LVwG-350190/5/Py/TO

Linz, 15.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Andrea Panny über die Beschwerde der Frau L. N., x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 2015, GZ: SH2014-72499/Fe, wegen Bedarfsorientierter Mindestsicherung (Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG  wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der belangten Behörde bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 2015, GZ: SH2014-72499/Fe, wurde der Antrag der L. N. (in Folge: Bf) vom 9. März 2015 betreffend die Zuerkennung von Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. BMSG in Anwendung der Bestimmungen der §§ 4 ff iVm 8, 13, 27 und 31 Oö. BMSG iVm § 1 Oö. BMSV zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Bf seit 1.1.2014 in einem Wohnheim vollbetreut untergebracht sei und der Mindeststandard für Unterbringung in einem Wohnheim für Menschen mit Beeinträchtigung derzeit monatlich 153 Euro betrage. Die Bf beziehe ein Einkommen von 751,41 Euro monatlich. Davon würden ihr 20 % sowie die beiden Sonderzahlungen als Freibetrag zur Verfügung stehen. Das seien derzeit monatlich 175,33 Euro. Dadurch käme es zu einer Überschreitung des Mindeststandards von 153 Euro.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der inhaltlich Folgendes ausgeführt wird:

 

„Ich bin seit der Geburt Spastikerin. Bis 31.12.2013 wurde ich von meinen Eltern zu Hause betreut und gepflegt. Seit 1.1.2014 bin ich in einem Wohnheim für Menschen mit Beeinträchtigungen (W. E., x, x) untergebracht. Diesbezüglich handelt es sich um ein Wohnheim gemäß § 12 Abs 2 Z 2 Oö. ChG. Für meine Tätigkeit ab Bürogehilfin bei der Firma „M. GmbH" beziehe ich ein Einkommen in Höhe von € 751,41 monatlich. Verfügen kann ich jedoch nur über ein Einkommen in Höhe von € 175,33 monatlich (20 % + Sonderzahlungen). Darüber hinaus beziehe ich noch Pflegegeld der Stufe 6 in Höhe von € 1.260,00. wobei mir nur 10 % des Betrages der Pflegegeldstufe 3 (€ 44,30) verbleiben.

 

Mein Antrag auf Gewährung der bedarfsorientierten Mindestsicherung wurde mit Bescheid vom 11.3.2015 abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass ich ein Einkommen in Höhe von € 751,41 monatlich beziehe, wovon mir 20 % sowie die beiden Sonderzahlungen als Freibeträge zur Verfügung stehen. Dies ergibt derzeit wiederum einen Betrag in Höhe von monatlich € 175,33. Laut Meinung der Behörde überschreite ich somit den Mindeststandard von monatlich € 153,00.

 

Beschwerde:

Ich bin in meinem subjektiven Recht auf Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung verletzt.

 

 

Beschwerdegründe:

Mit LGBl Nr. 123/2014 wurde die Oberösterreichische Mindestsicherungs­verordnung (Oö. BMSV) geändert. Gemäß § 1 Abs 1 der Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs für die Deckung persönlicher Bedürfnisse von in Einrichtungen gemäß §§ 63 und 64 Oö. SHG 1998 und § 12 Abs 2 Z 2 Oö. ChG untergebrachten Hilfsempfängern/innen € 153,60. Im Bescheid wird dies­bezüglich nur ein Betrag von monatlich € 153,- (versehentlich) angeführt.

 

Weiters treten mit der Oö. BMSV gemäß § 4 Abs 1 Z 6 und Z 7 zwei neue Freibeträge bei der Einkommensanrechnung im Rahmen der Mindestsicherung ab 1.1.2015 in Kraft.

Laut § 4 Abs 1 Z 6 O.Ö. BMSV wird bei Einkünften aus einer Tätigkeit durch eine Maßnahme der arbeits- und fähigkeitsorientierten Aktivität gemäß § 11 Abs 2 Z 1 bis 4 Oö. ChG im Jahr 2015 ein Freibetrag im Ausmaß von monatlich € 107,62 (entspricht 13 % des Nettoausgleichszulagen-Richtsatzes für Alleinstehende nach dem ASVG), jedoch höchstens bis zur Höhe der tatsächlichen Einkünfte, gewährt.

 

Dieser neue Freibetrag gemäß § 4 Abs 1 Z 6 Oö. BMSV reduziert das anrechen­bare Einkommen. Er wurde bei der Bescheidausstellung nicht berücksichtigt.

 

Ich stelle den Antrag, das O.Ö. Landesverwaltungsgericht möge den ange­fochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass mir eine Leistung auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs ab 9.3.2015 gewährt wird, da durch die Berücksichtigung eines Freibetrages gemäß § 4 Abs 1 Z 6 Oö. BMSV ein Anspruch hierauf besteht.“

 

 

3. Mit Schreiben vom 11. November 2015 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt samt Beschwerde dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Ent­scheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Die Bf, geb. x, ist österreichische Staatsbürgerin und beantragte am 09.03.2015 bei der belangten Behörde Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG.

 

Die Bf bezieht 14x jährlich ein Einkommen aufgrund eines Arbeitsverhältnisses als Bürogehilfin bei der M. GmbH in der Höhe von 751,41 Euro. Im Rahmen der Gewährung einer Hauptleistung nach § 12 Oö. Chancengleichheitsgesetz wird ihr seit 1. Jänner 2014 die Hauptleistung Wohnen in einem Wohnheim gewährt, sie lebt im W. E., x, x, der M. GmbH und ist dort vollbetreut untergebracht. Der Bf stehen 20 % ihres Einkommens (12x) sowie die beiden Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsgehalt) als Frei­betrag zur Verfügung. In Summe ergibt das einen Betrag von 275,61 Euro im Monat, der der Bf aus ihrem Einkommen zur Verfügung steht.

 

4.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig und vollständig aus dem Akteninhalt und gelten als unstrittig.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs. 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG) sind Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung subsidiär (Subsidiaritätsprinzip).

 

Gemäß § 5 leg. cit. ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinne des § 4

1.   von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2.   bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor,

1.   die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2.   den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Ange­hörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krank­heit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Gemäß § 6 Abs. 5 leg.cit. gelten nicht als soziale Notlage Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.

 

Nach § 7 Abs. 1 leg.cit. setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht ange­messen, wenn sie offenbar aussichtlos wäre.

Abs. 2 besagt: Als Beitrag der hilfsbedürftigen Person im Sinne des Abs. 1 gelten insbesondere

1.   der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10;

2.   der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11;

3.   die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4.   die Umsetzung ihr von einem Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. hat die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung

1.    des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person sowie

2.    tatsächlich zur Verfügung stehender Leistungen Dritter

zu erfolgen.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 7 Oö. BMSV betragen die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs für die Deckung persönlicher Bedürfnisse von in Einrichtungen gemäß §§ 63 und 64 Oö. SHG 1998 und § 12 Abs. 2 Z 2 Oö. ChG untergebrachten Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfängern seit 1. Jänner 2015 153,60 Euro.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. ChG-Beitrags- und Richtsatzverordnung errechnet sich der Beitrag zum Wohnen gemäß § 12 Oö ChG aus dem Einkommen des Menschen mit Beeinträchtigung gemäß § 2, wobei hievon 20 % sowie die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) unberücksichtigt bleiben.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 Oö. BMSV sind als anrechnungsfrei hinsichtlich der bedarfsorientierten Mindestsicherung bei Einkünften aus einer Tätigkeit durch eine Maßnahme der Arbeit und fähigkeitsorientierten Aktivität gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 bis 4 Oö. ChG ein Freibetrag von monatlich 13 % des Netto-Ausgleich­zulagen-Richtsatzes für Alleinstehende nach dem Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetz, jedoch höchstens bis zur Höhe der tatsächlichen Einkünfte, nicht zu berücksichtigen.

 

5.2. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, verfügt die Bf aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses bei der M. GmbH über ein Einkommen von monatlich durchschnittlich 751,41 Euro (14 x im Jahr). Da sie seit 1. Jänner 2014 in einem Wohnheim in E. vollbetreut untergebracht ist, verbleiben ihr monatlich 20 % ihres Einkommens (das sind 150,28 Euro) sowie die beiden Sonderzahlungen (das sind umgerechnet auf das ganze Jahr 125,33 Euro monatlich). In Summe stehen der Bf ca. 275,61 Euro im Monat zur Verfügung. Der in § 1 Abs. 1 Z 7 Oö. BMSV angeführte Mindeststandard von 153,60 Euro wird somit überschritten.

 

Zum Beschwerdevorbringen der Bf, dass auf die Berücksichtigung eines Freibetrages gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 Oö. BMSV ein Anspruch bestehe, wurde der Bf mit Schreiben des Oö. LVwG vom 19. November 2015 Gelegenheit gegeben, den Bescheid zu übermitteln, mit dem Ihr eine Maßnahme der Arbeit und fähigkeitsorientierten Aktivität gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 bis 4 Oö. ChG zuerkannt wurde. Aus den von der Bf übermittelten Einkommensunterlagen geht jedoch hervor, dass bei ihr die rechtlichen Voraussetzungen zur Geltendmachung des in § 4 Abs. 1 Z 6 Oö. BMSV angeführten Freibetrages nicht vorliegen. Es handelt sich bei diesen um Beträge aus einer Tätigkeit durch eine Maßnahme der Arbeit und fähigkeitsorientierten Aktivität gemäß § 11 Abs. 2  Z  bis 4 Oö. ChG, also das in W. ausbezahlte „Taschengeld“ bzw. die „Arbeitsprämie“, und nicht um ein Einkommen aufgrund eines Arbeitsverhältnisses.

 

Da somit der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig erkannt werden kann war spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid der belangten Behörde zu bestätigen.

 

 

II.            Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Andrea Panny