LVwG-400108/17/FP/HUE

Linz, 25.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter         Mag. Pohl über die Beschwerde von Hrn. M S,
geb. x, x, K-W, D, vertreten durch Frau Dr. B W, Rechtsanwältin, x, I, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. Mai 2015,
Zl. VerkR96-10434-2015, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straf­erkenntnis bestätigt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesver­waltungsgericht in der Höhe von 30 Euro (das sind 20 % der Strafe) zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
28. Mai 2015, Zl. VerkR96-10434-2015, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 BStMG eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen x am 13. Oktober 2014, 10.07 Uhr, die A8 bei km 37.400, Gemeinde Weibern, benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungs­gemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, einer fahrleistungsabhängigen Maut unterliege.  

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu Folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige der A vom 4. März 2015 zu GZ: 00000000000006379637, wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. April 2015 zu VerkR96-10434-2015, wegen Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG 2002) eine Geldstrafe von 300,00 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden, verhängt.

Gegen diese Strafverfügung haben Sie - durch Ihre Rechtsvertretung - mit Schreiben vom 21. April 2015 fristgerecht Einspruch erhoben, welchen Sie jedoch nicht begründeten.

Mit unserem Schreiben vom 24. April 2015 wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu rechtfertigen. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

Mit Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 29. April 2015 brachten Sie im Wesentlichen vor, dass im gegenständlichen Fahrzeug eine GO-Box für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut angebracht ist. Sollte tatsächlich keine Abbuchung erfolgt sein, könnte dies auch auf einen Funktionsfehler der Mautabbuchungsstelle des gegenständlichen Mautabschnittes zurückzuführen sein. Wenn die GO-Box nicht funktioniert, wird Ihr Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) per e-mail mit einer Falschzahlerwarnung von der A informiert. Dies ist nicht geschehen und wurden weder Sie noch der Zulassungsbesitzer zur Nachzahlung aufgefordert. Sie wurden auch nicht darauf hingewiesen, dass ein Fehler bei der Entrichtung der Maut oder am Fahrzeuggerät eingetreten ist.

Aufgrund Ihrer Angaben wurde die A um Stellungnahme ersucht und teilte diese neben rechtlichen Hinweisen mit, dass im gegenständlichen Fall offensichtlich im Zuge einer Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz das aufgeladene Mautguthaben beinahe zur Gänze aufgebraucht wurde. Daher konnten keine Mautabbuchungen mehr vorgenommen werden. Für die verschiedenen Mautabschnitte sind unterschiedliche Beträge zu bezahlen. Kostet beispielsweise ein Abschnitt € 1,90 und auf der GO-Box sind nur mehr € 1,70 vorhanden, so kann die Maut für diesen Mautabschnitt nicht abgebucht werden.

 

Im gegenständlichen Fall konnte für 6 Mautabschnitte am Tattag, aufgrund eines nicht ausreichenden Guthabens, die Maut nicht ordnungsgemäß abgebucht werden. Die GO-Box gab am Tattag insgesamt 14 Mal den 2-maligen sowie 6 Mal den 4-maligen Signalton ab, also insgesamt 52 Warntöne, die vom Lenker ignoriert wurden.

Vom Ergebnis unserer Beweisaufnahme wurden Sie am 18. Mai 2015 verständigt und wurden Sie zeitgleich aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben.

In Ihrem Schreiben - durch Ihre Rechtsvertretung - vom 20. Mai 2015 wiederholten Sie im Wesentlichen die Angaben in der Stellungnahme vom 24. April 2015.

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie haben als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges, mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen x
am 13. Oktober 2014 um 10 Uhr 07 das Kraftfahrzeug auf der mautpflichtigen Innkreisautobahn A8, bei ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, in Fahrtrichtung Staatsgrenze Suben gelenkt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es wurde festgestellt, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufwies und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde.

Beweiswürdigung:

Bei den vorgelegten Einzelleistungsnachweisen ist eindeutig ersichtlich, dass vorerst noch ein Mautguthaben auf der GO-Box vorhanden war. Dieses Guthaben wurde während der Fahrt aufgebraucht, sodass einige Abbuchungen nicht mehr durchgeführt werden konnten.

Rechtliche Beurteilung:

[...]

Es wird angeführt, dass in den gesetzlichen Bestimmungen eine Mitwirkungspflicht des Fahrers verankert ist. Der Lenker ist verpflichtet, sich vor Befahren einer mautpflichtigen Strecke mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Straßen auf geeignete Weise vertraut zu machen. So hat der Fahrer während der Fahrt auf die von der GO-Box abgegebenen Signal-Töne zu achten.

Für die Einhaltung der Mautordnung und des Bundesstraßenmautgesetzes ist in erster Linie der Lenker verantwortlich und dieser hat die Verwaltungsübertretung zu verantworten. Der Lenker hat für die reibungslose Abwicklung der Mautzahlung zu sorgen. Er wird durch die entsprechenden Warntöne der GO-Box über den jeweiligen Zustand der Mautentrichtung informiert.

[...]

Der von der A per Einschreiben übermittelten Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut an den Zulassungsbesitzer wurde nicht nachgekommen, weshalb wie in der Mautordnung festgelegt, eine Anzeige an die Behörde erstattet werden musste.

Aufgrund der Angaben in der Anzeige, der vorgelegten Beweismittel durch die A und der geltenden Rechtslage, steht für die Behörde zweifelsfrei fest, dass Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht verwirklicht haben.

[...]

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

Zur Strafbemessung wird Folgendes ausgeführt:

[...]

Es wird angeführt, dass unter Berücksichtigung des gesetzlich möglichen Strafrahmens (300 Euro bis 3000 Euro), es sich bei der verhängten Strafe um die Hälfte der im Gesetz festgelegten Mindeststrafe handelt und diese Strafe auch das erforderliche Maß dessen darstellt, um in Zukunft von ähnlichen oder gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe wurde im gesetzlich vorgegebenen Strafrahmen entsprechend der verhängten Strafe angepasst.  

Die Herabsetzung der Geldstrafe erscheint trotz eindeutiger Deliktsbegehung (Mautprellerei) gerechtfertigt, da zumindest der Großteil der Maut bezahlt wurde. Als Milderungsgrund wurde auch Ihre bisherige verwaltungsstrafbehördliche Unbescholtenheit gewertet. Erschwernisgründe konnten nicht erkannt werden.

Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da es Ihre Pflicht wäre, sich über die Rechtslage zu informieren und vor der Benützung einer Mautstrecke für eine ordnungsgemäße Mautentrichtung (rechtzeitiges Aufladen der GO-Box) zu sorgen.

Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % ist in der im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

I.2. Gegen diesen am 8. Juni 2015 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf vom 10. Juni 2015, in der Folgendes vorge­bracht wird:

 

"Der genannte Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine Abänderung dahingehend beantragt, dass das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird.

 

Zur Begründung wird vorgebracht wie folgt:

Der angefochtene Bescheid ist sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich verfehlt.

 

1. In materiell rechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfenen Verwaltungsstraftaten nicht verwirklicht bzw. trifft ihn daran kein Verschulden.

 

Das Ergebnis der der Beweisaufnahme der A bestätigt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber einen gültigen Mautvertrag hat. Eine Verständigung des Arbeitgebers über ein nicht mehr ausreichendes Guthaben ist jedenfalls nicht erfolgt, somit konnte auch der Fahrer nicht wissen das zu wenig oder kein Guthaben mehr vorhanden ist.

 

Die Auflistung aus dem Einzelleistungsnachweis der A lässt auch den Schluss zu das die GO-Box selbst einen Defekt aufwies. Insbesondere am 13.10. erfolgte die Abbuchung zwischenzeitlich ohne Fehler um danach wieder zu funktionieren. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Go-Box die vorgesehenen Warntöne aufgrund eines Defekts nicht abgegeben hat und der Fahrer deshalb nicht gewarnt wurde. Die im Schreiben angeführten 52 Warntöne ergeben sich aus rein rechnerischer Ermittlung bei korrekter Funktionsweise der gegenständlichen Go-Box.

 

Falls bei der ‚Go-Box‘ des gegenständlichen Fahrzeuges tatsächlich keine Abbuchung erfolgte, kann dies auch auf einen Funktionsfehler der Mautabbuchungsstelle des gegenständlichen Mautabschnittes zurückzuführen sein. Es kommt bekanntlich immer wieder zu Problemen beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen, wobei oftmals trotz eines im Kraftfahrzeug mitgeführten Fahrzeuggerätes infolge eines Funktionsfehlers die Verbindung mit den straßenseitigen Antennen der Mautabbuchungssteile nicht zustande kommt und in der Folge keine Abbuchung erfolgt.

 

Ebenso bleibt festzuhalten, dass weder der Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) des Beschuldigten per email mit einer Falschzahlerwarnung von der A informiert wurde, noch dass der Beschuldigte oder der Zulassungsbesitzer zur Nachzahlung aufgefordert wurde! Auch wurde der Beschuldigte nicht darauf hingewiesen, dass ein Fehler bei der Entrichtung der Maut oder am Fahrzeuggerät eingetreten sei.

 

Beweis:

-           Vorliegender Akteninhalt

-           Einvernahme des Beschuldigten im Rechtshilfeweg

-           Sachverständigengutachten hinsichtlich der Genauigkeit und Funktionstüchtigkeit des  verwendeten Auswertungsgerätes

-           Weitere Beweise vorbehalten

 

2. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes festzuhalten:

 

2.1. Gemäß § 24 VStG 1991 gelten die Vorschriften des AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren; sofern sie nicht durch § 24 VStG letzter Satz ausdrücklich ausgenommen sind. Gemäß § 58 Abs.2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei (im gegebenen Fall des Beschuldigten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wurde.

 

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (VwSlg. NF 8619 A), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen (VwSlg, NF 2372 A; VwSlg. NF 606 A, 2411 A; VwGH 17.06.1993, ZI. 92/06/0228) und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach gesicherter Judikatur (VwSlg. NF 1977 A; VfSIg. 7017) und herrschender Lehre (vgl, Mannlicher/Quell, Das Verwaltungsverfahren I, 8. Auflage, [1979[), 318; Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage [1999], Randziffer Rz 418 ff) ist die Pflicht zur Begründung eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz soll in der Begründung eines Bescheides ausreichend beantwortet sein. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörden und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen (VwSlg. NF 7909 A; VwGH 19.05,1994, ZI. 90/07/0121). Eine Begründung die sich auf die Wiedergabe eines gesetzlichen Tatbestandes beschränkt, aber die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht im Einzelnen darlegt und aus der sich daher nicht entnehmen lässt, aufgrund welcher Sachverhaltsannahmen die Behörde zu ihrer Erkenntnis gelangt ist, ist unzulänglich. Schon aufgrund dieser Ausführungen zeigt sich, dass der angefochtene Bescheid den verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen nicht gerecht wird. Die Behörde I. Instanz hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf beschränkt, ihren Rechtsstandpunkt darzulegen.

 

Der Beschuldigte übersieht nicht, dass sich die erstinstanzliche Behörde im angefochtenen Bescheid mit rechtlichen Erwägungen auseinandergesetzt hat.

 

Hätte die Behörde I. Instanz Feststellungen zu den rechtlich relevanten Fragen getroffen und ihre diesbezügliche Beweiswürdigung entsprechend begründet, so hätte sie zweifelsfrei erkennen müssen, dass eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt

 

2.2. Gemäß § 40 Abs.1 VStG ist dem Beschuldigten ausreichend Gelegenheit für seine Rechtfertigung zu geben. Diese Verpflichtung der Behörde ergänzt den Grundsatz des Parteiengehörs gemäß den §§ 37 und 45 Abs.3 AVG i.V.m. § 24 VStG. Die Wahrung des Parteiengehörs ist eine kardinale Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verwaltungsverfahrens. Die Wahrung des Parteiengehörs ist von Amts wegen zu beachten und gehört zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung (VwGH 26.01.1967, 47/66; VfGH 25.06.1945, Slg. 1804).

 

Daneben gilt auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz der materiellen Wahrheit, wonach die Behörde den wahren Sachverhalt festzustellen hat, der für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebend ist.

 

Ganz im Gegensatz dazu hat die Behörde I. Instanz de facto keine Ermittlungstätigkeit unternommen, sondern ohne weiteres die Angaben der zugrunde Hegenden Anzeige ihrem Spruch zugrunde gelegt. Durch Einvernahme des Beschuldigten hätte die Behörde sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit des Beschuldigten machen können und wäre sicherlich zu dem Schluss gekommen, dass das Verschulden des Beschuldigten zu vernachlässigen ist. Auch aus diesem Grunde ist das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft.

 

Der Beschuldigte stellt aus all diesen Gründen den

 

ANTRAG

 

auf Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wird.“

 

 

II.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 22. Juni 2015 unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt.

 

Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

II.2. Mit E-Mail vom 21. August 2015 erteilte die A auf Nachfrage durch das Verwaltungsgericht die Auskunft, dass die gegenständliche GO-Box nach wie vor in Verwendung stehe und ein technischer Defekt der Box insofern ausgeschlossen werden könne, als Abbuchungen der Maut aufgrund eines aufgebrauchten Guthabens nicht mehr stattfinden hätten können.

 

Die A hatte bereits im behördlichen Verfahren eine umfassende Stellungnahme unter Vorlage eines Einzelleistungsnachweises übermittelt und mitgeteilt, dass der Bf weder die Maut nachentrichtet hat, noch die Ersatzmaut bezahlt worden sei (Schreiben vom 11. Mai 2015).

 

Der vom Verwaltungsgericht beigezogene verkehrstechnische Amtssach-verständige gab mit Schreiben vom 6. November 2015 zur Frage, ob ein Defekt der vorliegenden GO-Box vorgelegen habe und ob aus technischer Sicht eine nicht erfolgte Warnung des Lenkers durch Warntöne der GO-Box ausgeschlossen werden könne, folgendes Gutachten ab:

 

„Unter Zugrundelegung der vorliegenden Aktunterlagen und der durchgeführten Recherchen bei der A ist aus technischer Sicht zu der gegenständlichen Nicht-Abbuchung folgendes festzustellen.

 

Gutachten:

 

Für das gegenständliche Fahrzeug wurde eine GO-Box mit der Zahlungsart Pre-Pay verwendet. Dabei wird die GO-Box vor der Fahrt mit einem bestimmten Guthaben aufgeladen. Bei jedem durchfahrenen Mautportal wird dann ein Mautbetrag abgebucht, der sich nach der jeweiligen Streckenlänge zwischen den Mautportalen richtet. Da die Streckenlängen unterschiedlich sind, ergeben sich für die einzelnen Mautabschnitte auch unterschiedlich hohe Mautgebühren, die vom Guthaben beim Durchfahren eines Mautportals automatisch abgebucht werden.

Eine korrekte Abbuchung wird mit einem akustischen Signal (1x piepsen) signalisiert. Wenn das vorhandene Guthaben auf Grund diverser Abbuchungen weniger als 30 € beträgt, wird jede korrekt durchgeführte Mautabbuchung mit 2 Piepstönen bestätigt. Der Lenker wird durch das zweimalige Piepsen darauf aufmerksam gemacht, dass sein Guthaben zu Ende geht. Der Lenker kann während der Fahrt nicht feststellen, wie hoch das noch vorhandene Restguthaben ist. Er weiß nur, dass es bei 2maligem Piepsen unter 30 € liegt.

 

Nachdem das Restguthaben soweit reduziert worden ist, dass einzelne Mautabschnitte nicht mehr bezahlt (abgebucht) werden konnten, wurde das dem Lenker beim Durchfahren eines Mautportales mit ‚4 Piepstönen‘ mitgeteilt.

Aus dem vorliegenden Leistungsverzeichnis (=Abbuchungen) geht hervor, dass am 13.10.2014 um 06:49:44 Uhr (Mautportal Oberwang – St. Georgen) eine korrekte Abbuchung stattgefunden hat, die mit 2 Piepstönen quittiert worden ist. Um 06:57:37 erfolgte keine korrekte Mautabbuchung, da für diesen Mautabschnitt das vorhandene Restguthaben zu gering war. Die Nicht-Abbuchung wurde mit 4 Piepstönen signalisiert. Im Anschluss daran erfolgte um 07:00:38 ein Mautabschnitt, für den das Restguthaben noch ausreichte. Der fällige Mautbetrag wurde daher wieder korrekt abgebucht. Nach der Abbuchung um 07:00:38 war dann das noch vorhandene Restguthaben zu gering um einen der noch folgenden Mautabschnitte korrekt abbuchen zu können. Ab 07:00:38 wurde daher beim Durchfahren eines Mautportales die jeweilige Nicht-Abbuchung mit 4 Piepstönen signalisiert.

 

Die korrekt durchgeführte Abbuchung zwischen zwei Nicht-Abbuchungen ist darauf zurückzuführen, dass für den noch abgebuchten Mautabschnitt das Restguthaben ausreichte. Für die anderen Mautabschnitte war das Restguthaben aber dann zu niedrig.

 

Für einen technischen Defekt der gegenständlichen GO-Box gibt es keinen Anhaltspunkt. Die Nicht-Abbuchungen sind auf das zu geringe Restguthaben zurückzuführen. Aus dem Leistungsverzeichnis geht auch nachvollziehbar hervor, dass die Nicht-Abbuchungen nur dort stattfanden, wo der abzubuchende Mautbetrag das Restguthaben überstieg.

 

Bei der Übernahme der GO-Box wird der Käufer auch über einen Beipackzettel und über Piktogramme auf der Rückseite der GO-Box – die bei korrekter Montage dem Fahrer zugewandt ist – mit Symbolen über die Bedeutung der Piepstöne informiert.“   

 

Die Rechtsvertreterin des Bf verzichtete mit Schreiben vom 27. August 2015 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und brachte zum Ergebnis der Beweisaufnahme am 17. November 2015 Folgendes vor:

 

„Der Beschuldigte hat die ihm vorgeworfenen Verwaltungsstraftaten nicht verwirklicht bzw. trifft ihn daran kein Verschulden.

 

Das Ergebnis der Beweisaufnahme der A bestätigt grundsätzlich, dass der Arbeitgeber einen gültigen Mautvertrag hat. Eine Verständigung des Arbeitgebers über ein nicht mehr ausreichendes Guthaben ist jedenfalls nicht erfolgt.

 

Das vorliegende Gutachten stellt fest, dass der Fahrer während der Fahrt das noch vorhandene Restguthaben nicht feststellen kann. Im konkreten Fall war es so, dass zwischenzeitlich eine Abbuchung laut Gutachten korrekt erfolgte, um später wieder nicht mehr zu erfolgen.

 

Falls bei der ‚GO-Box‘ des gegenständlichen Fahrzeuges tatsächlich keine Abbuchung erfolgte, kann dies auch auf einen Funktionsfehler der Mautabbuchungsstelle des gegenständlichen Mautabschnittes zurückzuführen sein. Es kommt bekanntlich immer wieder zu Problemen beim Durchfahren der Mautabbuchungsstellen, wobei oftmals trotz eines im Kraftfahrzeug mitgeführten Fahrzeuggerätes infolge eines Funktionsfehlers die Verbindung mit den straßenseitigen Antennen der Mautabbuchungsstelle nicht zustande kommt und in der Folge keine Abbuchung erfolgt. Das vorliegende Gutachten wiederlegt das nicht.

 

Es bleibt festzuhalten, dass weder der Arbeitgeber (Zulassungsbesitzer) des Beschuldigten per email mit einer Falschzahlerwarnung von der A informiert wurde. Weder der Beschuldigte noch der Zulassungsbesitzer wurden zur Nachzahlung aufgefordert! Auch wurde der Beschuldigte nicht darauf hingewiesen, dass ein Fehler bei der Entrichtung der Maut eingetreten sei.

 

Beweis:

-      Vorliegender Akteninhalt

-      Einvernahme des Beschuldigten im Rechtshilfeweg

-      Sachverständigengutachten hinsichtlich Funktionstüchtigkeit der Mautabbuchungsstellen.

-      Weitere Beweise vorbehalten

 

Es wird daher gestellt der

 

Antrag

 

das gegenständliche Verwaltungsverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen in eventu lediglich eine Ermahnung gegen den Beschuldigten zu verhängen.“

 

II.3. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem entscheidungs­wesentlichem   S a c h v e r h a l t   aus:

 

Der Bf hat am 13. Oktober 2014, 10.07 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen x und mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen auf der mautpflichtigen A8 bei km 37.400 gelenkt. Eine Abbuchung der Maut hat am Tattag bei 6 Mautportalen nicht stattgefunden, da das Guthaben bei der gegenständlichen Pre-Pay-GO-Box für die Abbuchung es übersteigender Beträge nicht mehr ausgereicht hat. Es hat bei jedem durchfahrenen Mautportal eine Kommunikation zwischen Mautbalken und GO-Box stattgefunden. Der Bf durchfuhr insgesamt 20 Mautabschnitte. Hinsichtlich der ersten dreizehn wurde die Maut dem zu zahlenden Betrag entsprechend abgebucht. Beim Mautabschnitt Oberwang-St. Georgen war das Guthaben auf 1,99 Euro gefallen sodass beim 14. Mautabschnitt, an welchem ein Betrag von 2,88 Euro zu entrichten gewesen wäre, keine Abbuchung mehr erfolgen konnte, weil das Guthaben zu niedrig war. Beim Mautabschnitt Seewalchen – Schörfling konnte der fällige Mautbetrag (von € 0,49) wieder abgebucht werden weil das Guthaben hier wieder ausreichte. Es verblieb ein Restbetrag von € 1,5 auf der GO-Box. Dieser reichte für die restlichen 5 Mautabschnitte nicht mehr aus, zumal jeweils ein € 1,5 übersteigender Betrag fällig wurde. Bei Eintritt in das Bundesgebiet (Staatsgrenze Walserberg) betrug das Mautguthaben noch
€ 20,82. Es hat keine Nachzahlung der Maut stattgefunden (Stellungnahme der A v. 11. Mai 2015). Die Zulassungsbesitzerin wurde von der A am 10. Jänner 2015 zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert. Diese wurde nicht bezahlt.

Die verfahrensgegenständliche GO-Box ist nach wie vor in Verwendung (Mail der A vom 21. August 2015).

 

II.4. Beweiswürdigung:

II.4.1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vor-liegenden Behördenakt, der Stellungnahme der A vom
21. August 2015 und dem verkehrstechnischen Gutachten vom
6. November 2015. Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat darin fest-gehalten, dass es keinerlei Anzeichen für einen technischen Defekt des Mautsystems zur Tatzeit gibt. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieses Gutachtens keinen Zweifel und ist der Bf diesem insbesondere nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Das Vorbringen des Bf, es könne (sic!) ein Defekt an der Mautabbuchungsstelle vorgelegen haben, wurde vom Bf in keiner Weise schlüssig belegt. Gleiches gilt für die Variante einer defekten GO-Box („die Auflistung ... lässt auch den Schluss zu, dass die GO-Box einen Defekt aufwies“; tatsächlich ist das Gegenteil der Fall). Vorliegend ist zudem bekannt, dass die GO-Box nach wie vor verwendet wird, also nicht defekt ist und dass zum Zeitpunkt der Tat ein nicht ausreichendes Guthaben aufgebucht war. Alleine aus diesem Grund konnte im Bereich diverser Mautabschnitte keine Abbuchung erfolgen.

Aufgrund des Gutachtens und der Stellungnahme der A steht zweifelsfrei fest, dass die Nichtabbuchung ausschließlich auf ein zu geringes Guthaben zurückzuführen ist. Zur Signalgebung durch die GO-Box sei auf die rechtliche Beurteilung verwiesen, die zeigen wird, dass die Frage, ob der Bf durch Signale der GO-Box auf das zu niedrige Guthaben aufmerksam gemacht wurde, besonders im vorliegenden Fall unerheblich ist und dem Bf jedenfalls auffallen musste, dass „etwas nicht stimmt“ und das Guthaben nicht ausreicht. Dass kein Defekt des Mautsystems (insbesondere der Portale) vorlag ergibt sich insbesondere auch daraus, dass aufgrund des vorliegenden Einzelleistungs-nachweises und des Gutachtens, das diese Annahme bestätigt, zweifelsfrei nachvollzogen werden kann, warum eine Abbuchung nicht erfolgt ist und dass an jedem durchfahrenen Portal eine Registrierung der GO-Box stattgefunden hat. Wäre tatsächlich ein Defekt vorgelegen, also wäre aufgrund eines Ausfalls entweder der GO-Box oder einzelner Mautportale keine Kommunikation zwischen diesen Komponenten zustande gekommen, würden am Einzelleistungsnachweis die jeweiligen Beträge, insbesondere die geprellten, nicht aufscheinen. Ebensowenig würden im Einzelleistungsnachweis die jeweiligen (dann nicht erkannten) Mautportale aufscheinen. Ein Defekt führt zu einer Nichterfassung, nicht zu einer Erfassung. Vorliegend steht aber fest, dass etwa um 6:57:37 Uhr eine Kommunikation zwischen der GO-Box und dem Portal St. Georgen stattgefunden hat und das System automatisiert festgestellt hat, dass das Guthaben von € 1,99 nicht mehr ausgereicht hat, um die fälligen € 2,88 abzubuchen. Gleichsam verhielt es sich bei den letzten fünf Abschnitten (Portalen). Gerade der Umstand, dass sekundengenau bekannt ist, welches Problem (zu geringes Guthaben) auftrat und welcher Betrag fällig war, beweist zweifelsfrei, dass das Mautsystem korrekt arbeitete und jene Informationen lieferte, (auch) für deren Feststellung es eingerichtet wurde.    

Damit ist von einem vom Bf vermuteten Defekt als Ursache der Nichtabbuchung der Maut nicht auszugehen. Zusätzlich belegt wird die Funktionsfähigkeit der gegenständlichen GO-Box dadurch, dass diese nach wie vor in Verwendung steht. Insofern ist auch das Vorbringen des Bf in seiner Stellungnahme vom
17. November 2015, die Nichtabbuchung könne auch auf einen Funktionsfehler der Mautabbuchungsstelle zurückzuführen sein, widerlegt. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass der Bf hier selbst nur eine aus seiner Sicht denkbare Variante (arg. „kann zurückzuführen sein“) darstellt und dies durch eine unbelegte, nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgte und nicht auf den konkreten Fall bezogene Begründung („es kommt bekanntlich immer wieder zu Problemen beim Durchfahren von Mautabbuchungsstellen,...“) glaubhaft zu machen versucht. Der Rückschluss des Bf (Beschwerde S.2), die GO-Box oder die Portale seien defekt gewesen ist mangels dahinterstehenden Sachverhaltssubstrates nicht tragfähig und schon durch die objektivierte Kommunikation und Datenerfassung des Systems widerlegt. 

Die genannten Feststellungen zum Guthaben auf der GO-Box ergibt sich aus der Mitteilung der A vom 11. Mai 2015.

 

Insgesamt konnte der Bf mit seinem Vorbringen, die GO-Box sei defekt gewesen sohin keinen ihn entlastenden Sachverhalt glaubhaft machen, zumal das Vorbringen inhaltlich nicht schlüssig ist, nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgte und den festgestellten Sachverhalt nicht zu erschüttern vermag.

 

II.4.2. Zum Beweisantrag des Bf ihn vor einer deutschen Rechtsmittelbehörde einzuvernehmen:

 

Das Landesverwaltungsgericht hat für 15. September 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt in welcher der Bf gehört werden sollte. Das Gericht wollte sich einen persönlichen Eindruck vom Bf verschaffen. Dieser hat mit Mitteilung vom 27. August 2015 auf die mündliche Verhandlung, und damit auf seine Einvernahme, verzichtet. Dem Antrag des Bf, ihn im Rechtshilfeweg (vor einer deutschen Behörde) zu vernehmen, war nicht nachzukommen, zumal eine solche Einvernahme gerade nicht geeignet ist, dem erkennenden Richter ein persönliches Bild vom Bf zu verschaffen. Die Übersendung eines Protokolls durch eine ausländische Rechtshilfebehörde kommt im Hinblick auf die Beweiskraft im Ergebnis einem schriftlichen Vorbringen gleich, welches der Bf ohnehin ausführlich erstattet hat. Für das Verwaltungsgericht gilt der Unmittelbarkeitsgrundsatz, welchem eine Einvernahme im Rechtsmittelweg diametral entgegensteht. Der Antrag auf Einvernahme vor einer Rechtshilfebehörde ist insofern abzuweisen.

 

III. Rechtliche Beurteilung   

 

III.1. Gemäß § 6 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, ihr Fahrzeug vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Nach § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, die Anzahl der Achsen ihres Fahrzeuges und des von diesem gezogenen Anhängers auf dem Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut einzustellen und Nachweise mitzuführen, die eine Zuordnung des Fahrzeuges zu einer Tarifgruppe gemäß § 9 Abs. 5 und 6 ermöglichen.

 

Gemäß § 8 Abs 3 BStMG sind die näheren Bestimmungen über die Pflichten der Fahrzeuglenker in der Mautordnung zu treffen.

 

Nach Punkt 7.1, Teil B, der Mautordnung besteht für ordnungsgemäß zum Mautsystem und mit einem zugelassenen Fahrzeuggerät ausgestattete Kraftfahr­zeuge die Möglichkeit der Nachzahlung der Maut im Falle einer Nicht- oder Teilentrichtung der geschuldeten Maut, die auf technische Gebrechen des zugelassenen Fahrzeuggerätes oder des Mautsystems, auf einen zu niedrigen Pre-Pay-Kontostand, ein gesperrtes Zahlungsmittel, auf die Verwendung einer GO-Box nach Ablauf der Gültigkeitsdauer, die Verwendung einer falschen (zu niedrigen) Kategorie oder einer zu niedrigen Tarifgruppe zurückzuführen ist; dies jedoch nur, wenn alle in der Mautordnung näher definierten Bedingungen erfüllt werden.

 

Punkt 8.2.4, Teil B, der Mautordnung Version 39 lautet:

 

8.2.4 Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der GO-Box

 

8.2.4.1 Verhaltenspflichten der Kraftfahrzeuglenker

Kraftfahrzeuglenker haben sich gemäß § 8 Abs. 2 BStMG vor, während und nach jeder Fahrt auf mautpflichtigen Strecken von der technischen Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu überzeugen, etwaige Funktionsstörungen umgehend zu melden, die Anzahl der Achsen auf der GO-Box einzustellen sowie jene Nachweise gemäß Punkt 5.2.3 mitzuführen, die eine Überprüfung der Zuordnung einer EURO-Emissionsklasse zu einer Tarifgruppe erlauben. Die Verhaltenspflichten des Kraftfahrzeuglenkers umfassen generell auch die Verpflichtung, sich mit der Bedeutung der unterschiedlichen Signaltöne der GO-Box gemäß Punkt 8.2.4.3. vertraut zu machen und das im Einzelnen in den nachfolgende Punkten 8.2.4.2 bis 8.2.4.4 festgelegte Verhalten zu setzen. Weiters sollten sie eine Abschirmverpackung im mautpflichtigen Kraftfahrzeug mitführen (siehe Punkt 3.3.3).

Der Kraftfahrzeuglenker ist verpflichtet, die im Zuge der Deklaration der EURO-Emissionsklasse gemäß Punkt 5.2 übergebene Fahrzeugdeklaration zu prüfen und im Kraftfahrzeug mitzuführen.

Im Falle des Verlustes oder Beschädigung der Fahrzeugdeklaration ist ein Nachdruck an jeder GO VERTRIEBSSTELLE oder zentral via SelfCare Portal vorzunehmen.

Im Falle von Datenänderungen, die insbesondere das Kraftfahrzeugkennzeichen, die hinterlegte EURO-Emissionsklasse oder die GO-Box Identifikationsnummer betreffen, ist eine neue Fahrzeugdeklaration an der GO VERTRIEBSSTELLE ausstellen zu lassen, die alte Fahrzeugdeklaration verliert damit ihre Gültigkeit. Die dabei einzuhaltende Vorgehensweise ist in Punkt 5.6.2 geregelt.

 

8.2.4.2 Vor der Fahrt

Vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes hat sich der Kraftfahrzeuglenker über die technische Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Die Statusabfrage dient ausschließlich der Überprüfung der technischen Funktionstüchtigkeit der GO-Box. Mittels der Leuchtanzeige im Zuge der Statusabfrage wird der Kraftfahrzeuglenker jedoch nicht über einen etwaig bestehenden Sperrgrund der GO-Box informiert, zumal die Entrichtung bzw. Nichtentrichtung der Maut dem Kraftfahrzeuglenker ausschließlich durch die unterschiedlichen Signaltöne der GO-Box zur Kenntnis gebracht werden (zur Bedeutung der Signaltöne und den in diesem Zusammenhang zu setzenden Verhalten des Kraftfahrzeuglenkers siehe Punkt 8.2.4.3).

Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

• Blinken sowohl die Leuchtanzeige "Statusabfrage" als auch die Leuchtanzeige "Achsanzahl" einmal kurz „grün“, so bedeutet dies, dass die technische Funktionstüchtigkeit grundsätzlich gegeben ist.

• Blinken die Leuchtanzeige "Statusabfrage" zweimal kurz "rot" und die Leuchtanzeige "Achsanzahl" zweimal kurz „grün“, so bedeutet dies, dass die technische Funktionstüchtigkeit grundsätzlich vorliegt. Zusätzlich informiert diese Leuchtanzeige darüber, dass das Mautguthaben im Pre-Pay-Verfahren unter den fix eingestellten Grenzwert (EUR 30,00) gefallen ist. Der Kraftfahrzeuglenker hat im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen.

• Blinkt die Leuchtanzeige "Statusabfrage" viermal kurz „rot“, so bedeutet dies, dass keine Mautabbuchung möglich ist. Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall umgehend die nächstgelegene GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen oder von seiner Absicht, das mautpflichtige Straßennetz zu befahren, Abstand zu nehmen.

• Blinkt die Leuchtanzeige "Statusabfrage" und die Leuchtanzeige "Achsanzahl" nicht (kein Blinken), so bedeutet dies, dass die GO-Box nicht funktionsfähig ist. Der Kraftfahrzeuglenker hat in diesem Fall umgehend die nächstgelegene GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen und vor der Weiterfahrt sein Kraftfahrzeug mit einer neuen funktionsfähigen GO-Box auszustatten (zum Austausch siehe Punkt 5.7.2).

Vor Fahrtantritt hat der Kraftfahrzeuglenker darüber hinaus anhand der Fahrzeugdeklaration zu prüfen, ob

• das am Kraftfahrzeug angebrachte Kraftfahrzeugkennzeichen mit dem auf der Fahrzeugdeklaration angeführten behördlichen Kraftfahrzeugkennzeichen übereinstimmt sowie

• die GO-Box Identifikationsnummer der mitgeführten GO-Box mit der auf der Fahrzeugdeklaration angeführten GO-Box Identifikationsnummer übereinstimmt.

Im Falle der Nichtübereinstimmung der geprüften Daten hat der Kraftfahrzeuglenker die nächste GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen und auf der mitgeführten GO-Box eine entsprechende Datenänderung gemäß Punkt 5.6.2 zu veranlassen. Für die Benutzung der mautpflichtigen Strecken bis zur GO VERTRIEBSSTELLE ist der angefallene geschuldete Differenzbetrag gemäß Punkt 7 nachzuzahlen.

 

Im Falle der Missachtung dieser Verpflichtung kann der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht werden.

 

8.2.4.3 Während der Fahrt

Während der Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz ist die GO-Box ordnungsgemäß und dauerhaft an der Windschutzscheibe gemäß Punkt 8.1 anzubringen.

Damit eine ordnungsgemäße Mautabbuchung erfolgen kann, hat der Kraftfahrzeuglenker in Entsprechung des § 102 KFG sicherzustellen, dass während der Fahrt das behördliche

Kraftfahrzeugkennzeichen des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges dauerhaft vollständig sichtbar und nicht durch Verschmutzung, Schneebelag, Beschädigung oder Verformung unlesbar ist.

Dem Kraftfahrzeuglenker werden bei Durchfahren jeder Mautabbuchungsstelle akustische Signale zur Kenntnis gebracht, wobei zwischen informativen und zu beachtenden Signalen zu unterscheiden ist.

 

8.2.4.3.1 Folgende Signale gelten als Information für den jeweiligen Kraftfahrzeuglenker

• Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt.

• Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung wird zwar auf Basis der eingestellten Kategorie und der in der GO-Box gespeicherten EURO-Emissionsklasse bestätigt, dessen ungeachtet ist es jedoch notwendig, unverzüglich die nächst mögliche GO VERTRIEBSSTELLE aufzusuchen.

Das Nichtbeachten dieser Aufforderung kann automatisch zu einer GO-Box Sperre führen (siehe Punkt 8.2.4.3.2).

Dieses Informationssignal ertönt daher insbesondere in folgenden Fällen:

- das Mautguthaben (nur im Pre-Pay Verfahren) ist unter den Grenzwert in Höhe
EUR 30,00 gefallen (der Kunde hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen),

- das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay Verfahren),

- die Gültigkeitsdauer der GO-Box läuft innerhalb der nächsten zwei Monate ab,

- es ist eine Änderung der auf der GO Box gespeicherten Daten erforderlich oder

- der Kunde wird zum Austausch der GO-Box aufgefordert.

 

8.2.4.3.2 Vom Kraftfahrzeuglenker zu beachtendes akustisches Signal

• Vier kurze Signaltöne: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden.

Dieses Signal ertönt daher insbesondere in folgenden Fällen:

- vom Kunden wurden die Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet,

- die GO-Box wurde aufgrund Rückrufes zum Austausch gesperrt,

- bei technischen Mängeln bzw. festgestellten Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung oder

- bei Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse.

In diesem Fall hat der Kraftfahrzeuglenker seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls wird der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht.

 

8.2.4.3.3 Kein Signalton

Wenn kein Signalton erfolgt, hat keine Mautentrichtung stattgefunden. Es besteht keine Verpflichtung zur Nachzahlung der Maut im Sinne des Punktes 7.1, dies jedoch ausnahmslos nur unter Einhaltung aller nachfolgenden Bedingungen:

• Die GO-Box ist im Sinne von Punkt 8.1 ordnungsgemäß montiert.

• Im Zeitpunkt des Durchfahrens einer Mautabbuchungsstelle war für die GO-Box im Post-Pay Verfahren ein gültiges Zahlungsmittel hinterlegt bzw. im Pre-Pay Verfahren war die GO-Box mit einem ausreichenden Mautguthaben aufgeladen.

• Die Funktionsfähigkeit der GO-Box wurde im Sinne von Punkt 8.2.4.2 sowie Punkt 8.2.4.4 überprüft.

• Die Kategorie des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges ist im Sinne von Punkt 8.2.2 auf der GO-Box ordnungsgemäß eingestellt.

• Das Kraftfahrzeugkennzeichen des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges wurde im Sinne von Punkt 5.6 korrekt zum System angemeldet.

Werden diese Bedingungen nicht alle gemeinsam erfüllt, besteht die Verpflichtung zur Nachzahlung der Maut im Sinne von Punkt 7.1.

Zur Verifizierung der akustischen Anzeige kann die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut an jeder GO VERTRIEBSSTELLE überprüft werden.

Kraftfahrzeuglenker mit einer Hörbeeinträchtigung sind von den Mitwirkungspflichten nicht befreit. Sie sind verpflichtet, die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut an den obgenannten GO VERTRIEBSSTELLEN zu überprüfen (siehe auch Punkt 8.2.4.4). Der Kunde hat auch die Möglichkeit, sich zuerst an das A S C (siehe auch Punkt 5.3) zu wenden, um dort über die Funktionstüchtigkeit der Mautanlage informiert zu werden.

 

8.2.4.4 Nach der Fahrt

Nach der Fahrt auf mautpflichtigen Strecken hat der Kraftfahrzeuglenker neuerlich die technische Funktionsfähigkeit der GO-Box zu überprüfen und bei nicht mehr gegebener Funktionsfähigkeit der GO-Box (analog den Bestimmungen in Punkt 8.2.4.2) gegebenenfalls einen offenen Mautbetrag mittels Nachzahlung gemäß Punkt 7.1 zu begleichen. Ansonsten wird der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht.

 

(Hervorhebungen nicht im Original)

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die A ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 und 3 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungs­gemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.2.1 Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass eine Abbuchung der Maut aufgrund eines nicht mehr ausreichenden Guthabens auf der der Pre-Pay-GO-Box nicht stattgefunden hat und deshalb keine ordnungsgemäße Entrichtung der Maut erfolgt ist. Der von der A vorgelegte Einzelleistungsnachweis ergibt zudem, dass das Guthaben bereits am ersten Mautportal (Staatsgrenze Walserberg), also bei Eintritt in das Bundesgebiet, weit unter 30 Euro lag.  Ein technischer Defekt des Mautsystems lag nach den Feststellungen nicht vor und ergibt sich dies schon aus den in der Beweiswürdigung dargestellten logischen Erwägungen. Eine Nachzahlung der Maut hat nicht stattgefunden. Ebensowenig hat die Zulassungsbesitzerin die Ersatzmaut bezahlt.

 

III.2.2 § 8 Abs 2 BStMG regelt eine Pflicht des Bf sich von der Funktionsfähigkeit der GO-Box zu vergewissern und verweist Abs 3 leg. cit. auf die Mautordnung, die diese Pflichten näher umschreibt.

 

Die Mautordnung in der hier anzuwendenden 39. Fassung sieht vor, dass der Lenker eines von der Regelung erfassten LKW vor Antritt der Fahrt gewisse Kontrollpflichten hat. Es sind dies namentlich die Überprüfung der GO-Box auf ihre technische Funktionsfähigkeit durch Drücken bestimmter Tasten. Die GO-Box informiert im Rahmen dieser Überprüfung ua auch darüber, dass „das Mautguthaben im Pre-Pay-Verfahren unter den fix eingestellten Grenzwert (EUR 30,00) gefallen ist“.

Im nächsten Satz regelt die Mautordnung verbindlich, dass der KFZ-Lenker in eigenem Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Es ergibt sich aus dieser Anordnung aber auch, dass weder der Bf, noch sein Dienstgeber einen Rechtsanspruch darauf hatte, eine Falschzahlerwarnung zu erhalten oder durch Warntöne gewarnt zu werden, zumal die Verantwortung und das Risiko im Hinblick auf das zu geringe Guthaben beim Lenker lag. Es liegt dies bei der Pre-Pay-Variante schon in der Natur der Sache, zumal sich der Betreffende bei Wahl dieser Systemvariante der Möglichkeit begibt, automatische und unbegrenzte Abbuchungen durch ein hinterlegtes Zahlungsmittel vornehmen zu lassen.

 

Im vorliegenden Fall kommt aber Folgendes hinzu: Der Bf war aufgrund der Mautordnung verbunden, bereits vor der Fahrt, also vorliegend vor Eintritt in das mautpflichtige Bundesstraßennetz, eine entsprechende Statusabfrage durchzuführen. Hat bzw. hätte er diese durchgeführt, wäre ihm aufgefallen, dass das Guthaben auf seiner GO-Box bereits unter Euro 30,00 gefallen war und hätte er demgemäß „im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen“ (Mautordnung V 39, Teil B, 8.2.4.2, S. 73, 2. Blickfangpunkt) gehabt. Jedenfalls hätte er durch Aufsuchen einer GO Vertriebsstelle überprüfen müssen, wie hoch das Guthaben tatsächlich noch war, zumal er aufgrund der Meldung „unter 30 Euro“ auch damit rechnen musste, dass nur mehr ein sehr geringes Guthaben vorhanden ist.

Würde man, entgegen den Feststellungen, dem Vorbringen des Bf dahingehend Folgen, dass die GO-Box defekt war, ist für ihn in dieser Hinsicht nichts gewonnen, weil er dann von der GO-Box keinerlei Signale erhalten hätte und wäre er aus diesem Grund verbunden gewesen „umgehend die nächstgelegene GO Vertriebsstelle aufzusuchen und vor der Weiterfahrt sein Kraftfahrzeug mit einer neuen funktionsfähigen GO-Box auszustatten“ (Mautordnung V 39, Teil B, 8.2.4.2, S. 73, 4. Blickfangpunkt) bzw. wäre er schon nach § 8 Abs. 2 BStMG gehalten gewesen die Funktionsstörung „unverzüglich zu melden“. Bei dieser Meldung wäre zweifellos auch das zu geringe Guthaben aufgefallen.

Das Vorbringen des Bf, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die GO-Box die vorgesehenen Warntöne aufgrund eines Defekts nicht abgegeben hat und der Fahrer deshalb nicht gewarnt wurde kann aber selbst dann nicht zum Erfolg führen, wenn man zugunsten des Bf davon ausginge, dass die GO-Box während der Fahrt defekt geworden wäre und keine Warntöne mehr von sich gegeben hätte. Dies hätte dem Bf schon beim Durchfahren des ersten Mautportals nach Eintreten des präsumtiven Defektes auffallen müssen, zumal die GO-Box dann nicht wie üblich Bestätigungstöne von sich gegeben hätte. Dies hätte den Bf wiederum dazu veranlassen müssen, die nächste GO Vertriebsstelle aufzusuchen, den allfällig nicht abgebuchten Betrag nachzuzahlen und eine neue GO-Box anzubringen.

 

Schließlich hätte der Bf, nimmt man an, dass die GO-Box während der Fahrt defekt geworden wäre, ganz offensichtlich auch seine Pflichten gem. Punkt 8.2.4.4 nicht wahrgenommen, zumal er nach der Fahrt eine neuerliche Überprüfung der GO-Box vornehmen hätte müssen und im Falle eines Defekts (den der Bf nicht ausschließen will), eine Nachzahlung vorzunehmen gehabt hätte.

 

Zumal der Bf eine Nachzahlung nicht vorgenommen hat und auch keine neue GO-Box erworben hat, hat der den objektiven Tatbestand in jeder denkbaren Sachverhaltsvariante erfüllt, weil er den Umstand der Nichtzahlung aufgrund zu geringen Guthabens in jedem der geschilderten Fälle zu vertreten hätte.

 

Die Anwendung des Punktes 8.2.4.3.3., Teil B der Mautordnung, nach welchem es in bestimmten Fällen zu keiner Nachentrichtung der Maut kommen muss, kommt im Übrigen selbst unter der Annahme, dass die GO-Box keine Töne von sich gegeben hat, nicht in Betracht, zumal feststeht, dass das Guthaben auf der GO-Box zu gering war. Diese Regelung stellt nach der Judikatur des VwGH darauf ab, dass „die GO-Box sowohl vor der Fahrt als auch nach der Fahrt auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft wurde und diese jeweils vorlag und somit von der Entrichtung der Maut ausgegangen werden kann, auch wenn beim Durchfahren der Mautabbuchungsstelle kein Signalton zu hören war. In diesem Fall besteht dann, was im Einklang mit der gesetzlichen Regelung in § 20 Abs. 2 leg. cit. steht, keine Verpflichtung zur Nachentrichtung der Maut.“ (VwGH v.
28. November 2006, 2005/06/0156).

„Abgesehen davon“, so der VwGH weiter, „müssten Regelungen in der Mautordnung, soweit es der Wortlaut in der Mautordnung zulässt, immer gesetzeskonform ausgelegt werden. Im Sinne des dargelegten Verständnisses des Punktes 8.2.4.3.3. der Mautordnung weist der letzte Absatz in diesem Punkt auch darauf hin, dass zur Verifizierung der akustischen Anzeige die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut beim Go Service Center oder an jeder Go Vertriebsstelle überprüft werden könne. In gleicher Weise wird in diesem letzten Absatz dieser Regelung darauf hingewiesen, dass der Nutzer die Möglichkeit habe, sich zuerst an das Call-Center zu wenden, um dort über die Funktionstüchtigkeit der Mautanlage informiert zu werden. Diese Regelungen in der angeführten Mautordnung verändern den Verwaltungsstraftatbestand gemäß § 20 Abs. 2 BStMG somit nicht“.

 Es ist demnach zu bemerken, dass selbst ein Defekt an der GO-Box den Bf nicht entlasten könnte, zumal ihm dieser aufgrund seiner Prüfpflichten gem. § 8 Abs 2 iVm 3 BStMG und der Mautordnung auffallen und er im Falle eines Defektes eine Nachzahlung vornehmen hätte müssen. Dass ein Defekt an der GO-Box für den Bf nicht feststellbar war, hat er nicht einmal behauptet. Es stellt lediglich in allgemeiner Weise eine Sachverhaltsvariante in den Raum.

 

Es kann in diesem Zusammenhang auch auf die Judikatur des Verwaltungs-gerichtshofes verwiesen werden (VwGH v. 28. November 2006, 2005/06/0156) in welcher dieser ausgesprochen hat, dass der Ausdruck „zugelassener Geräte zu elektronischen Entrichtung der Maut“ im § 7 leg. cit. nur in dem Sinne verstanden werden kann, dass der Gesetzgeber damit auch immer funktionsfähige Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut meint. Es ergibt sich aus dieser Judikatur aber letztlich, dass es in der Verantwortung des KFZ-Lenkers liegt, wenn er eine defekte GO-Box verwendet und seinen Verpflichtungen nach dem BStMG dann schlicht nicht nachkommt.

 

Hinsichtlich des Antrages der Rechtsvertreterin des Bf vom 17. November 2015 auf Einvernahme des Bf im Rechtshilfeweg ist darauf hinzuweisen, dass mit Schreiben vom 27. August 2015 (nachdem das Gericht von sich aus zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung geladen hatte) auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet wurde und eine Einvernahme des Bf im Rechtshilfeweg aufgrund einer damit verbundenen Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht infrage kommt (siehe dazu auch II.3.).

 

Dem Bf ist somit vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker nicht nachgekommen ist, da er seinen Pflichten, die sich aus § 8 BStMG und der Mautordnung ergeben, nicht erfüllt hat. Diese Unterlassungen haben zu einer Verkürzung der Maut (nicht ordnungsgemäß entrichtet) geführt.

 

Der Bf hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

III.3 Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

§ 5 Abs. 1 S 2 VStG ordnet der Sache nach an, dass bei fahrlässigen Ungehor­samsdelikten der Verstoß gegen den entsprechenden verwaltungsstrafrechtlichen Rechtsbefehl grundsätzlich Fahrlässigkeit indiziert; der Täter muss diesfalls glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vor­­schrift „kein Verschulden trifft“ (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 5).

 

Beim Delikt nach § 20 Abs. 1 BStMG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG.

 

Zur Entkräftung der gesetzlichen Vermutung seines fahrlässigen Handelns hätte der Bf im Sinne der stRsp des Verwaltungsgerichtshofs initiativ alles darzulegen gehabt, was für seine Entlastung spricht. Mit dem Vorbringen, die Nichtabbuchung der Maut könne aufgrund eines technischen Defekts des Mautsystems eingetreten sein bzw. er wäre vom Arbeitgeber oder von der A nicht (zusätzlich schriftlich) über eine Nichtabbuchung der Maut informiert worden, ist es dem Bf nicht gelungen, iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Ein Rechtsanspruch per email eine Falschzahlerwarnung zu erhalten oder zur Nachzahlung aufgefordert zu werden ist dem BStMG nicht zu entnehmen und liegt die korrekte Abführung der Maut in der Verantwortung des Zulassungsbesitzer bzw. des Lenkers.

 

Da es der Bf verabsäumt hat, sich vor Befahren einer Mautstrecke über seine Pflichten zu informieren bzw. diese wahrzunehmen und deshalb auch die Nachzahlung der Maut unterblieben ist, ist von Fahr­lässigkeit auszugehen.

 

Einen relevanten Rechtsirrtum iSd § 5 Abs. 2 VStG hat der Bf nicht geltend gemacht.

 

Da keine Entschuldigungsgründe vorliegen, ist dem Bf die Tat auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Die Anwendung der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Absehen von der Fortführung des Strafverfahrens/Erteilung einer Ermahnung) setzt voraus, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese Voraussetzungen haben kumulativ vorzuliegen. Da jedoch das Verschulden des Bf nicht als gering anzusehen ist, war eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausgeschlossen.

 

III.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Ver­mögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. u.a. VwSlg 8134 A/1971). § 19 Abs. 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafzumessung sind, egal ob sie durch Organmandat, Strafverfügung oder im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46 VStG) erfolgt.

Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer zu berücksichtigender subjektiver Umstände. Neben den explizit Genannten, wie insbes. Verschulden und Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie all­fällige Sorgepflichten, findet sich hinsichtlich der Erschwerungs- bzw. Milderungs­gründe ein Verweis auf die §§ 32 bis 35 StGB.

 

Gemäß § 32 Abs. 2 StGB hat das Gericht bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Straf­drohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen können. Nach Abs. 3 leg. cit. ist maßgeblich, wie intensiv ein Täter durch seine Handlung Pflichten verletzt hat, wie reiflich er seine Tat überlegt hat, wie sorgfältig er sie vorbereitet oder wie rücksichtslos er sie ausgeführt hat. Besondere Milderungsgründe liegen u.a. im Fall eines reumütigen Geständnisses, eines bisherigen ordentlichen Lebenswandels bzw. bisheriger Unbescholtenheit, achtenswerter Beweggründe, bloßer Unbesonnenheit, einer allgemein begreif­lichen heftigen Gemütsbewegung, oder wenn die Tat unter einem Umstand, der einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt, begangen wurde, vor (vgl. § 34 StGB).

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde unter Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) ohnedies die gesetzliche Mindeststrafe um die Hälfte unterschritten. Eine darüber hinausgehende Reduktion ist damit schon aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen.  

 

 

IV. Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung strafbar. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Ergebnis war dem Bf gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 30 Euro (das sind 20 % der Strafe) vorzuschreiben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der aktuellen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beur­teilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

H i n w e i s

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. P o h l