LVwG-601119/10/MB/SA

Linz, 14.01.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des R K, geb. x 1958, c/o Rechtsanwälte P, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Schärding vom 16. Oktober 2015, GZ VerkR96-2236-2013,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2015 zur GZ VerkR96-2236-2013 wurde vom Bezirkshauptmann des Bezirks Schärding (in der Folge: belangte Behörde) der Einspruch des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) gem. §§ 24 und 49 Abs. 1 und 3 VStG 1991 sowie §§ 32 und 68 Abs. 1 AVG 1991 zurückgewiesen.

 

Die belangte Behörde führte dazu wie folgt aus:

 

„Sie haben gegen unsere Strafverfügung vom 23.04.2013 zu GZ VerkR96-2236-2013 Einspruch erhoben. Dazu ergeht folgender

 

Spruch:

 

Ihr Einspruch vom 07.09.2015, gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29.04.2013 zu GZ: VerkR96-2236-2013 wird wegen verspäteter Einbringung zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 49 Abs. 1 und Abs. 3 VStG 1991 i.d.g.F. §§ 32 und 68 Abs. 1 AVG 1991 i.d.g.F.

 

Begründend führte die belangte Behörde Nachstehendes aus:

 

„Zur Rechtslage:

Gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1991 kann innerhalb zwei Wochen nach Zustellung des Strafbescheides (Strafverfügung) Einspruch erhoben werden. Gemäß Abs. 3 cit. lit. ist, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird, die Strafverfügung zu vollstrecken.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG 1991 enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Gemäß 68 Abs. 1 AVG 1991 sind Anbringen, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Gemäß § 24 VStG 1991 gelten die genannten Bestimmungen des AVG 1991 auch im Verwaltungsstrafverfahren

 

Zur Sachlage:

Die Strafverfügung vom 29.04.2013, GZ: VerkR96-2236-2013 wurde im Wege der deutschen Post eingeschrieben zugestellt. Das Zustellorgan konnte Sie bei einem Zustellversuch nicht antreffen. Das Schriftstück wurde zur Abholung beim Postamt bereitgehalten, von Ihnen jedoch nicht behoben und wurde dieses deshalb mit dem Hinweis „nicht abgeholt" an die Bezirkshauptmannschaft Schärding zurückgeschickt. In weiterer Folge wurde die Regierung der Oberpfalz im Rechtshilfeweg mit Schreiben vom 16.07.2013 um Zustellung der Strafverfügung ersucht. Wie aus der vorliegenden Zustellurkunde hervorgeht, erfolgte die Zustellung der Strafverfügung durch die Regierung der Oberpfalz am 26.07.2013, indem das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde.

 

Mit Schreiben vom 07.09.2015 erhoben Sie Einspruch gegen die Strafverfügung vom 29.04.2013, GZ: VerkR96-2236-2013.

 

Mit Schreiben vom 11.09.2015 wurde Ihnen angekündigt, dass der Einspruch wegen verspäteter Einbringung zurück zu weisen sein wird. Auf § 11 und § 17 des Zustellgesetzes (ZustG) wurde ausdrücklich hingewiesen, wonach bei Vorliegen eines Zustellmangels bei Hinterlegung entsprechend Beweise und Unterlagen innerhalb 2-wöchiger Frist vorzulegen sind, woraus glaubhaft hervorgeht, dass Sie sich nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten haben.

 

Dazu gaben Sie mit Schreiben vom 29.09.2015 folgende Stellungnahme ab: ,In oben genannter Sache nehmen wir Bezug auf Ihr Schreiben vom 11.09.2015 und teilen mit, dass unser Mandant selbstverständlich innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung Einspruch eingelegt hätte, wenn ihm die Strafverfügung auch tatsächlich zugestellt worden wäre. Tatsächlich hat unser Mandat erstmals durch vom Finanzamt Passau eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen von der Strafverfügung erfahren.

 

Eine Zustellung der Strafverfügung wird trotz der von Ihnen vorgelegten Kopie der Zustellungsurkunde bestritten. Diese Zustellungsurkunde, die als Absender die Regierung der Oberpfalz ausweist, ist kein Nachweis dafür, dass dieser Zustellungsurkunde auch die Strafverfügung beigelegen hat. Hierzu ist folgendes auszuführen:

 

Unser Mandant hat sich mit der zuständigen Sachbearbeiterin der Regierung der Oberpfalz, Frau H, wegen der angeblichen Zustellung der Strafverfügung am 26.07.2013 in Verbindung gesetzt und hat mit E-Mail vom 15.06.2015 nachgefragt, welche Schreiben am 26.07.2013 zugestellt worden sein sollen. Mit E-Mail vom 18.06.2015 antwortete die Sachbearbeiterin, Frau H, wie folgt: ,Sehr geehrter Herr K, eine Zustellung, die wir im Auftrag einer ausländischen Behörde weiterleiten, besteht meist aus mehreren Blättern: meistens 1 Originalstrafverfügung (oder in Kopie) der ausländischen Behörde, ein Überweisungsträger der ausländischen Behörde und als Deckblatt, unser kurzes Anschreiben, dass wir im Auftrag einer ausländischen Behörde ein Zustellersuchen an den jeweiligen Empfänger weiterleiten sollen ...‘

Wir fügen diese E-Mail unseres Mandanten vom 15.06.2015 und der Frau H vom 18.06.2015 in Kopie bei.

Die Sachbearbeiterin der Regierung der Oberpfalz konnte in ihrer E-Mail vom 18.06.2015 also nicht bestätigen, dass die Strafverfügung der Zustellurkunde beigelegen hat, oder zumindest, dass dies immer so gemacht werde. Sie teilt lediglich mit, dass meistens die Originalstrafverfügung oder eine Kopie mit zugestellt wird.

Unser Mandant hat die Strafverfügung mit Rechtsmittelbelehrung am 26.07.2013 also tatsächlich nicht erhalten. Somit konnte auch die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen beginnen. Darüber hinaus ist auch noch darauf hinzuweisen, dass sich aus der Zustellurkunde selbst, in der als Absender die Regierung der Oberpfalz angegeben ist, nicht entnehmen lässt, dass hiermit eine Strafverfügung aus Österreich zugestellt werden soll.‘

 

Entscheidungsgründe:

Gemäß § 11 Abs.1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

 

Gemäß Art. 10 Abs.1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 1990/526, werden Schriftstücke (auch) in Verwaltungsstrafverfahren unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Verwendungsformen „eigenhändig" und „Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

Gemäß Art.3 Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. 1990/526 wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Zustellung ist daher nach den maßgeblichen deutschen Vorschriften zu beurteilen.

 

§ 178 Abs. 1 deutsche Zivilprozessordnung:

Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in den Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.         in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,

2.         in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,

3.         in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

 

§ 180 deutsche Zivilprozessordnung:

Ist die Zustellung nach § 178 Abs.1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet sind. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstückes das Datum der Zustellung.

 

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 ZustG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Überdies haben Sie auch nicht behauptet, an der Abgabestelle abwesend gewesen zu sein.

 

Der Zustellvorgang an sich wurde nicht bestritten und liegt auch eine Zustellurkunde vor.

 

Die zuständige Sachbearbeiterin der Regierung der Oberpfalz teilte in ihrer E-Mail vom 18.06.2015 mit, dass eine Zustellung meistens aus 1 Strafverfügung (Original oder Kopie) besteht. Mit „meistens" ist wohl gemeint, dass überwiegend Strafverfügungen zugestellt werden. Es werden ja auch andere behördliche Dokumente im Rechtshilfeweg zugestellt. Das sich daraus so ableiten lässt, dass die Strafverfügung nicht beilegt wurde, ist spitzfindig. Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Behörde die Regierung der Oberpfalz um Zustellung der Strafverfügung ersucht und die Strafverfügung dabei nicht beigelegt wird. Nicht erklärlich ist, warum Sie sich nicht gleich gemeldet haben, als Sie eine Zustellung erhalten haben, wo nur das Anschreiben der Regierung der Oberpfalz enthalten war und das zuzustellende Schreiben (Strafverfügung) fehlte. Ihre Angaben können nur als Schutzbehauptung gewertet werden.

 

Wie aus dem beigelegten E-Mailverkehr mit der Regierung der Oberpfalz hervorgeht, werden Vorgänge maximal 1 Jahr gespeichert und liegen zu diesem Fall keine Datenbestände mehr vor. Seitens der Behörde wurde bei der Regierung der Oberpfalz deshalb keine Anfrage gestellt, ob beim Zustellvorgang die Strafverfügung angeschlossen war.

 

Die von Ihnen angefochtene Strafverfügung wurde somit gültig zugestellt, ein Zustellmangel nicht glaubhaft gemacht. Die Einspruchsfrist von zwei Wochen ist daher mit Ablauf des 09.08.2013 verstrichen. Ihr Einspruch vom 07.09.2015 ist daher verspätet.

 

Somit ist die Ihnen zugestellte Strafverfügung rechtskräftig und vollstreckbar geworden. Auf die Sache selbst durfte die Behörde nicht mehr eingehen, weshalb wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.“

 

2. Mit Schreiben vom 9. November 2015 erhob der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte darin zunächst den Antrag, die Strafverfügung aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

Begründend führte der Bf überdies wie folgt aus:

 

„1)

 

Der Betroffene hat erstmals durch Zahlungsaufforderung und Vollstreckungsankündigung des Finanzamts Passau im April 2015 davon erfahren, dass eine Strafverfügung der Bezirkshaupt-mannschaft Schärding vom 29.04.2013 gegen ihn ergangen sein soll, welche er jedoch nicht erhalten hat. Der Betroffene hat zunächst versucht, beim Finanzamt Passau die gegen ihn ein-geleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu unterbinden mit der Begründung, dass ihm eine Strafverfügung nie zugestellt worden ist. Mit Schreiben vom 07.09.2015 wurde dann einerseits beim Finanzgericht München ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt und gleichzeitig bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding Einspruch gegen die bisher nicht zugestellte Strafverfügung vom 29.04.2013 eingelegt. Der Einspruch wurde damit begründet, dass der Betroffene das Fahrzeug, mit welchem der Verkehrsverstoß begangen wurde, zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht gefahren habe.

 

Dieser Einspruch wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.10.2015, zugestellt am 22.10.2015, zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Einspruch erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erhoben wurde, nachdem die Strafverfügung dem Betroffenen von der Regierung der Oberpfalz als Rechtshilfebehörde bereits am 26.07.2013 zugestellt worden sei.

 

2.)

 

Der Einspruch wurde zu Unrecht zurückgewiesen. Die Einspruchsfrist war nicht abgelaufen, vielmehr hatte sie noch gar nicht zu laufen begonnen. Es ist unzutreffend, dass dem Betroffenen die Strafverfügung am 26.07.2013 zugestellt worden ist. Es liegt zwar eine Zustellungsurkunde vor. Der Betroffene hat mit dieser Zustellungsurkunde aber nur ein Schreiben der Regierung der Oberpfalz erhalten, mit dem allein er nichts anfangen konnte. Die Strafverfügung hat nicht beigelegen.

 

Beweis:       R K, Sohn des Betroffen,

zu laden über die Adresse des Betroffenen, als Zeuge

 

Der Zeuge R K wohnt im Haushalt des Betroffenen, der Betroffene hat dem Zeugen das Schreiben der Regierung der Oberpfalz auch gezeigt, da er hiermit nichts anfangen konnte.

Der Zeuge kann somit bestätigen, dass diesem Schreiben die Strafverfügung nicht beigelegen hat.

 

Nachdem die Strafverfügung und damit auch eine Rechtsmittelbelehrung nicht zugestellt worden ist, kann auch die Frist für den Einspruch nicht zu laufen begonnen haben.

 

Damit wurde der Einspruch mit Schreiben vom 07.09.2015 noch fristgerecht erhoben. Der Einspruch hätte daher nicht wegen Fristsäumnis zurückgewiesen werden dürfen.

 

Soweit zur Vernehmung des Zeugen K eine mündliche Verhandlung vor dem Verwal-tungsgericht erforderlich ist, wird diese beantragt.“

 

3. Mit Schreiben vom 13. November 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Darüber hinaus fand am 17.12.2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Befragung des Bf und des Zeugen R K statt.

 

2. Gem. § 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der verfahrensgegenständlichen Sache durch seinen Einzelrichter zu entscheiden.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht sohin von dem unter Pkt. I. dargestellten Sachverhalt aus. Zusätzlich hierzu ist nachfolgender Sachverhalt festzustellen: Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht davon aus, dass beim Zustellvorgang im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe das Schriftstück zusammen mit der Rechtshilfemitteilung mit dem 26.7.2013 rechtmäßig und rechtswirksam niedergelegt wurde. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Strafverfügung nicht im Kuvert befindlich war. Alleine aus der Formulierung eines informativen emails seitens der rechts- bzw. amtshelfenden deutschen Behörde, dass ein derartiges Kuvert „...meist....“ aus mehreren Blättern besteht, kann Gegenteiliges nicht abgeleitet werden. Vielmehr entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Erinnerung an den konkreten Zustellvorgang – wie der Bf selbst der Zeugin H vorwirft – nicht realistisch ist. Dies gilt ebenso für die Beweiskraft der Aussage des Bf selbst, zumal dieser von seinem Sohn Unterstützung in behördlichen Angelegenheit erhält und sohin selbst realistisch keine exakten Kenntnisse haben kann. Auch die Zeugenaussage seines Sohnes R K erweist sich für das Landesverwaltungsgericht als nicht glaubwürdig. Einerseits wird die exakte und unumstößliche Erinnerung an einen Zustellvorgang vom 26.7.2013 behauptet und dessen Außergewöhnlichkeit und Wichtigkeit betont. Andererseits wurde aber weder vom Zeugen noch vom Bf dieses Ereignis derart gewürdigt, dass das Postkuvert und dessen Inhalt aufgehoben wurden. Bestätigung findet dies dadurch, dass nach den Angaben des Zeugen erst „...irgendwann...“ zu einem Anwalt nach Passau gegangen wurde um herauszufinden, wie in der konkreten Situation vorzugehen sei. Aus dem Argument der weiten Anreise vermag für die Beweiswürdigung nichts gewonnen werden, zumal im Hinblick auf die vom Zeugen R K (Sohn) beantragten Zeugengebühren und die Höhe der aushaftenden Geldstrafe auch Gegenteiliges abgeleitet werden könnte.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1991 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.

 

2. Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen..

 

2.1. Gemäß Art 10 Abs. 1 ARHV BRD, BGBl 1990/526, werden Schriftstücke in Verfahren nach Artikel 1 Absatz 1 ARHV BRD unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen „Eigenhändig“ und „Rückschein“ zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstücks nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

 

2.2. Gemäß §§ 5 VwZG iVm § 181 Abs. 1 dtZPO kann bei Nichtdurchführbarkeit einer Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 180 dtZPO durch die Post das Schriftstück an einer dafür bestimmten Stelle niedergelegt werden. Mit der Niederlegung gilt das Schriftstück als zugestellt.

 

3. Entsprechend dem unter Pkt. I festgestellten Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der Bf am Ort der Niederlegung seine Wohnstätte hat. Gegenteiliges wird vom Bf in seiner Beschwerde auch nicht vorgebracht und ist auch aus dem Akt nicht indiziert. Insofern erfolgte die Zustellung mit dem Datum der Niederlegung gem. § 181 dtZPO – dem 26.7.2013 (s dazu VwGH 13.11.2002, 99/03/0444). Der mit 7.9.2015 (Datum Poststempel) zur Post gegebene Einspruch war daher ob der 2-wöchigen Einspruchsfrist verspätet und von der belangten Behörde zurückzuweisen.

 

4. Daher war die Beschwerde des Bf gegen den zurückweisenden Bescheid der belangten Behörde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als unbegründet abzuweisen.

 

5. Am Rande sei erwähnt, dass selbst wenn der Argumentation des Bf gefolgt worden wäre, eine gleichlautende Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu treffen gewesen wäre. Wäre nämlich eine Zustellung nicht erfolgt, so wäre der vom Bf mittels Einspruch bekämpfte Bescheid nie in die Rechtswirklichkeit getreten und könnte sohin auch mit dieser Argumentation eine zielführende Beschwerde nicht vorgebracht werden, da es konsequent auch keinen tauglichen Einspruchsgegenstand gegeben hätte. Die belangte Behörde hätte auch mit diesem Vorbringen den Einspruch als unzulässig zurückzuweisen gehabt; wenn auch nicht mit dem Argument der Verspätung.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 Dr. Markus Brandstetter