LVwG-550505/11/SE - 550506/2

Linz, 04.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Frau G J, X, W, und Frau S K, X, W, jeweils vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. H & P, X, L, vom 30. März 2015 gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 2. März 2015,  GZ: N-200662/ 414-2015-Mö/Gre, betreffend Abweisung der beantragten Ausnahmebewilligung für eine Aufschüt­tung im Naturschutzgebiet „I“

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Frau G J, X, W, und Frau S K, X, W, haben binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Erkenntnisses gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsver­fahrens­gesetz 1991 (AVG) iVm §§ 1 und 3 Abs. 1 der Oö. Landes-Kommis­sions­gebührenverordnung 2013 - Oö. LKommGebV 2013 einen Betrag von insgesamt 275,40 Euro zu entrichten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichts­hof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzu­lässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 2. März 2015, GZ: N-200662/414-2015-Mö/Gre, wurde dem Antrag von Frau G J, X, W, und Frau S K, X, W, auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung für eine Aufschüttung im Uferbereich des I auf Grundstück Nr. x, KG H, keine Folge gegeben und der Antrag gemäß § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001,
LGBl. Nr. 129/2001 idF des Landesgesetzes LGBl. Nr. 92/2014 iVm der Verordnung LGBl. Nr. 9/1965, abgewiesen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es durch die Anschüttung von schotterigem Material im gegenständlichen Bereich auf dem Grundstück Nr. x, KG H, welcher aufgrund seiner Lage ansonsten keiner Schotteranlandung durch natürliche Vorgänge unterworfen wäre, zu einer Überschüttung des natürlichen Seebodensubstrates, einer Überformung der natürlichen Uferlinie sowie einer Verkleinerung des offenen Wasserkörpers gekommen sei. Es bestehe eine überprägte Fläche im Ausmaß von etwa 64 . Die Uferzone des gegenständlichen Grundstückes sei bogenförmig eingebuchtet und auf einer Länge von etwa 32 m, welche nunmehr mittels angeböschtem Schotter aufgeschüttet worden sei, und die Uferlinie im Zuge dieser Aufschüttung annähernd begradigt worden. Diese Anschüttung beeinträchtige wesentlich den Schutzzweck des Naturschutzgebietes I. Durch die Anschüttung sei die naturbelassene Uferzone anthropogen verändert worden, was zu einer lokalen Reduktion der ökologisch bedeutsamen Flachwasserzone geführt habe. Dadurch habe sich im lokalen Bereich auch das Landschaftsbild dahingehend verändert, dass die Anschüttung deutlich ihren anthropogenen Ursprung zeige und an einer Stelle erfolge, welche in einer naturbelassenen Seeuferentwicklung keinen Anschotterungstendenzen unterworfen sein würde. Es sei daher aus fachlicher Sicht von einem maßgeblichen Eingriff in das Naturschutzgebiet zu sprechen.

 

I. 2. Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz führt in seinem Gutachten vom 11. November 2014 auszugsweise Folgendes aus:

 

„[...]

 

BEFUND

Das Grundstück Nr. x, KG H, befindet sich im Bereich des Westufers des I in der Gemeinde T. Es handelt sich um ein in West-Ost-Richtung lang gestrecktes Grundstück, welches nach Osten zum Seeufer hin kontinuierlich breiter wird und entlang der Uferlinie eine Länge von etwa 73 m aufweist. Der östlichste Teil des Grundstücks erstreckt sich in einem schmalen Streifen auf die Wasserfläche des I (Z) und die dortige Flach­wasserzone mit einem hier ausgebildeten, dem Ufer vorgelagerten kleinen Röhrichtbereich. Entlang der südlichen Grenze dieses Grundstücks verläuft ein in der ÖK Karte 1:50.000 nicht namentlich genannter Bach, welcher die mitgeführte Geschiebefracht in Richtung See transportiert und dieses mitgeführte Material vordringlich im Mündungsbereich des Sees aufgrund der sich hier verringernden Schleppspannung ablagert. Dadurch ist der Bachmündung im See eine Schotter­zunge aus dort natürlich angelandetem Material vorgelagert.

Nördlich an den Mündungsbereich des Baches anschließend verläuft die Uferzone des gegenständlichen Grundstücks bogenförmig eingebucht auf einer Länge von etwa 32 m (tangential etwa 27 m), welche nunmehr mittels angeböschtem Schotter aufgeschüttet und die Uferlinie im Zuge dieser Aufschüttung annähernd begradigt worden ist. Die Mächtigkeit dieser Aufschüttung beträgt an der Wasseranschlagslinie etwa 40 (-50) cm.

Der südlich der Bachmündung gelegene Uferbereich ist ebenfalls mit schotterig-sandigem Material überdeckt, wobei diese offensichtlich manuell etwas einge­ebnete Anschotterung durch die aufrufende Geschiebefracht des Baches bei Starkregenereignissen verursacht worden sein dürfte. Während der nördlich der Bachmündung gelegenen Anschüttung landeinwärts eine Wiesenfläche vorge­lagert ist, stocken im Bereich des Geländes südlich des Baches und auch in der dortigen Uferzone Gehölze bzw. ist dieser südliche sowie westliche Teil des Grundstückes bewaldet. Zur näheren Verdeutlichung der Ausprägung der gegen­ständlichen Uferzone, insbesondere des angeschütteten Bereichs, wird auf die beiliegende Fotodokumentation verwiesen.

 

GUTACHTEN

Die Anschüttung der ehemals bogenförmig ausgeformten Uferzone im Flach­wasserbereich des Grundstücks Nr. x, KG H, mittels schotterigem Material auf einer Uferlänge von etwa 32 m mit einer nunmehr annähernd begradigten Uferlinie von etwa 27 m (Tangente) betrifft das im Jahr 1965 durch Verordnung der Oö. Landesregierung festgestellte Naturschutzgebiet ‚I ‘ (Seen-Natur­schutz­gebietsverordnung LGBl. Nr. 9/1965 i.d.F. LGBl. Nr. 111/2001). In diesem Naturschutzgebiet sind Eingriffe verboten, es sei denn, es wurde eine natur­schutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gem. § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001 erteilt. [...]

Durch die Anschüttung des schotterigen Materials in einem Bereich, welcher aufgrund seiner Lage ansonsten keiner Schotteranlandung durch natürliche Vorgänge unterworfen wäre (wie etwa der angrenzende Mündungsbereich des Baches), ist es zu einer Überschüttung des natürlichen Seebodensubstrates, einer Überformung der natürlichen Uferlinie sowie einer Verkleinerung des offenen Wasserkörpers gekommen. Entsprechend einer digitalen Darstellung und Auswertung der angeschütteten Fläche ergibt sich eine überprägte Fläche im Ausmaß von etwa 64 bei einem Umfang von rund 56 m. Die digitale Darstel­lung auf dem aktuellen Orthofoto (Stand 2012) ist durch Übertragung der mittels Fotografien festgehaltenen Situation vom 6. November 2014 erfolgt und stellt demzufolge lediglich einen Annäherungswert dar.

 

Diese Maßnahmen beeinträchtigen den Schutzzweck des Naturschutzgebietes I‘, welcher wie folgt definiert ist:

 

Schutzzweck:

 

Sicherung und Entwicklung lebensfähiger, möglichst seetypischer, autochthoner Tier- und Pflanzenpopulationen im und am I

 

Dies bedeutet aus naturschutzfachlicher Sicht insbesondere:

 

§  Sicherung einer guten Wasserqualität des I

 

[...]

 

§  Sicherung und Entwicklung des Seebodens als unversiegelter, naturnaher möglichst betretungsfreier Lebensraum

 

[...]

 

§  Sicherung und Entwicklung unversiegelter, naturnaher, möglichst seetypischer Uferbereiche

 

Durch die Anlage von Uferwegen, durch Anschüttungen oder Abtragungen im Uferbereich, durch häufiges Betreten, das Verankern von Booten in Flachufer­zonen, das Lagern und Ablagern von Booten in Moorbereichen sowie durch die Einrichtung von Ufersicherungen jeglicher Art können Störungen hervorgerufen werden, die dem Schutzzweck widersprechen.

 

§  Schutz der vorliegenden großräumigen nutzungsfreien Ufer- und Schilfzonen als Lebensräume mit natürlicher Entwicklungsdynamik und größtmöglicher Störungsfreiheit

 

Weitgehend natürliche Uferbereiche mit einer Länge von mehr als ca. 30-40 m weisen bereits störungsarme Kernbereiche auf, denen auch aus tierökologischer (insbesondere vogelkundlicher) Sicht schon eine besondere Bedeutung zukommt. Eine Gefährdung des Zieles ist schon durch die bloße Anwesenheit von Menschen wasser- und landseitig gegeben, weshalb derartige Zonen möglichst weiträumig frei von dem Ziel widersprechenden Nutzungen gehalten werden sollen. Anschließende Streunutzung etwa widerspricht dem Ziel nicht, da diese Nutzung ihrerseits zur Aufrechterhaltung bestimmter Lebensraumtypen notwendig ist.

 

§  Sicherung und Entwicklung möglichst ausgedehnter, naturnaher Röhrichtzonen und Gehölzgürtel

[...]

 

§  Sicherung großräumiger Lärmfreiheit am I

[...]

 

§  Sicherung und Entwicklung eines möglichst natürlichen bzw. naturnahen, raumtypischen, störungsarmen Erscheinungsbildes des I

 

Der I ist aus vielen Richtungen aus gut einsehbar. Je mehr sich das Erscheinungsbild im Großen wie im Kleinen vom Zustand der Naturnähe weg bewegt, desto weniger wird er als natürliches Gewässer erlebbar. Störungen können daher insbesondere durch die Errichtung von (naturfernen) Uferver­bauungen und auffälligen Seeeinbauten erfolgen. Das Schutzziel ist aber auch durch das flächenhafte Zurückdrängen natürlicher und naturnaher Uferlebens­räume (Gehölzsäume, Röhrichtbestände) gefährdet.

 

Ø  Durch die erfolgte Aufschüttung ist der Schutzzweck des Natur­schutzgebietes in folgendem Aspekt maßgeblich beeinträchtigt worden:

 

§  Sicherung und Entwicklung unversiegelter, naturnaher, möglichst seetypischer Uferbereiche

 

Ø  Zudem sind weitere Festlegungen des Schutzzweckes von der gegen­ständlichen Maßnahme betroffen:

 

§  Schutz der vorliegenden großräumigen nutzungsfreien Ufer- und Schilfzonen als Lebensräume mit natürlicher Entwicklungsdynamik und größtmöglicher Störungsfreiheit

 

§  Sicherung und Entwicklung eines möglichst natürlichen bzw. naturnahen, raumtypischen, störungsarmen Erscheinungsbildes des I

 

Durch die Anschüttung ist die naturbelassene Uferzone des I anthropogen verändert worden, was zu einer lokalen Reduktion der ökologisch bedeutsamen Flachwasserzone geführt hat. Diese überschüttete Seefläche steht nunmehr einer natürlichen Uferzonenentwicklung nicht mehr zur Verfügung. Dadurch hat sich im lokalen Bereich auch das Landschaftsbild dahingehend verändert, als dass die Anschüttung in der geometrischen Ausformung deutlich ihren anthropogenen Ursprung zeigt und an einer Stelle erfolgt ist, welche in einer naturbelassenen Seeuferentwicklung keinen Anschüttungstendenzen unterworfen sein würde. Diese beschränken sich auf den südlich angrenzenden Mündungsbereich des hier einmündenden namenlosen Baches, wobei die Geschiebefracht bei Großereig­nissen (Stark- oder Gewitterregen) zwar auszuufern vermag, jedoch den gegen­ständlichen Bereich nicht in derartigem Ausmaß und Ausformung überprägen würde.

Demzufolge ist aus naturschutzfachlicher Sicht von einem maßgeblichen Eingriff in das Naturschutzgebiet ‚I ‘ zu sprechen und die Entfer­nung des aufgeschütteten Schotters zu fordern, wobei die Entfernung bis zur ehemaligen Uferlinie zu reichen hat und hier eine leicht abge­schrägte Uferlinie auszuformen ist. Wesentlich ist, dass die überschüt­tete Seefläche nach der Entfernung des Schotters wieder als offene Flachwasserzone hergestellt wird.

[...]“

 

I. 3. Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 2. März 2015,
GZ: N-200662/414-2015-Mö/Gre, richtet sich die binnen offener Frist erhobene Beschwerde von Frau G J, X, W, und Frau S K, X, W, beide vertreten durch
Prof. H & P, Rechtsanwälte, X, L (in der Folge kurz: Beschwerdeführerinnen),  vom 30. März 2015, in der sie wie folgt zusammenfassend ausführen:

 

Die Abweisung des Antrages auf Ausnahmebewilligung durch die belangte Behörde sei zu Unrecht erfolgt, da keine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes vorliege.

 

Der angefochtene Bescheid sei mit einem Verfahrensmangel behaftet, da die Ladung zum ersten Lokalaugenschein am 6. Oktober 2014 zu spät erfolgt sei. Auch die Ladung zum zweiten Lokalaugenschein am 6. November 2014 sei viel zu spät erfolgt. Es sei daher keine entsprechende Vorbereitung möglich gewesen.

 

Es handle sich nicht um eine „kleine“ Schotterzunge im I, sondern tatsächlich um eine sehr große. Bei Hochwasserereignissen bzw. starken Unwet­ter­niederschlägen komme es am gegenständlichen Grundstück zu Über­schwemmungen, wodurch auch die Nachbarliegenschaften beeinträchtigt werden würden.

 

Es sei im Befund nicht darauf eingegangen worden, woher das angebliche, zur Begradigung der Uferlinie angebrachte Aufschüttungsmaterial von der Schotter­zunge herrühre. Ausdrücklich werde auch bestritten, dass der aufgeschüttete Bereich aufgrund seiner Lage sonst keiner Schotterablagerung durch natürliche Vorgänge unterworfen wäre, da der ganze Mündungsbereich des Wildbaches niederschlagsabhängig durch Schotterablagerungen betroffen sei. Die natürliche Uferlinie sei nur geringfügig verformt und unterliege natürlichen Veränderungen. Die Uferzone des I sei weder anthropogen verändert noch beeinträchtigt worden. Auch eine Verkleinerung des offenen Wasserkörpers liege nicht vor, da das Material aus dem in den See vorgelagerten Anschwemmbereich des Wild­baches genommen wurde und dort vielmehr ein Mehr an offener Seefläche entstanden sei. Die Verfrachtung von Anschwemmmaterial in diesem Bereich sei für den Schutzzweck des Naturschutzgebietes als neutral anzusehen. Es fehlen zudem Feststellungen zu der „ehemaligen Uferlinie“. Der Uferzustand habe sich anders dargestellt als von der Behörde behauptet, und sei nicht leicht abge­schrägt wiederherzustellen. Es habe vielmehr eine durch Holzbalken abrupt abfallende Uferbefestigung gegeben.

 

Weiters werde die Herkunft des Aufschüttungsmaterials nicht berücksichtigt. Es wäre außerdem den Beschwerdeführerinnen nicht zumutbar gewesen, auf eigene Kosten die Bereinigungen der Abflussmöglichkeiten des Wildbaches vorzunehmen und abzutransportieren, lediglich die Zwischenlagerung des Materials entlang der Uferlinie, so wie es auch erfolgt sei, sei zumutbar gewesen. Es handle sich um eine Notmaßnahme der Beschwerdeführerinnen. Von einer dauerhaften Verände­rung des Uferbereiches könne nicht gesprochen werden, weshalb kein maßgeb­licher Eingriff in das Naturschutzgebiet I vorliege. Außerdem habe es sich um eine „Notmaßnahme“ gehandelt.

 

Die Beschwerdeführerinnen beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufnahme der beantragten Beweise sowie die Abänderung des bekämpften Bescheides und Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 25
Abs. 5 NSchG 2001. In eventu wurden die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde bean­tragt.

 

I. 4. Mit Schreiben vom 27. April 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor, ohne von ihrem Recht, eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, Gebrauch zu machen. Ergänzend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerinnen den Sachverhalt nicht substanziell bestritten hätten und verwies dazu auf das naturschutzfachliche Gutachten des Amtssachverständigen, welches schlüssig und widerspruchsfrei sei und die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Voraussetzungen erfülle. Es handle sich aus naturschutzfachlicher Sicht bei der Anschüttung um einen maßgeblichen Eingriff in das Naturschutzgebiet. Dadurch wäre eine nachhaltige Beeinträchtigung des mit der Unterschutzstellung verfolgten Zieles und des Schutzzweckes des Gebietes verbunden, was zu einer Versagung der bean­tragten naturschutzbehördlichen Ausnahmegenehmigung zu führen habe. Es  sei daher auch für eine Interessenabwägung kein Raum. Insoweit die Beschwerde­führerinnen bestreiten, dass keine Anschüttung erfolgt sei, sei ihnen entgegen­zuhalten, dass von ihrer Seite ein Ansuchen um Erteilung einer Ausnahme­bewilligung für eine konsenslose „Aufschüttung“ im Uferbereich des I gestellt wurde. Es wurde von der belangten Behörde auch darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerinnen in der nunmehrigen Beschwerde ausführen, dass „das Material entlang der Uferlinie zwischengelagert wurde“.

Die Darlegungen der Beschwerdeführerinnen seien somit nicht geeignet, eine relevante Rechtswidrigkeit des Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen sei.

 

I. 5. Am 29. Oktober 2015 nahm der bevollmächtigte Vater der Beschwerde­führerinnen Akteneinsicht. Bei der vorherigen telefonischen Terminvereinbarung betreffend Akteneinsicht wies der Vater der Beschwerdeführerinnen darauf hin, dass diese aus familiären und zeitlichen Gründen nicht an der mündlichen Ver­handlung teilnehmen werden und überdies er in der gegenständlichen Ange­legen­heit für seine Töchter tätig war und ist.

 

I. 6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat am 3. November 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung samt Lokalaugenschein in O am Grundstück Nr. x, KG H, durchgeführt. Es waren der Rechts­vertreter der Beschwerdeführerinnen mit einem wildbautechnischen Berater, die belangte Behörde, der Vater der Beschwerdeführerinnen als Zeuge und der vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beigezogene Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz anwesend. Im Rahmen der mündlichen Verhand­lung und des Ortsaugenscheines wurde die gegenständliche Angelegenheit ausführlich besichtigt und erörtert.

 

Der Zeuge gab zusammenfassend an, dass durch die Anschüttung der unter­irdische Staudruck des Wasserkörpers gemindert und dadurch auch der Sickerwasseranfall im Keller reduziert worden sei. Er habe gleich nach dem Unwetter telefonischen Kontakt mit der Wildbachverbauung gehabt. Jedoch seien dort noch keine Details bekannt gewesen. Der Zeuge nahm an, dass für die Aufräumarbeiten ein Stufenplan vorhanden sei und die Durchführung der Aufräumarbeiten sukzessive erfolgen würde. Mitarbeiter der Wildbachverbauung seien ca. einen Tag anwesend gewesen. Über die weitere Vorgangsweise sei nichts vereinbart worden. Der Zeuge sei davon ausgegangen, dass weitere Maßnahmen gesetzt werden würden.

Die Seeuferlinie vor Durchführung der Zwischenlagerung sei wie auf der
Beilage ./6 der Beschwerde entlang der Holzbeschlachtung verlaufen. Die Anschüttung sei bei der Holzbeplankung in Richtung See durchgeführt worden. Der Niveauunterschied zur Wiese habe ca. 50 cm betragen.

Die Schotterzunge sei ca. 20 m lang ausgehend von der Grundstücksgrenze gewesen. Ein Teil des Geschiebes sei links und rechts des Bachverlaufes angeböscht worden.

Vor Durchführung der Zwischenlagerung habe der Zeuge mit der Wildbach- und Lawinenverbauung, der Gemeinde und dem Gewässerbezirk telefonischen und schriftlichen Kontakt gehabt. Keinen Kontakt habe es mit der zuständigen Bezirkshauptmannschaft gegeben.

Für die Zwischenlagerung des Geschiebes sei ein Kleinbagger, der mit jeder Schaufel hin- und hergefahren ist, beauftragt worden.

Weiters bestätigte er, dass die Länge der Anschüttung entsprechend der ehemaligen Uferlinie wie auf dem Orthofoto Stand 2014/15 als Übergangsbereich zwischen Schotterbereich und Grünfläche erkennbar ist.

Der wildbachtechnische Berater der Beschwerdeführerinnen erläuterte das von ihm erstellte und in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Gutachten
„Dynamik des Wildeckgrabens auf Liegenschaft Gp. x KG H, Gemeinde T“ vom
2. November 2015. Er gab weiters zusammenfassend an, dass bei Verklausung der Gemeindestraßenbrücke die Tiefenlinie, die knapp oberhalb der Westseite des Objektes auslaufe und sich anschließend in geringerem Aus­maß parallel zum Zufahrtsweg hinziehe, bei häufigen kleineren Hochwasser­ereignissen bereits angenommen werde und das Wechselspiel von Geschiebe­anlandung und Geschiebetransport bis zum See erfolge. Bei einem Rückstau des Geschiebes aufwärts des derzeitigen Mündungsbereiches werde es im oberen Bereich der Rechtskurve des Baches auf der Höhe der Südweststrecke des Objektes zu linksufrigen Bachausbrüchen kommen und von dort entlang der oben angeführten Tiefenlinie ebenfalls die derzeitige Schüttung und den See erreichen.

 

Nach einem nochmaligen Augenschein bestätigte der wildbachtechnische Berater, dass die Anschüttung bis zur letzten Steinplatte des Weges gehe. Daneben sei eine Weide, welche üblicherweise am Seeufer wachse.

 

Der Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz führte Folgendes aus:

 

„Die ursprüngliche Seeuferlinie ist durch Beilage ./6, auf der die Holzbe­schlach­tung gut sichtbar ist, definiert. Bei Niedrigwasserständen kann die Wasser­anschlagslinie auch weiter seewärts dieser Holzbeschlachtung gelegen sein. Die Seefläche im gegenständlichen Abschnitt wird beeinflusst vom jeweiligen Wasser­stand, wobei, abgesehen von großen Hochwässern, die maximale Wasseraus­dehnung mit dieser Holzschlacht begrenzt gewesen sein dürfte.

 

Wenn der Schotterabtrag im Bereich der natürlichen Schotterzunge im Mün­dungs­bereich des Baches im Zuge einer Maßnahme zur Abwehr unmittelbarer Gefahr getätigt worden ist, war hierfür kein Fachgutachten erforderlich und somit der Eingriff nicht zu bewerten.

Es wird nicht bestritten, dass das ursprüngliche Seebodensubstrat im Bereich der jetzigen Zwischenlagerung auch aus schotterig-schluffigem Substrat bestanden hat, was auch den natürlichen Verhältnissen im Uferbereich entspricht. Durch die Ablagerung des hierher verfrachteten Schottermaterials ist es zu einer Anhöhung dieses Bereiches gekommen, wodurch der ehemalige Seeboden über die Wasse­roberfläche angehoben worden ist und somit im derzeitigen Zustand, abgesehen von Hochwasserereignissen, nicht mehr benetzt wird.

Durch die Beweisvorlage der Holzschlacht ist nunmehr nachzuvollziehen, wo im gegenständlichen Abschnitt die künstlich definierte Uferböschung vorhanden war, woraus sich im Vergleich mit aktuellen und historischen Orthofotos (Stand 2005) nunmehr der etwaige ehemalige Uferbereich definieren lässt.

Da die Anschüttung zweifelsfrei bestätigt worden ist und die derzeitige, ange­schüttete Oberfläche sich oberhalb des durchschnittlichen Wasserstandes befin­det, muss dadurch zwangsweise eine Reduktion der offenen Wasserfläche im gegenständlichen Bereich erfolgt sein.

Die Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Naturschutzgebietes wurde bereits im Gutachten vom 11.11.2014 dargestellt und bezieht sich im Wesentlichen auf die Überschüttung einer ökologisch bedeutsamen Flachwasserzone und dadurch die Verhinderung des Ablaufes natürlicher ökologisch/aquatischer Prozesse in diesem Bereich. Die Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Naturschutz­gebietes ‚I‘ ist im gegenständlichen Gutachten vom 11.11.2014 dargestellt.

 

Die Angaben betreffend Ausmaß der durchgeführten Anschüttung basieren auf einer Bestandsaufnahme während des Lokalaugenscheines vom 6.11.2014 und stellen keinen 100 % konkreten Wert dar, sondern beziehen sich auf die fest­gestellte etwaige Länge und Breite (der sich daraus ergebenden Fläche) dieser Anschüttung. Ein grober geschätzter Wert des aufgebrachten Materials beträgt 35-40 m³.

 

Ein ökologisch bedeutsamer Flachwasserbereich des Sees ist im Bereich der angeschütteten Fläche nicht mehr existent. Dieser Bereich war Naturschutz­gebiet, welches als ‚der See (die Seefläche)‘ definiert ist. Somit ist es durch die Anschüttung über den Wasserspiegel zu einer im gegenständlichen Bereich Verkleinerung dieser Seefläche gekommen. Was sich auf die Definition des Schutzgebietes insofern auswirkt, als dass die ehemalige hier vorhandene Wasserfläche nun nicht mehr diesem Gebiet zugehörig ist.

Es ist festzustellen, dass die natürlichen Anlandungen im Bereich der Bach­einmündung einer kontinuierlichen Dynamik unterliegen, wodurch es zu einem ständigen Wechsel von benetzten und nicht benetzten Uferflächen kommt (in Abhängigkeit von der Mächtigkeit der Schotterfracht) und der auf sie einwir­kenden Gewässerdynamik sowohl des Sees als auch der fließenden Welle des Baches. Durch diese natürlichen Verhältnisse kommt es hier ständig zu einer Änderung von benetzten und nicht benetzten Schotterbereichen. Diese Dynamik fehlt jedoch im gegenständlich angeschütteten Bereich bzw. ist nunmehr geringfügig durch Wellenschlag zu erwarten, wodurch der überschüttete Bereich als nicht benetzte Oberfläche, die über den Seespiegel hinausragt, als wesentlich statischer anzusehen ist als vergleichbare Flächen im Mündungsbereich des Baches. Es kommt dauernd zu Veränderungen des Substrates.

Durch die ständige Schotternachfuhr aus dem Bach sind allfällige Schotter­entnahmen aus dem Mündungsbereich sukzessive wieder aufgefüllt worden, wodurch der kurzfristig erfolgte Eingriff der Schotterentnahme aus dem Mün­dungsbereich und damit einer kurzfristig anhaltenden potenziellen Vergrößerung der benetzten Oberfläche wieder aufgefüllt worden ist. Dadurch ergibt sich eine Bilanz, welche für die Flachwasserzone in dauerhafter Betrachtung als negativ zu sehen ist, da einerseits die Aufschotterung entlang des gegenständlichen Ufer­bereiches erfolgt ist und allfällig im Zuge der Baggerung entstandene benetzte Schotterflächen wieder durch nachströmendes Schottermaterial aus dem Bach verfüllt worden sind, was im Zuge des Lokalaugenscheines von heute ja auch festgestellt worden ist.

Es kann möglich sein, dass zumindest kurzfristig, bis zum nächsten Geschie­betrieb, Flachwasserzonen oder Tümpel künstlich entstanden sind.

Dadurch, dass diese künstlich vorgenommene Schotterablagerung in der der­zeitigen Situation keiner wesentlichen Dynamik mehr unterliegt und allfällig künftige Ereignisse nicht vorhergesehen werden können, sollten derartige Ereig­nisse eintreten, werden sich die dadurch entstehenden Anlandungen jedenfalls in anderer Art und Weise ergeben als dies durch die künstliche Aufbringung mittels Bagger erfolgt ist. Aus ökologischer Sicht sind keine Schotterfänge erforderlich, da diese in erster Linie dem Schutz von ‚Hab und Gut‘ dienen, jedoch die Geschiebedynamik als solche als keine ökologische Problematik anzusehen ist, sondern als rein natürlicher Vorgang.

In Abhängigkeit von der Schotterfracht und der Dynamik des Wassers  werden sich anfallende Schottermengen entsprechend diesen Parametern verteilen, wodurch sich unterschiedliche Gradienten der Schotteranlagerung ergeben würden, was wiederum dazu führen würde, dass durch einen flach auslaufenden Bereich der Anschotterung es zu keinen abrupten Abfällen kommen würde, sondern eine vergleichbare Situation mit dem derzeit bestehenden Schotterkegel im Mündungsbereich des Baches sich einstellen würde.

Auf die Frage, ob durch die Barrierewirkung der ehemaligen Holzschlacht ein ökologisch schlechterer Zustand geherrscht hätte als dies durch die nunmehrige Anschüttung der Fall ist, ist prinzipiell festzustellen, dass hier in ökologischer Sicht keine Wertung zu erfolgen hat, da von unterschiedlichen Biotoptypen bzw. deren Übergänge zu sprechen ist. Was als Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Naturschutzgebietes festgestellt worden ist, bezieht sich auf den Verlust der Flachwasserzone und der damit erfolgten Verhinderung einer weiteren natur­belassenen Sukzession dieser. Übergänge von Wasser in Land sind durch Steilabbrüche in jedem Fall erschwert, gleichgültig, ob diese natürlich oder künstlich geschaffen worden sind. Diesbezüglich ist auch festzustellen, dass der Bereich der ehemaligen Holzschlacht bzw. der nunmehrigen Anschüttung sich auf einen räumlich begrenzten Uferabschnitt bezieht und somit ein allfälliger Aus­tausch von semiaquatischen Lebewesen nicht auf diesen Abschnitt alleine beschränkt ist, sondern aufgrund ihrer Wanderungsmöglichkeiten ohne Probleme umgangen werden kann (etwa im Bereich der flach auslaufenden Schotterzunge im Mündungsbereich des Baches).

Es kann nicht beantwortet werden, wie lange die Holzschlachtung war.“

 

Die Vertreterin der belangten Behörde stimmte den Ausführungen des Amtssach­verständigen betreffend Maßnahmen zur Abwehr einer möglichen Gefährdung für Leib und Leben zu und wies darauf hin, dass im konkreten Fall diese Situation nicht vorlag. Überdies wäre eine Ablagerung an einer anderen, zulässigen Örtlichkeit gegeben gewesen. Es wurde die Abweisung der Beschwerde bean­tragt.

 

Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen führte in seiner abschließenden Stellungnahme im Wesentlichen Folgendes aus:

 

1.   Die Maßnahme des Zwischenlagerns des Materials und des Abgrabens des den Abfluss des Wildbaches hindernden Schotterkegels sei eine Sicherung der Häuser der Beschwerdeführerinnen und der Nachbarn, damit andrängendes Wasser die Bausubstanz nicht schädige (Verweis auf LVwG Oö. vom
21.5.2014, GZ: 500033/17/GK/AK). Bei einem Untergang des Nachbarhauses wäre die wirtschaftliche Existenz der Beschwerdeführerinnen bedroht. Es liege daher ein rechtfertigender Notstand vor.

Die gegenständliche Örtlichkeit liege in einer Gewittereinzugsstraße und sei deshalb mit vermehrten Hochwasserereignissen zu rechnen. Aufgrund dieser dringenden Gefahr hätte die Einholung eines naturschutzfachlichen Gutach­tens vor Durchführung der Maßnahme unterbleiben können.

 

2.   Es liege die große Gefahr des Unterganges des Hauses der Beschwerde­führerinnen und des Nachbarn vor, weshalb die dringende Maßnahme des Freischaufelns des Mündungsbereiches des Wildbaches in den I notwendig gewesen sei (Verweis auf VwGH vom 9.9.1996, Zl. 95/10/0191).

 

3.   Es bestehe die Gefahr der Überflutung der Keller der Objekte der Beschwerde­führerinnen und des Nachbarn (Verweis auf VwGH vom 17.12.2014, Zl. 2013/10/0247/).

Die relevanten Wasserstände des I seien nicht erhoben worden. Auch sei im angefochtenen Bescheid keine Bezugnahme auf einen konkreten Wasser­stand erfolgt, weshalb ein Verfahrensfehler bzw. Nichtigkeit dieses Bescheides vorliege.

 

4.   Es liege keine Aufschüttung zum Zwecke eines Hüttenzubaus oder einer Ufersicherung vor (Verweis LVwG Oö. vom 15.7.2014, GZ: 550019/5/GK/AK).

 

5.   Das Wasserrechtsgesetz als Bundesgesetz derogiere das Naturschutzgesetz das als Landesgesetz im Falle eines Hochwasserereignisses. Das Wasser­rechts­gesetz schütze das Eigentum der Beschwerdeführerinnen. Maßnahmen des passiven Hochwasserschutzes, wie Freimachen eines Abflussraumes, würden keine Bewilligung nach § 41 WRG erfordern. Es könne sogar mit einer Schutzpflicht des Staates gegenüber dem Bürger argumentiert werden, was den Behörden besondere Handlungspflichten auferlege (Verweis auf „WRG Oberleitner/Berger 3. Auflage RZ 6 zu § 41, RZ 2 zu § 38, RZ 7 wiederum zuvor 38 und RZ 4 zu § 42“).

 

6.   Der Abtransport des zwischengelagerten Materials könne den Beschwerde­führerinnen nicht zugemutet werden, da die Personen der Wildbachverbauung ebenfalls das ausgekofferte Material nicht verbracht hätten, sondern dieses links- und rechtsseitig der Ufermündung abgelagert worden sei. Die „Berech­nungen des Zeugen zum Ausmaß der Transportfuhren“ (Beilage ./17) seien Beweis für die Unzumutbarkeit des Abtransportes.

 

7.   Die Zwischenlagerung erfolge innerhalb der Eigentumsgrenzen der Beschwerde­führerinnen.

 

8.   Es liege ein Verfahrensfehler vor, weil das Orthofoto auf Seite 3 des ange­fochtenen Bescheides im Text aus dem Jahr 2012 ausgewiesen sei, tatsächlich aber im eingescannten DORIS-Bild im unteren Rand die Jahreszahl 2015 aufweise. [Anm.: Dieser Einwand bezieht sich auf das Beschwerde­verfahren betreffend den Entfernungsauftrag, LVwG-550497, 550498.]

 

9.   Das abzutragende Material betrage ca. 35 m3, weshalb wegen Geringfügigkeit beantragt werde, es an Ort und Stelle belassen zu können.

 

10.        In der Amtssignatur liege ein Verfahrensfehler bzw. eine Nichtigkeit, da sie nicht auf die Behörde ausgestellt sei und deshalb nach dem Signaturgesetz unzulässig sei. Es liege ein nichtiger Bescheid vor.


 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie eines Lokalaugenscheines am
3. November 2015.

 

II. 2. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt gilt als erwiesen:

 

Die Beschwerdeführerinnen sind Grundeigentümerinnen des Grundstückes
Nr. x, KG H, in O, das direkt am I liegt und auf dem sich auch ein Haus befindet. Entlang der südlichen Grenze dieses Grund­stückes verläuft ein nicht namentlich genannter Bach, welcher die mitgeführte Geschiebefracht in Richtung See transportiert und dieses mitgeführte Material vordringlich im Mündungsbereich des I aufgrund der sich hier verringern­den Schleppspannung ablagert. Dadurch ist der Bachmündung im I eine Schotterzunge aus dort natürlich angelandetem Material vorgelagert, die unter­schiedlich groß sein kann.

 

Am 2. Juni 2013 wurden bei einem starken Unwetter Gesteinsmassen und Hölzer in den Mündungsbereich gespült, wodurch das Wasser des Wildbachgerinnes gestaut wurde und aus den Ufern trat. Die Wildbach- und Lawinenverbauung setzte Sofortmaßnahmen, diese waren aber aus Sicht der Beschwerdeführerinnen nicht ausreichend zur Verhinderung von durch einen Wasserstau drohenden Gefahren für das Objekt am gegenständlichen Grundstück und für das Objekt am Nachbargrundstück. Um die Gefahr abzuwenden, wurde die weit in den I hineinragende Schotterzunge abgetragen. Der Vater der Beschwerdeführerinnen übernahm in deren Einvernehmen die Koordination der notwendigen Maßnahmen und Klärung der gegenständlichen Angelegenheit.

 

Schotteriges Material aus der Geschiebefracht wurde in einem Teilbereich der Uferzone entlang des gegenständlichen Seeufers angeschüttet. Die etwa 32 m (Tangente ca. 27 m) lange Uferzone, welche bogenförmig eingebuchtet verlief, wurde dadurch annähernd begradigt. Dieser Bereich liegt in dem durch Verord­nung der Oö. Landesregierung normierten Naturschutzgebiet „I“ (Seen-Naturschutzgebieteverordnung LGBl. Nr. 9/1965 idgF).

Die ursprüngliche Seeuferlinie ist durch die auf der Beilage ./6 der Beschwerde ersichtlichen Holzbeschlachtung definiert. Die Seefläche im gegenständlichen Abschnitt wird vom jeweiligen Wasserstand beeinflusst. Dieser variiert. Abge­sehen von großen Hochwässern war die maximale Wasserausdehnung mit der Holzbeschlachtung begrenzt.

 

Die Anschüttung erfolgte entlang der ehemaligen Uferlinie mittels eines Klein­baggers, der mit jeder Schaufel hin- und hergefahren ist. Die Höhe der Anschüt­tung beträgt an der Wasseranschlagslinie etwa 50 cm und hat ein Flächen­ausmaß von ca. 64 m2. Sie reicht bis zur letzten Steinplatte des auf dem Grund­stück verlegten Weges (vgl. Beilage ./6). Das angeschüttete Material umfasst ca. 35-40 m3.

 

Durch die Anschüttung des schotterigen Materials ist die naturbelassene Uferzone des I anthropogen verändert. Der ehemalige Seeboden wurde über die ursprüngliche Wasseroberfläche angehoben. Dieser Bereich wird nur mehr bei Hochwasserereignissen benetzt. Die offene Wasserfläche wurde im gegen­ständlichen Bereich reduziert. Es besteht eine Überschüttung einer ökologisch bedeutsamen Flachwasserzone, wodurch der Ablauf natürlicher ökolo­gisch/aqua­tischer Prozesse hier verhindert wird.

 

Durch die Anschüttung ist der Schutzzweck des Naturschutzgebietes I „Sicherung und Entwicklung lebensfähiger, möglichst seetypischer, autochthoner Tier- und Pflanzenpopulationen im und am I“, vor allem im Aspekt der „Sicherung und Entwicklung unversiegelter, naturnaher, möglichst seetypischer Uferbereiche“ maßgeblich beeinträchtigt.

 

Der Schutz der vorliegenden großräumigen nutzungsfreien Ufer- und Schilfzonen als Lebensräume mit natürlicher Entwicklungsdynamik und größtmöglicher Störungs­freiheit sowie die Sicherung und Entwicklung eines möglichst natürlichen bzw. naturnahen, raumtypischen, störungsarmen Erscheinungsbildes des I sind als weitere Schutzzwecke des gegenständlichen Naturschutzgebietes durch die Anschüttung auch betroffen.

 

Durch die Anschüttung in der vorliegenden geometrischen Ausformung wird im lokalen Bereich auch das Landschaftsbild verändert. Der anthropogene Eingriff erfolgte an einer Stelle, die in einer naturbelassenen Seeuferentwicklung keinen derartigen, in diesem nunmehr bestehenden Ausmaß, Anschotterungstendenzen unterliegen würde.

 

Eine Erforderlichkeit der Durchführung der gegenständlichen Anschüttung als Sofortmaßnahme aufgrund des Hochwasserereignisses und zur Abwehr der Gefahr erheblicher Sachschäden lag nicht vor.

 

xx

 

II. 3. Unbestritten ist, dass eine Anschüttung von schotterigem Material entlang der ursprünglichen Uferlinie, die durch eine Holzbeschlachtung definiert ist, im Flächenausmaß von ca. 64 m2 und einer Höhe von etwa 50 cm auf dem gegen­ständlichen Grundstück im Einvernehmen mit den Beschwerdeführerinnen ausgeführt wurde.

Bei diesem Eingriff handelt es sich um keine wie von den Beschwerdeführerinnen bezeichnete Zwischenlagerung, weil in keinster Weise ersichtlich ist bzw. behauptet wurde, dieses schotterige Material wieder zu entfernen. Im Gegenteil, es wird vorgebracht, dass der Abtransport des Materials unzumutbar sei, woraus auch zu schließen ist, dass eine Entfernung nicht beabsichtigt ist.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen, dass die gegenständliche Anschüt­tung als Notmaßnahme zur Gefahrenabwehr erforderlich gewesen sei, ist nicht plausibel. Die behauptete Gefahr ging ausschließlich von einer Wasseranstauung durch die Schotterzunge aus und deshalb - wie von den Beschwerdeführerinnen auch angeführt - musste dieser Bereich für den Abfluss aus dem Wildbach wieder freigemacht werden. Die Abwehr der Gefahr konnte nur mit der Entfernung der Geschiebefracht erreicht werden, jedoch nicht mit der Anschüttung entlang der Uferlinie.

 

Das vorliegende Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Land­schafts­schutz vom 11. November 2014 ist schlüssig aufgebaut, für Dritte nachvollziehbar, widerspruchsfrei und vollständig, weshalb das Landesver­wal­tungs­gericht Oberösterreich dieses seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III. 1. Maßgebliche Rechtsgrundlage:

 

Die im konkreten Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 - Oö. NSchG 2001, LGBl. Nr. 129/2001, idF LGBl. Nr. 92/2014, lauten:

 

§ 3

Begriffsbestimmungen

 

[...]

 

3.   Eingriff in ein geschütztes Gebiet oder Objekt: vorübergehende oder dauer­hafte Maßnahme, die nicht unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet oder -objekt oder im Hinblick auf den Schutzzweck bewirken kann oder durch mehrfache Wiederholung oder Häufung derartiger Maßnahmen voraussichtlich bewirkt; ein Eingriff liegt auch dann vor, wenn die Maßnahme selbst außerhalb des Schutzgebietes oder -objektes ihren Ausgang hat.

 

[...]

 

§ 14

Bewilligungen

 

[...]

 

(2) Eine Bewilligung ist unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, wenn dies erforderlich ist, um Schädigungen, Beeinträchtigungen bzw. Störungen der im Abs. 1 Z 1 erwähnten Art auszuschließen oder auf ein möglichst geringes Ausmaß zu beschränken. In diesem Rahmen kann auch die Vornahme von Rekultivierungsmaßnahmen vorgeschrieben werden.

 

[...]

 

§ 25

Naturschutzgebiete

 

(1) Gebiete,

1.   die sich durch völlige oder weitgehende Ursprünglichkeit oder Naturnähe auszeichnen oder

2.   die selten gewordene Tierarten, Pflanzen oder Pflanzengesellschaften beherbergen oder reich an Naturdenkmalen sind,

können durch Verordnung der Landesregierung zu Naturschutzgebieten erklärt werden, wenn das öffentliche Interesse am Naturschutz alle anderen Interessen überwiegt.

 

(2) Soweit die nähere Umgebung von Gebieten im Sinn des Abs. 1 für die unmittelbare Sicherung des Schutzzweckes unbedingt notwendig ist, kann sie in das Schutzgebiet einbezogen werden.

 

(3) Die Landesregierung hat in einer Verordnung nach Abs. 1 festzulegen:

1.   die Grenzen des Naturschutzgebietes und

2.   die allenfalls zur Sicherung des Schutzzweckes notwendigen Maßnahmen.

 

(4) Die Landesregierung kann in einer Verordnung gemäß Abs. 1 bestimmte Eingriffe in ein Naturschutzgebiet - allenfalls nach Durchführung eines Anzeige­verfahrens gemäß § 6 Abs. 2 bis 7 - gestatten, wenn das öffentliche Interesse an seinem Schutz nicht überwiegt. Dabei dürfen in einem Naturschutzgebiet, das gleichzeitig Europaschutzgebiet gemäß § 24 ist, nur solche Maßnahmen und Nutzungen erlaubt werden, die zu keiner wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Europaschutzgebietes (§ 24) führen können. Sonstige Eingriffe im Sinn des § 3 Z 3 in ein Naturschutzgebiet sind verboten, es sei denn, dass sie auf Grund gesetzlicher Bestimmungen oder im Interesse der Sicherheit von Menschen oder zur Abwehr der Gefahr bedeutender Sachschäden vorgenom­men werden müssen.

 

(5) Die Landesregierung kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten bewilligen, wenn dadurch der Schutzzweck, insbesondere im Hinblick auf ein Europa­schutzgebiet, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. § 14 Abs. 2 ist sinngemäß anzuwenden.“

 

Die maßgebliche Bestimmung der Verordnung der Oö. Landesregierung vom
25. Jänner 1965, womit oberösterreichische Seen zu Naturschutzgebieten erklärt werden (Seen-Naturschutzgebieteverordnung),
LGBl. Nr. 35/2000 idF
LGBl. Nr. 33/2013, lautet:

 

§ 1

 

Die nachfolgend angeführten Seen sind Naturschutzgebiete im Sinne des § 2 des Gesetzes:

                     

im politischen Bezirk Braunau am Inn: der Heratingersee, der Höllerersee, der Holzösterersee;

im politischen Bezirk Gmunden: die Langbathseen, die Ödseen, der Nussensee, der Schwarzensee;

im politischen Bezirk Kirchdorf an der Krems: der Gleinkersee;

im politischen Bezirk Vöcklabruck: der Zeller- oder Irrsee, der Egelsee im Gemeindegebiet von Unterach“

 

Die maßgebliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens-
gesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF, lautet:

 

Erledigungen

 

§ 18. [...]

 

(4) Jede schriftliche Ausfertigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Ausferti­gungen in Form von elektronischen Dokumenten müssen mit einer Amtssignatur (§ 19 E-GovG) versehen sein; Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrücke brauchen keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen. [...]“

 

Die maßgebliche Bestimmung des E-Government-Gesetzes (E-GovG),
BGBl. I Nr. 10/2004 idgF, lautet:

 

Amtssignatur

 

§ 19. (1) Die Amtssignatur ist eine ‚fortgeschrittene‘ elektronische Signatur im Sinne des Signaturgesetzes, deren Besonderheit durch ein entsprechendes Attribut im Signaturzertifikat ausgewiesen wird.

 

(2) Die Amtssignatur dient der erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von ‚eine Auftraggeber des öffentlichen Bereichs‘. Sie darf daher ausschließlich von ‚diesen‘ unter den näheren Bedingungen des Abs. 3 bei der elektronischen Unterzeichnung und bei der Ausfertigung der von ihnen erzeugten Dokumente verwendet werden.

 

(3) Die Amtssignatur ist im Dokument durch eine Bildmarke, die der Auftrag­geber des öffentlichen Bereichs im Internet als die seine gesichert veröffentlicht hat, sowie durch einen Hinweis im Dokument, dass dieses amtssigniert wurde, darzustellen. Die Informationen zur Prüfung der elektronischen Signatur sind vom Auftraggeber des öffentlichen Bereichs bereitzustellen.“

 

III. 2. Zum Einwand der Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides wegen einer nach dem Signaturgesetz unzulässigen Amtssignatur:

 

Von den Beschwerdeführerinnen wurde nicht konkretisiert, aus welchem Grund die Amtssignatur unzulässig sein sollte.

Der angefochtene Bescheid enthält die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen der Genehmigenden sowie hinsichtlich der Amts­signatur die Bildmarke, den Hinweis, dass das Dokument amtssigniert ist und die entsprechende Information zur Prüfung. Die Voraussetzungen des § 18 AVG und § 19 E-GovG sind somit erfüllt.

III. 3. Zum Einwand der nicht rechtzeitig erfolgten Ladung zum Lokalaugen­schein:

 

Die Beschwerdeführerinnen brachten unter anderem vor, dass dem Bescheid der belangten Behörde ein Verfahrensmangel zugrunde liege, da die Ladungen zu den Lokalaugenscheinen jeweils so kurzfristig erfolgten, sodass weniger als fünf volle Tage zur Vorbereitung verblieben.

 

Dazu ist auszuführen, dass die durchgeführten Lokalaugenscheine der Befund­aufnahme durch den Sachverständigen dienten. Im Verwaltungsverfahren besteht jedoch kein Rechtsanspruch einer Partei auf Teilnahme an der Beweis­aufnahme (vgl. VwSlg 9212 A/1976; 15.041 A/1998; VwGH vom 27.5.2003,
Zl. 2002/07/0104). Es reicht vielmehr hin, dass ihnen die Behörde Gelegenheit gibt, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen (VwSlg 6374 A/1964; 6766 A/1965; VwGH vom 27.5.2003, Zl. 2002/07/0104). Der Sachverständige ist auch nicht verpflichtet, die Parteien zu einer Befund­aufnahme beizuziehen. Ein Rechtsanspruch einer Partei auf Durchführung des Ermittlungsverfahrens in einer bestimmten Art und Weise, insbesondere auf Durchführung eines Lokalaugenscheines, besteht im Übrigen nicht (vgl. etwa VwGH vom 28.4.2006, Zl. 2003/10/0274, mwN).

Da für die Beschwerdeführerinnen entsprechend der oben zitierten Judikatur kein Rechtsanspruch bestand, an diesem Lokalaugenschein teilzunehmen, kann hinsichtlich der behaupteten mangelnden Rechtzeitigkeit der Information kein Verfahrensfehler erblickt werden.

 

III. 4. Zur behaupteten unberechtigten Versagung der Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001:

 

Der I ist gemäß § 1 der Seen-Naturschutzgebieteverordnung ein Naturschutzgebiet. Naturschutzgebiete sind entsprechend § 25 Abs. 1
Oö. NSchG 2001 Gebiete, die sich durch völlige oder weitgehende Ursprüng­lichkeit oder Naturnähe auszeichnen oder die selten gewordene Tierarten, Pflanzen oder Pflanzengesellschaften beherbergen oder reich an Naturdenk­mälern sind. Überdies muss das öffentliche Interesse am Naturschutz alle anderen Interessen überwiegen.

 

Als Schutzzweck des Naturschutzgebietes I ist die Sicherung und Entwick­lung lebensfähiger, möglichst seetypischer, autochthoner Tier- und Pflanzen­population im und am I definiert. Naturschutzfachlich bedeutet dies

·         die Sicherung einer guten Wasserqualität,

·         die Sicherung und Entwicklung des Seebodens als unversiegelter, naturnaher, möglichst betretungsfreier Lebensraum,

·         die Sicherung und Entwicklung unversiegelter, naturnaher, möglichst seety­pischer Uferbereiche,

·         der Schutz der vorliegenden großräumigen nutzungsfreien Ufer und Schilf­zonen als Lebensräume mit natürlicher Entwicklungsdynamik und größt­möglicher Störungsfreiheit,

·         die Sicherung und Entwicklung möglichst ausgedehnter, naturnaher Röhricht­zonen und Gehölzgürtel,

·         die Sicherung großräumiger Lärmfreiheit am I und

·         die Sicherung und Entwicklung eines möglichst natürlichen bzw. naturnahen, raumtypischen, störungsarmen Erscheinungsbildes des I.

 

Nachdem die Oö. Landesregierung für das gegenständliche Naturschutzgebiet keine Eingriffe mit einer Verordnung gemäß § 25 Abs. 4 Oö. NSchG 2001 erlaubt hat, sind jegliche Eingriffe im gegenständlichen Naturschutzgebiet verboten.

 

Eine Ausnahme von diesem Verbot kann im Einzelfall nach § 25 Abs. 5
Oö. NSchG 2001 nur dann bewilligt werden, wenn dadurch der Schutzzweck nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

 

Durch die gegenständliche Anschüttung von schotterigem Material entlang der Uferlinie über der Wasseranschlagslinie wurde das gegenständliche Grundstück vergrößert und die Seefläche, insbesondere der Flachwasserbereich, reduziert. Diese anthropogene Veränderung verhindert nunmehr in diesem Bereich den Ablauf natürlicher/aquatischer Prozesse. Diese dauerhafte Maßnahme hat daher nicht unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet und den Schutzzweck und stellt gemäß § 3 Z 3 Oö. NSchG 2001 einen Eingriff in ein geschütztes Gebiet dar. Das Vorliegen eines Eingriffes ist selbst dann zu bejahen, wenn, wie die Beschwerdeführerinnen behaupten, von einer Zwischenlagerung auszugehen sei, weil auch vorübergehende Maßnahmen mit nicht unbedeutenden Auswirkungen auf das Schutzgebiet und den Schutzzweck Eingriffe im Sinne des § 3 Z 3
leg. cit. sind.

 

Die anthropogene Veränderung der Uferzone im gegenständlichen Bereich des xsees bewirkt eine Reduktion der ökologisch bedeutsamen Flachwasserzone, weshalb hier eine natürliche Uferzonenentwicklung der überschütteten Seefläche nicht mehr möglich ist. Der anthropogene Ursprung dieser Anschüttung ist deut­lich an der geometrischen Ausformung zu erkennen und verändert auch das ursprüngliche Landschaftsbild. Zudem ist der Bereich der Anschüttung bei einer naturbelassenen Seeuferentwicklung grundsätzlich keinen Anschotterungs­ten­denzen unterworfen. Sollte, wie von den Beschwerdeführerinnen aufgrund des vorgelegten Gutachtens „Dynamik des Wildeckgrabens auf Liegenschaft Gp. x KG H, Gemeinde T“ vorgebracht, bei einem möglichen künftigen Großereignis ein größerer Geschiebevorstoß mit Eintrag in den I erfolgen und die Einbuchtung auffüllen, so würde das aber nie eine derart geometrische Ausformung - wie sie aktuell vorliegt - bewirken.

 

Mit der durchgeführten Anschüttung sind der Schutz der vorliegenden groß­räumigen nutzungsfreien Ufer- und Schilfzonen als Lebensräume mit natürlicher Entwicklungsdynamik und größtmöglicher Störungsfreiheit sowie die Sicherung und Entwicklung eines möglichst natürlichen bzw. naturnahen, raumtypischen, störungsarmen Erscheinungsbildes des I als Schutzzwecke dieses Natur­schutz­gebietes betroffen.

 

Maßgeblich beeinträchtigt ist der Schutzzweck des Naturschutzgebietes I „Sicherung und Entwicklung lebensfähiger, möglichst seetypischer, autochthoner Tier- und Pflanzenpopulationen im und am I“, vor allem im Aspekt der „Siche­rung und Entwicklung unversiegelter, naturnaher, möglichst seetypischer Uferbereiche“.

 

Wenn die Beschwerdeführerinnen einwenden, dass die Anschüttung des Materials (von der Geschiebefracht) entlang der Uferlinie zur Abwehr von Gefahren ihres Grundstückes als auch des Nachbargrundstückes mit den dazugehörigen Objek­ten erforderlich war, ist dem entgegenzuhalten, dass zwar die Entfernung der durch das Unwetter entstandenen Schotterzunge möglicherweise notwendig war, jedoch die getätigte Anschüttung entlang der Uferlinie keinerlei Einfluss auf die Abwehr der behaupteten Gefahren hatte, weil die Gefahr vom andrängenden Wasser bei einem nicht funktionierenden Abfluss des Wildbaches ausgeht und nicht vom See. Im konkreten Fall geht es nicht um die Entfernung der Schotter­zunge, sondern ausschließlich um die Anschüttung entlang der Uferlinie. Es wurde von den Beschwerdeführerinnen auch nichts vorgebracht, weshalb aus­schließ­lich der gegenständliche Eingriff zur Gefahrenabwehr notwendig gewesen sein sollte. Es geht auch der Einwand, dass das Wasserrechtsgesetz als Bundes­gesetz das Naturschutzgesetz als Landesgesetz für Maßnahmen zum Schutz des Eigentums im Falle eines Hochwasserereignisses, wie das Freimachen eines Abflussraumes, derogiert schon deshalb ins Leere, weil die konkrete Anschüttung entlang der Uferlinie für sich keine Maßnahme zum Schutz des Eigentums dar­stellt.

 

Die Beschwerdeführerinnen behaupten weiters, dass die Uferlinie nur geringfügig verformt wurde, keine dauerhafte Veränderung vorliege und daher die gegen­ständliche Maßnahme keine wesentliche Beeinträchtigung des Schutzzweckes bewirke. Dazu ist auszuführen, dass, wie bereits oben angeführt, auch vorüber­gehende Maßnahmen verbotene Eingriffe darstellen können und überdies dem schlüssigen und nachvollziehbaren naturschutzfachlichen Gutachten vom
11. November 2014 hier nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten wurde.

 

Betreffend dem Vorbringen, dass der Abtransport des Materials den Beschwerde­führerinnen nicht zumutbar sei, ist darauf hinzuweisen, dass es sich - wie auch vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerinnen in der mündlichen Verhandlung angeführt - nur um eine geringfügige Menge von rund 35 m3 handelt.

 

Hinsichtlich aller weiteren Einwendungen und Vorbringen der Beschwerde­führerinnen ist festzuhalten, dass es nach § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001 unerheblich ist

·         woher das angeschüttete Material stammt;

·         wie groß die Schotterzunge im Bachmündungsbereich war;

·         aus welchen Motiven/Interessen die Maßnahme erfolgte;

·         ob der Abtransport des Materials zumutbar ist oder nicht.

 

Da die Beeinträchtigung des Schutzzweckes des Naturschutzgebietes „I“ durch den gegenständlichen Eingriff eine maßgebliche ist, ist die Ausnahme­bewilligung gemäß § 25 Abs. 5 Oö. NSchG 2001 nicht zu erteilen und war die Beschwerde demnach als unbegründet abzuweisen.

 

 

IV. Kosten (Spruchpunkt II.):

 

Gemäß § 17 VwGVG sind die §§ 75 ff AVG sinngemäß anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass für auswärtige Amtshandlungen Kommissionsgebühren vorzu­schreiben sind. Sie betragen für Amtshandlungen des Landesverwaltungs­gerichtes für jede angefangene halbe Stunde außerhalb der Amtsräume
20,40 Euro. Es hat jene Partei dafür aufzukommen, die den verfahrens­ein­leitenden Antrag gestellt hat. Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag wird nach der Judikatur der Prozessgegenstand, also die „Sache“ des jeweiligen Verfahrens bzw. „die in Verhandlung stehende Angelegenheit“ bzw. „die Hauptfrage“, bestimmt, die gemäß § 59 Abs. 1 AVG im Spruch des Bescheides zu erledigen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 2014 § 76 Rz 16).

 

Bei der mündlichen Verhandlung am 3. November 2015 auf dem Grundstück
Nr. x, KG H, waren die zuständige Richterin, eine Schriftführerin sowie der vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich beigezogene Amtssachverständige anwesend. Die mündliche Verhandlung samt Lokalaugenschein dauerte insge­samt neun halbe Stunden. Nachdem diese Verhandlung gemeinsam für die gegen­ständliche Angelegenheit und das Beschwerdeverfahren betreffend den Entfernungsauftrag (LVwG-550497, 550498) durchgeführt wurde, haben die Beschwerdeführerinnen die anteilsmäßigen Kommissionsgebühren in Höhe von 275,40 Euro (20,40 Euro x 9 x 3) zu tragen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Sigrid Ellmer

Beachte:

Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 18. Februar 2016, Zl.: E 123/2016-5

Beachte:

Die Revisionen wurden zurückgewiesen.

VwGH vom 27. April 2016, Zl.: Ra 2016/10/0016 bis 0017-6 und Ra 2016/10/0032 bis 0033-3