LVwG-601148/2/FP

Linz, 07.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von A M, geb. 1988, G-straße 8/3, F, gegen den Strafausspruch im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz–Land vom 11. November 2015, GZ: VerkR96-38138-2015, wegen einer Übertretung der StVO,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde über die Höhe der Strafe  Folge gegeben und die Geldstrafe auf 900,00 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 9 Tage, herabgesetzt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens ermäßigt sich auf 90,00 Euro (§ 64 Abs. 2 VStG).

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit niederschriftlichem Straferkenntnis vom 11. November 2015 verhängte die belangte Behörde über den Beschwerdeführer (Bf) eine Strafe in Höhe von 1.600,00 Euro und verpflichtete ihn zur Leistung eines Verfahrenskosten-beitrages in Höhe von 160,00 Euro.

Dem Bf wurde zur Last gelegt, am 12. Oktober 2015 um 17.44 Uhr an einem im Straferkenntnis näher bezeichneten Ort in Linz, ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,83 mg/l) gelenkt zu haben.

Im Rahmen der Niederschrift gestand der Bf die Tat zu und bekannte sich schuldig.

 

I.2. Am 30. November 2015, sohin rechtzeitig, überreichte der Bf der Behörde die verfahrensgegenständliche Beschwerde über die Höhe der Strafe in der er zusammengefasst vorbrachte, am Tattag Zahnschmerzen gehabt zu haben und deshalb getrunken zu haben. Es sei ihm nicht bewusst gewesen eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben. Dies entschuldige ihn nicht, er bitte um Verständnis.

Er sei arbeitslos und in einer schweren finanziellen Lage und bitte höflichst die Zahlungsforderung abzuändern.

 

I.3. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakt zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit, eine Beschwerdevorentscheidung zu fällen, wurde kein Gebrauch gemacht. Das Landesverwaltungsgericht entscheidet gem. § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Aus diesem ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zur Gänze. Der Bf hat Beschwerde lediglich über die Höhe der Strafe erhoben und keine Verhandlung beantragt, so-dass gem. § 44 Abs. 3 Z2 VwGVG von einer solchen abgesehen werden konnte.

 

II.2. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Bf hat am 12. Oktober 2015 um 17.44 Uhr im Stadtgebiet von Linz, am Radweg bis auf Höhe Straßenbahnhaltestelle Saporoshjestraße, StrKm 181,679, ein weißes Fahrrad gelenkt und hat sich dabei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden. Der gemessene Wert betrug 0,83 mg/l.

Der Bf gestand die Tat im Rahmen eines seiner Rechtfertigung dienenden Termins bei der belangten Behörde zu und bekannte sich schuldig.

In seiner Beschwerde brachte der Bf entschuldigend vor, Zahnweh gehabt und deshalb getrunken zu haben, weiters, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass er eine Verwaltungsübertretung setzen würde, ihn dies aber nicht entschuldigen würde.

Der Bf ist arbeitslos und bezieht Notstandshilfe (Tagsatz 22,75 Euro). Sein Konto weist einen Minussaldo von ca. 760 Euro auf.

Der Bf ist unbescholten.

 

Der Bf wurde von der Exekutive kontrolliert, weil die Beamten die Zusichnahme von alkoholischen Getränken wahrnehmen konnten. Es gibt keinerlei Hinweise auf verkehrsgefährdendes oder sonst auffälliges Fahrverhalten des Bf. Der Großteil der zurückgelegten Strecke führte durch einen Park und über den Parkplatz eines Supermarktes, sodann auf einen Radweg.

   

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.   

 

III. Darüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Festzuhalten ist, dass sich die Beschwerde nach ihrem Wortlaut, insbesondere auch des gestellten Antrages, lediglich gegen die Höhe der Strafe richtet. Der zugrunde liegende Sachverhalt wird ausdrücklich zugestanden (im Übrigen bereits im Rahmen des behördlichen Verfahrens). Der Schuldspruch ist daher in Rechtskraft erwachsen und ist das Verwaltungsgericht lediglich zuständig, über die Höhe der Strafe abzusprechen.

 

III.2. Rechtliche Grundlagen:

 

§ 99 Abs 1 lit a der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO,  BGBl. Nr. 159/1960 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 39/2013) lautet:

 

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

        a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,[...]

 

§ 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013) lautet:

 

Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

§ 20 VStG 1991 (BGBl. Nr. 52/1991) lautet:

 

Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

 

III.3. Rechtliche Beurteilung:

 

III.3.1. Das Gesetz sieht für das Lenken von Fahrzeugen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand eine Mindeststrafe iHv 1.600,00 Euro vor, wenn ein Alkoholgehalt im Blut von 0,8 mg/l überschritten wird.

 

III.3.2. § 19 VStG regelt, dass Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes (vorliegend die Sicherheit im Straßenverkehr, sowie Leib und Leben) und die Intensität der Beeinträchtigung durch die Tat ist. Das VStG greift im Hinblick auf die Abwägung auf die Erschwerungs- und Milderungsgründe des Strafgesetzbuches zurück.

Diese sind gegeneinander abzuwägen und ist besonders auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen. Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Bemessung der Strafe erfolgt im Verwaltungsstrafverfahren innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens. Innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens hat die Behörde Ermessen. Die Behörde muss ihre Strafbemessung nachvollziehbar begründen, also Erwägungen darstellen, um der Partei und den Gerichten die Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. VwGH 17. Oktober 2008, 2005/12/0102).

Bei der Strafbemessung sind objektive Kriterien (Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat; Abs. 1) und subjektive Kriterien (Erschwerungs- und Milderungsgründe, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, allfällige Sorgepflichten; Abs. 2) zu berücksichtigen (vgl. Weilguni, in Lewisch/Pfister/Weilguni, VStG § 19, RZ 1-3, rdb.at).

 

Gem. § 20 VStG kann jedoch die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte Jugendlicher ist.

 

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (VwGH 31. 1. 1990, 89/03/0027).

 

§ 20 VStG weitet den Strafrahmen also nach unten, sodass vorliegend, sofern eine Anwendung in Betracht kommt, ein Strafrahmen von 800 Euro bis 5.900 vorliegen würde. Die Strafzumessung innerhalb dieses sich aus der Anwendung des § 20 ergebenden Strafrahmens ist in das Ermessen der Behörde gestellt, das sie nach den Kriterien des § 19 auszuüben hat (VwGH 31. Jänner  1990, 89/03/0027).

 

III.3.3. Dem Akt können keine Straferschwerungsgründe entnommen werden. Im Hinblick auf den Bf scheinen keinerlei Verwaltungsvormerkungen auf, er ist sohin unbescholten und bildet bereits dieser Umstand einen wesentlichen Milderungsgrund.

Der Bf hat zudem seine Tat im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nicht bestritten, sondern bei erster Gelegenheit zugestanden. Er hat auch zum Ausdruck gebracht, dass er sich bewusst ist, einen Fehler gemacht zu haben. So hat der Bf bereits am Tag nach Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung die Behörde aufgesucht und dort den zugrundeliegenden Sachverhalt zugestanden. Auch der Beschwerde kann entnommen werden, dass sich der Bf seines Fehlers bewusst ist („Das entschuldigt mich nicht aber ich bitte um Verständnis“). Dieses Verhalten zeigt Reumut und Einsicht und ist mildernd zu werten. Dieser Milderungsgrund hat bedeutendes Gewicht, als er zeigt, dass die spezialpräventive Wirkung eines Strafverfahrens bereits vor Verhängung einer Strafe bzw. vor Rechtskraft eingetreten ist und somit ein wesentlicher Zweck des Strafverfahrens wirksam geworden ist. Es würde den Zwecken des Verwaltungsstrafrechtes widersprechen, würde eine erkennbare Läuterung nicht mildernd berücksichtigt.

Mildernd ist zudem zu werten, dass der Bf die Übertretung unter Verwendung eines Fahrrades gesetzt hat. Da von einem Fahrrad schon an sich wesentlich geringere Gefahren ausgehen, als etwa von einem Kraftfahrzeug (Gewicht, Geschwindigkeit), ist die Beeinträchtigung des Rechtsgutes der Sicherheit im Straßenverkehr bedeutend geringer als im Normalfall. Es darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass anderen Verkehrsteilnehmern auch mit einem Fahrrad erheblicher Schaden zugefügt werden kann, jedoch sind solche Schäden im Hinblick auf ihre Wahrscheinlichkeit und Schwere mit jenen, die mit Autos zugefügt werden können, nicht zu vergleichen. Vorliegend kommt hinzu, dass der Bf nur eine kurze Wegstrecke zurückgelegt hat und die fast ausschließlich auf Verkehrsflächen stattgefunden hat, auf denen kein Fließverkehr (Park, Parkplatz) stattfindet bzw. nur langsam gefahren wird (Parkplatz). Der Bf hat wohl primär sich selbst gefährdet. Dem Akt kann jedenfalls nicht entnommen werden, dass besondere Gefahrenpotentiale hinsichtlich anderer Verkehrsteilnehmer bestanden haben. Die genannten Umstände wirken ebenso mildernd.

Zu berücksichtigen ist auch, dass der die Anwendung des § 99 Abs. 1 lit a StVO auslösende Alkoholisierungsgrad (0,8 mg/l) nur in geringem Ausmaß überschritten wurde.

 

Die dargestellten Umstände abwägend, gelangt das Verwaltungsgericht zur Überzeugung, dass die Milderungsgründe beträchtlich überwiegen, weshalb eine Anwendung des § 20 VStG zulässig ist und sohin eine Strafe innerhalb eines Strafrahmens von 800 Euro bis 5.900 Euro zu verhängen ist.

 

Angesichts des Umstandes, dass der Bf in äußerst ungünstigen Verhältnissen lebt, lediglich über ein Einkommen von lediglich 22,75 Euro täglich verfügt und zudem sein Bankkonto bereits um etwa ein Monatseinkommen überzogen hat, würde eine die Mindeststrafe von 900 Euro übersteigende Geldstrafe eine unbillige Härte darstellen, zumal bereits die verhängte Strafe das Einkommen des Bf übersteigt. Es bedarf also deutlicher Anstrengung für den Bf eine Strafe iHv 900 Euro aufzubringen und ist diese zweifellos dazu geeignet, den Bf in Hinkunft davon abzuhalten, neuerlich eine vergleichbare strafbare Handlung zu begehen.

 

Eine darüberhinausgehende Reduktion durch volle Ausschöpfung des § 20 VStG ist aus Sicht des Gerichtes nicht angezeigt, da dem Bf vor Augen zu führen ist, dass ein Fahren unter Alkoholeinfluss, auch mit dem Fahrrad, kein „Kavaliersdelikt“ ist und zu massiven Schädigungen (bis zum Tod) anderer Verkehrsteilnehmer und des Bf selbst führen kann. Es ist dies der Grund, warum der Gesetzgeber hohe Strafen vorgesehen hat und diese selbst bei voller Ausschöpfung des § 20 VStG noch empfindlich ausfallen.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend anzupassen.

 

III.3.4. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ergibt sich aus § 64 VStG und § 52 VwGVG.

 

               

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Sachverhalt ist im Hinblick auf die Abwägung in Zusammenhang mit der Geldstrafe nicht verallgemeinerungsfähig. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. P o h l