LVwG-550625/24/FP

Linz, 10.12.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von M H, X, U, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 3. Juli 2015 GZ: N10-166-2015, wegen Wiederherstellung nach dem Oö. NSchG 2001 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung an Ort und Stelle

 

 

den  B E S C H L U S S  gefasst:

I.         Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

und zu Recht  e r k a n n t :

II.      Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

III.   Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.1. Mit Bescheid vom 3. Juli 2015 trug die belangte Behörde der Beschwerdeführerin (Bf) auf, sämtliche auf dem Grundstück Nr. x,
KG S, Gemeinde K, auf einer in einem dort beigelegten Plan rot umrandeten Fläche illegal aufgeforsteten Fichten bis 15. August 2015 zu entfernen.

Die belangte Behörde begründete wie folgt:

 

zu I.:

Aufgrund einer Anzeige des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz wurde der Naturschutzbehörde der Bezirkshauptmannschaft Freistadt bekannt, dass Sie auf dem Grundstück Nr. x, KG S, Gemeinde K, eine Fläche im Ausmaß von rund 920 (im beiliegenden Plan rot umrandet) ohne naturschutz­rechtliche Bewilligung mit Fichten aufgeforstet haben. Bei der gegenständlichen Fläche handelt es sich um einen Sonderstandort eines Halbtrockenrasens, namentlich um einen Borstgrasrasen.

 

Gemäß § 5 Ziffer 18 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 bedarf die Bodenabtragung, die Aufschüttung, die Düngung, die Anlage künstlicher Gewässer, die Neuaufforstung und das Pflanzen von standortfremden Gewächsen in Mooren, Sümpfen, Feuchtwiesen sowie Trocken- und Halbtrockenrasen einer Bewilligung der Naturschutz­behörde.

 

Eine derartige naturschutzrechtliche Bewilligung liegt nicht vor und kann auch nicht nachträglich erteilt werden, da dieser Lebensraumtyp außerhalb der Alpen selten geworden ist und die Aufforstung unweigerlich zur Zerstörung dieses Lebensraumtyps führt.

 

Mit Schreiben vom 2.6.2015 wurden Sie im Rahmen des Parteiengehörs darüber informiert, dass beabsichtigt sei, Ihnen mittels administrativer Verfügung gemäß § 58 Oö. NSchG 2001 aufzutragen, bis spätestens Ende Juli 2015 die aufgeforsteten Fichten zu entfernen.

 

In Ihrem als Berufung titulierten Schreiben vom 10.6.2015 brachten Sie vor, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Nebenerwerb geführt werde und die Hauptarbeit Ihre Schwiegermutter verrichten würde. Schon vor längerer Zeit hätten Sie sich entschlossen, die Landwirtschaft zu verkleinern und deshalb seien die Grundstücke x, x und x im Flächenwidmungsplan der Gemeinde K als Aufforstungsflächen einge­tragen worden. Vor Beginn der Aufforstungsarbeiten im April 2015 hätten Sie bei der Gemeinde eine Aufforstungsanzeige eingebracht, die Ihnen jedoch wieder zurückgegeben worden sei, da durch den gültigen Flächenwidmungsplan keine weitere Bewilligung mehr notwendig gewesen sei. Zu unserem Vorhalt, dass Sie Herr Dipl. Ing. N im Sommer 2014 über die naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht für Aufforstungen von Trockenrasen informiert hätte, führten Sie aus, dass dieses Gespräch mit Ihrem Gatten stattgefunden hätte und dabei über die ehemalige Pflegeausgleichsfläche im Osten des Grundstückes x gesprochen worden sei. Herr Dipl. Ing. N habe erklärt, da Sie vor einigen Jahren Fördermittel erhalten hätten, würden Sie eine Naturschutz­bewilligung benötigen. Dieser Bereich sei daher nicht aufgeforstet worden. Für den betroffenen Bereich hätten Sie nie eine Förderung erhalten und Ihre Schwiegereltern hätten diese sogar als Ackerfläche genutzt. Weiters wollte Dipl. Ing. N die Angaben betreffend Flächenwidmungsplan prüfen. Es sei eindeutig mitgeteilt worden, welche Fläche aufgeforstet werden soll und es sei keine ablehnende Stellungnahme gekommen. Herr Dipl. Ing. N wäre vor Jahren mit seinem Motorrad über diesen vermeintlichen Halbtrockenrasen gefahren. Da Sie rechtzeitig angesucht und sich bemüht hätten, alle erforderlichen Bewilligungen einzuholen, empfänden Sie das Vorgehen der Bezirkshaupt­mannschaft Freistadt als falsch und unangebracht.

 

Zu diesen Vorbringen wird festzuhalten, dass die Ausweisung als Neuaufforstungsgebiet in einem Flächenwidmungsplan eine eventuell gegebene naturschutzrechtliche Bewilli­gungspflicht nicht beseitigt. Was im Gespräch zwischen Ihrem Gatten und Herrn
Dipl. Ing. N genau besprochen wurde, kann leider nicht verifiziert werden. Dass Herr Dipl. Ing. N das Bestehen der naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht an den Pflegeausgleichsbezug gekoppelt hätte, ist jedoch kaum glaubhaft. Dass er prüfen wollte, wieweit die Angaben bezüglich des Flächenwidmungsplanes stimmen, ist verständlich, besagt aber nicht, dass dadurch die Bewilligungspflicht negiert wurde. Wenn Sie vorbringen, dass Sie keine ablehnende Stellungnahme erhalten hätten, so ist dem entgegen zu halten, dass Sie auch keine Zustimmung zur Aufforstung erhalten haben. Es wäre an Ihnen gelegen, sich vor der tatsächlichen Durchführung der Auf­forstung - mehr als ein halbes Jahr nach dem Gespräch mit Herrn Dipl. Ing. N - definitiv zu vergewissern, ob die Aufforstung naturschutzrechtlich erlaubt ist. Sollte Herr Dipl. Ing. N die Fläche mit dem Motorrad befahren haben, so hätte dies zu keiner Zerstörung bzw. Beeinträchtigung geführt, da derartige Flächen auch mit dem Traktor befahren werden. Sie haben keinesfalls um alle notwendigen Bewilligungen angesucht, sondern lediglich beim Gemeindeamt eine Anzeige nach dem Oö. Alm- und Kultur­flächenschutzgesetz eingebracht. Eine eventuell falsche Auskunft der Gemeinde über das Bestehen von weiteren Bewilligungspflichten kann zwar in einem Verwaltungsstraf­verfahren für die Beurteilung der Schuldfrage von Bedeutung sein, beseitigt aber nicht die Bewilligungspflicht.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 des Oö. NSchG 2001 ist, wenn bewilligungspflichtige Vorhaben ohne eine nach diesem Landesgesetz erforderliche Bewilligung verwirklicht oder wesentlich geändert wurde, die Person, die das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen oder allenfalls subsidär die verfügungsberechtigte Person, von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung aufzutragen, entweder innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist um die nachträgliche Erteilung der Bewilligung anzu­suchen oder innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist, welche nach Wochen oder Monaten zu bestimmen ist, auf seine Kosten den vorherigen Zustand bzw. den bescheidmäßigen Zustand wieder herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

Die Möglichkeit nach Z 1 ist nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. In jedem Fall kann auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung verfügt werden.

Die durchgeführte Maßnahme führt unweigerlich zur Zerstörung des Borstgrasrasen, da die ganzjährige Beschattung durch die Forstpflanzen den Aufwuchs der krautigen Pflanzen behindert und die Bodenbeschattung zu einer höheren Bodenfeuchte und gedämpften Temperaturamplitude führt. Da außer Ihrem privaten Interesse einer Bewirtschaftungserleichterung keine Interessen für eine Aufforstung sprechen, wäre auch im Rahmen einer Interessensabwägung keine Erteilung der Bewilligung möglich. Aus diesen Gründen war die im Spruch enthaltene Verfügung zu treffen und konnte nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, um nachträgliche Bewilligung anzusuchen. Für die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes wurde eine angemessene Frist einge­räumt.

 

Zu II.:

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den angeführten Gesetzes- und Verord­nungsstellen.

Gemäß § 77 Abs. 1 AVG können für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.

Nach § 76 Abs. 2 AVG belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn die von Amts wegen angeordnete Amtshandlung durch sein Verschulden herbeigeführt worden ist.

 

Da Sie die Aufforstung ohne die erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung ausgeführt haben bzw. ausführen ließen, haben Sie für die Kosten des Lokalaugenscheines des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom
20. April 2015 aufzukommen.

 

I.2. Auslöser für das unter I.1. beschriebenen Verfahren war die dort beschriebene Anzeige des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, die wie folgt lautete:

 

„Naturschutzfachliche Stellungnahme und Anzeige:

 

Großteile des Grundstücks x, KG x S, sind im Rahmen der Biotop-erhebungen durch Experten als besonderer Lebensraum festgestellt und in die NDB der Naturschutzabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung als X - Fläche „Quellmoorwiese in Hanglage in K, T", bestehend aus Artenreichen Magerwiesen und Feuchtwiesen in Hanglagen, eingetragen worden. Eine erste Flächen­kontrolle erfolgte am 08.07.2013 durch J. K, 2014 wurde laut Eintragung in der NDB die Grundeigentümerin vom Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz der BH Freistadt darauf hingewiesen, dass die Neuaufforstung von Feucht- und Mager­wiesen nach § 5 Z 18 Oö. NSchG zu bewilligen ist.

Im Rahmen von Lokalaugenscheinen am 14. und 20. April 2015 wurde die Neuauf­forstung des Grundstückes x, KG x S, im Bereich der Halbtrocken­rasen mit ausschließlich Fichtenforstpflanzen festgestellt (Abbildung). Beim Halbtrocken­rasen handelt es sich um einen Borstgrasrasen mit dominant Nadus stricta, sowie als weitere Vertreter dieses Lebensraumtyps (soweit derzeit feststellbar) Avenella flexuosa, Hieracium pilosella, Hypericum maculatum und Thymus pulegioides (auf Grund der Standortsbedingungen subsp. chamaedrys).

 

Auswirkungen der Neuaufforstung auf den Naturhaushalt

Borstgrasrasen der montanen Region sind in Österreich ein stark gefährdeter Biotoptyp, nur in den Hochlagen gilt er als ungefährdet (Ellmauer, T. 2004: Entwicklung von Kriterien, Indikatoren und Schwellenwerten zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Natura 2000-Schutzgüter. Band 3: Lebensraumtypen des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Im Auftrag der neun österreichischen Bundesländer und des Bundes­ministeriums für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. 619 pp). Die Borstgrasrasen der montanen Region sind heute in Österreich vor allem auf die höheren Lagen der Böhmischen Masse beschränkt. Deren Erhalt ist daher nicht nur für das Bundesland Oberösterreich von Bedeutung, sondern für das gesamte Bundesgebiet. Die Neuaufforstung von Borstgrasrasen mit Fichtenforstpflanzen führt in den Folgejahren zu einer wesentlichen Veränderung des Bodenklimas, insbesondere durch die ganzjährige Beschattung. Der Mangel an Sonnenlicht wird den Aufwuchs krautiger Pflanzen allgemein behindern, die auf Grund der Beschattung höhere Bodenfeuchte und gedämpfte Temperaturamplitude wird die Standortfaktoren soweit verändern, dass der Biotoptyp Borstgrasrasen nicht mehr bestehen kann. Die Neuaufforstung gilt für diesen Biotoptyp als eine seiner Gefährdungsursachen.

[...eingefügtes Bild]

 

Empfohlene Maßnahmen zur Wiederherstellung

 

Durch die ersatzlose Entfernung der Fichtenforstpflanzen wäre die Gefährdungsursache vollständig beseitigt.

 

Vorbringungen des Forstfachdienstes

Der Lokalaugenschein am 20. April 2015 erfolgte gemeinsam mit dem zuständigen
Bez. OFö. Ing. H H, der darauf hinwies, dass die Grundeigentümerin die Neuaufforstung auf Basis eines gültigen Flächenwidmungsplanes (Änderung der Flächen­widmung in Aufforstungsfläche) der Gemeinde durchführt und nach seiner Auffassung daher davon ausgehen kann, dass keine weitere Bewilligung mehr einzuholen ist.“

 

I.3. Im Verfahren erstattete der Bezirksbeauftragte zudem nachstehende naturschutzfachliche Stellungnahme zur Frage der Bewilligungsfähigkeit:

 

„Wie im Rahmen des Lokalaugenscheins vom 20. April 2015 festgestellt, handelt es sich bei der neu aufgeforsteten Fläche im Wesentlichen um den Sonderstandort eines Halbtrockenrasens, namentlich um einen Borstgrasrasen.

In Österreich ist dieser Lebensraumtyp in sehr unterschiedlicher Ausprägung vorhanden. Große Bestände sind in den Nord- und Südalpen zu finden, in den Zentralalpen tritt er zerstreut auf. Außerhalb der Alpen ist der Lebensraumtyp aber selten geworden und stark zurückgegangen. Er ist hier heute vor allem auf die höheren Lagen der Böhmischen Masse beschränkt, in diesen Höhenstufen, im gegenständlichen Fall auf 845 m ü.A., ist seine Verbreitung an die Landnutzung in Form einer Beweidung oder Mahd (einschürige Wiesen) gebunden. Seine natürliche Verbreitung, ohne Zutun des Menschen, beschränkt sich auf die Alpine Region. Dem festgestellten Lebensraumtyp Borstgrasrasen ist eine hohe naturschutzfachliche Wertigkeit zuzuordnen, da er bereits selten ist und in der Montanregion weitgehend auf das Gebiet der Böhmischen Masse beschränkt ist.

Als wesentlichste Gefährdungsursachen für Borstgrasrasen der Montanregion bzw. der gegenständlichen Höhenlage gelten Nutzungsintensivierung (z.B. Aufdüngung und/oder Graseinsaat zur Grünlandnutzung oder Umbruch für Ackernutzung), Aufforstung oder Änderung der Flächenwidmung (Bebauungen).

 

Eine Aufforstung dieser Trockenrasen führt unweigerlich zur Zerstörung des Lebens­raums. Die ganzjährige Beschattung durch die Forstpflanzen behindert den Aufwuchs der krautigen Pflanzen und die Bodenbeschattung führt zu einer höheren Bodenfeuchte und gedämpften Temperaturamplitude. Damit ändern sich die abiotischen Bedingungen und es werden Standortfaktoren geschaffen, die für den Biotoptyp Borstgrasrasen ungeeignet sind. Dies führt zum Verlust einer Erscheinungsform der Natur, die für das Mühlviertel typisch ist. § 1 Abs. 1 Oö. NSchG sieht als Ziel dieses Landesgesetztes, den Erhalt der Natur u.a. in ihren Erscheinungsformen. Aus § 1 Abs. 1 ergibt sich das öffentliche Interesse am Natur- und Landschafsschutz.

 

Die Neubewaldung von ertragsschwachen Böden durch Aufforsten mit Forstpflanzen ist generell eine Belastung der Lebensraumvielfalt. Ein öffentliches Interesse daran ist aus Sicht des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz nicht darstellbar. Auch aus dem Forstgesetz ist kein öffentliches Interesse an einer Neubewaldung ableitbar, da zwar die Erhaltung des Waldes (inkl. des Waldbodens und seiner Produktionskraft und die nachhaltige Waldbewirtschaftung) Ziel dieses Gesetzes ist, nicht jedoch die Neubewal­dung anders genutzter Flächen, insbesondere durch die Aufforstung mit Forstpflanzen.

Hier ergibt sich auch ein differenziertes Bild zu einer Neubewaldung durch Nutzungs­aufgabe. Diese Form der Neubewaldung würde über einen längeren Zeitraum erfolgen. Hier würden sich bis zu einem entsprechenden Kronenschluss der Gehölze, was einige Jahre dauern könnte, Restbestände der Borstgrasrasen halten können und würden bei einer allfälligen Wiederaufnahme der Wiesennutzung oder Beweidung sich kurzfristig wieder flächig etablieren. Eine aktive Aufforstung mit Fichtenkulturen hat das Ziel, einen Bortgrasrasen durch Fichtenwaldboden zu ersetzen und zerstört diesen Lebensraum definitiv und nachhaltig.“

 

I.4. Gegen den unter I.1. beschriebenen Bescheid erhob die Bf rechtzeitig Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass ein von ihr eingeholtes Privatgutachten ergebe, dass es sich bei der gegenständlichen Fläche nicht um einen Halbtrocken- oder Trockenrasen handle.

Ihrer Beschwerde legte die Bf eine Stellungnahme eines Mag. D B, cN, bei, welche zusammengefasst ergibt, dass es sich bei gegenständ­licher Fläche um kein Biotop im Sinne des § 5 Z 18 Oö. NschG handelt.

 

I.5. Nach Eingang der Beschwerde gab der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz eine weitere Stellungnahme ab, mit welcher er das Privat­gutachten zu entkräften suchte und darstellte, dass Borstgras auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sei. Trockenheit gehe fast immer Hand in Hand mit einem Magerstandort.

 

I.6. Die belangte Behörde legte dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde und den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 10. August 2015 zur Entscheidung vor.

 

I.7. Aufgrund der divergierenden Sachverständigenansichten (Bezirksbeauf­tragter, cN) beauftragte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz, M S (der ASV), mit der Erstattung eines Gutachtens, welches wie folgt lautet:

 


„GUTACHTEN

des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz

 

Seitens des Oö. Landesverwaltungsgericht wurde ersucht, Befund und Gutachten zu der Frage abzugeben, ob es sich bei der gegenständlichen Wiese, wie von der Behörde ange­nommen, um einen sogenannten Halbtrockenrasen (Borstgrasrasen) handelt bzw. um ein sonstiges nach § 5 Abs. 18 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz erfasstes Biotop. Hierbei hat insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Gutachten und der Stellung­nahme von Herrn J E (Bezirksbeauftragter für Natur- und Landschaftsschutz) sowie mit der Stellungnahme von Herrn D B (Fa. cN) zu erfolgen.

Sollte sich ergeben, dass ein Biotop im Sinne des § 5 Abs. 18 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes vorliegt, wurde ersucht festzustellen, ob die Wiederauf­forstung den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Wiese schädigt oder den Erholungswert der Landschaft in einer Wiese beeinträchtigt oder das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft. Es wurde darüber hinausgehend ersucht, Stellung zu nehmen, inwieweit gegenständliche Wiese für öffentliche Interessen von Bedeutung ist.

 

Befund:

Die Aufforstung befindet sich auf dem Grundstück x, KG S, in der Gemeinde K. Der seitens Herrn E beanstandete Grundstücksteil befindet sich nördlich des jüngst angelegten Traktorweges und reicht bis zum südlichen Waldrand des Fichten-/Kiefernwaldes auf dem Grundstück x. Herr E bezeichnet in seinem Gutachten (vom 21. April 2015) den gegenständlichen Bereich als Halbtrockenrasen, bei dem ‚es sich um einen Borstgrasrasen mit dominant Nardus stricta handelt‘. In der Folge macht Herr E Ausführungen zur Gefährdung von Borstgrasrasen. Auch in seiner Stellungnahme vom 10. August 2015 hält Herr E an der Einstufung der Fläche als ‚Borstgrasrasen‘ fest und beschäftigt sich in der Folge mit dem Umstand, dass es für die Beurteilung aus naturschutzrechtlicher Sicht nicht relevant ist, ob ein bestimmter Biotoptyp laut Biotopkartierung Oberösterreich als Trocken- oder Halbtrockenrasen eingestuft ist. Vielmehr sei die Begriffsbestimmung in § 3 des Oö. Natur- und Land­schafts­schutzgesetzes relevant, wonach es sich bei einem Trocken- und Halbtrockenrasen um eine ‚Grasflur‘ handelt, ‚die überwiegend von solchen Pflanzenarten zusammengesetzt ist, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind‘.

Dagegen führt Herr B in seiner Stellungnahme aus, dass es sich beim gegen­ständlichen Areal laut Oö. Biotopkartierung zu 85-90 % um eine ‚Magerwiese‘ und zu
10-15 % um eine ‚Silikat-Felsgrus-/Felsband-Gesellschaft und Pionierrasen‘ handelt. Weder bei einer ‚Magerwiese‘ noch bei einer ‚Silikat-Felsgrus-/Felsband-Gesellschaft und Pionierrasen‘ handle es sich laut Oö. Biotopkartierung um Trocken- oder Halb­trocken­rasen.

 

Im Rahmen eines Lokalaugenscheins am 31. August 2015 konnte ich selbst folgende Gegebenheiten feststellen (vgl. dazu Beilage 1):

Grüner Bereich: Es handelt sich um eine noch nicht allzu lange brachliegende ehemalige Wirtschaftswiese mit einzelnen Mager- und Trockenanzeigern, wobei der nördlich des Weges gelegene Teil (vgl. Aufnahme 1) um eine Spur trockener erscheint als der südlich gelegene (Aufnahme 3). In beiden Wiesenflächen befinden sich einzelne Findlinge sowie kleine Flächen mit anstehendem Fels aus Weinberger Granit. Auf diesen bzw. um diese herum treten vermehrt Trockenzeiger auf. Diese Wiesen wurden weitgehend mit Fichten aufgeforstet, wobei die aufgeforsteten Gehölze derzeit jedoch noch nicht höher als 50 cm sind.

Roter Bereich: Erst am nördlichen und zugleich höchstgelegenen Randbereich der Wiese dünnt die Vegetation stark aus und es treten einzelne Trockenheit anzeigende Pflanzen­arten stärker hervor (Aufnahme 2). Insbesondere im westlichen Teilbereich steht größerflächig Fels an, weshalb Aufforstungen mit Fichten hier kaum erfolgt sind. Im Gegensatz zu den darunter liegenden aufgeforsteten Wirtschaftswiesenbrachen tritt hier vermehrt auch Naturverjüngung mit Wald-Kiefer und Espe auf.

 

Gutachten

 

Exkurs zum Thema ‚Benennung von Pflanzengesellschaften und Biotoptypen‘ vor dem Hintergrund der Begriffsbestimmungen im Oö. NSchG.:

Dazu muss zunächst festgestellt werden, dass es sich bei den deutschen Bezeichnungen von Pflanzengesellschaften im Gegensatz zu den lateinischen um keine wissenschaftlich exakten handelt. Nur die lateinische Nomenklatur im Rahmen der syntaxonomischen Gliederung der Pflanzengesellschaften unterliegt festgelegten Regeln, die in der einschlägig tätigen Fachwelt meist auch eingehalten werden. Dies gilt erst recht für Sammelbegriffe wie ‚Trockenrasen‘ oder ‚Halbtrockenrasen‘. Aber auch die deutsche Bezeichnung ‚Borstgrasrasen‘ umfasst eine gewisse Anzahl etwas unterschiedlicher Rasentypen, wenngleich der Borstgrasrasen aber schon deutlich enger gefasst ist als etwa der ‚Trockenrasen‘.

Doch selbst bei Einhaltung aller Regeln bleibt im Rahmen der pflanzensoziologischen Forschung stets ein breiter Interpretationsspielraum, da Pflanzengesellschaften ‚keine scharf begrenzten Gebilde‘ sind, ‚sondern unscharfe Mengen‘ (Willner & Grabherr 2007). Leider bietet gerade dieser Interpretationsspielraum insbesondere auch vor dem Hintergrund des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetztes sowie im Zusammenhang mit Schutzgütern der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie vielfachen Anlass zu oft grenzwer­tigen Aussagen und kaum lösbaren Konflikten.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich parallel zur synsoziologischen Gliederung der Pflanzengesellschaften, deren Anfänge etwa am Beginn des 20. Jahrhunderts liegen, vor dem Hintergrund der Bestrebungen des Naturschutzes selten gewordene Lebensräume zu erhalten, etwa ab den 1970er-Jahren ein weiteres Konzept, nämlich jenes der Gliederung der Erdoberfläche in sogenannte ‚Biotop- oder Lebensraumtypen‘, entwickelt hat. Dieses Konzept (welches im Gegensatz zur pflanzensoziologischen Gliederung auch Teile der Erdoberfläche einschließt, die nicht oder kaum von höheren Pflanzen besiedelt sind, beispielsweise ‚Gletscher‘ oder ‚Bach/Fluss‘), erlangte ab 1995 mit dem Beitritt Österreichs zur EU eine ganz besondere Bedeutung, zumal in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in erster Linie Biotop- bzw. Lebensraumtypen gelistet sind und nicht pflanzen­soziologische Einheiten (teilweise wird jedoch auf pflanzensoziologische Überbegriffe verwiesen). Die verschiedenen Biotoptyp-Konzepte haben sich auf verschiedenen Ebenen (Bund, Länder) und zu verschiedenen Zeiten (unterschiedlicher Beginn der Biotop­kartierung in den Bundesländern, Zeit vor und nach dem EU-Beitritt, Bezugnahme auf Konzepte in anderen Staaten, insbesondere Deutschland) entwickelt und es liegt diesen Gliederungen keine streng wissenschaftliche bzw. keine international einheitliche Vorgehensweise und Nomenklatur zugrunde.

 

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob es sich bei den gegenständlichen Bereichen um Trocken- oder Halbtrockenrasen handelt, folgendermaßen zu beantworten:

 

Vorab wird festgehalten, dass sich die Begriffsbestimmung in § 3 auf keine konkreten pflanzensoziologisch definierten Einheiten bzw. Biotoptypen reduzieren lässt, nur weil diese Einheiten in ihren deutschen Namen die Begriffe ‚Trockenrasen‘ oder ‚Halb­trockenrasen‘ beinhalten. Hierin ist den Aussagen von Herrn E jedenfalls Recht zu geben und festzuhalten, dass einzig und allein maßgeblich ist, ob die betreffende Grasflur ‚überwiegend von solchen Pflanzenarten zusammengesetzt ist, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind‘.

 

Stellungnahme zu den Feststellungen von Herrn B:

Herr B bezieht sich bei seiner Feststellung, es handle sich um keinen Halbtrocken­rasen oder Trockenrasen, darauf, dass die von ihm festgestellte Pflanzenformation ‚nach der oberösterreichischen Biotopkartierung ... nicht zu den Halbtrocken- oder Trocken­rasen zu stellen‘ ist. Tatsächlich ist diese Aussage in Bezug auf die von B mit rund
85-90 % angegebenen ‚Magerwiese‘ auf seiner Fläche 1 korrekt (entspricht dem grünen Bereich in Beilage 1). Die restlichen 10-15 % dieser Fläche (entspricht dem roten Bereich in Beilage 1) werden von B als dem Biotoptyp ‚Silikat-Felsgrus-/Felsband-Gesell­schaften und Pionierrasen‘ (vgl. Oö. Biotopkartierung) zugehörig angegeben. Dieser Biotoptyp wird in der Biotopkartierung Oö. tatsächlich weder den Trockenrasen (vgl. Handbuch Katalog der Biotoptypen, Pkt. 7.2.), Halbtrockenrasen (Handbuch Pkt. 7.3.) noch den Fels-Trockenrasen (Pkt. 7.4.) zugeordnet. Allerdings ist die Zuordnung von B nicht ganz schlüssig, da der von ihm ausgewiesene ‚Silikat-Felsgrus-/Felsband-Gesellschaften und Pionierrasen‘ laut Biotopkartierung Oö. eigentlich eine Pflanzen­gesellschaft ‚nicht anthropogener Sonderstandorte‘ sein müsste (vgl. Handbuch Katalog der Biotoptypen, Pkt. 8.), was im gegenständlichen Fall eindeutig nicht der Fall ist, zumal die Fläche (bis auf die Bereiche mit anstehendem Fels) noch in den 1960er-Jahren zumindest in Randbereichen als Acker und danach als Wiese oder Weide genutzt wurde. Der anthropogene Charakter der Fläche zeigt sich auch in dem Umstand, dass reichlich Naturverjüngung mit Waldkiefer vorhanden ist, was den Schluss zulässt, dass die Fläche von Natur aus einen Wald-Standort darstellt. Darüber hinaus ist der betreffende Biotoptyp sehr rudimentär ausgebildet (beispielsweise fehlen Sukkulenten vollständig), weshalb auch andere Schlüsse in Bezug auf die Zuordnung der Fläche zu einem Biotoptyp möglich wären.

 

Stellungnahme zu den Feststellungen von Herrn E:

Dem gegenüber steht die Aussage von Herrn E, es handle sich bei dem bean­standeten Bereich nördlich des Traktorweges um einen ‚Borstgrasrasen‘ mit dominant Nardus stricta (den er als ‚Halbtrockenrasen‘ bezeichnet).

Hierzu sind folgende Feststellungen zu machen:

1. Ein Borstgrasrasen (von Nardus stricta dominierte Grasfluren) ist jedenfalls (also insbesondere auch im Sinne des § 3 des Oö. NSchG) weder zu den Trocken- noch zu den Halbtrockenrasen zu stellen. Wohl gibt es relativ trockene Ausbildungen von Borst­grasrasen. Borstgrasrasen kommen aber genauso auf gut durchfeuchteten, vor allem aber an mesophilen (weder besonders nassen noch besonders trockenen) Standorten vor. Das, was einen Borstgrasrasen auszeichnet, ist jedoch vielmehr die Nährstoffarmut (Magerkeit) des Standortes in Verbindung mit einer Mahd oder einer Beweidung (selten treten auch unbewirtschaftete Borstgrasmatten in subalpinen Hochlagen auf) unabhängig davon, ob der Standort besonders trocken oder feucht ist. Demgemäß formuliert Pils 1994: ‚Offensichtlich war es also zu keiner Zeit die Trockenheit, die den Bürstling und seine niederwüchsige Begleitflora gegenüber den wüchsigen Fettwiesengräsern gefördert hat, sondern immer nur die extreme Nährstoffarmut seiner Standorte‘. Arten der Borstgrasrasen (wie Nardus stricta, Arnica montana, Viola canina u.a.) sind somit weder auf besonders trockenen, halbtrockenen oder feuchten Standorten konkurrenzstark, sondern vielmehr auf Böden, die nährstoffarm sind! Dass sich Borstgras (Nardus stricta) und andere typische Vertreter der Borstgrasrasen auch auf trockeneren Böden oftmals halten können, liegt nicht primär in der Trockenheitsresistenz dieser Arten, sondern in der Regel am Zufall der Erstbesiedelung. Wird ein gewisses Ausmaß an Wasserarmut am Standort auf Dauer überschritten, kann sich eine Borstgrasrasengesellschaft hier nicht halten und muss Arten weichen, die auf trockenen und halbtrockenen Flächen tatsächlich (d.h. auf Dauer) konkurrenzstark sind.

2. Bei dem betreffenden Bereich handelt es sich um keinen Borstgrasrasen. Tatsächlich konnte ich im Rahmen des Lokalaugenscheins kein einziges Exemplar von Borstgras (Nardus stricta) entdecken. Natürlich besteht die Möglichkeit, einzelne allenfalls vorhan­dene Borstgrashalme übersehen zu haben. Würden jedoch auch nur Teile der Fläche vom Borstgras dominiert sein, wie das Herr E formuliert, wäre es kaum möglich gewesen, diese zu übersehen. Somit wird zusammenfassend festgehalten, dass es sich bei der gegenständlichen Fläche weder im grün noch im rot umgrenzten Bereich um einen Borstgrasrasen handelt.

 

Die Frage, ob es sich bei den tatsächlich vorhandenen Pflanzenformationen um Trocken- oder Halbtrockenrasen oder andere Biotoptypen im Sinne des § 5 des Oö. NSchG handelt, ist somit noch unbeantwortet.

Festzuhalten ist, dass der gegenständliche Abschnitt (zwischen Traktorweg als Südgrenze und Waldfläche als Nordgrenze) in 2 sehr unterschiedliche Bereiche zu trennen ist: Einen größeren nährstoffreicher und weniger trocken erscheinenden südlichen Teil (in Beilage 1 grün umgrenzt) sowie flächenmäßig deutlich kleinere, schmälere Abschnitte, die sich überwiegend entlang des Waldrandes erstrecken (in Beilage 1 rot umgrenzt).

Beim grünen Bereich handelt es sich eindeutig um die junge Brache einer Fettwiese mit einzelnen Trockenheits- und Magerkeitszeigern. (Nach der Interpretation der Oö. Biotop­kartierung würde diese Fläche als ‚Magerwiese‘ bezeichnet werden. Auszug aus dem Biotoptypenkatalog zur Definition ‚Magerwiese‘: ‚Umfasst alle Ausbildungen der Fett­wiesen und Fettweiden mit Trocken- und Mageranzeigern, sowohl die zu den Trespen-Halbtrockenrasen (Mesobromion) vermittelnden Ausbildungen, als auch die durch Trennarten der alpinen Kalk-Blaugras-Magerrasen (Seslerion) gekennzeichneten Ausbil­dungen der inneralpinen Tal und Beckenlagen, weiters wechselfrische Vergesellschaf­tungen mit Trennarten der Pfeifengras-Riedwiesen (Molinion), sowie die zu den Borstgrasrasen (Nardion) vermittelnden Ausbildungen‘).

Eindeutiges Indiz für die Annahme einer Fettwiese ist der dominante Anteil an nährstoffliebenden Obergräsern wie Goldhafer, Glatthafer, Rot-Schwingel und Knaulgras sowie darüber hinaus zahlreiche nährstoffaffine Kräuter wie Spitz-Wegerich, Gamander-Ehrenpreis, Rot-Klee, Wiesen-Löwenzahn oder etwa Weißes Labkraut. Zwar gibt es auch Anzeichen, die einen Übergang zu trockeneren bzw. nährstoffärmeren Verhältnissen nahe legen (beispielsweise Arten wie Rot-Straußgras, Ruchgras, Zittergras und Zypressen-Wolfmilch und Hunds-Veilchen. Letzteres - obwohl nur ganz zerstreut vorkommend - kann als ein Rest, möglicherwiese früher hier vorkommender Borstgrasrasen gewertet werden), daraus einen Trocken- oder Halbtrockenrasen abzuleiten, wäre aber angesichts der Dominanz-Verhältnisse völlig unzulässig.

 

Beim überwiegenden Großteil des betreffenden Bereiches (in Beilage 1 grün abgegrenzt) handelt es sich demnach um keinen Trocken- oder Halbtrockenrasen und auch um keinen anderen Biotoptyp, der einer Bewilligungspflicht gemäß § 5 des Oö. NSchG entsprechen würde.

Im viel kleinflächigeren, schmalen Bereich, der sich oberhalb dieser Fettwiese an den Waldrand anschmiegt (roter Bereich in Beilage 1), sind jedoch Anzeichen für einen ‚Trocken- oder Halbtrockenrasen‘ vorhanden: Während hier zwar immer noch einzelne Arten der unterhalb anschließenden Fettwiese vereinzelt auftreten, dünnt die Vegetation hier stark aus und es treten Arten hinzu, die - wie es der diesbezüglichen Begriffsbestim­mung in § 3 des Oö. NSchG entspricht - auf trockenen oder halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind. Zu diesen Arten gehören insbesondere Kleines Habichtskraut, Steifer Augentrost, Arznei-Thymian und Zwerg-Sauerampfer. Einige schon in der Wiese unterhalb in geringerer Anzahl auftretende Arten, die aber in trockeneren Wiesen ihren Schwerpunkt besitzen, kommen stärker zur Geltung, wie etwa Feld-Klee und Rot-Straußgras. Daneben treten zahlreiche Bodenflechtenarten mit erheblicher Flächen­deckung auf, die allesamt zu den Trocken-Spezialisten zu zählen sind. Derartige Pflanzengemeinschaften, die speziell über sauren Ausgangsgesteinen auftreten, sind pflanzensoziologisch nicht ganz leicht einzuengen. Solche Standorte über Silikatgrus oder extrem flachgründigen, feinerdearmen Rohböden, in der Regel südlichen Expositionen werden in der einschlägigen Literatur etwas unterschiedlich benannt und je nach Sicht­weise und vorliegendem Aufnahmematerial leicht abgewandelt beschrieben. Da im gegen­ständlichen Fall jedoch Zeigerarten fehlen, die eindeutig auf eine konkrete Pflanzengesellschaft hinweisen, kann eine pflanzensoziologische Zuordnung nicht erfolgen. In Frage kommen Sedo-Scieranthion Br.-Bl. (49) 55, Sedo albi-Veronicion dillenii (Oberd. 57) Korneck 74 (= Arabidopsidion thalianae Passarge 1964) und Jasiono montanae-Dianthetum deltoidis Oberd. ex. Mucina in Mucina et Kolbeck hoc loco). Als Biotoptypen kommen ebenfalls verschiedene Typen in Frage. Neben dem von B genannten Typ ‚Silikat-Felsgrus-/Felsband-Gesellschaft und Pionierrasen‘ kann die Fläche demnach auch als ‚Silikat-Grusrasen‘ (Pils 1994) oder ‚Silikat-Pioniertrockenrasen‘
(Essl F. et al. 2004) eingeordnet werden. Wegen der anhaltenden Trockenheit im Sommer 2015 und der fortgeschrittenen Vegetationszeit, war es nicht möglich, eine vollständige pflanzensoziologische Vegetationsaufnahme anzufertigen, wobei gerade die im Frühjahr blühenden einjährigen Kräuter von diagnostischer Bedeutung gewesen wären. Aufgrund der uneinheitlichen Standortbedingungen (anstehender Fels, daneben humusarmer Silikat-Grus) ist aber davon auszugehen, dass eine eindeutige pflanzen­soziologische Zuordnung auch unter der Voraussetzung einer vollständigen pflanzen­soziologischen Aufnahme wohl kaum möglich gewesen wäre. Da weite Teile der Fläche (roter Bereich in Beilage 1) aber in jedem Fall überwiegend von solchen Pflanzenarten beherrscht werden, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind und es sich hier zumindest in Teilbereichen um eine - wenn auch schütter bewachsene – ‚Grasflur‘ handelt (es treten hier verschiedene Gräser mit teilweise größerer Flächen­deckung auf, insbesondere Rot-Straußgras, Ruchgras, Zittergras, Rot-Schwingel, u.a.), ist hier doch mit einiger Klarheit in größeren Teilbereichen der rot abgegrenzten Fläche (kleinere Teilbereiche werden von anstehendem Fels eingenommen, hier fallen ‚Gräser‘ nahezu vollständig aus) vom Vorhandensein eines Trocken- oder Halbtrockenrasens auszugehen.

Die Frage, ob die Wiederaufforstung den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten in einer Wiese schädigt oder den Erholungswert der Landschaft in einer Wiese beeinträchtigt oder das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, ist wie folgt zu beantworten:

Die Erhaltung von Trocken- und Halbtrockenrasen zählt zu einer der vordringlichsten Aufgaben im Naturschutz in Oberösterreich. Dies vor allem deshalb, weil sehr viele der hier vorkommenden Pflanzen- und Tierarten auf keine alternativen Standorte ausweichen können und daher Gefahr laufen, zumindest regional auszusterben. Das trifft in begrenz­tem Ausmaß auch für die gegenständliche Fläche zu. Begrenzt deshalb, weil sich der betreffende Standort eher artenarm und jedenfalls arm an besonders seltenen Arten präsentiert (einzig die vorgefundene Gewöhnliche Silberdistel gilt als regional gefährdet). In ähnlicher Weise ausgeformt präsentieren sich auch viele (auch jüngere!) Straßen­böschungen insbesondere im unteren Mühlviertel (sogenannte ‚Grusböschungen‘). Eine besondere standörtliche Ausprägung kann der Fläche daher aus naturschutzfachlicher Sicht und nach aktuellem Kenntnisstand nicht zugeschrieben werden. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es selbst in dem Fall, dass der schmale Streifen von der Aufforstung ausgenommen bliebe, die Fläche im Laufe der Jahre aufgrund fehlender Mahd oder Beweidung ohnehin auf natürliche Weise verwalden würde und damit als Trockenrasen nicht mehr zur Verfügung stünde. Selbst wenn man die Grundbesitzer zwingen würde, die betreffende Fläche von Baumbewuchs freizuhalten, würde die zunehmende Beschattung im Laufe der Jahre zu einer vollständigen Verdrängung der Trockenrasen-Vegetation führen. Somit ist festzustellen, dass die Aufforstung des schmalen, als Trockenrasen identifizierbaren Bereiches zwar dem Interesse des Naturschutzes an der Erhaltung von Trockenrasen im allgemeinen zuwider läuft, die Bedeutung der Wiese für den Naturhaushalt aufgrund ihres Artbestandes, der keine besonders seltenen Arten aufweist, jedoch als gering zu bewerten ist. Dementsprechend gering ist auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Wiese zu werten.

 

In ähnlicher Weise ist die Bedeutung dieses schmalen Bereiches für den Erholungswert der Landschaft und das Landschaftsbild zu bewerten: Da die großen Aufforstungsbereiche unterhalb des schmalen Trockenrasenbereiches bewilligt bzw. nicht beanstandet wurden, werden die gegenständlichen Trockenrasenbereiche innerhalb von nur wenigen Jahren hinter dem jüngeren Fichtenaufwuchs liegen, damit aus dem Landschaftsbild ver­schwinden und somit jegliche Relevanz für Erholungswert und Landschaftsbild verlieren.

 

Literatur:

Essl, F. et al., 2004: Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Österreichs - Grünland, Grünlandbrachen und Trockenrasen, Hochstauden- und Grasfluren, Schlagfluren und Waldsäume, Gehölze des Offenlandes und Gebüsche. - Monographien, Band 167, 2728, Wien.

Lenglachner,F. & F. Schanda, 2008: Naturraumkartierung Oberösterreich - Handbuch zur Biotopkartierung Oberösterreich. Kartierungsanleitung. - Beiträge zur Biotopkartierung Oberösterreich, Amt der Oö. Landesregierung / Abt. Naturschutz - Naturraumkartierung (Hrsg.), 2813, Kirchdorf/Kr.

Lenglachner,F. & F. Schanda, 2008: Naturraumkartierung Oberösterreich - Katalog der Biotoptypen Oberösterreichs.. - Beiträge zur Biotopkartierung Oberösterreich, Amt der Oö. Landesregierung / Abt. Naturschutz - Naturraumkartierung (Hrsg.), 1528, Kirchdorf/Kr.

Lenglachner,F. & F. Schanda, 2008: Naturraumkartierung Oberösterreich - Katalog der Vegetationseinheiten Oberösterreichs. - Beiträge zur Biotopkartierung Oberösterreich, Amt der Oö. Landesregierung / Abt. Naturschutz - Naturraumkartierung (Hrsg.), 171S, Kirchdorf/Kr.

Mucina.L. et al. 1993: Die Pflanzengesellschaften Österreichs Teil I: Anthropogene Vegetation. - 578S, Jena.

Wlucina.L. et al. 1993: Die Pflanzengesellschaften Österreichs Teil II: Natürliche Waldfreie Vegetation. - 523S, Jena.

Oberdörfer E., 1993: Süddeutsche Pflanzengesellschaften: Teil 11: Sand- und Trockenrasen, Heide- und Borstgrasgesellschaften, alpine Magerrasen, Schlag- und Hochstauden-Fluren. - 355S., Jena.

Pils G., 1994: Die Wiesen Oberösterreichs. - Forschungsinstitut für Umweltinformatik (Hrsg.), 3558, Linz,

Willner W. & G. Grabherr, 2007: Die Wälder und Gebüsche Österreichs - Textband. - Verlag Elsevier, 3028, München.“  

 

I.8. Das Verwaltungsgericht räumte den Parteien die Möglichkeit zur Stellung­nahme ein, welche diese wahrnahmen. Die belangte Behörde versuchte das Gutachten S primär durch Kritik an seinen wissenschaftlichen Methoden, rechtlichen Erwägungen und Hinweis auf eine weitere Begehung, gemeinsam mit einem behördenexternen Experten, zu widerlegen.

Die Bf führte aus, die Angaben der belangten Behörde zur Flächengröße seien nachweislich falsch und habe sie von der Gemeinde die Auskunft erhalten, sie benötige keine weitere Bewilligung. Die Bf stellte zudem dar, es seien bereits unzählige Zitterpappeln und Kiefern natürlich angeflogen und werde sie diesen Prozess nicht stoppen. Das Verschwinden des angeblichen Trockenrasens sei sicher.

 

I.9. In einem Schreiben vom 5. Oktober 2015 reagierte der ASV auf die Stellungnahme der belangten Behörde vom 18. September 2015 und stellte seine Sicht der Dinge im Hinblick auf die wissenschaftlichen Methoden zur Erhebung, ob es sich bei gegenständlicher Fläche um einen Halbtrocken- oder Trockenrasen handelt, dar.

 

I.10. Am 2. Dezember 2015 äußerte sich der ASV auf die Frage des Gerichtes, ob Fichten in den vorliegend als Trocken- bzw. Halbtrockenrasen zu beurteilenden Flächen standortfremde Gewächse im Sinne des § 3 Z 14 iVm § 5 Z 18
Oö. NSchG wären, zusammengefasst dahingehend, dass die Fichte gegenständ­lich keinesfalls als standortfremdes Gewächs angesehen werden kann.

Die Parteien gaben hierzu keine ergänzenden Stellungnahmen ab.

 

 

II.1. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und alle zur Verfügung stehenden Beweismittel, die aufgrund der Zustimmung der Parteien als verlesen galten. Das Gericht führte zudem am
17. November 2015 eine Verhandlung an Ort und Stelle durch, zu der der als Vertreter ausgewiesene Ehemann der Bf, die belangte Behörden in Begleitung des Bezirksbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz und der vom Gericht beigezogene Amtssachverständige erschienen. Der ASV gab am
2. Dezember 2015 eine ergänzende Stellungnahme ab, die den Parteien in Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Stellungnahme übermittelt wurde.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher  S A C H V E R H A L T  steht fest:   

 

Die Bf hat im Frühjahr 2015 auf dem Grundstück Nr. x, KG S, Gemeinde K, in einem Bereich, welcher nördlich eines dort befindlichen Traktorweges liegt, Fichtenjungpflanzen gepflanzt (unbestrittener Sachverhalt, Gutachten ASV).

Die Bf stellte am 20. November 2000 einen Antrag auf Umwidmung des Grundstückes Nr. x in ein Neuaufforstungsgebiet.

Das Grundstück Nr. x ist im Flächenwidmungsplan der Gemeinde K als Neuaufforstungsgebiet gewidmet. Die Umwidmung in ein Neuauf­forstungsgebiet wurde von der Oö. Landesregierung mit Bescheid vom
29. Juni 2004, GZ: BauR-P14001275-2004, genehmigt.

Die verfahrensgegenständliche Fläche stellt sich wie folgt dar:

 

x

 

Beim auf der Aufnahme ersichtlichen Wald, handelt es sich um einen Fichten-Kiefern-Wald (Gutachten ASV).

Bei den rot umrandeten Flächen handelt es sich, soweit nicht Teilbereiche von anstehendem Fels eingenommen werden, um einen Trocken- bzw. Halbtrocken­rasen, zumal es sich um Grasfluren handelt, die überwiegend von solchen Pflanzenarten beherrscht werden, die auf trockenen bzw. halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind (Gutachten ASV). Bei den grün umrandeten Flächen handelt es sich um keinen Trocken- oder Halbtrockenrasen und um keinen anderen Biotoptyp, der einer Bewilligungspflicht gemäß § 5 Oö. NSchG unter­liegt. Vielmehr handelt es sich um die junge Brache einer Fettwiese mit einzelnen Trockenheits- und Magerkeitszeigern, sohin um eine „Magerwiese“ im Sinne der Oö. Biotopkartierung („... Umfasst alle Ausbildungen der Fettwiesen und Fettweiden mit Trocken- und Mageranzeigern.“) (Gutachten ASV). Insbesondere im westlichen (rotumrandeten) Teilbereich steht großflächig Fels an. Es sind kaum Fichten gesetzt worden (Gutachten ASV). Es finden sich im ganz links befindlichen Grenzbereich zum grünen Bereich einige wenige Fichten­jungpflanzen. Im östlichen rot umrandeten Bereich finden sich zwei lebende und eine eingegangene Fichtenjungpflanze. Der überwiegende Großteil der rot umran­deten Bereiche ist frei von Fichtenjungpflanzen. In den rot umrandeten Flächen sind einige Kiefern, Zitterpappeln und andere Gehölze angeflogen und aufgegangen (Ortsaugenschein). Insbesondere im westlichen Teilbereich tritt vermehrt Naturverjüngung mit Wald-Kiefer und Espe auf (Gutachten ASV).

 

Ein Borstgrasrasen (von Nardus stricta dominierte Grasflur) ist weder zu den Trocken- noch zu den Halbtrockenrasen zu stellen. Es gibt relativ trockene Ausbil­dungen von Borstgrasrasen. Borstgras kommt aber genauso auf gut durchfeuchteten, vor allem an mesophilen (weder besonders nassen noch besonders trockenen) Standorten vor. Ein Borstgrasrasen zeichnet sich durch die Nährstoffarmut des Standortes, in Verbindung mit Mahd oder Beweidung unabhängig davon, ob der Standort besonders trocken oder feucht ist, aus. Borstgras ist auf nährstoffarmen Böden konkurrenzstark (Gutachten ASV).

Das verfahrensgegenständliche Grundstück liegt innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Fichte. In den für Fichten geeigneten Höhenlagen bzw. in Gebieten mit ausreichend Niederschlägen, ist die Fichte durchaus in der Lage, auch trockenere Böden zu besiedeln. Die Fichte tritt auch an zur Austrocknung neigenden Stellen, wie vorliegend, zumindest als Nebenbaum auf. Die Fichte ist vorliegend kein standortfremdes Gewächs (ASV).

   

II.3. Beweiswürdigung:

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss „Ein Sachverständigen­gutachten [muss] grundsätzlich einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden, wie etwa Zitie­rung entsprechender Fachliteratur o.ä. - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn“ (VwGH vom 27. Februar 2015, 2012/06/0063). Diesen Kriterien entspricht das Gutachten des ASV. Das Gutachten des ASV ist inhaltlich vollständig und schlüssig. Es beinhaltet einen ausführlichen Befund samt Farblichtbildern und Artenlisten, Hinweise auf und die Wiedergabe von einschlägigen Literaturstellen. Es stellt die Anwendung dieser Elemente schlüssig dar und erklärt deren Bedeutung. Das Gutachten konnte vom Gericht gut nachvollzogen werden. Insbesondere konnte der erkennende Richter aus dem Befund Rückschlüsse auf das Gutachten im engeren Sinn ziehen. So war etwa nachvollziehbar dargestellt, aufgrund des Vorherrschens und Vorhanden­seins welcher Pflanzenarten geschlossen werden konnte, dass der im Sachverhalt grün umgrenzte Bereich kein Trocken- oder Halbtrockenrasen ist (z.B. Goldhafer, Glatthafer, Rotschwingel etc.). Der ASV stellte zudem schlüssig dar, welche Pflanzen (Rot-Straußgras, Ruchgras etc.) auf trockenere bzw. nährstoffärmere Verhältnisse schließen ließen, insbesondere aber, warum dennoch kein Halb­trocken- oder Trockenrasen vorlag (Dominanzverhältnisse). Insbesondere stellt der ASV nachvollziehbar dar, dass Borstgrasrasen nicht zwingend mit Trocken- bzw. Halbtrockenrasen in Deckung gebracht werden können, sondern diese sich nicht durch ihre Trockenheit, sondern durch ihre Nährstoffarmut auszeichnen. Letztendlich konnte sich das Gericht im Rahmen des Ortsaugenscheines selbst ein Bild machen und konnte der ASV sein Gutachten anhand praktischer Beispiele und entsprechender Erklärungen vor Ort untermauern.

 

Die im Rahmen des behördlichen Verfahrens eingeholten naturschutzfachlichen Stellungnahmen haben gemein, dass sich der Bezirksbeauftragte im Wesent­lichen auf das Vorkommen von „Borstgras“ stützt und voraussetzt, dass ein Halbtrockenrasen (Borstgrasrasen) vorliegt. Er bezeichnet die vorliegende Flur als Borstgrasrasen und leitet daraus ab, dass es sich um einen Halbtrockenrasen handelt. Sämtlichen Stellungnahmen fehlen allerdings jene Elemente, die diesen Rückschluss (für den Laien) nachvollziehbar darstellen, also warum der Bezirks­beauftragte vom Vorliegen eines Halbtrockenrasens ausgeht. Lediglich wird zusammengefasst dargestellt, das Borstgras sei der Anzeiger für den Halb­trocken­rasen. Dabei fehlt jedoch jeglicher Befund, dass überhaupt Borstgras aufgefunden wurde (näheres unten). Schließlich konnte der ASV kein Überwiegen von Borstgras feststellen und konnte auch im Rahmen der öffentlichen, münd­lichen Verhandlung kein solches festgestellt werden. Es fehlen somit in den Stellungnahmen wesentliche Elemente und waren diese wegen ihrer Kürze und aufgrund des nicht wiedergegebenen (eigenen) Befundes für das Gericht nicht ausreichend nachvollziehbar. Insbesondere wurden in den Stellungnahmen also Umstände als gegeben angenommen, aber nicht nachvollziehbar dargestellt, woraus der Schluss, es liege ein Trocken- oder Halbtrockenrasen vor, gezogen wurde. Die Abgrenzung bzw. die unterschiedlichen Eigenschaften von Halb­trocken- und Trockenrasen, Magerwiesen und Borstgrasrasen konnte vom erkennenden Richter nicht mit der für das Verfahren erforderlichen Sicherheit nachvollzogen werden. Es ließ sich aus den Stellungnahmen für das Gericht damit nicht in der erforderlichen Klarheit ableiten, welcher Kategorie der Bezirksbeauftragte das betreffende Geländestück tatsächlich zuordnet. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass die Begriffe Halbtrockenrasen und Borstgrasrasen gleichgesetzt wurden. Eine diesbezügliche Klarstellung ist für das Verfahren aber von größter Wichtigkeit, zumal es vorliegend einzig und alleine darauf ankommt, ob es sich bei der vorliegenden Fläche um ein Biotop im Sinne des § 3 Z 15 Oö. NSchG handelt. Ob (auch) ein Borstgrasrasen oder eine Magerwiese (wenn sie nicht gleichzeitig ein Trocken- oder Halbtrockenrasen im Sinne des § 3 Z 15 Oö. NSchG ist) vorliegt, ist für das Verfahren nicht relevant. Wie sich in der mündlichen Verhandlung erwies, ging der Bezirksbeauftragte im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung davon aus, dass Magerrasen in die Begrifflichkeit „Halbtrocken- bzw. Trockenrasen“ im Sinne des § 3 Z 15 iVm § 5
Z 18 Oö. NSchG hineinzudenken, also von diesen mitumfasst, sind. Diese der Behörde bzw. dem Gericht obliegende (rechtliche) Interpretation kann aus dem Wortlaut der Norm nicht abgeleitet werden und stellt auch die im Gesetz verankerte Definition allein auf Pflanzen ab, die auf trockenen oder halb­trockenen Böden, nicht aber auf nährstoffarmen Böden, konkurrenzstark sind. Die Interpretation ist andererseits auch dadurch widerlegt, dass der ASV aufgrund seiner Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren schlüssig darlegen konnte, dass der Gesetzgeber Magerstandorte nicht mitumfasst sehen wollte. Er selbst habe zunächst auch den Schutz von Magerstandorten vorgeschlagen, sei jedoch gescheitert.

Letztendlich ergab sich in der mündlichen Verhandlung, dass die vom Bezirks­beauftragten gezogenen Schlüsse auf der Eintragung der gegenständlichen Fläche als Ökofläche und einer bestimmten Zuordnung sowie einem Gespräch mit dem „Verantwortlichen“, A S, fußten und eine Begehung gemeinsam mit dem Forstsachverständigen und dem Ehemann der Bf an dessen Zeitmangel gescheitert sei (vgl. dazu die unter I.2. dargestellte Anzeige). Man habe den Hang vom Haus H aus (Ergänzung: ca. 130 m entfernt) gesehen. Exponierte Grushänge seien eine häufige Erscheinung im Mühlviertel und würden aufgrund der Ertragsschwäche in der Nutzung oft aufgegeben werden oder aufgeforstet. In der Regel seien dort „Borstgrasrasen“ und „Grußrasen“ ver­breitet. Deshalb habe es für den Bezirks­beauftragten keinen Zweifel gegeben, dass die Angaben von Herrn S richtig seien. Angesichts der Notwen­digkeit der Aufnahme eines pflanzensoziologischen Befundes und der Feststellung von Dominanz-verhältnissen reicht es aber keinesfalls hin, sich auf Informationen aus dritter Hand, mag sie noch so fachkundig sein, zu verlassen. Ein (noch dazu im Gutachten nicht oder nur rudimentär wiedergegebener) Befund vom Hören-Sagen ist dem Verfahrensrecht fremd. Auch die Besichtigung aus großer Entfernung reicht nicht hin. Auch die Stellungnahme der belangten Behörde vom 18. September 2015 vermochte das Gutachten des ASV nicht zu erschüttern, zumal es wiederum von einer Gleichsetzung von Mager- und Trockenstandorten (Ad A, Ad B: “Mühlviertler Silikatmagerrasen“, „Halbtrocken- und Magerrasen“ usw., Ad D: „Magerrasen“) ausgeht, aber nicht differenziert und nicht darstellt, aufgrund welcher Erwägungen davon auszugehen ist, dass am verfahrensgegen­ständlichen Ort eine Grasflur vorliegt, die überwiegend von solchen Pflanzenarten zusammengesetzt ist, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkur­renzstark sind. Die Stellungnahmen des Bezirksbeauftragten vermochten daher das schlüssige und vollständige Gutachten des ASV nicht zu erschüttern, sodass das Gericht dieses seinen Feststellungen zugrunde legte.

 

Der Umstand, dass die Fichte vorliegend nicht als standortfremdes Gewächs einzuordnen ist, ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme des ASV. Dieser stellt im Ergebnis dar, dass die Fichte in der Lage wäre, sich auch selbständig im gegenständlichen Halbtrockenrasen anzusiedeln.  

 

 

III. Rechtliche Beurteilung:

 

III.1. Relevante rechtliche Bestimmungen:

 

§ 3 Z 14 und 15 des Landesgesetzes über die Erhaltung und Pflege der Natur (Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 - Oö. NSchG 2001,
LGBl. Nr. 129/2001, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 35/2014) lautet:

 

§ 3
Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

       

[...]

14.        standortfremde Arten: Arten, die sich an einem bestimmten Standort ohne Mithilfe des Menschen (durch Standortveränderung oder künstliche Einbringung der Art) nicht auf natürlichem Weg oder über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehend ansiedeln können;

15.        Trocken- und Halbtrockenrasen: Grasflur, die überwiegend von solchen Pflanzen­arten zusammengesetzt ist, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind;

[...]

(Anm: LGBl. Nr. 35/2014)

 

§ 5 Z 18 Oö. NSchG 2001 (LGBl. Nr. 129/2001, zuletzt geändert durch
LGBl. Nr. 35/2014) lautet:

 

§ 5
Bewilligungspflichtige Vorhaben im Grünland

 

Folgende Vorhaben bedürfen im Grünland (§ 3 Z 6) unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher behördlicher Genehmigungen - wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde:

 

[...]

18.        in Mooren, Sümpfen, Quelllebensräumen, Feuchtwiesen sowie Trocken- und Halbtrockenrasen die Bodenabtragung, der Bodenaustausch, die Aufschüttung, die Befestigung oder die Versiegelung des Bodens, die Überflutung, die Düngung, die Anlage künstlicher Gewässer, die Neuaufforstung, das Pflanzen von standort­fremden Gewächsen und das Ablagern von Materialien;

[...]

(Anm: LGBl. Nr. 35/2014)

 

§ 58 Abs. 1 Oö. NSchG 2001 (LGBl. Nr. 129/2001, zuletzt geändert durch
LGBl. Nr. 92/2014) lautet:

 

§ 58
Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

 

(1) Wenn ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne eine nach diesem Landesgesetz erforderliche Bewilligung verwirklicht oder wesentlich geändert wurde, ist der Person, die das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen oder allenfalls subsidiär der verfügungsberechtigten Person, von der Behörde unabhängig von einer allfälligen Bestrafung aufzutragen, entweder

1.           innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist um die nachträgliche Erteilung der Bewilligung anzusuchen oder

2.           innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist, welche nach Wochen oder Monaten zu bestimmen ist, auf ihre Kosten den vorigen bzw. den bescheid­mäßigen Zustand wiederherzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

 

Die Möglichkeit nach Z 1 ist nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Bewilligung nicht erteilt werden kann. In jedem Fall kann auch die unverzügliche Einstellung der weiteren Ausführung des Vorhabens bis zum Zeitpunkt der Erteilung einer allfälligen Bewilligung verfügt werden. (Anm: LGBl. Nr. 92/2014)

 

§ 76 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001) lautet:

 

§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachver­ständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

(3) Treffen die Voraussetzungen der vorangehenden Absätze auf mehrere Beteiligte zu, so sind die Auslagen auf die einzelnen Beteiligten angemessen zu verteilen.

    (4) Ist eine Amtshandlung nicht ohne größere Barauslagen durchführbar, so kann die Partei, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat, zum Erlag eines entsprechen­den Vorschusses verhalten werden.

    (5) Die Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehenden Gebühren sind - falls hierfür nicht die Beteiligten des Verfahrens aufzukommen haben - von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen die Behörde in der Angelegenheit gehandelt hat.

 

§ 77  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 5/2008) lautet:

 

§ 77.  (1) Für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes können Kommis­sionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.

    (2) Die Kommissionsgebühren sind in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) oder, soweit keine Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, als Barauslagen nach § 76 aufzu­rechnen. Die Pauschalbeträge (Tarife) sind nach der für die Amtshandlung aufgewen­deten Zeit, nach der Entfernung des Ortes der Amtshandlung vom Amt oder nach der Zahl der notwendigen Amtsorgane festzusetzen.

    (3) Die Festsetzung der Pauschalbeträge (Tarife) erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung.

    (4) Die Kommissionsgebühren sind von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde zu tragen hat.

    (5) Entsenden andere am Verfahren beteiligte Verwaltungsbehörden Amtsorgane, so sind von der die Amtshandlung führenden Behörde Kommissionsgebühren nach den für die entsendeten Organe geltenden Tarifen als Barauslagen einzuheben und dem Rechtsträger, dem die entsendeten Verwaltungsorgane zugehören, zu übermitteln.

            (6) § 76 Abs. 4 gilt auch für die Kommissionsgebühren.

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.2.1. In der Sache:

 

Grundlage für das vorliegende Verwaltungsverfahren sind die o.a. Bestimmungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes.

Der Bf wird vorgeworfen, einen Halbtrockenrasen (Borstgrasrasen) mit einer Fläche von 920 mit Fichten neuaufgeforstet zu haben.

 

Es ist daher zunächst die Frage zu klären, ob es sich beim gegenständlichen Bereich um ein von § 5 Z 18 Oö. NSchG geschütztes Biotop, namentlich einen Trocken- oder Halbtrockenrasen, handelt und, wenn dies der Fall ist, ob die Bf eine Aufforstung im Sinne des Gesetzes vorgenommen hat.

Ergänzend konnte geklärt werden, ob die Bf durch Pflanzen von Fichten auf einem Trockenrasen einen anderen nach § 5 Z 18 Oö. NSchG bewilligungs­pflichtigen Tatbestand gesetzt, namentlich, ob sie standortfremde Gewächse gesetzt, hat.

 

Nach der Definition des § 3 Z 15 Oö. NSchG ist ein Trocken- bzw. Halbtrocken­rasen eine Grasflur, die überwiegend von solchen Pflanzenarten zusammen­gesetzt ist, die auf trockenen und halbtrockenen Böden konkurrenzstark sind.

 

Das Verwaltungsgericht hat aufgrund des Gutachtens des ASV festgestellt, dass es sich bei jenen Bereichen, die im unter II.2. dargestellten Luftbild grün umrandet sind, um keinen Trocken- oder Halbtrockenrasen, sondern um die junge Brache einer Fettwiese mit einzelnen Trockenheits- und Magerkeitszeigern handelt.

Die Bf konnte daher im Hinblick auf die genannte Fläche den Tatbestand schon an sich nicht verwirklichen, zumal das Aufforsten anderer Wiesentypen als jener, die in der hier anzuwendenden Bestimmung genannt sind (Fettwiesen, Magerwiesen etc.), nicht der Bewilligungspflicht unterliegen. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich bei der genannten Fläche um einen sogenannten Borstgrasrasen handeln würde, was aufgrund des festgestellten Sachverhaltes nicht der Fall ist, würde es sich im Falle der Dominanz des Borstgrases allenfalls um einen Magerstandort, nicht aber zwingend um einen Halbtrockenrasen handeln. Weder Magerstandorte noch Borstgrasrasen an sich sind vom Schutz­bereich der §§ 3 Z 15 und 5 Z 18 Oö. NSchG umfasst.

Die „Aufforstung“ des grün umrandeten Bereiches war sohin im Hinblick auf die genannten Bestimmungen erlaubt bzw. war § 5 Z 18 Oö. NSchG für gegen­ständliche Flur nicht anzuwenden.

 

Der ASV hat in der Folge festgestellt, dass die unter II.2. dargestellten rot umrandeten Bereiche, soweit es sich angesichts anstehender Felsen überhaupt um eine Wiese oder einen Rasen handelt, Trocken- bzw. Halbtrockenrasen sind.

 

Diese Flächen würden also grundsätzlich dem Regime des § 3 Z 15 Oö. NSchG unterstehen und im Falle ihrer Neuaufforstung oder der Bepflanzung mit stand­ortfremden Gewächsen einer Bewilligungspflicht unterliegen. Die grün umrandete Fläche ist auszublenden.

 

Der Begriff der (Neu)aufforstung ist im Gesetz nicht definiert. Schiffner/Matzinger, Das Oberösterreichische Naturschutzrecht1, führen in Zusammenhang mit § 9 Abs. 2 Z 6 Oö. NSchG, nach welchem im Uferschutz­bereich eine Aufforstung mit standortfremden Gehölzen untersagt ist, wie folgt aus: „Unter ‚Aufforstung‘ im Sinn der naturschutzrechtlichen Bestimmung ist die Bepflanzung mit Gehölzen auf Grundflächen zu verstehen, die bisher nicht Wald im Sinn des Forstgesetzes 1975 waren, ab einer bestockten Fläche von 1.000 und einer durchschnittlichen Breite von 10 m. [...] Außerdem ist das Tatbe­stands­merkmal nur dann erfüllt, wenn die Bepflanzung auf einer Grundfläche von mindestens 1.000 und 10 m Breite erfolgt. Flächen, die das geforderte Mindestmaß nicht erreichen, aber unmittelbar aneinandergrenzen, sind zusam­men­zuzählen. Anders als nach dem Verständnis des Durchführungserlasses von 1995 ist unter ‚Aufforstung‘ aber nicht zwingend die Begründung von Wald im Sinne des Forstgesetzes zu verstehen. Die Anlage von Energiewäldern oder Christbaumkulturen, Forstgärten oder Forstsamenplantagen ist daher nach der obigen Definition ebenfalls als Aufforstung im Sinne der naturschutzrechtlichen Bestimmung zu verstehen. Die Duldung des natürlichen Anflugs von forstlichem Bewuchs (Naturverjüngung) oder von Sträuchern erfüllt nicht den Tatbestand, weil der Begriff ‚Aufforstung‘ nur die aktive Bepflanzung (durch Saat oder Aussetzen) umfasst.“

 

Die Ansicht, dass das Oö. NSchG im Hinblick auf die Flächendefinition von Wald dem Forstgesetz folgt, wird dadurch unterstrichen, dass das Oö. NSchG selbst einerseits zwischen Wald und bloßen Gehölzgruppen, andererseits (z.B. in § 5
Z 18) zwischen „Aufforstung“ und dem bloßen „Pflanzen“ unterscheidet. Zudem geht der Landesgesetzgeber auch im Oö. Alm- und Kulturflächenschutzgesetz davon aus, dass eine Neuaufforstung erst ab einer bestockten Grundfläche von 1.000 m2 und einer durchschnittlichen Breite von 10 m vorliegt (§ 2 Z 3 Oö. Alm- und Kulturflächenschutzgesetz). Angesichts der Tatsache, dass der Landes­gesetz­geber keine eigene Definition vorgesehen hat, besteht kein Anlass anzu­nehmen, dass er im Oö. NSchG von anderen Grundlagen ausgehen wollte.

Der dem § 5 Z 18 Oö. NSchG zu entnehmende Begriff „Neuaufforstung“ kann kaum anders verstanden werden, als der Begriff „Aufforstung“ im Sinne des § 9. Letztlich wird unter ihm, in Einklang mit dem zuletzt Gesagten, das syste­matische und flächendeckende Bestocken von Flächen, die bislang kein Wald waren (arg. Neu) bzw. auf welchen bislang keine Gehölze gewachsen sind, zu verstehen sein. Wenn das Gesetz beispielsweise in Zusammenhang mit Trocken- und Halbtrockenrasen aber zwischen dem allgemeinen „Neuaufforsten“ und dem „Pflanzen von standortfremden Gewächsen“ unterscheidet, gibt es zu erkennen, dass es das Pflanzen einzelner nicht standortfremder Pflanzen als naturschutz­fachlich unproblematisch ansieht. Erst ab der dargestellten systematischen und flächendeckenden Bestockung einer Fläche von 1.000 und durchschnittlichen Breite von 10 m, die zu einer aus naturschutzfachlicher Sicht unerwünschten Veränderung des gesamten Biotops (Entstehen von Wald, Verschwinden des Trocken- bzw. Halbtrockenrasens durch Entzug von Licht, Veränderung der Bodenverhältnisse usw.) führt, ist von Aufforstung auszugehen. Demgegenüber hat der Tatbestand des Auspflanzens standortfremder Gewächse wohl die Unterdrückung deren Verbreitung durch selbständige Vermehrung im Blick. Es soll die Einschleppung invasiver Arten unterbunden werden. Aus diesem Grund sieht das Gesetz bei Einzelpflanzen eine Bewilligungspflicht nur im Hinblick auf solche Arten vor, „die sich an einem bestimmten Standort ohne Mithilfe des Menschen (durch Standortveränderung oder künstliche Einbringung der Art) nicht auf natürlichem Weg oder über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehend ansiedeln können.“ (§ 3 Z 14 Oö. NSchG).

 

Aus logischen Erwägungen kann im Hinblick auf Trocken- und Halbtrockenrasen bzw. auf andere vom § 5 Z 18 Oö. NSchG geschützte Biotope nur dann von einer Bewilligungspflicht im Hinblick auf eine Neuaufforstung ausgegangen werden, wenn tatsächlich zumindest 1.000 große und 10 m Flächen systematisch mit forstlichem Bewuchs bepflanzt werden, die ein von § 5 Z 18 Oö. NSchG geschütztes Biotop betreffen. Werden kleinere Flächen bepflanzt, liegt keine Neuaufforstung vor. Insofern ist eine Zusammenrechnung im Sinne des weiter oben Dargestellten nur vorzunehmen, wenn mehrere vom Gesetz geschützte Flächen von Aufforstungen betroffen sind und aneinander grenzen. Grenzt ein von § 5 Z 18 Oö. NSchG geschütztes Biotop, etwa ein Halbtrockenrasen, an eine vom Gesetz nicht geschützte Fläche und werden beide Flächen neu aufgeforstet, ist die nicht geschützte Fläche nicht in die Betrachtung einzubeziehen, da das Gesetz in § 5 Z 18 Oö. NSchG, anders als etwa in dessen § 9, nur auf die Neuaufforstung besonders geschützter Biotope abstellt. Dies ergibt sich daraus, dass herkömmliche Flächen einer Bewilligungspflicht nicht unterliegen und deshalb nicht in die Betrachtungen der Naturschutzbehörde einbezogen werden dürfen, da ihr diesbezüglich die Zuständigkeit fehlt. Sehr wohl wären also ältere Aufforstungen miteinzubeziehen, wenn diese ebenfalls auf von § 5 Z 18
Oö. NSchG geschützten Flächen, die im unmittelbaren Nahebereich zur Neuauf­forstung liegen, vorgenommen worden wären.

 

Für den vorliegenden Fall ergibt sich, dass eine Bewilligungspflicht im Hinblick auf eine „Neuaufforstung“ schon von vorneherein nicht gegeben war, weil die von der Behörde betrachtete Gesamtfläche lediglich ein Ausmaß von 920 aufweist. Hinzu kommt, dass der überwiegende Großteil dieser Fläche kein von
§ 5 Z 18 Oö. NSchG geschütztes Biotop ist. Ginge man vorliegend davon aus, dass die nicht als Trocken- oder Halbtrockenrasen einzustufende Fläche sowie jene, die tatsächlich ein solches Biotop ist, zusammen eine Fläche von mehr als 1.000 aufweisen würden und durchschnittlich breiter als 10 m breit wären, wäre von einer Bewilligungspflicht dennoch nicht auszugehen, weil das Gesetz im Sinne der obigen Ausführungen nur Trocken- bzw. Halbtrockenrasen schützen will und andere Flächen aus der Betrachtung auszuklammern sind.

 

Vorliegend fällt im Hinblick auf die hier relevanten, rot umrandeten Flächen im Übrigen in die Augen, dass nicht nur nach dem an das Forstgesetz angelehnten Begriff der Aufforstung (1.000 , 10 m) nicht von einer Aufforstung gesprochen werden kann, sondern es schon an der Anzahl der zu pflanzenden Bäume bzw. der Notwendigkeit einer gewissen, auf die Neubewaldung gerichteten Systematik fehlt. Angesicht der Tatsache, dass nach den Feststellungen nur im Randbereich der westlichen rot umrandeten Fläche Fichtenjungpflanzen aufgefunden, in der östlichen gar nur zwei lebende Bäumchen festgestellt werden konnten, kann kaum von einer „Aufforstung“ gesprochen werden. Diese muss nach den oben dargestellten Kriterien eine systematische und flächendeckende Bepflanzung  zum Inhalt haben. Davon kann vorliegend, angesichts des Vorhandenseins nur weniger, ohne erkennende Systematik gesetzter Pflänzchen, keine Rede sein.

 

Zumal sohin aus mehrerlei Hinsicht (zu kleine Fläche, keine systematische und flächendeckende Bestockung des Trocken- bzw. Halbtrockenrasens) keine Aufforstung im Sinne des Gesetzes vorlag, bestand auch insofern keine Bewilli­gungspflicht.

 

Ergänzend kann festgehalten werden, dass auch kein Pflanzen standortfremder Gewächse vorliegt.

Nach der Definition des § 3 Z 14 Oö. NSchG sind standortfremde Arten solche, die sich an einem bestimmten Standort ohne Mithilfe des Menschen (durch Standortveränderung oder künstliche Einbringung der Art) nicht auf natürlichem Weg oder über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehend ansiedeln können. Nichts anderes kann für die Begrifflichkeit „standortfremde Gewächse“ gelten.

Aus der ergänzenden Stellungnahme des ASV ergibt sich, dass Fichten am gegen­ständlichen Ort keine standortfremden Gewächse sind. Sie sind vielmehr im gegenständlichen Gebiet heimisch und können sich auch ohne menschliches Zutun in den vorliegenden kleinen (Halb)trockenrasenbereichen ansiedeln. Es liegt dies letztlich schon deshalb auf der Hand, als alle umliegenden Wälder erhebliche Fichtenbestände aufweisen (arg. Fichten-/Kiefern-Wald).      

 

Zumal die Bf somit keine Maßnahme gesetzt hat, die einer Bewilligungspflicht unterlag, war der Bescheid der belangten Behörde in seinem Punkt I. aufzu­heben.

 

Angesichts der fehlenden Bewilligungspflicht kommt ein Entfernungsverfahren nicht in Betracht. 

         

III.2.2. Zu den auferlegten Kommissionsgebühren:

 

Angesichts der Bewilligungsfreiheit der vorliegenden Maßnahme und des insofern nicht vorliegenden Verschuldens (§ 77 Abs. 1 iVm § 76 Abs. 2 AVG) besteht keine Verpflichtung der Bf Kommissionsgebühren zu leisten. Dies gilt gleicher­maßen für das behördliche als auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Der bekämpfte Bescheid war sohin auch hinsichtlich seines Punktes II. aufzu­heben und sind der Bf für den Ortsaugenschein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine Kommissionsgebühren aufzuerlegen.

 

 

IV. Aus all diesen Gründen war der Beschwerde der Bf stattzugeben und der Bescheid der belangten Behörde aufzuheben.

 

 

V. Zur Zurückweisung der Anträge auf aufschiebende Wirkung:

 

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung. Nach § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid unter gewissen Voraussetzungen ausschließen.

Gemäß § 43a Abs. 1 Oö. NSchG haben Beschwerden nur dann keine aufschie­bende Wirkung, wenn  mit dem bekämpften Bescheid eine Berechtigung einge­räumt wurde.

 

Der angefochtene Bescheid enthält keinen Ausspruch über einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung und wurde mit dem bekämpften Bescheid auch keine Berechtigung eingeräumt. Die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde hatte damit bereits von Gesetzes wegen gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung, eine Zuerkennung ist weder nötig, noch möglich.

 

Der Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war daher mangels Grundlage als unzulässig zurückzuweisen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da das Verwaltungsgericht vorliegend einen nicht verallgemeinerungsfähigen, konkreten Sachverhalt zu beurteilen hatte und damit keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beur­teilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegen­ständliche Entscheidung von der bisherigen, weiter oben zitierten  Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.  P o h l