LVwG-300542/9/Py

Linz, 21.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn Z M, N, H, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15. September 2014, GZ: SV96-37-2014, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 5. November 2015

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Höhe der verhängten Geldstrafe auf 2.000 Euro und die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 150 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Kosten zum Beschwerdeverfahren zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde wird gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auf 200 Euro herabgesetzt.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.       Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 15. September 2014, SV96-37-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7i Abs. 2 iVm § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF, eine Geldstrafe iHv 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 201 Stunden) verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Sie haben es als Inhaber des Bauunternehmens M mit Sitz in PL-38-3xx S 292, P, und somit mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich, und somit als Arbeitgeber iSd § 7b AVRAG zu verantworten, dass die poln. StAen. C G J, geb. x, C K M, geb. x, P P, geb. x und P M M, geb. x, ab dem 12.5.2014 zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung als Arbeitnehmer nach Österreich auf die Baustelle Einfamilienhaus in R, I (Bauherr W J jun.) entsendet worden waren, wo sie von Organen der Finanzpolizei am 23.5.2014 gegen 7.41 Uhr bei Fassadenarbeiten zur Anbringung eines Vollwärmeschutzes angetroffen wurden, ohne die dem Mindestgebot entsprechenden Lohnunterlagen nach § 7d AVRAG in deutscher Sprache (Arbeitsvertrag, Dienstzettel, Arbeits- und Lohnauf­zeichnungen oder Lohnzahlungsnachweise des Arbeitgebers wie z.B. Banküber­weisungsbelege) für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer am o.a. Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten zu haben.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass bei der von der Finanzpolizei durchgeführten Kontrolle die geforderten Unterlagen in deutscher Sprache nicht vorgelegt werden konnten. Ein Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, sich mit den für die grenzüberschreitende Entsendung ausländischer Arbeitnehmer einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und wäre es dem Bf zumutbar gewesen, sich bei den zuständigen inländischen Behörden und Auskunftsstellen über die diesbezüglichen Vorschriften zu erkundigen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass als Vorschulden Vorsatz angenommen wird, da der Bf trotz vorangegangener Beanstandung und niederschriftlicher Einvernahme am 5. Mai 2014 auch für diese betriebliche Baustelle keine entsprechenden Lohnunterlagen habe, obwohl dies fristgerecht noch möglich gewesen wäre. Die bereits vorliegende rechtskräftige Vorstrafe nach dem AVRAG und die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer wurden als Erschwerungsgrund gewertet, strafmildernde Umstände waren nicht vorhanden.

 

2.         Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 10. Oktober 2014, in der der Bf zusammengefasst ausführt, dass der angefochtene Bescheid gegen Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit iVm dem Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 12. Juni 2009 zur Auslegung des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und dem Beschluss Nr. A1 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vom 12. Juni 2009 über die Einrichtung eines Dialog- und Vermittlungsverfahrens zu Fragen der Gültigkeit von Dokumenten der Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften und der Leistungs­erbringung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates verstößt und durch deren falsche Anwendung in Folge der Annahme, dass er zur Meldungserstattung seiner zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandten Arbeitnehmer bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung verpflichtet gewesen wäre, erlassen worden ist. Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 unterliegen durch das Unternehmen entsandte Arbeitnehmer, bei dem sie gewöhnlich beschäftigt sind und durch das sie zur Arbeitsleistung in einen anderen Mitgliedsstaat entsandt worden sind, weiterhin den Rechtsvorschriften des Staates, von dem sie entsandt worden sind, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet und diese Personen nicht eine andere Person ablösen, deren Entsendezeitraum abgelaufen ist. Ein die Tatsache der Entsendung nachweisendes Dokument ist die Bescheinigung A1, die vom Versicherungsträger ausgestellt wird. Eine solche Bescheinigung ist ein Nachweis dafür, dass entsandte Arbeitnehmer während der vorübergehenden Beschäftigung in Österreich polnischen Sozialversicherungen unterliegen. Es ist hinzuzufügen, dass die vom polnischen Träger ausgestellte Bescheinigung A1 für österreichische Behörden insoweit verbindlich ist, dass sie die Bezahlung von Beiträgen zu ihrem System für den jeweiligen entsandten Arbeitnehmer nicht verlangen dürfen. In Anbetracht der europäischen Regelungen darf eine österreichische Behörde kein Verfahren gegen durch ein polnisches Unternehmen zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandte Arbeitnehmer und gegen das entsendende Unternehmen leiten. Die Verwaltungsbehörde hat daher im gegenständlichen Fall rechtswidrig verlangt, dass der Bf die zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandten Arbeitnehmer bei der Zentralen Kontrollstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung meldet. Die Arbeitnehmer haben die durch die polnische Sozialversicherungsanstalt ausgestellten Bescheinigungen A1 gehabt und aus diesem Grund konnte ausschließlich kontrolliert werden, ob sie diese Bescheinigung besitzen. Diese Bescheinigungen haben die Legalität der Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer nachgewiesen und wenn die Verwaltungsbehörde in diesem Bereich Zweifel gehabt hat, hätte sie vom Dialogverfahren mit der polnischen Sozialversicherungsanstalt Gebrauch machen können. Nach Ansicht des Bf verletzt das Erfordernis der Meldung der Arbeitsaufnahme durch entsandte Arbeitnehmer bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung die grundlegenden Prinzipien der Europäischen Union. Es genügt nämlich, dass man die Bescheinigung A1 hat und vorzeigen kann, die die Meldung zur Sozialversicherung im Staat des Wohnsitzes nachweist. Die Gemeinschafts­vorschriften erfordern es nicht, dass bei einer Behörde des Staates der Entsendung eine zusätzliche Meldung der Arbeitsaufnahme auf dem Gebiet dieses Staates, dazu noch eine Woche im Voraus und unter Angabe von dermaßen detaillierten Informationen, die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angegeben sind, zu erstatten ist.

 

Die Vorschrift des § 7d AVRAG stellt kein Erfordernis dar, die Lohnunterlagen unbedingt am Arbeitsort bereitzuhalten. Der Bf führt seine Firma in P und dort werden die Dokumente aufbewahrt, eine Aufbewahrung am Beschäftigungsort wäre nicht möglich und wurde der Bf zur Übermittlung der Dokumente durch die Abgabenbehörde auch nicht aufgefordert.

 

Unabhängig vom Vorstehenden ist die dem Bf auferlegte Geldstrafe übermäßig hoch. Der Bf hat sämtliche mit der Entsendung der Arbeitnehmer zur Arbeit nach Österreich verbundenen Anforderungen erfüllt. Die Nichtmeldung der Arbeitnehmer bei der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung ist dadurch verursacht worden, dass das Gemeinschaftsrecht so ein Erfordernis nicht vorsieht und der Bf die im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz enthaltenen Vorschriften nicht gekannt hat. Der Bf ist bei der Kontrolle am 5.5.2014 nicht darüber unterrichtet worden, dass er dazu verpflichtet ist, diese Kontrolle wurde von ihm als routinemäßig verstanden und wurde der den Sachverhalt klarstellende Bescheid am 11.8.2014 erlassen. Ein Bescheid, wonach ihm bereits eine Vorstrafe nach dem AVRAG auferlegt wurde, wurde dem Bf nie zugestellt und wurde ein solches Verfahren nie gegen den Bf geleitet.

 

3.         Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4.         Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. November 2015. Zu dieser wurde der Bf nachweislich an seiner zum Ladungszeitpunkt im Zentralen Melderegister als Hauptwohnsitz aufscheinenden österreichischen Adresse geladen, er leistete dieser Ladung unentschuldigt jedoch keine Folge. Die belangte Behörde entschuldigte sich für die Verhandlung. Als Zeuge wurde das Kontrollorgan der Finanzpolizei Herr W S einvernommen.

 

4.1.      Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Organe der Finanzpolizei führten am 23. Mai 2014 auf der Baustelle in  R, I, eine Kontrolle durch. Dabei wurden bei Bauarbeiten die polnischen Staatsangehörigen C G J, geb. x, C K M, geb. x, P P, geb. x und P M M, geb. x, gemeinsam mit dem Bf angetroffen. Lohnunterlagen zur Feststellung, ob den vom Bf vertretenen polnischen Unternehmen Baubetrieb M mit Sitz in PL-38-3xx S 292 zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung auf diese Baustelle entsandten Arbeitnehmern der ihnen zustehende Grundlohn bezahlt wurde, konnten nicht vorgelegt werden, obwohl deren Bereithaltung möglich gewesen wäre.

 

Bereits am 6.5.2014 fand, aufgrund einer bereits davorliegenden Beanstandung im Rahmen eine Baustellenkontrolle durch die Finanzpolizei, eine Befragung des Bf auf dem Finanzamt Grieskirchen Wels unter Beiziehung einer Dolmetscherin statt, wobei die Beamten im Gespräch zur Überzeugung gelangten, dass der Bf durchaus über gute Deutschkenntnisse verfügt. Bei dieser Niederschrift wurde der Bf ausdrücklich auf die geltende Rechtslage hingewiesen und gab er gegenüber den Beamten an, dass er das nicht gewusst habe.

 

4.2.      Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem in der mündlichen Verhandlung verlesenen Akt zu LVwG-300461 mit dem dort einliegenden Tonbandprotokoll sowie den Aussagen des Zeugen S in der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht. Der Umstand, dass bei der Kontrolle keine Lohnunterlagen bereitgehalten wurden, wird vom Bf zudem nicht bestritten. Entgegen seinem Beschwerdevorbringen wäre dies jedoch möglich gewesen, wie aus der anlässlich der Kontrolle angefertigten und im Akt einliegenden Fotodokumentation ersichtlich ist.

 

5.         Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1.      Gemäß § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 idgF haben Arbeitgeber/innen im Sinn der §§ 7, 7a Abs.1 oder 7b Abs.1 jene Unterlagen, die zur Überprüfung des/dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt erforderlich sind (Lohnunterlagen) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen binnen 24 Stunden nachweislich zu übermitteln.

 

Gemäß § 7i Abs. 2 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinn der § 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 oder als Beauftragte/er im Sinn des § 7b Abs. 1 Z 4 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält oder als Überlasser/in im Fall einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfte­überlassung die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht bereitstellt.

 

5.2.      Der Bf begründet seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass von den von seinem Unternehmen entsandten Arbeitnehmern bei der Kontrolle A1 Sozialversicherungsdokumente vorgelegt wurden und dies nach den europarechtlichen Vorschriften für ausreichend zu gelten habe. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass dem Bf im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht das Nichtvorliegen von Dokumenten, die die Anmeldung der entsandten Arbeitnehmer im Entsendestaat zur dortigen Sozialversicherung zum Gegenstand haben, vorgeworfen wird, zumal dem Bf keine Übertretung des § 7b Abs. 5 AVRAG, sondern eine solche nach § 7d Abs. 1 AVRAG zur Last gelegt wird. Der gegen den Bf erhobene Tatvorwurf lautet daher weder, dass Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04 bei der Kontrolle ausständig waren, noch wird der Inhalt der vorgelegten A1-Dokumente in Zweifel gezogen, weshalb ihn auch sein Vorbringen hinsichtlich einer allfälligen Klarstellung im Rahmen eines Dialog- und Vermittlungsverfahrens zur Frage der Gültigkeit der Dokumente nicht zu entlasten vermag.

 

Insofern die Beschwerdebehauptungen des Bf darauf abzielen, dass behauptet wird, die verfahrensgegenständliche Bestimmung würde den Europäischen Normen widersprechen, ist darauf zu verweisen, dass der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach die Vereinbarkeit bestimmter nationaler Kontrollmaßnahmen mit EU-Recht klargestellt hat. Der EuGH bekräftigt in dieser Rechtsprechung, dass ein verhältnismäßiges Erfordernis einer vorherigen Anmeldung eine geeignete Maßnahme ist, um danach die erforderlichen Kontrollen durchführen zu können und Betrugsfälle zu verhindern (vgl. Urteile vom 7.10.2011, Rechtssache C-515/08, dos Santos Palhota, RN 52 und 54, und vom 1.10.2009, Rechtssache C-219/08, Kommission gegen Belgien, RN 16 und die dort zitierte Rechtsprechung). Von dieser Möglichkeit hat der österreichische Gesetzgeber in den gegenständlichen Bestimmungen des AVRAG Gebrauch gemacht und können diese Erfordernisse für den Einsatz von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung eines Arbeitgebers mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union als Österreich auch nicht als unverhältnismäßig erkannt werden. Ein Widerspruch der verfahrens­gegenständlichen österreichischen Normen zu EU-Recht liegt daher nicht vor und gelangen die Bestimmungen des § 7d iVm § 7i Abs. 2 AVRAG daher im vorliegenden Verfahren zur Anwendung.

 

Da unbestritten die Lohnunterlagen bei der Kontrolle – und im Übrigen auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt – nicht bereitgehalten wurden, ist der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten.

 

6.         Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wenn der Bf vorbringt, er habe die ihn treffende Verpflichtung hinsichtlich der Bereithaltung der Lohnunterlagen nicht gekannt, so ist ihm entgegenzuhalten, dass er sich als Gewerbetreibender rechtzeitig über die in Österreich für die Ausübung seines Gewerbes geltenden Rechtsvorschriften zu informieren hat. Hinzu kommt, dass dem Bf bereits vor der gegenständlichen Kontrolle eine Übertretung der Bestimmungen des AVRAG zur Last gelegt wurde, er daher jedenfalls gehalten gewesen wäre, hinsichtlich der Erbringung der Arbeitsleistungen durch sein Unternehmen in Österreich die dafür erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen in Erfahrung zu bringen. Der Bf konnte daher nicht glaubhaft machen, dass ihn am Zustandekommen der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen kein Verschulden trifft.

 

7.         Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Von der belangten Behörde wurde unter Hinweis auf die angeführten Erschwerungsgründe und seine Verschuldensform eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro verhängt (ESF 201 Stunden). Im Hinblick auf die lange Dauer des Beschwerdeverfahrens, die als Milderungsgrund zu werten ist, sieht sich das Oö. Landesverwaltungsgericht jedoch veranlasst, die verhängten Strafen auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen. Gleichzeitig wird der Bf jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass bei künftigen Übertretungen mit deutlich höheren Strafen zu rechnen ist, zumal mit der Novelle BGBl. I 94/2014 zum AVRAG für das vom Bf gesetzte Verhalten durch die Festsetzung einer Geldstrafe pro Arbeitnehmer eine deutliche Erhöhung des Unwertgehaltes des vom Bf gesetzten Verhaltens eingetreten ist.

 

Eine Anwendung des § 20 VStG war ebenso wie eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG mangels Vorliegen der dafür erforderlichen kumulativen Voraus­setzungen nicht in Erwägung zu ziehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II.         Der Kostenausspruch ist in den gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

III.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genann­ten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny