LVwG-000098/5/Bi

Linz, 12.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn Dr. P H, vertreten durch RAe S-S-F & P, vom 15. März 2015 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn vom 16. Februar 2015, VetR96-16-2014, wegen Übertretungen des Tierarzneimittelkontroll­gesetzes,

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) im Schuldspruch und im Ausspruch über die Höhe der Geldstrafe und den Verfahrenskostenersatz bestätigt, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 6 Stunden herabgesetzt wird.

Im Punkt 2) wird das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 12 Abs.7 und Anhang 5 der Tiergesundheitsdienst-Verordnung iVm § 13 Abs.1 Z6 Tierarzneimittelkontroll­gesetz und 2) § 3 Abs.1 Veterinärarzneispezialitäten-Anwendungsverordnung iVm § 13 Abs.1 Z6 Tierarzneimittelkontrollgesetz Geldstrafen von 1) und 2) je 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 2) je 12 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG Verfahrens­kostenbeiträge von 1) und 2) je 10 Euro auferlegt.

Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe

1) am 28. Dezember 2013 die Tierarzneimittel 2x100 ml Vetalgin, 1x150 ml Cevazuril und 1x50 ml Enzaprost T Injektionslösung an den Tierhalter F. abgegeben, ohne am Abgabebeleg die genaue Identität der behandelten Tiere, die Dosierung des Arzneimittels und die Behandlungsdauer angegeben zu haben.

2) am 24. Februar 2014 beim Tierhalter N. 500 ml „humane“ Glucose 20% angewendet, obwohl dieses Arzneimittel nicht im Österreich zur Behandlung von Tieren freigegeben gewesen sei; es habe auch kein Notstand vorgelegen.

Die Zustellung des Straferkenntnisses erfolgte laut Rückschein am 18. Februar 2015.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.2 VwGVG.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, beim Punkt 1) gehe es um die Ausstellung eines Metaphylaxeplanes (in Folge: MPP), der bei der Abgabe der im Spruch genannten Arzneimittel nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei; ihm werde vorgeworfen, am Abgabebeleg nicht die geforderten Angaben gemacht zu haben. Er verweist auf das Straferkenntnis vom 13. April 2014, das einen fehlenden MPP beinhaltete, und auf das rechtskräftige Erkenntnis des LVwG vom 14. Jänner 2015 dazu. Ihm sei bis zu diesem Straferkenntnis nicht bewusst gewesen, dass bei Abgabe der angeführten Arzneimittel ein derartiger Plan auszustellen sei. Sein Betrieb sei zwischen 2009 und 2014 mehrmals durch die Behörde bzw den Amtstierarzt kontrolliert worden, aber erst bei der Kontrolle am 6. März 2014 sei er auf die zu erstellenden MPP hingewiesen worden. Bis dahin seien die Abgabebelege in keiner Weise bemängelt worden; er sei davon ausgegangen, dass sie in Ordnung seien. Es liege daher in diesem Fall kein Verschulden seinerseits vor, da er auf die Behördenkontrolle vertrauen habe dürfen und nicht damit habe rechnen müssen, dass derartige Handlungspläne zu erstellen seien. Im Übrigen habe es sich bei den behandelten Tieren um Schweine gehandelt, die nicht der Einzeltierkennzeichnung unterlägen; eine genaue Identifizierung sei daher gar nicht möglich. In Bezug auf Cevazuril sei ein Handlungsplan nicht notwendig, da dieses Arzneimittel nach der Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung vom Tiergesundheitsdienst unein­geschränkt freigegeben worden sei („NE“ – nicht eingeschränkt).

Zu Punkt 2) wird eingewendet, dass sehr wohl ein Therapienotstand vorgelegen habe – das sei gemäß § 1 Abs.2 TAKG eine Situation, die sich dadurch auszeichne, dass es für die entsprechende Behandlung eines Tieres oder einer Tierart kein in Österreich hierfür zugelassenes oder lieferbares Tierarzneimittel gebe. Im ggst Fall sei es um ein Kalb gegangen, das aufgrund von Durchfall mit Glucose behandelt werden habe müssen. In Österreich sei Glucose 5% als Tierarzneimittel zugelassen, diese hätte aber für die Behandlung als Energielieferant nicht ausgereicht. Das Tier sei parenteral ernährt worden mit Fusionen von 500 ml. 500 ml einer 5%-Glucose hätten für eine fachgerechte Behandlung nicht ausgereicht, dafür wäre die 4fache Dosis erforderlich gewesen. Eine parenterale Ernährung mit 2000 ml pro Behandlung sei nicht möglich gewesen, da eine derartige Flüssigkeitsaufnahme bei einem Tier nicht machbar sei. Es habe ein Therapienotstand vorgelegen, da es weder 5%ige Glucose in der Dosierung von 2000 ml gebe und darüber hinaus eine derartige Flüssigkeits­aufnahme unmöglich gewesen wäre. Daher sei die Anwendung der 20%igen Glucose zulässig gewesen, es gebe kein zugelassenes Tierarzneimittel, welches für die Behandlung des Tieres sachgerecht gewesen wäre. Die Abgabe der 20%igen Glucose sei wegen dieses Therapienotstandes zulässig gewesen. Beantragt wird die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu Strafherabsetzung.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Amtstierärztin Dr V H, Amt der OÖ. Landesregierung, Dir. Soziales und Gesundheit, Abt. Ernährungssicherheit und Veterinärwesen, teilte mit  Bericht vom 28. April 2014 der BH Braunau/Inn mit, dass „bei der gemäß ABO 2005, § 68, durchgeführten Überprüfung der tierärztlichen Hausapotheke des Bf in Anwesenheit seines Rechtsbeistandes Dr. G G “ ua festgestellt worden sei, dass „die Dokumentation der TAM-Anwendung gemäß § 4a TAKG großteils unvollständig geführt“ worden sei, zumal „teilweise bei TAM-Abgaben keine Tieridentität dokumentiert“ worden sei „(Angabe „laut Reg.“ zB beim Betrieb F., 28.12.2013)“, und dass ein Beleg vorgefunden worden sei, auf dem 0 Tage bei Verwendung von „humaner“ Glocose (20%, 500 ml) angeführt sei, obwohl eine solche bei essbarem Gewebe 28 Tage verlange. Laut § 4 TAKG dürfen als Tierarzneimittel nur in Österreich zugelassene Arzneispezialitäten angewendet werden und, da eine „Glucose ad us vet“ verfügbar sei, liege kein Therapie­notstand vor.

 

Im Akt befindet sich ein Foto eines „Arzneimittelanwendungs-, Arzneimittel­abgabe-, Arzneimittelrückgabebeleg“, datiert mit 28.12.2013 und unterschrieben vom Bf und „F.“ vom Betrieb F., wonach drei verschiedene Arzneimittel (2x 100 ml Vetalgin, 1x 250 ml Cevazuril, 1x 50 ml Enzaprost) für Schweine abgegeben wurden (angekreuzt „A“); unter der Rubrik „Identität der Tiere – OhrmarkenNr. – BoxenNr.“ steht „lt. Reg.“; die genaue Anleitung ist mit „i.m.“ bzw „oral“ bezeichnet und die Wartezeit ist ausgefüllt.   

Weiters findet sich im Akt ein Foto eines „Arzneimittelanwendungs-, Arzneimittel­abgabe-, Arzneimittelrückgabebelegs“ für den Betrieb N., Unterschriften unleserlich (aber die Paraphe des Tierarztes anders als beim Betrieb F.), vom 24.2.2014, Tieridentität ##4105, angekreuzt „B“ für das Arzneimittel Glucose, 500 ml, Rest unleserlich, genaue Anleitung „i.v.“, Wartezeit in Tagen „0“.

 

Weiters findet sich im Akt eine Mitteilung des OÖ. Tiergesundheitsdienstes, Mag. T P, vom 14. März 2014 an den Bf über die Kontrollergebnisse vom 6. März 2014, in der die bei der aktuellen Kontrolle festgestellten 10 Abweichungspunkte festgehalten und eine Aufforderung zur Mängelbehebung ausgesprochen wurde. Darin ist ua angeführt unter Punkt 3.08: „Festgestellte Abweichungen: Bei TAMAbgaben im Rahmen der Methaphylaxe (in Folge: MP) wurden bis Ende 2013 großteils keine MPP erstellt. Daher erfolgten bis Ende 2013 TAMAbgaben im Rahmen der MP großteils sowohl ohne Erstellen von MPP als auch ohne Dokumentation der Tieridentität bei der TAMAbgabe. Seit 1.1.2014 werden MPP erstellt und liegen in den Betrieben auf, zB Kontrolle des MPP beim Betrieb F. bei der internen TGDKontrolle am 4.2.2014. MPP entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen – Maßnahmen zur Behebung: Bei TAMAbgaben im Rahmen der MP ist ergänzend zum Abgabebeleg ein MPP  (Handlungsplan) zu erstellen, welcher am Betrieb aufliegen muss. Dieser MPP hat jedenfalls die Diagnose, die zu behandelnde Einheit, das Erstellungsdatum sowie das Gültigkeitsdatum (max. 1 Jahr) zu enthalten. Die TAMAnwendung durch den TGD-Arzneimittelanwender im Rahmen der MP ist nur unter nachweislicher Einbeziehung des TGD-Betreuungs­tierarztes gestattet (siehe Beilage TGD VO; Abgabe von TAM im Rahmen der MP) – Frist: sofort – Bewertung: TGD 2“

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. August 2014 wurden dem Bf drei Übertretungen zur Last gelegt, ua im Punkt 1) der Vorwurf wie im Punkt 1) des  in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses und im Punkt 3) der Vorwurf, der Bf habe am 24.2.2014 an den Tierhalter N. 500 ml „humane“ Glucose 20% abgegeben und am Abgabebeleg die Wartezeit mit „0 Tagen“ vermerkt, obwohl dieses Arzneimittel nicht in Österreich zur Behandlung von Tieren freigegeben gewesen sei, es sei auch kein Therapienotstand vorgelegen und bei essbarem Gewebe von Geflügel und Säugetieren habe die Wartezeit 28 Tage zu betragen.

 

Der Bf macht in seinem Einspruch geltend, die Behörde habe mit der genauen Identität der zu behandelnden Tiere argumentiert, ohne die mögliche Existenz eines MPP in Betracht zu ziehen. Gleichzeitig legte er MPP für F. vor für Vetalgin (Diagnose Fieber, zu behandelnde Einheit: Ferkel, Mastschwein, Zuchtsau) erstellt am 10. Jänner 2014, gültig bis 9. Jänner 2015; für Enzaprost T (Diagnose: Azyklie, zu behandelnde Einheit: ZS) erstellt am 18.7.2014, gültig bis 17.7.2015; für Cevazuril (Diagnose: Kokzidien, zu behandelnde Einheit: Ferkel) erstellt am 10.1.2014, gültig bis 9.1.2015. Die Tierarztpraxis des Bf habe am 1.1.2014 mit der lückenlosen Führung von MPP begonnen, ebenso die Tierarztpraxis V A, dementsprechend gebe es keine für 28.12.2013 für den Betrieb F. 

Der Bf führte zu Punkt 3) aus, er habe keine Glucose abgegeben; das sei kein Abgabebeleg, sondern ein Behandlungsschein, „B“ sei angekreuzt. Er verweist auf ein Erkenntnis des UVS Salzburg vom 18.12.2013, unbekannte GZ. Dr. H habe ihm am 6. März 2014 erklärt, das die Rechtslage bzgl Einsatz von Glucose noch nicht geklärt sei, was das Erkenntnis des UVS Salzburg beweise und die schlechte Information der Veterinärabteilung der OÖ. Landesregierung unterstreiche.

 

Dr. H bestätigte am 12. Dezember 2014, dass am 28. Dezember 2013 im Betrieb F. keine MPP aufgelegen seien, daher habe die TAM-Dokumentation des Bf nicht den gesetzliche Vorgaben entsprochen. Eine Abgabe von Glucose habe sie nie zur Anzeige gebracht, sondern eine Verwendung; der Bf habe bei der THA-Überprüfung ausgesagt, dass er die VET-Glucose nicht kenne, daher die Aufklärung.

 

Der Bf bestätigte am 26. Jänner 2015 vor der belangten Behörde, ein MPP für  Cavazuril sei nicht am 28. Dezember 2014 (gemeint wohl: 2013) sondern erst am 10. Jänner 2014 im Betrieb aufgelegen. Laut TGD VO 2009 § 14 Abs.1 sei der MPP erst „am Tage der Auftretens eines Akutfalls“ zu dokumentieren. Da die erste Abgabe 2014 von Cevazuril am Betrieb am 10. Jänner 2014 erfolgt sei, sei gleichzeitig mit diesem § 14 TGD VO 209 folgend der MPP erstellt worden. Sämtliche Instanzen der Landesverwaltung hätten bei ihrer Kontrolltätigkeit niemals das Fehlen des MPP-Konzepts in der Tierarztpraxis V beanstandet. Im Übrigen sei der Sachverhalt vom 28.12.2013 bereits im Strafverfahren Vet96-4-2014 geahndet worden.

Vorgelegt wurde das vom Bf geltend gemachte Erkenntnis des UVS Salzburg vom 18.12.2013 in anonymisierter Form. Am 26. Jänner 2015 wurde dem Bf erstmals die Anwendung – und nicht die Abgabe – der „humanen“ Glucose zur Last gelegt, dh innerhalb der einjährigen Fist des § 31 Abs1 VStG.

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 13 Abs.1 Z6 Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Tierarzt oder Tierhalter den Bestimmungen einer Verordnung auf Grund des § 7 zuwiderhandelt.

Gemäß § 12 Abs.1 Z3 Tiergesundheitsdienst-Verordnung – einer Verordnung auf mit der Rechtsgrundlage im § 7 Tierarzneimittelkontrollgesetz – ist die Abgabe von Tierarzneimitteln nach Maßgabe der Veterinär-Arzneispezialitäten-Anwendungsverordnung im Rahmen des TGD im Rahmen eines Krankheitsfalles zur Behandlung weiterer vorher unauffälliger Tiere innerhalb derselben epidemiologischen Einheit, bei denen das Auftreten gleichartiger klinischer Erscheinungen zu erwarten ist (Metaphylaxe) möglich.

Erscheint der Einsatz von Tierarzneimitteln notwendig, hat der TGD-Betreuungs­tierarzt jedenfalls vor dem Einsatz den Betrieb zu besuchen, die Diagnose zu stellen und gegebenenfalls entsprechend abzusichern, die Therapie sowie erforderlichenfalls Maßnahmen der Prophylaxe oder Metaphylaxe festzulegen.

Gemäß Abs.2 leg cit dürfen TGD-Betreuungstierärzte Tierarzneimittel im Rahmen der Einbindung nach § 8 Abs.5 Z3 überlassen. Voraussetzung ist die Absolvierung der Ausbildung gemäß § 10 Abs.4 durch den TGD-Arzneimittel-anwender. Die Verantwortung für die Abgabe eines Arzneimittels trifft den im Abgabeschein genannten TGD-Tierarzt.

Gemäß Abs.7 leg cit ist die Abgabe, Anwendung und Rückgabe der Tierarznei­mittel gemäß Anhang 5 zu dokumentieren.

 

Gemäß dem die Dokumentationspflichten betreffenden Anhang 5 haben die TGD-Betreuungstierärzte und TGD-Arzneimittelanwender unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften über die Anwendung und Abgabe von Arzneimitteln folgende Vorgaben zu erfüllen: ... 2. Die Aufzeichnungen über die Abgabe, Anwendung und Rücknahme von Arzneimitteln sind in den Abgabe-, Anwendungs- und Rücknahmebeleg (= Behandlungsregister) von den in der jeweiligen Rubrik genannten Personenkreisen wie folgt leserlich einzutragen. Bei elektronischen Belegen ist sicherzustellen, dass die notwendigen Bezüge zwischen den jeweiligen Belegen nachvollziehbar hergestellt werden. Unter „Abgabe TGD-Betreuungstierarzt“ sind die Rubriken „Identität der Tiere", „Anwendungsanleitung (Dosis, Art, sonst. Hinweise)“ und „Behandlungsdauer“ angekreuzt. Die „TAM Dosis (verabreichte Dosis pro Tier)“ ist erst bei der Anwendung angekreuzt, nicht bei der Abgabe.

Der Bf hat auf dem in Rede stehenden Arzneimittelabgabebeleg die Identität mit „lt. Reg.“ und unter „Genaue Anleitung“ lediglich „i.m.“, „oral“ und „i.m.“ vermerkt, demnach weder eine Dosis noch eine Behandlungsdauer angeführt.

 

Gemäß § 14 Abs.1 Tiergesundheitsdienst-Verordnung ist im Rahmen der Metaphylaxe ein schriftlicher Handlungsplan oder eine schriftliche Anweisung – ergänzend zum Arzneimittelabgabe-, Arzneimittelrückgabe- und Arzneimittel-anwendungsbeleg – am Tag des Auftretens des Akutfalls für die voraussichtliche Dauer des Bestandsproblems, längstens jedoch für die Dauer von einem Jahr, zu erstellen. Tierarzneimittel dürfen höchstens in einer Menge überlassen werden, die dem voraussichtlichen Monatsbedarf der zu behandelnden Tiere entspricht. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung hat der Handlungsplan/die Anweisung jedenfalls die gegenständliche Krankheit (Diagnose), die gegebenenfalls zu behandelnde Einheit (Tierpartien, Altersgruppen, Boxennummer, Ohrmarken­nummer bei Einzeltierkennzeichnung, Stalleinheiten, etc.), das Erstellungsdatum sowie das Datum, bis zu welchem der schriftliche Handlungsplan/die Anweisung gültig ist, zu enthalten. Gemäß Abs.3 ist die Anwendung dieser Tierarzneimittel durch den TGD-Arzneimittelanwender ist auch innerhalb des im Handlungsplan/in der schriftlichen Anweisung festgelegten Zeitraumes nur unter nachweislicher Einbeziehung des TGD-Betreuungstierarztes gestattet. Seitens des TGD-Tierhalters ist dazu der TGD-Betreuungstierarzt über das Datum der Information, den Beginn der Behandlung weiterer Tiere und der Anzahl und Identität der neuerkrankten Tiere zu informieren und dies schriftlich festzuhalten. Gemäß Abs.4 ist die Einhaltung sowie der Erfolg des Handlungsplans oder der schriftlichen Anweisung vom TGD-Betreuungstierarzt beim nächsten Betriebs­besuch gemäß § 12 Abs.4 nachweislich durch Abzeichnung der Dokumentation der durchgeführten Behandlung gemäß Handlungsplan oder der schriftlichen Anweisung zu kontrollieren.

 

Dem Bf wird vorgeworfen, er habe am 28. Dezember 2013 konkret angeführte Tierarzneimittel an den Tierhalter F abgegeben, ohne am Abgabebeleg die genaue Identität der behandelten Tiere, die Dosierung des Arzneimittels und die Behandlungsdauer angegeben zu haben.

 

Die MPP für die einzelnen genannten Tierarzneimittel liegen, wie aus dem Verfahrensakt ersichtlich ist, erst ab dem Jahr 2014 vor, nicht aber für den 28. Dezember 2013. Damit hatte der Bf aber laut Anhang 5 „unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften über die Anwendung und Abgabe von Arzneimitteln“, also unabhängig vom Bestehen von MPP (auch wenn solche bei einzelnen Arzneispezialitäten nicht vorgesehen sind), jedenfalls den dort angeführten Dokumentationspflichten nachzu­kommen.

Im „Arzneimittelanwendungs-, Arzneimittelabgabe-, Arzneimittelrückgabe­beleg“ – hier als Arzneimittelabgabebeleg, weil „B“ angekreuzt ist – vom 28. Dezember 2013 fehlen Angaben über die Identität der Tiere, für die das jeweilige Tierarzneimittel bestimmt ist, und die Anleitung hinsichtlich Dosierung und Behandlungsdauer. Der Verweis „lt.Reg.“ sagt nichts aus, wenn das zitierte Register bzw der Handlungsplan, mit dessen Hilfe ein Zusammenhang zwischen der Anwendung des TAM und dem konkret behandelten Tier hergestellt werden könnte, nicht vorhanden ist; der Eintragung unter „Genaue Anleitung“ ist außer der Art der Anwendung keine Information zu entnehmen.

 

Damit hat der Bf den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist. Dass es bis dahin keine Beanstandung wegen (noch) nicht vorliegender MPP gab, ist kein Argument für die Außerachtlassung von Dokumentationspflichten, über die sich der Bf als TGD-Betreuungstierarzt entsprechend informieren musste. Diesbezüglich ist auch kein geringfügiges Verschulden zu erblicken, weil die zu behandelnden Tiere feststehen müssen und daher eine genaue Bezeichnung  möglich ist.

Das vom Bf geltend gemachte Verfahren VetR96-4-2014 betraf den gleichen Tatbestand, bezogen auf die Abgabe eines anderen Medikamentes am 25. Mai 2013 an einen anderen Landwirt, ohne am Abgabebeleg die Tieridentität angeführt zu haben. Eine „Ahndung desselben Sachverhalts“, wie der Bf am 26. Jänner 2015 vor der belangten Behörde geltend gemacht hat, ist damit nicht erfolgt.

 

Zur Strafhöhe ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 13 Abs.1 TAKG bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zwei Wochen Ersatzfrei­heitsstrafe reicht.

 

Der Bf hat am 26. Jänner 2015 bei der belangten Behörde sein Einkommen als Tierarzt mit eigener Praxis mit 2.000 Euro netto monatlich bei fehlenden Sorgepflichten angegeben; er ist nicht unbescholten, weist aber keine rechtskräftige einschlägige Vormerkung aus der Zeit vor dem Tatzeitpunkt auf, weshalb weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe zu berücksichtigen waren.

Die Geldstrafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, die Ersatzfreiheitsstrafe war im Verhältnis zur Geldstrafe herabzusetzen, wobei fahrlässige Begehung anzunehmen ist. Eine Anwendung des § 45 Abs.1 Z4 VStG war aus general- sowie spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 13 Abs.1 Z6 Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) begeht, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Tierarzt oder Tierhalter den Bestimmungen einer Verordnung auf Grund des § 7 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Veterinärarzneispezialitäten-Anwendungsverordnung, dürfen im Rahmen eines Tiergesundheitsdienstes nach § 7 Abs.2 TAKG sowie nach § 12 und § 24 Abs.3 des Tierärztegesetzes vom Tierarzt im Rahmen einer Behandlung  oder zur Nachbehandlung dem Tierhalter zur oralen Verabreichung an Tiere oder zur äußeren Anwendung an Tieren Veterinärzneispezialitäten überlassen werden, die

1. gemäß § 2 hierfür freigegeben wurden und

2. in der Spalte „Abgabe“ der Kundmachung gemäß § 2 Abs.2 mit „NE“ gekennzeichnet sind.

Diese Bestimmung ist bezogen auf den Tatvorwurf im Punkt 2) des Straferkenntnisses deshalb nicht anwendbar, weil dem Bf die Anwendung angelastet wird und nicht die Überlassung an den Tierhalter. Außerdem ist eine Infusionslösung weder zur äußeren Anwendung noch zur oralen Verabreichung gedacht, sondern intravenös („i.v.“, wie auf dem Arzneimittelanwendungsbeleg angekreuzt).

 

Dem Bf wird im Punkt 2) wörtlich vorgeworfen, er habe am 24. Februar 2014 beim einem bestimmten Tierhalter 500 ml „humane“ Glucose 20% angewendet, obwohl dieses Arzneimittel nicht im Österreich zur Behandlung von Tieren freigegeben gewesen sei; es habe auch kein Notstand vorgelegen.

 

Gemäß § 4 Abs.1 TAKG dürfen - abgesehen von § 4a des Tierärztegesetzes - als Tierarzneimittel nur in Österreich zugelassene Arzneispezialitäten angewendet werden. Die Fachinformation (Summary of Product Characteristics) im Sinne des Arzneimittelgesetzes ist für den Tierarzt verbindlich. Er darf nur bei Vorliegen eines „Therapienotstandes“ davon abweichen – das ist gemäß § 1 Abs.2 eine Situation, die sich dadurch auszeichnet, dass es für die entsprechende Behandlung eines Tieres oder einer Tierart kein in Österreich hierfür zugelassenes oder lieferbares Tierarzneimittel gibt.

Gemäß § 4 Abs.7 TAKG darf bei der Anwendung von Arzneimitteln nach Abs.2 – darunter fällt auch ein Arzneimittel nach Abs.2 Z2 lit.a, das in Österreich für die Anwendung am Menschen zugelassen ist – bei denen keine Wartezeit für die betroffenen Tierarten angegeben ist, die festzu­legende Wartezeit folgende Zeiträume nicht unterschreiten: … essbares Gewebe von Geflügel und Säugetieren: 28 Tage.

 

In den näheren Beschwerdeausführungen wird das Vorliegen eines Therapie­notstandes insofern geltend gemacht, als ein Kalb wegen Durchfall mit Glucose behandelt habe werden müssen. Die in Österreich als Tierarzneimittel zugelassene Glucose 5% (als Infusion zu 500 ml) sei unzureichend gewesen, wobei aber bei der vierfachen Menge die Flüssigkeitsaufnahme für das Tier „nicht machbar“ gewesen wäre. Daher sei zur sachgerechten Behandlung des Tieres die Verwendung von („humaner“) Glucose 20% erforderlich gewesen, und da es kein zugelassenes derartiges Tierarzneimittel gebe, habe er diese „humane“ Glucose  „Braun“ 20% angewendet.

 

Nach der Definition des § 1 Abs.2 Z2 TAKG vermag die vom Bf beschriebene Situation der Verwendung der „humanen“ Glucose keinen Therapienotstand zu begründen, weil es laut Frau Dr. H eine in Österreich hierfür zugelassene bzw lieferbare Glucose, gebe, nämlich „Glucose-Lösung 20% ad us. vet.“, die die von ihm verwendete Glucose „Braun“ 20% Infusionslösung entbehrlich mache. Ob diese „Glucose-Lösung 20% ad us. vet.“ in Form von 500 ml-Einheiten am 24. Februar 2014, dem im Tatvorwurf genannten Tag der tatsächlichen Anwendung, tatsächlich in der benötigten Form lieferbar war, hat die belangte Behörde nicht geprüft und kann aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes nach so langer Zeit nicht mehr geklärt werden, aber darauf hat sich die Anzeige Dris H auch nicht bezogen. Aus den Ausführungen Dris H ergibt sich, dass diese den Bf zur Anzeige gebracht hat, weil er auf dem Arzneimittelanwendungsbeleg die Wartezeit mit „0 Tage“ anstelle von „28 Tage“ vermerkt hat. Sie hat auch in ihrer Äußerung vom 12. Dezember 2014 ausdrücklich festgehalten, sie habe niemals eine Abgabe von Glucose zur Anzeige gebracht, sondern ihn nur auf die einzuhaltende Wartezeit von 28 Tagen bei der Verwendung hingewiesen; der Bf habe ausgesagt, er kenne keine VET-Glucose, daher habe sie ihn darüber aufgeklärt.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes sind die Argumente des Bf, er habe ein Kalb wegen Durchfalls mit einer „humanen“ 500 ml-Infusion Glucose 20% behandelt, zumal bei dem Tier eine größere Flüssigkeitsmenge nicht machbar sei, durchaus nicht lebensfremd und kann das Vorliegen eines „Notstandes“ im Sinne des § 6 VStG ex post nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Der in der Anzeige angeführte eigentliche Vorwurf des unrichtigen Vermerks der Wartezeit, nämlich 0 statt 28 Tage gemäß § 4 Abs.7 TAKG, wurde dem Bf im Straferkenntnis, basierend auf dem vom Bf vorgelegten Erkenntnis des UVS Salzburg vom 18.12.2013, nicht (mehr) zur Last gelegt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt in beiden Punkten die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos.

Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesendet.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger