LVwG-601142/2/MZ

Linz, 07.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter           Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des A W, gegen die Spruchpunkte 1, 2, 3 und 5 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.10.2015, GZ: VerkR96-11683-2015/Hai, wegen der Bemessung der Strafe nach Übertretungen des Führerscheingesetzes, des Kraftfahrgesetzes und der Straßenverkehrsordnung,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Freiheitsstrafe auf drei Tage, die Geldstrafe auf 1500,- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 500 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als in Spruchpunkt 3) an die Stelle der Wendung „§ 99 Abs 3 lit j StVO 1960“ die Wendung “§ 99 Abs 3 lit a StVO 1960“ tritt.

 

II.      Hinsichtlich Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten. Hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in der Höhe von 126,- Euro zu leisten.

 

III.   a) Hinsichtlich Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

b) Hinsichtlich der Spruchpunkte 2), 3) und 5) ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.10.2015, GZ: VerkR96-11683-2015/Hai, wurde über den Beschwerdeführer (in Folge: Bf) als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen x wie folgt abgesprochen:

 

„1) Sie haben auf der Autobahn den Pannenstreifen vorschriftswidrig befahren.

 

Tatort: …

Tatzeit: …

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 46 Abs 4 lit d StVO

 

2) Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren, da Ihnen diese mit Bescheid entzogen wurde. Behörde: Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, Bescheid vom 26.04.1991 GZ.: 4-890/1

 

Tatort: …

Tatzeit: …

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 1 Abs 3 FSG

 

3) Sie haben dem von einem Straßenaufsichtsorgan mittels Rotlicht des Anhaltestabes deutlich sichtbar gegebenen Zeichen zum Anhalten nicht Folge geleistet, weil die Fahrt ununterbrochen fortgesetzt wurde.

 

Tatort: …

Tatzeit: …

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 97 Abs 5 StVO

 

4) …

 

5) Sie haben als Lenker den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein des(r) Krad sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein nicht mitgeführt.

 

Tatort: …

Tatzeit: …

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs 5 lit b KFG 1967“

 

Hinsichtlich Spruchpunkt 1) wurde über den Bf gem § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 80,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden, hinsichtlich Spruchpunkt 2) eine Freiheitsstrafe gem § 37 Abs 1 iVm Abs 4 Z 1 FSG in der Dauer von 168 Stunden und eine Geldstrafe in der Höhe von 2.180,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 624 Stunden, hinsichtlich Spruchpunkt 3 ) gem § 99 Abs 3 lit j StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 500,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 168 Stunden und hinsichtlich Spruchpunkt 5) gem § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 30,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden, verhängt.

 

Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde aus:

„Zu den Bestimmungen des § 19 VStG 1991 wird festgestellt, dass Sie trotz schriftlichem Ersuchen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 07.09.2015) keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von 1.500,00 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten angenommen.

Als straferschwerend ist daher zu werten, dass Sie bereits 17 Mal!! rechtskräftig von Ihrer Wohnsitzbehörde, Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, zu Geldstrafen (immer im Rahmen zwischen 400,00 Euro und 900,00 Euro) wegen § 1 Abs 3 FSG bestraft werden mussten. Da Sie bereits mehrmals!! wegen der gleichen Verwaltungsübertretung – Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung – bestraft werden mussten, erscheint es nun unbedingt erforderlich bei der Geldstrafe den Strafrahmen auszuschöpfen und auch eine Freiheitsstrafe zu verhängen, zumal die Verhängung der Geldstrafen bisher nicht genützt hat, Sie von derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten und Ihr Verhalten zu ändern! Die Behörde erachtet deshalb das Ausmaß der bemessenen Geld- und Freiheitsstrafe für unbedingt erforderlich.

Gerade die Tatsache, dass gegen Sie bereits siebzehn!! einschlägige rechtskräftige Verwaltungsübertretungen wegen Fahrens ohne Lenkberechtigung anhängig sind, wirft ein bezeichnendes Licht auf das offensichtlich nicht vorhandene Unrechtsbewusstsein von Ihnen. Tatsächlich verhält es sich so, dass Sie seit dem Jahre 1991 nicht mehr im Besitze einer Lenkberechtigung sind, was Sie offensichtlich nicht daran hindert, regelmäßig einen PKW zu lenken.

Gemäß § 97 Abs StVO scheinen auch bereits vier rechtskräftige Verwaltungsübertretungen gegen Sie auf. Die einschlägigen Vormerkungen gem. § 1 Abs 3 FSG und § 97 Abs 5 StVO bilden einen erheblichen Straferschwerungsgrund. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor.“

 

II. Gegen das angefochtene Straferkenntnis erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er sich ausschließlich gegen die Strafhöhe wendet.

 

Das Beschwerdevorbringen lautet:

„Diese Strafe ist absolut überhöht. Ich habe ein monatliches Einkommen von 820 €. Renten-Bescheid. Die Wohnsitzbehörde BH Kitzbühel ist in Tirol und nicht in Oberösterreich.“

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsstrafaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem in den Punkten I. und II. dargestellten, an sich unstrittigen Sachverhalt aus.

 

Einem im Verwaltungsakt befindlichen Auszug betreffend Verwaltungsvorstrafen des Bf lässt sich entnehmen, dass der Bf 15 Mal rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 1 Abs 3 FSG verurteilt wurde, wobei drei dieser Übertretungen zwischenzeitlich getilgt sind. Zudem wurde der Bf bereits vier Mal wegen einer Übertretung des § 97 Abs 5 StVO 1960 rechtskräftig bestraft; eine dieser Übertretungen ist als getilgt anzusehen.

 

Soweit ersichtlich wurde über den Bf bislang keine primäre Freiheitsstrafe verhängt.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

a.1) Die einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960 lauten:

 

㤠46. Autobahnen

(1) …

(4) Auf der Autobahn ist verboten:

a) …

d) den Pannenstreifen zu befahren, ausgenommen mit Fahrzeugen des Straßendienstes, der Straßenaufsicht oder des Pannendienstes, im Zuge des Beschleunigens zum Zweck des Wiedereinordnens in den fließenden Verkehr und sofern sich nicht aus Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen etwas anderes ergibt,

 

§ 97. Organe der Straßenaufsicht

(1) …

(5) Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen (zB sogenannte Geschwindigkeitstrichter) anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Art, Zeit und Dauer der angeordneten Verkehrsbeschränkungen sind in einem Aktenvermerk (§ 16 AVG) festzuhalten. …

 

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) …

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, …“

 

a.2) Die einschlägigen Bestimmungen des Führerscheingesetzes – FSG lauten:

 

§ 1. (1) …

(3) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers ist, ausgenommen in den Fällen des Abs. 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt. …

 

§ 37. (1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis zu 2 180 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen nach diesem Bundesgesetz, die einen bestimmten Alkoholgrenzwert zum Lenken oder Inbetriebnehmen von Kraftfahrzeugen festlegen, sind unbeschadet des Abs. 3 Z 3 jedoch nur dann zu bestrafen, wenn keine Übertretung der StVO 1960 oder des § 37a vorliegt. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

(2a) …

(4) Eine Mindeststrafe von 726 Euro ist zu verhängen für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl

1. die Lenkberechtigung entzogen wurde oder

2. gemäß § 30 Abs. 1 ein Lenkverbot ausgesprochen wurde.“

 

a.3) Die einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967 lauten:

 

㤠102. Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

(1)…

(5) Der Lenker hat auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen

a) …

b) den Zulassungsschein oder Heereszulassungsschein für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug und einen mit diesem gezogenen Anhänger, sowie die bei der Genehmigung oder Zulassung vorgeschriebenen Beiblätter zum Zulassungsschein,

c) …

Im Falle der Anzeige des Verlustes eines oder mehrerer der in den lit. b bis g angeführten Dokumente hat die Behörde oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes, bei der der Besitzer des in Verlust geratenen Dokumentes dies beantragt, diesem eine Bestätigung über die Verlustanzeige auszustellen. Die Bestätigung über die Verlustanzeige ersetzt die in den lit. b bis e angeführten Dokumente bis zur Ausstellung des neuen Dokumentes, jedoch nicht länger als eine Woche, gerechnet vom Tage des Verlustes. Lenker von Zugmaschinen, Motorkarren oder selbstfahrenden Arbeitsmaschinen müssen die in den lit. b bis g angeführten Dokumente auf Fahrten im Umkreis von nicht mehr als 10 km vom dauernden Standort des Fahrzeuges nicht mitführen.

 

§ 134. Strafbestimmungen

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(1a) …“

 

b.1) Sollte die Aussage des Bf in seinem Beschwerdeschriftsatz „Die Wohnsitzbehörde BH Kitzbühel ist in Tirol und nicht in Oberösterreich“ auf eine Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zur Erlassung der angefochtenen Entscheidung anspielen, ist einleitend festzustellen, dass die vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich belangte Behörde als Tatortbehörde gem § 27 Abs 1 VStG zur Führung des Strafverfahrens und damit auch zur allfälligen Erlassung eines Straferkenntnisses zuständig ist. Eine Verletzung der Zuständigkeitsordnung vermag vor diesem Hintergrund nicht erkannt zu werden.

 

Da der Bf die Verwirklichung der ihm von der Behörde angelasteten Taten nicht in Abrede stellt und sich somit ausschließlich gegen die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Strafen wendet, sind die Übertretungen der §§ 46 Abs 4 lit d und 97 Abs 5 StVO 1960, des § 1 Abs 3 FSG sowie des § 102 Abs 5 lit b KFG 1967 als erwiesen anzusehen und ist vom Landesverwaltungsgericht lediglich die Bemessung der Strafen zu überprüfen.

 

b.2) Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

b.3.1) Übertretung des § 1 Abs 3 FSG: Das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Berechtigung gemäß § 1 Abs 3 FSG gehört zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrrecht (vgl VwGH 27.2.2004, 2004/02/0025). Die der Bestrafung zugrunde liegende Handlung schädigte in nicht unerheblichem Maße das Interesse, dem die Strafdrohung dient, nämlich das Interesse an der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit durch den Ausschluss von nicht lenkberechtigten Personen an der Teilnahme am Kraftfahrzeugverkehr, sodass der objektive Unrechtsgehalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als erheblich anzusehen ist.

 

Betreffend den Bf sind 15 Vormerkungen wegen Übertretung nach § 1 Abs 3 FSG in der Verwaltungsstrafevidenz eingetragen, wobei zwölf dieser Vormerkungen gemäß § 55 Abs 1 VStG nicht getilgt sind. Da der Bf somit wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits (mehr als) zweimal bestraft wurde, ist die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe gemäß § 37 Abs 2 zweiter Satz FSG zulässig. Aufgrund der bereits zahlreichen einschlägigen Vormerkungen wusste der Bf völlig unzweifelhaft um die Strafbarkeit seines Handelns, sodass bei der Strafbemessung von vorsätzlichem Verhalten in der qualifizierten Form der Wissentlichkeit und somit von erheblichem Verschulden auszugehen ist.

 

Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist jedoch nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten, es müssen sohin "spezialpräventive" Gründe für die Verhängung einer Freiheitsstrafe – sofern die anderen Voraussetzungen zu bejahen sind - vorliegen (30.11.2007, 2007/02/0267). Bei Prüfung der Erforderlichkeit der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe aus spezialpräventiven Gründen sind getilgte Vorstrafen nicht zu berücksichtigen (VwGH 31.7.2007, 2007/02/0016), beim Bf schlagen daher für die weitere Beurteilung zwölf Übertretungen zu Buche. Vor diesem Hintergrund ist auszuführen, dass sich der Bf trotz dieser zahlreichen einschlägigen Verurteilungen im Tilgungszeitraum nicht davon abhalten ließ, wiederum eine Übertretung des § 1 Abs 3 FSG zu begehen. Auch wenn bislang von den Behörden die Strafobergrenze der Geldstrafe nicht ausgeschöpft wurde, ist es aufgrund des bisher völlig uneinsichtigen Verhaltens aus spezialpräventiver Sicht notwendig, eine primäre Freiheitsstrafe zu verhängen, um den Bf von einer neuerlichen Wiederholung der Tat abzuhalten. Dies auch vor dem Hintergrund, als der Bf nicht einmal ins Treffen führt, in Hinkunft von derartigen Übertretungen Abstand zu nehmen; Einsicht bestreffend das Fehlverhalten dürfte sohin nicht bestehen.

 

Die Strafbemessung von 168 Stunden (einer Woche) Freiheitsstrafe ist zwar geeignet, dem Bf das von ihm gesetzte Unrecht deutlich vor Augen zu führen, ist allerdings als überschießend anzusehen. Auch ein Arrest in der Dauer von drei Tagen sollte, in Zusammenschau mit einer Geldstrafe, ausreichen, um den Bf in Hinkunft von derlei Übertretungen abhalten.

 

Der belangten Behörde ist vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zudem entgegen zu treten, wenn sie neben der primären Freiheitsstrafe auch eine Geldstrafe in der Höhe von 2180,- Euro verhängt hat. Unabhängig davon, ob man von einem monatlichen Einkommen des Bf in der Höhe von 820,- Euro ausgeht (diesbezügliche Nachweise liegen nicht vor), ist trotz einer derartigen Häufung von Übertretungen des § 1 Abs 3 FSG eine Annäherung an die Höchststrafe geboten. Angesichts der Tatsache, dass die bisherigen Strafen zwischen 400,- und 900,- Euro bemessen wurden, ist der Sprung auf 2180,- Euro als überhöht anzusehen und die Strafe auf 1500,- Euro herabzusetzen. Eine Bestrafung in dieser Höhe scheint jedoch unverzichtbar, da dem Bf, welchem eine Einsicht in sein Fehlverhalten völlig zu fehlen scheint, anderweitig nicht beizukommen sein dürfte. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist entsprechend zu mäßigen.

 

b.3.2) Übertretung des § 97 Abs 5 StVO 1960: Einleitend ist festzuhalten, dass die korrekte Strafnorm § 99 Abs 3 lit a StVO 1960 und nicht – wie von der belangten Behörde angenommen – lit j leg cit darstellt. Dies berechtigt jedoch das Landesverwaltungsgericht nicht zur Behebung des angefochtenen Spruchpunktes, sondern ist die Strafvorschrift durch das erkennende Gericht richtig zu stellen.

 

Zur Strafbemessung gilt es festzuhalten, dass die Nichtbeachtung des Anhaltezeichens im fließenden Verkehr zu erheblichen Gefährdungen der Verkehrssicherheit zu führen vermag. Auch hier ist somit der objektive Unrechtsgehalt selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen als erheblich anzusehen. Aufgrund der auch hier mehrfachen Vorstrafen des Bf, welche als straferschwerend zu werten sind, wird die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 500,- Euro vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht als rechtswidrig angesehen. Aus rein generalpräventiven Überlegungen heraus wäre die Strafe zwar überhöht. Der Strafsatz scheint jedoch notwendig, um konkret den Bf, welcher sich durch die bislang verhängten Strafen in der Höhe von bis zu 200,- Euro nicht abhalten ließ, neuerlich die in Rede stehende Norm zu übertreten, zu einem rechtskonformen Verhalten zu motivieren. Daran vermag auch ein (nicht nachgewiesenes) Einkommen in der Höhe von 820,- Euro pro Monat nichts zu ändern.

 

b.3.3) Übertretungen des § 46 Abs 4 lit d StVO 1960 und des § 102 Abs 5 lit b KFG 1967: Zwar sind dem Bf hier keine einschlägigen Vormerkungen als straferschwerend anzulasten, der Milderungsgrund der Unbescholtenheit kommt ihm jedoch – wie auch andere Milderungsgründe – nicht zu. Beide Strafen bewegen sich im unterst möglichen Bereich (11 % bzw 0,6% der Höchststrafe). Bei der Übertretung des § 46 Abs 4 lit d StVO 1960 tritt hinzu, dass es sich hier nicht nur um eine Ordnungsvorschrift handelt, sondern dem Pannenstreifen eine wesentliche Funktion im Dienste der Verkehrssicherheit zukommt, welche durch zweckwidrige Nutzung beeinträchtigt zu werden vermag. Die verhängten Strafen sind daher auch in Bezug auf die genannten Delikte rechtmäßig.

 

c) Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist Abs 2 leg cit zufolge für das Beschwerdeverfahren – worauf in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Straferkenntnisses auch hingewiesen wurde – mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,- Euro anzurechnen. Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens jedoch nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.

 

Im vorliegenden Fall hat der Bf daher einen Beitrag in der Höhe von 126,- Euro zu leisten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Bezüglich der Spruchpunkte 2), 3) und 5) ist die ordentliche Revision unzulässig, da es sich bei der Frage, wie hoch die Bestrafung der im vorliegenden Fall begangenen Übertretungen auszufallen hat, um eine reine Einzelfallbeurteilung handelt, welche der Verallgemeinerung nicht zugänglich ist.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Zu Spruchpunkt III.a) Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Zu Spruchpunkt III.b) Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Dr. Markus Zeinhofer