LVwG-400139/2/MS

Linz, 03.12.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Dr. Monika Süß über die Beschwerde von Herrn A W, X, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Oktober 2015, GZ. VerkR96-11683-2015, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabgesetzt wird, ansonsten wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Spruchpunkt 4 des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 21. Oktober 2015,
VerR96-11683-2015/Hai, wurde über Herrn A W, X, K (im Folgenden: Beschwerdeführer), eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt, da dieser als Kraftfahrzeuglenker am 2. Juni 2015, um 15:23 Uhr eine Mautstraße in der Gemeinde Regau, A 1 bei km 224.000, Fahrtrichtung Wien, benützt hat, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung der Mautstrecke durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Da am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht war wurde somit eine Verwaltungsübertretung nach §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 BStMG begangen.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die angelastete Verwaltungsübertretung im Zuge einer Verkehrsüberwachung von der Autobahnpolizeiinspektion H festgestellt worden sei.

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Beschwerdeführer am
12. November 2015 zugestellt worden ist, hat dieser mit schriftlicher Eingabe, welche am 17. November 2015 bei der belangten Behörde eingelangt ist, rechtzeitig Beschwerde erhoben.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass die Strafe absolut überhöht sei und der Beschwerdeführer nur über ein monatliches Einkommen von 820 Euro lt. Rentenbescheid verfüge. Außerdem sei seine Wohnsitzbehörde die Bezirkshauptmannschaft K.

 

 

Mit Schreiben vom 25. November 2015 legte die belangte Behörde die ggst. Beschwerde samt Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichterin.

 

 

II.            Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt. Von der Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Ziffer 2 VwGVG abgesehen werden, da sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer fuhr am 2. Juni 2015 mit dem Motorrad mit dem Kennzeichen x in der Gemeinde Regau, auf der A1 in Richtung Wien bei km 224.000 ohne dass das Fahrzeug mit einer Mautvignette versehen war.

Die A1 ist eine Mautstraße.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein monatliches Einkommen, Rente, in der Höhe von 820 Euro.

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich hinsichtlich der Verwendung des einspurigen Fahrzeuges, des Tatortes, der Tatzeit und der Tatsache, dass auf dem einspurigen Kraftfahrzeug keine Mautvignette angebracht war aus der im Verfahrensakt einliegenden Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion H sowie aus der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht in Abrede stellt, sondern sich nur gegen die Höhe der Strafe wendet.

Die Höhe des Einkommens ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der schriftlichen Beschwerde, die nachvollziehbar erscheinen.

 

 

III.           Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 € bis zu 3.000 € zu bestrafen.

 

 

IV.          Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da der Beschwerdeführer die in Punkt 4 des Straferkenntnisses der belangten Behörde verhängte Strafe nur der Höhe nach bekämpft ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen.

 

Zur Strafbemessung selbst ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung (z.B. VwGH 28.11.1966, 1846/65), die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz bereits einschlägig vorbestraft ist, wodurch von seiner Unbescholtenheit auszugehen ist, was als Milderungsgrund zu werten ist. Als Erschwerungsgrund ist zu werten, dass der Beschwerdeführer mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art begangen hat.

 

Der Beschwerdeführer gibt in der Beschwerde an, über eine monatliche Rente in der Höhe von 820 Euro zu verfügen. Die belangte Behörde ging mangels einer Angabe des Beschwerdeführers von einem monatlichen Einkommen von 1.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Dem Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht ist bei der Strafbemessung der nunmehr vom Beschwerdeführer angegebene Betrag der Bewertung zugrunde zu legen, wobei in diesem Zusammenhang hier darauf hinzuweisen ist, dass von der belangten Behörde ohnehin die Mindeststraft verhängt wurde.

 

Zum Verschulden selbst ist auszuführen, dass vorauszusetzen ist, dass ein Lenker eines einspurigen Kraftfahrzeuges weiß, dass er eine mautpflichtige Strecke, hier die A1, nur mit angebrachter Vignette befahren darf. Daher ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in der Vorsatzform der Wissentlichkeit im Sinn des § 5 Abs. 2 StGB gehandelt hat.

 

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Das alleinige Vorliegen des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit kann unter Berücksichtigung des Erschwernisgrundes der Begehung mehrerer Straftaten verschiedener Art nicht als ausreichend gesehen werden, als dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, wodurch die Anwendung des § 20 VStG nicht möglich ist und die Mindeststraft nicht unterschritten werden kann.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Das Verschulden ist geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. September 2001, Zl. 2001/03/0175). Die Benützung einer mautpflichtigen Straße ohne angebrachte Mautvignette ist aber gerade ein typischer Fall eines nach der Strafbestimmung des § 20 Abs. 3 BStMG verpönten Verhaltens, sodass von einer Geringfügigkeit nicht ausgegangen werden und daher nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden kann.

 

Die Behörde hat die ihr zur Verfügung stehende Mindeststrafe verhängt, was unter Berücksichtigung obiger Ausführungen durchaus geboten ist, um den Beschwerdeführer in Hinkunft von der Begehung von Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die mit 120 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe erscheint im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Strafrahmen von 300 bis 3.000 Euro unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass die Mindeststrafe verhängt wurde, als unverhältnismäßig und zu hoch bemessen und war dementsprechend herabzusetzen.

 

Zum Einwand, dass sich aufgrund des Wohnsitzes sich eine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft K ergäbe, ist festzuhalten, dass entsprechend § 29a VStG eine Abtretung eines Strafverfahrens an die „Wohnsitzbehörde“, sofern die Voraussetzungen vorliegen, nur dann in Frage kommt, wenn sich diese im selben Bundesland befindet, sodass eine Abtretung von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an die Bezirkshauptmannschaft K nicht möglich ist, wobei darauf hinzuweisen ist, dass diesbezüglich keine Verpflichtung der sachlich zuständigen Behörde besteht („kann“).

 

 

V.           Da bei der Bemessung der Geldstrafe kein Ermessensfehler der belangten Behörde vorliegt war die Beschwerde diesbezüglich abzuweisen und hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe der Beschwerde stattzugeben und diese entsprechend herabzusetzen.  

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Monika Süß