbesondere auch Elektriker. Die Aussage des Zeugen A. M. steht insofern im Einklang mit dem Zeugen E. P. Grundsätzlich könnte man dazu neigen, der Aussage des Zeugen A. M. nur geringe Glaubwürdigkeit zuzubilligen, zumal er im Zeitpunkt der Kontrolle Dienstnehmer des Bf war, jedoch steht seine Aussage im Einklang mit jener des völlig unabhängigen und zum Bf fremden Zeugen E. P. Dieser Zeuge hatte eine sehr hohe Glaubwürdigkeit für sich; insofern wäre es nicht gerechtfertigt, dem Zeugen A. M. hier geringere Glaubwürdigkeit zu unterstellen.

 

Die Schilderung der Baustelle (Baugrube, Größe derselben, Anwesenheit anderer Unternehmen) steht im Einklang mit jener des Zeugen P. Allerdings wirkten die Aussagen der beiden Zeugen nicht abgesprochen und abgestimmt. Der Zeuge A. M. gab auch nachvollziehbar an, dass alle in der Baugrube tätigen Personen über Aufforderung der Finanzpolizei über eine Leiter, welche die einzige Ein- und Ausstiegstelle bildete, aus dieser herausgekommen waren. Insofern ist es nachvollziehbar, dass nicht nur die Arbeiter des Bf, sondern auch alle anderen Arbeitnehmer aller anderen Unternehmen aus der Baugrube gestiegen sind.

 

III.6. Anhand der vorliegenden Beweisergebnisse gelangt das Landesver­waltungsgericht Oberösterreich daher zu der Feststellung, dass sechs namentlich bekannte Arbeitnehmer des Bf, deren Dokumente kontrolliert werden konnten, anwesend waren. Die beiden weiteren Arbeiter, welche sich durch Flucht der Kontrolle entzogen hatten, können dem Unternehmen des Bf nicht zugeordnet werden. Welchem Unternehmen diese Personen tatsächlich zuzuordnen sind, ist nicht feststellbar. Jedenfalls kann aber auch dem Bf nicht mit einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit unterstellt werden, dass diese Personen doch seinem Unternehmen zuzuordnen wären. Nicht zuletzt aufgrund der zahlenmäßigen Diskrepanz ob nun sechs oder acht Personen anwesend waren, kann dies nicht zu Lasten des Bf gehen.

 

 

VI. Rechtslage

 

VI.1. § 26 Abs. 1 AuslBG normiert, dass die Arbeitgeber verpflichtet sind, den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäfts­stellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Die Arbeitgeber und Ausländer sind verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und Trägern der Krankenversicherung sowie dem Bundesverwaltungsgericht die zur Durchführung dieses Bundes­gesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren. Die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt.

 

VI.2. § 28 Abs. 1 Z 2 lit.c AuslBG regelt, dass sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung begeht und von der Bezirksver­waltungsbehörde zu bestrafen ist, wer seinen Verpflichtungen gemäß § 26 Abs. 1 nicht nachkommt, mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis 8.000 Euro.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Verfahrensgegenständlich stellt sich die Frage, ob der Bf einen Verstoß gegen Auskunftspflichten iSd § 26 Abs. 1 AuslBG begangen hat, bzw. in welcher Form dieser Verstoß begangen wurde. Wie zu II. festgestellt, waren sechs Arbeiter des Bf auf der Baustelle anwesend, welche allesamt kontrolliert wurden und in deren Dokumente auch Einsicht genommen werden konnte. Zusätzlich dazu hat der Bf mit Schreiben vom 28.10.2014 eine Auskunft über die auf der Baustelle anwesenden Arbeiter erteilt.

 

V.2. In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9.10.2014 wurde dem Bf Nachfolgendes vorgehalten:

 

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma S. KG in B., x, verwaltungstrafrechtlich zu vertreten, dass am 28.8.2014 auf der Baustelle oa. Firma in S., auf dem Werksgelände der Firma B. – Baustelle x, den Organen der Finanzpolizei Linz und somit Organen einer Abgabenbehörde durch oa. Firma (in deren Eigenschaft als Arbeitgeberin) Auskünfte – und zwar die Namen – über zwei von oa. Firma auf oa. Baustelle beschäftigter ausländischer Arbeitnehmer verweigert wurden.

Da Arbeitgeber verpflichtet sind, den Abgabenbehörden die Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekannt zu geben, stellte oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des AuslBG dar.

 

Ein konkreter Tatvorwurf – insbesondere zum angeblichen Sachverhalt – wurde gegenüber dem Bf allerdings nicht erhoben. Die belangte Behörde beschränkte sich darauf, Teile des Strafantrages der Finanzpolizei bzw. des Gesetzestextes wiederzugeben, ohne dem Bf mit einem konkreten Sachverhalt zu konfrontieren, zu welchem sich dieser rechtfertigen hätte können.

 

V.3. Auch im Spruch des Straferkenntnisses wurde kein konkreter Tatvorwurf formuliert, sondern beschränkte sich die belangte Behörde wiederum darauf, im Wesentlichen den Gesetzestext wiederzugeben. Der Spruch lautete:

 

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma S. KG in B., x, verwaltungstrafrechtlich zu vertreten, dass am 28.8.2014 auf der Baustelle oa. Firma in S., auf dem Werksgelände der Firma B. – Baustelle x, den Organen der Finanzpolizei Linz und somit Organen einer Abgabenbehörde durch oa. Firma (in deren Eigenschaft als Arbeitgeberin) Auskünfte – und zwar die Namen – über zwei von oa. Firma auf oa. Baustelle beschäftigter ausländischer Arbeitnehmer verweigert wurden.

Da Arbeitgeber verpflichtet sind, den Abgabenbehörden die Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekannt zu geben, stellte oa. Tatbestand eine Übertretung der Bestimmungen des AuslBG dar.

 

Darüber hinaus hat die belangte Behörde keine Sachverhaltsfeststellung dazu getroffen, in welcher Form die Kontrolle der Finanzpolizei stattgefunden hat, auch nicht dazu, dass sich zwei Personen durch Flucht der Kontrolle entzogen hätten und der Vorarbeiter des Bf, der Zeuge A. M. angegeben haben soll, diese Personen nicht zu kennen. Der gesamte entscheidungswesentliche Sachverhalt blieb im Straferkenntnis unerwähnt.

 

V.4. Letztendlich hat sich ein konkreter Tatvorwurf nicht erwiesen. Eine Verletzung der Auskunftspflicht des Bf wurde nicht festgestellt. Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer