LVwG-601089/10/Br

Linz, 27.11.2015

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. H. Bleier über die Beschwerde des Alexander E B, geb. x 1946, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 17.9.2015, GZ: VerkR96-4310-2015, nach der am 27.11.2015 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

 

II. Gemäß § 52 Abs.2 VwGVG werden dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren Kosten in Höhe von 14,40 Euro auferlegt.

 

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I. Die Behörde hat mit dem o. a. Straferkenntnis wider den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs.5, Abs.1 lit.a u. § 99 Abs.2c Z6 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden ausgesprochen.

 

Dem Beschwerdeführer wurde inhaltlich zur Last gelegt, am 09.04.2015, 11:00 Uhr, in Braunau am Inn, Ringstraße, Höhe Kreuzung Ringstraße - Laabstraße -Linzer Straße, trotz Rotlichtes der Verkehrssignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten, sondern weitergefahren zu sein. Dadurch wurde ein anderes Fahrzeug welches gemäß § 38 Abs. 4 StVO durch Grünlicht freie Fahrt hatte, zu einem unvermittelten Bremsen genötigt, wodurch es zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit gekommen sei.

 

 

II. Begründend wurde von der belangten Behörde Folgendes ausgeführt:

 

„Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20.7.2015, Zahl VerkR96-4310-2015 wurde Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und Ihnen der Akteninhalt zur Kenntnis gebracht. Gleichzeitig erging die Aufforderung, binnen 14 Tagen, ab Zustellung, Stellung zu nehmen.

 

Mit Schreiben vom 23.7.2015 rechtfertigten Sie sich im Wesentlichen dahingehend, dass

     Sie nicht willkürlich gehandelt haben, sondern der Schaltvorgang gerade im Gange gewesen ist.

     im Nachhinein betrachtet eine gewisse Unachtsamkeit vorlag, Sie jedoch blitzartig reagierten um durch das Verlassen der Kreuzung einen Verkehrsunfall zu vermeiden.

     Sie sich danach eine Parkplatzmöglichkeit gesucht haben um sich beim Busfahrer zu entschuldigen, dieser aber schon weg gewesen ist.

 

Sie ersuchten daher die Behörde von einer Strafe abzusehen und es bei einer Verwarnung zu belassen.

 

Dazu hat die Behörde wie folgt erwogen:

 

Auf Grund der Akten- und Rechtslage hat die Behörde folgendes erwogen:

 

Gemäß § 38 Abs. 5 StVO gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmung des Abs. 7 und des § 53 Z. 10a an den im Abs. 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

Laut § 38 Abs. 1 haben herannahende Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmung des Abs. 7

a)  wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie,

b)  wenn ein Schutzweg oder eine Radfahrerüberfahrt ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der ersten Querhilfe (Schutzweg, Radfahrerüberfahrt) aus der Sicht des ankommenden Verkehrs,

c)   wenn eine Kreuzung ohne Schutzweg und ohne Haltelinie vorhanden ist, vor der Kreuzung,

d) ansonsten vor dem Lichtzeichen anzuhalten.

 

Für die Strafbarkeit gem. § 38 Abs. 5 ist es bedeutungslos, wieweit sich jemand im Zeitpunkt des Aufleuchtens des Rotlichtes vorder Kreuzung befunden hat... VwGH 8.11.1985, 85/18/0299, ÖJZ 1986, 603.

 

Sieht ein Kraftfahrzeuglenker/ eine Kraftfahrzeuglenkerin schon aus einer größeren Entfernung ein Lichtzeichen, dass darauf schließen lassen könnte, dass darauf rotes Licht folgt, ist ihm keine Reaktionszeit zuzubilligen und hat er seine/sie ihre Fahrgeschwindigkeit so anzupassen, dass er/sie bei der in § 38 Abs. 1 jeweils bezeichneten Stellen bei Bedarf anhalten kann.

 

Wenn die Sicht auf die Ampel behindert ist, darf in die Kreuzung nicht eingefahren werden. VwGH 19.10.1960, 760/60.

 

Nach § 99 Abs. 2c Ziffer 6 StVO begeht, wer als Lenker eines Fahrzeuges bei rotem Licht nicht anhält und dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs. 4 auf Grund grünen Lichts „Freie Fahrt" gilt, zum unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigt, eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 30a Abs. 1 iVm. Abs. 2 Ziffer 7 FSG ist bei Übertretungen nach § 38 Abs. 5 StVO, wenn dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gem. § 38 Abs. 4 StVO auf Grund grünen Lichts „freie Fahrt" gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden, eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister einzutragen.

 

Das Erfordernis des "unvermittelten Bremsens oder Ablenkens" ist objektiv zu verstehen, da dass der Tatbestand auch dann gegeben sein kann, wenn der Vorrangberechtigte, obwohl er, objektiv gesehen, unvermittelt bremsen oder ablenken müsste, in Wirklichkeit weder das eine noch das andere getan hat, weshalb es ja in der Regel zum Unfall gekommen sein wird. VwGH 8.5.1979, 264/79, ZfV 1980/161.

 

Jähes Bremsen bedeutet plötzlich und ruckartig. OLG Wien, 4.12.1979, Bs 357/79, ZVR 1980/62.

 

Die Veranlassung zu einer "mittleren Betriebsbremsung" entspricht schon einer sogenannten Nötigung zum unvermittelten Bremsen... OGH 24,3.1981, 2 OB 36/81, ZVR 1981/274. Aus der Aktenlage geht hervor, dass

       Sie der Lenker des ggst, Fahrzeuges waren.

       für den Anzeigeleger/die Anzeigelegerin auf Grund grünen Lichts, „freie Fahrt" galt.

       Sie ohne überhaupt anzuhalten bei „Rotlicht" in die Kreuzung eingefahren sind.

       auf Grund Ihres Fahrverhaltens der Lenker des Fahrzeuges x, für den auf Grund des grünen Lichts „freie Fahrt" galt, eine „Vollbremsung" machen musste um nicht mit dem von Ihnen gelenkten Fahrzeug zu kollidieren.

       auf Grund der Bremsung des Fahrzeuglenkers, für den freie Fahrt galt, zwei Fahrgäste zu Sturz kamen aber dabei nicht verletzt wurden.

 

Für die Behörde besteht auf Grund Angaben des privaten Meldungslegers und auf Grund Ihrer Rechtfertigungsangaben kein Zweifel, dass Sie bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren sind.

 

Jede Ampel ist derart geschaltet, dass man, wenn man die Fahrgeschwindigkeit anpasst und bei der Annäherung entsprechend aufmerksam ist, bei „Rotlicht" vor der Kreuzung an der gesetzlich vorgeschriebenen Stelle das gelenkte Fahrzeug anhalten kann.

 

Da Sie die Kreuzung trotz „Rotlicht" ohne überhaupt anzuhalten durchfuhren und dadurch der/die Fahrzeuglenkerin, der/die „freie Fahrt" hatte, sein/ihr Fahrzeug abbremsen und/oder ablenken musste, ist das Tatbild des § 38 Abs. 5 iVm. Abs.1 lit.a StVO erfüllt und haben Sie somit die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Gem. § 19 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind gem. Abs. 2 überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und anfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafbemessung  wurde auf Ihre Einkommens-,   Vermögens-  und Familienverhältnisse   (lt.   Ihren  Angaben   929  Euro  Mindestpension,   kein

Vermögen, laut Schätzung Sorgepflichten) Bedacht genommen. Zudem  berücksichtigt,  dass keine  einschlägigen  Verwaltungsvormerkungen

aufscheinen.

 

Das Nichtbeachten des Rotlichtes einer Verkehrsanlage ist ein gravierender Verstoß gegen die StVO (VwGH 25.6.2009, 2006/01/0032 nwN). Alleine   die   Möglichkeit   einer   Behinderung   und   Gefährdung   anderer Verkehrsteilnehmer    durch    die    Nichtbeachtung    des    Rotlichtes    einer Verkehrslichtsignalanlage führt dazu, dass dieses Verhalten als ein gravierender

Verstoß gegen Schutznormen, die der Ordnung und der Sicherheit des Verkehrs dienen, zu werten ist (vgl. allgemein zu Schutzmaßnahmen, die der Ordnung und Sicherheit des Verkehrs dienen, VwGH, 21.11.20013, 2013/01/0002).

 

Eine Abmahnung ist daher in diesen Fällen nicht möglich.

 

Gemäß § 99 Abs. 2c Ziffer 6 StVO reicht der Strafrahmen von 72,00 Euro bis 2.180,00 Euro. Bei Uneinbringlichkeit ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 bis 1008 Stunden zu verhängen.

 

Nach dem aus Ihren Rechtfertigungsangaben hervor geht, dass Sie die Verwaltungsübertretung aufrichtig bereuen konnte die Behörde mit der Mindeststrafe das Auslangen finden. Voraussetzungen den § 20 VStG anzuwenden lagen nicht vor.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

 

II.2. Dagegen wandte sich die Beschwerdeführer mit der fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter am 16.10.2015 um 16:35 Uhr per FAX bei der Behörde eingebrachten und wie folgt ausgeführten Beschwerde:

 

„Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren habe ich Dr. J P, Rechtsanwalt in M, mit der Vertretung meiner Interessen beauftragt; der einschreitende Rechtsanwalt beruft sich auf die ihm erteilte Bevoll­mächtigung iSd§ 10 Abs. 1 AVG iVm § 24 VStG und § 11 VwGVG.

 

Gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17.09.2015, VerkR96-4310-2015, erhebe ich

 

 B E S C H W E R D E

 

an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

 

Das gegenständliche Rechtsmittel ist iSd § 7 Abs. 4 VwGVG fristgerecht eingebracht, weil mir der behördliche Strafbescheid vom 17.09.2015 frühestens am 18.09, und somit heute vor vier Wochen, zugestellt wurde.

 

Betreffend die Erfüllung des Tatbildes habe ich bereits in meiner Rechtfertigung vom 23.07.2015 ausgeführt, dass meines Erachtens gerade der Schaltvorgang der Ver­kehrsampel im Gange war, als ich in die Kreuzung einfuhr.

 

Entspricht meines diesbezügliche Erinnerung den Tatsachen, habe ich die mir zur Last gelegte Übertretung des § 38 Abs. 5 StVO nicht gesetzt und wäre in diesem Fall die über mich verhängte Bestrafung nicht gerechtfertigt,

 

War ich aber - was ich in meiner Rechtfertigung für möglich gehalten habe - unauf­merksam und habe ich übersehen, dass die Ampel bereits auf rot stand, als ich in die Kreuzung eingefahren bin, stellt sich die Frage, ob gegenständlich eine Übertretung des § 99 Abs. 3 lit.a StVO oder eine solche des § 99 Abs. 2c Z. 6 StVO vorliegt.

Die Bezirkshauptmannschaft hat mich gegenständlich nach dem letztgenannten Quali­fikationstatbestand bestraft, welcher folgende Tatbestandsmerkmale enthält:

      Der Beschuldigte hält bei Rotlicht der Ampel nicht an.

      Der Lenker des anderen Fahrzeuges hat grün.

      Der andere Fahrzeuglenker wird durch das Fahrmanöver des Beschuldigten zu unvermittelten Bremsen oder Ablenken genötigt

 

Während § 99 Abs. 3 lit.a StVO bei jedem Einfahren in eine Kreuzung trotz Rotlichts der Ampel erfüllt ist, ist dies beim Qualifikationstatbestand des § 99 Abs. 2c Z. 6 StVO nur dann der Fall, wenn der Lenker eines Fahrzeuges dadurch zu unvermitteltem Bremsen oder Ablenken des Fahrzeuges genötigt wird; nur dann liegt im Sinne des Hinweises im Strafbescheid auch das Vormerkdelikt nach § 30a Abs. 2 2.7 FSG vor.

 

Der Privatanzeiger macht am 09.04.2015 vor der PI Braunau keine Angaben dazu, wie schnell er unterwegs war und wie weit er noch ungefähr von der Ampel entfernt war,

als diese auf Grünlicht geschaltet hat Dass der Anzeigeerstatter den Sachverhalt nicht richtig in Erinnerung hat, beweist der Umstand, dass der von mir gelenkte Mercedes der S-Klasse nicht beige sondern schwarz ist; ein Lichtbild des Fahrzeuges werde ich nachreihen.

 

Weiters fehlen Angaben des Anzeigeerstatters dazu, wie weit er noch von meiner ver­längert gedachten Fahrlinie entfernt war als er sah, dass der Pkw von links aus der Ringstraße kommend in die Kreuzung einfährt, um rechnerisch in etwa nachvollziehen zu können, ob dieser Umstand ein Fahrmanöver des Anzeigers notwendig macht, welches einem unvermitteltem Bremsen gleichkommt oder ein Ablenken des Fahrzeuges notwendig macht oder ob etwa ein Gaswegnehmen gereicht hätte.

 

Somit steht jener Sachverhalt noch nicht fest, welcher einer rechtlichen Beurteilung dahingehend unterzogen werden könnte, ob das mir zur Last gelegte Verhalten eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit.a oder eine solche nach § 99 Abs, 2c Z. 6 StVO und somit ein Vormerkdelikt mit seinen gesetzlich vorgesehenen Folgen vorliegt.

 

Aus diesen Gründen stelle ich höflich den

 

A N T R A G ,

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge dieser Beschwerde Folge geben, den behördlichen Strafbescheid vom 17.09.2015 aufheben und das Verwaltungsstraf­verfahren einstellen;

in eventu iSd § 44a VStG die Strafnorm auf § 99 Abs. 3 lit.a StVO abändern.

M, am 15.10.2015 E B"

 

 

III. Die Behörde hat keine Beschwerdevorentscheidung getroffen und die Verfahrensakte unter Anschluss von Inhaltsverzeichnissen mit dem Hinweis zur Entscheidung über die Beschwerden vorgelegt, dass nach Plausibilitätsprüfung die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht beabsichtigt gewesen wäre bzw. nicht in Erwägung gezogen worden.

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht hatte iSd § 44 Abs.1 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Beweis erhoben wurde durch Beischaffung eines die Örtlichkeit darstellenden Luftbildes aus dem System DORIS, der Verlesung des Akteninhaltes und der zeugenschaftlichen Einvernahme des Anzeigers K, sowie der Anhörung des Beschwerdeführers.

In Vorbereitung der Verhandlung wurde an Ort und Stelle die Ampelschaltsequenz mit einer zeitlichen Überschneidung der „Rotphasen" in der Dauer von fünfzehn Sekunden festgestellt.

Die Behörde nahm trotz der am Sitz der Behörde anberaumten Verhandlung daran nicht teil, wobei wenige Minuten nach Verhandlungsschluss per Email dem Landesverwaltungsgericht mitgeteilt wurde, aus Versehen den Termin versäumt zu haben.

 

 

IV. Sachverhalt:

 

Der Beschwerdeführer lenkte den oben bezeichneten Pkw auf der Ringstraße in Richtung B 148. Er näherte sich der Kreuzung mit etwa 50 km/h. Die Haltelinie liegt neunzehn Meter vom Kreuzungsmittelpunkt entfernt. Nach vermeintlichem Umschalten auf Grün - tatsächlich jedoch bei „ROT" - fuhr er in den Kreuzungsbereich ein, als der Lenker des Citybusses aus Laab kommend in Richtung Stadtplatz mit etwa 40 km/h bei Grünlicht diese Kreuzung befuhr. Um eine Kollision zu vermeiden musste der Buslenker (der Zeuge K) scharf abbremsen, wodurch zwei Fahrgäste von den Sitzen geschleudert wurden. Der Beschwerdeführer hielt in der Folge kurz an, setzte jedoch die Fahrt mangels Parkplatz wider fort.

Der Buslenker hatte wegen einer nicht auszuschließenden Verletzung der zu Boden geschleuderten Fahrgäste über diesen Vorfall pflichtgemäß eine Anzeige zu erstatten.

Wie sich aus dem maßstabsgetreuen Luftbild ersehen lässt liegt die Haltelinie in Fahrtrichtung des Zeugen K etwa 20 m und in Fahrtrichtung des Beschwerdeführers 19 m vor der Kreuzungsmitte. Den beiden Haltelinien nachgelagert finden sich vor dem Kreuzungstrichter auf Seite der Ringstraße ein Schutzweg und eine Radüberfahrt, während sich auf der Laabstraße lediglich ein Schutzweg ca. 14 m hinter der Haltelinie vorgelagert findet.

 

 

IV.1. Feststellung anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Beweiswürdigung:

 

Der Zeuge K vermochte glaubhaft und unter Hinweis auf zwei im Bus mitfahrende Personen darzustellen bei „GRÜN" in die Kreuzung eingefahren zu sein. Folgt man seiner Aussage, an deren Wahrheitsgehalt nicht zu zweifeln ist, bedeutet dies, dass die Verkehrslichtsignalanlage in Fahrtrichtung des Beschwerdeführer bereits deutlich mehr als fünfzehn Sekunden auf Rot geschaltet gewesen sein musste. Der Beschwerdeführer räumte letztlich selbst ein, möglicher Weise den Rechtsabbiegepfeil mit „Grünlicht" in seiner Fahrtrichtung verwechselt zu haben. Letzterem ist jedoch entgegen zu halten, dass in dieser Fahrtrichtung kein Spursignal (Richtungspfeil) vorhanden ist. Demnach kann seiner Verantwortung die Kreuzung noch bei Grünblinken befahren zu haben nicht gefolgt werden. Dies ist auf Grund der Schaltphase schlichtweg auszuschließen. Der Beschwerdeführer musste demnach sowohl das Rotlicht als auch den von rechts kommenden Citybus schlichtweg übersehen haben. Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h erreichte er die Kreuzungsmitte 1,37 Sekunden nach Passieren der Haltelinie. Von der Haltelinie aus wäre für ihn der von rechts kommende Citybus bereits sichtbar gewesen. Geht man davon aus, dass der mit 30 bis 40 km/h fahrende Buslenker die drohende Gefahr des von links bei „ROT" in die Kreuzung einfahrenden Beschwerdeführers bereits im Bereich der Haltelinie und demnach 20 m vor der Kreuzungsmitte bemerkte und mit einer Bremsung reagierte, folgt unter der Annahme einer Reaktionszeit von 0,8 bis einer Sekunde eine unfallvermeidende Bremsverzögerung von zumindest 6,17 m/sek2 (Berechnung mit Unfallrekonstruktionsprogramm Analyzer Pro 32, Version 6). Diese einer Vollbremsung nahe kommende Verzögerung lässt nicht bezweifeln, dass dadurch - vor allem wenn sie darauf nicht gefasst waren - Personen aus den Sitzen geschleudert werden können, was wiederum die Angaben des Zeugen K auch technisch logisch nachvollziehbar macht.

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht vorerst im Verwaltungsstrafverfahren Folgendes erwogen:

 

§ 38 StVO: Bedeutung der Lichtzeichen

(1) Gelbes nicht blinkendes Licht gilt unbeschadet der Vorschriften des § 53 Z 10a über das Einbiegen der Straßenbahn bei gelbem Licht als Zeichen für „Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker herannahender Fahrzeuge unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 7 anzuhalten:

a) wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie;

(5) Rotes Licht gilt als Zeichen für „Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 7 und des § 53 Z 10a an den im Abs. 1 bezeichneten Stellen anzuhalten.

 

§ 19 Abs.7 StVO:

(7) Wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), darf durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Auszug aus § 99 StVO:

(2c) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges ...

 

Z6 bei rotem Licht nicht anhält und dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs. 4 auf Grund grünen Lichts „Freie Fahrt" gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigt,

 

Auf sich bewenden kann im Rahmen dieses Verfahrens der Hinweis auf das Vormerksystem bleiben. Der § 30a Abs.2 Z6 u. Z7 FSG hat zum Inhalt, dass Übertretungen des § 19 Abs.7 i.V.m. Abs.4 StVO, wenn der Vorrangverletzung die Nichtbeachtung eines Vorschriftszeichens gemäß § 52 lit.c Z24 StVO zu Grunde liegt und dadurch die Lenker anderer Fahrzeuge zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden; Übertretungen des § 38 Abs.5 StVO, wenn dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gem. § 38 Abs.4 StVO auf Grund grünen Lichts „freie Fahrt" gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden;

 

 

V.1. Zum Strafausspruch:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die hier von der Behörde verhängte Geldstrafe ist trotz des Mindestpensionsbezuges des Beschwerdeführers von unter 1.000 Euro im Verhältnis zur der mit der Übertretung verbundenen Gefährdung der Verkehrssicherheit als unterdurchschnittlich bemessen zu erachten. Obwohl der Beschwerdeführer wegen mehrerer Verstöße gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften (drei Geschwindigkeitsüberschreitungen) vorgemerkt ist, ist es nicht wirklich nachvollziehbar, dass angesichts des bis zu 2.180 Euro reichenden Strafrahmens, ohne Bindung an eine in der Strafverfügung ausgesprochene Geldstrafe, lediglich die Mindeststrafe verhängt wurde.

 

 

VI.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. B l e i e r