LVwG-410898/14/Wg

Linz, 02.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der A. W., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F. M., x, W., gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 7. Juli 2015, GZ: VStV/914300599606/2014, wegen Übertretungen des Glücksspielgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)  wird der Beschwerde teilweise stattgegeben. Die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses gemäß § 44a Z 1 VStG als erwiesen angenommene Tat wird eingeschränkt und lautet wie folgt: „A. W. hat als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit nach außen zur Vertretung berufenes Organ der P. GmbH gemäß § 9 Abs 1 VStG zu verantworten, dass sich diese Gesellschaft am 16. Mai 2014 als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs 2 GSpG an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, beteiligt hat, indem sie die in ihrem Eigentum stehenden – in die Glücksspielgeräte mit den FA-Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11 und 12 eingebauten – Banknotenlesegeräte gegen Entgelt zur Durchführung von Glücks­spielen im Lokal „x“ im Standort x, L., zur Verfügung gestellt hat, um daraus selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Bei diesen Geräten konnten Glücksspiele in Form von Walzenspielen durchgeführt werden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form eines Geldeinsatzes zu entrichten war und bei denen von einem Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Form eines Geld­betrages in Aussicht gestellt wurden, wobei das Spielergebnis vom Zufall abhing. Für diese Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Für jedes der 12 Geräte wird gemäß § 52 Abs 2 GSpG iVm § 20 VStG eine Geldstrafe von jeweils 2.900 Euro festgesetzt.  Für die Geräte FA Nr 1 bis 10 und 12 wird jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Stunden festge­setzt. Hinsichtlich FA Nr 11 wird – wie schon im bekämpften Straferkenntnis – gemäß § 42 VwGVG keine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 3.480 Euro. Für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 7. Juli 2015, VStV/914300599606/2014, lastete die Landespolizeidirektion Oö. (im Folgenden: belangte Behörde) der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) an, sie habe als vertretungsbefugtes Organ der P. GmbH und somit als Eigentümerin der Banknotenleser der genannten Geräte FA Nr 1 bis 12  „wie am 16. Mai 2014 um 11.31 Uhr“ festgestellt worden sei, zu verantworten, dass sich diese Gesellschaft an verbotenen Ausspielungen „zumindest seit 15. Mai 2014“ unternehmerisch beteiligt habe. Es seien wiederholt Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen durchgeführt worden. Die Bf habe dadurch die Verwaltungs­übertretung nach §§ 2 Abs 1 und 4 GSpG und § 52 Abs 1 Z 1 Tatbild 4 GSpG begangen. Die belangte Behörde verhängte  für jedes der Geräte jeweils eine Geldstrafe von 3.000 Euro. Für das Gerät Nr 11 wurde keine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Für die Geräte Nr 1 bis 10 und 12 wurden Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 5 Stunden verhängt. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 3.600 Euro vorge­schrieben. Als mildernd wertete die Behörde das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen. Erschwerend wertete sie keinen Umstand. Die Behörde ging davon aus, dass der Bf kein relevantes Vermögen besitzt, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten hat und ein Einkommen von mindestens ca 3.000 Euro netto monatlich bezieht.

 

1.2.      Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde, über die das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 16. Dezember 2015 eine öffentliche Verhandlung durchführte. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, die Beilagen 1 bis 8 der Niederschrift (Stellungnahme des BMF vom 26. Juni 2015, Bericht „Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014“, Glücksspielbericht 2010-2013, Studie Kalke 2015, Informationsschreiben des BMF vom 30. Oktober 2015, Schreiben des BMF vom 30. Oktober 2015). Die Finanzpolizisten K. und S. wurden einvernommen. Die Bf stellte folgende Beweisanträge: „Wie in unserer Stellungnahme vom 11. Dezember 2015 beantragen wir zum Beweisthema 1. Anstieg der Anzahl an Spielsüchtigen innerhalb der letzten Jahre, insbesondere zwischen 2010 – 2015 sowie 2. Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen vorgenommenen zum Spieler­schutz innerhalb der letzten Jahre insbesondere zwischen 2010 – 2015. Die Einvernahme der Zeugen Dr. I. H., Mag. A. S., Dr. D. K., Dr. P. B., Mag. B. F., Mag. A. F., Mag. DSA M. G., H. G., Mag. I. G., M. G., Mag. R. H., Mag. L. H., Dipl.-Soz. H. M., Mag. N. R., C. L., M. D., Mag. S. B., Mag. Dr. U. H., Mag. N. R. Auf die Einvernahme der Zeugen H. K., R. N. und R. R. wird verzichtet, weil in der Beilage der Eingabe die niederschriftlichen Einvernahmen bereits angeschlossen sind. Auf den Zeugen E. F. wird vollinhaltlich verzichtet.“ Weiters stellte die Bf folgenden Beweisantrag: „Wir beantragen zum Beweis dafür, dass die Anzahl der Spielsüchtigen gestiegen ist und zwar im Zeitraum vom 2010 – 2015, die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der klinischen Psychologie.“ Abgesehen davon wurden keine weiteren Beweisanträge gestellt oder aufrechterhalten. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      T. D. war jedenfalls im angelasteten Tatzeitraum am 15. Mai 2014 und
16. Mai 2014 Betreiber des Lokales „x“ im Standort x. Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle am 16. Mai 2014  wurden die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Geräte FA Nr 1 bis 12 in diesem Lokal betriebsbereit vorgefunden. Auf den Bildschirmmasken aller 12 Geräte stand das Spiel „Ring of Fire“ zur Auswahl. Bei diesem Spiel handelt es sich um ein sog. „Walzenspiel“. Das Spiel „Ring of Fire“ ist wie folgt zu beschreiben: Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mittels Tastenbetätigung und Auslösung des Spieles wird bei den virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden senkrecht ablaufenden Walzen entsteht. Nach etwa einer Sekunde kommt der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinn­bringenden Symbolkombinationen ergibt nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hat man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es ist nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, den Einsatz zu wählen, die Starttaste zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wird und die Entscheidung über das Spielergebnis abzuwarten. Nach etwa einer Sekunde, also nach Stillstand der Walzen, kann der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn festgestellt werden. Die Finanzpolizisten konnten im konkreten Fall keine Bespielung der Geräte durchführen, weil die Geräte während der Kontrolle heruntergefahren wurden. Zu Beginn der Kontrolle hätte aber auf jedem der Geräte „Ring of Fire“ gespielt werden können. Es waren auch Spieler im Lokal. Auf den 12 Auftragsterminals war ein Hinweis angebracht, dass Spielaufträge bis zu 10, 50 Euro erteilt werden können. Es war also ein Einsatz bis 10,50 Euro jedenfalls möglich. Die in Aussicht gestellten Gewinne sind in der Regel bei „Ring of Fire“ mit 20 Euro plus mehrere „Supergames“ anzugeben. Bei den „Supergames“ handelt es sich um Bonusspiele, bei denen man also erneut den Walzenlauf betätigen kann (Fotodokumentation Verfahrensakt der belangten Behörde, Erörterung Tonbandprotokoll, Aussage K. Tonbandprotokoll).

 

2.2.      Der Strafantrag des Finanzamtes und das bekämpfte Straferkenntnis geben den Beginn des Tatzeitraumes mit 15. Mai 2014 an und stützen sich dabei auf ein nicht im Akt befindliches Gedächtnisprotokoll der Finanzpolizei über Angaben der Lokalangestellten M. Es steht aber nicht fest, dass die Geräte auch am 15. Mai 2014 betriebsbereit waren oder betrieben wurden (Erörterung Tonbandprotokoll, Akteninhalt).

 

2.3.      Die P. GmbH ist Eigentümerin der in den Geräten FA Nr 1 bis 12 eingebauten Banknotenlesegeräte. Die P. GmbH ist Eigentümerin der Gehäuse der Geräte Fa NR 1 bis 12. Es steht aber nicht fest, dass T. D., die P. GmbH oder die P. GmbH Veranstalter der auf den Geräten möglichen Spiele waren und diese damit auf eigene Rechnung und Gefahr durchgeführt haben. Es steht nicht fest, wer der Veranstalter war. Es steht aber fest, dass T. D. die Geräte in seinem Lokal gegen Entgelt geduldet und damit seinen Kunden zugänglich gemacht hat. P. GmbH und P. GmbH stellten die Geräte entgeltlich zur Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung. Die Bf war jedenfalls im angelasteten Zeitraum am 15. Mai 2014 und am 16. Mai 2014 handelsrechtliche Geschäftsführerin der P. GmbH. Die in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses vorgenommene Schätzung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse wird von ihr nicht bestritten. (Akteninhalt, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

2.4.      Alle an den Ausspielungen beteiligten Unternehmen haben ihren Sitz in Österreich. Ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist nicht beteiligt. Fest steht, dass keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen vorhanden ist. Ob sich eine der Beteiligten um eine solche Konzession bemüht hat, war dem rechtsanwaltlichen Vertreter der Bf in der Verhandlung des LVwG nicht bekannt. Ob ein Antrag gestellt wurde, war ihm ebenfalls nicht bekannt. Es steht fest, dass keiner der Beteiligten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG, insbesondere die Kapitalerfordernisse nach GSpG erfüllt. (Erörterung Tonbandprotokoll, Akteninhalt).

 

2.5.      Für die mittels der Geräte erfolgenden Ausspielungen lag weder eine Konzession oder Bewilligung vor und es waren diese auch nicht vom Glücksspiel­monopol des Bundes ausgenommen (Akteninhalt, Tonbandprotokoll).

 

2.6.      Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit liegen dem LVwG die Eingabe des Rechtsanwaltes vom 11. Dezember 2015, einschließlich der darin angeführten Beilagen 1 bis 19 vor. Angeschlossen ist weiters die sog. „Kalke Studie 2015“. Des Weiteren liegen die der Niederschrift als Beilagen 1 bis 8 angeschlossenen Urkunden vor. Die bereits erwähnten Beweisanträge der Bf (1.2.) wurden abgewiesen. Fest steht:

 

2.6.1. Im Jahr 2015 weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, die Zahl der Problemspieler beträgt daher entsprechend zwischen ca. 19.900 und ca. 35.800 Personen. Zudem sind 2015 in Österreich zwischen ca. 27.600 bis etwa 46.000 Personen aktuell spielsüchtig. Diese Werte sind im Vergleich zum Jahr 2009 annähernd konstant. Männer weisen zu höheren Anteilen ein problematisches und pathologisches Spielverhalten auf als Frauen. Innerhalb der verschiedenen Altersgruppen stellt sich das Ausmaß vorhandener Spielprobleme sehr unterschiedlich dar, wobei die 14- bis 30-Jährigen sich diesbezüglich am stärksten betroffen zeigen.

 

2.6.2. Ausgehend vom Jahr 2015 haben 41% der Bevölkerung (14 bis 65 Jahre) in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt, dieser Wert ist seit kaum verändert (2009: 42%). Das klassische Lotto „x“ ist das beliebteste Glücksspiel in Österreich. Jeder dritte Österreicher hat dieses Spiel im Jahr 2015 mindestens einmal in den letzten 12 Monaten gespielt (ca. 33%), der prozentuale Anteil für die 30-Tages-Prävalenz beträgt ca. 20%. Seit 2009 haben sich diese Werte so gut wie nicht geändert (jeweils nur um ca. ± 1 Prozentpunkt). Dagegen ist für diesen Zeitraum eine deutliche Zunahme bei der europäischen Lotterie, den Euromillionen, zu konstatieren: Der Prozentwert für die monatliche Teilnahme hat sich von etwa 4% auf etwa 8% verdoppelt. Auch beim Joker gibt es seit 2009 einen prozentualen Anstieg. Inzwischen spielt jede siebte Person mindestens einmal im Jahr dieses Glücksspiel (ca. 14%). Damit ist es das zweitverbreitete Glücksspiel in Österreich. Bei den Rubbellosen – die auf dem vierten Platz liegen – sind nur geringe Veränderungen zwischen 2009 und 2015 vorhanden. Alle anderen Glücksspiele besitzen bezogen auf die Spielteilnahme in der Gesamtbevölkerung eine nachgeordnete Bedeutung: Das gilt für die Sportwetten genauso wie für die klassischen Kasinospiele, bei denen 2015 jeweils etwa 4% in den letzten 12 Monaten gespielt wurden. Glücksspielautomaten in Kasinos und in Spielhallen werden von noch weniger Personen gespielt. In den letzten 12 Monaten haben am Automatenglücksspiel in Spielbanken ca. 0,5% teilgenommen, im Jahr 2009 waren dies ca. 0,6% bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz. Bezüglich der Teilnahme am Automatenglücksspiel außerhalb von Spielbanken (Spielhallen, Einzelaufstellungen, illegale Glücksspielautomaten) ist der Wert bezogen auf die 12-Monats-Prävalenz von ca. 1,2% im Jahr 2009 auf ca. 1% im Jahr 2015 zurückgegangen.

 

2.6.3. Der monatliche Geldeinsatz für Glücksspiele hat im Zeitraum von 2009 auf 2015 leicht zugenommen und zwar wurden von den Glücksspielenden 2015 im Durchschnitt etwa 57 € pro Monat für Glücksspiele ausgegeben im Vergleich zu 53 € im Jahr 2009. Auf der Ebene der einzelnen Glücksspielarten bestehen hier jedoch sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Geldeinsatz ist 2015 am höchsten bei den Automatenspielen außerhalb der Kasinos. Im Durchschnitt werden hierfür von den Spielern pro Monat ca. 203 € eingesetzt, vor sechs Jahren lag der entsprechende Wert sogar bei etwa 317 €. Es folgen die klassischen Kasinospiele mit einem Mittelwert von ca. 194 €. Auch für diese Glücksspielform wird im Jahr 2015 durchschnittlich weniger Geld aufgewendet als in 2009. Stark angestiegen sind dagegen im betrachteten Zeitraum die Geldeinsätze für Sportwetten, diese haben sich von ca. 47 € auf ca. 110 € mehr als verdoppelt.

 

2.6.4. Die Anteile problematischen und pathologischen Spielens unterscheiden sich je nach Glücksspielart erheblich. Die zahlmäßig große Gruppe der Spieler von Lotterieprodukten beinhaltet anteilsbezogen nur wenige Personen, die ein problematisches oder pathologisches Spielverhalten zeigen (jeweils etwa ein Prozent). Während bei den Rubbellosen sich nur leicht höhere Werte zeigen, ist bei den klassischen Kasinospielen bereits mehr als jeder zwanzigste Spieler betroffen.

 

2.6.5. Auch Sportwetten beinhalten ein erhebliches Risiko, spielbedingte Probleme zu entwickeln. So erfüllen ca. 7,1% dieser Spielergruppe die Kriterien problematischen Spielens und weitere ca. 9,8% zeigen ein pathologisches Spielverhalten. Etwa jeder sechste Sportwetter ist daher von einer Spielproblematik betroffen. Noch höher sind diese Anteile bei Spielautomaten, welche in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen stehen. Etwa 21,2% dieser Spieler sind spielsüchtig. Die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der „Casino Austria“ nehmen sich im Vergleich dazu eher gering aus. So liegen die Anteile für problematisches Spielen bei ca. 3,7% und für pathologisches Spielen bei ca. 4,4%. Dennoch weist etwa jede zwölfte Person, die in den klassischen Spielbanken am Automaten spielt, glücksspielbedingte Probleme auf. Bei der Prävalenz problematischen und pathologischen Spielens ging die Rate bei Automaten in Kasinos von ca. 13,5% im Jahr 2009 auf ca. 8,1% im Jahr 2015 und bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos von 33,2% im Jahr 2009 auf 27,2% im Jahr 2015 zurück.

 

2.6.6. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stichprobenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamts für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden.

 

2.6.7. Im Bereich der Spielbanken wurden gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe 6.920 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870, darunter 4.908 über österreichische Spielbankbesucher und 2.012 über Spielbankbesucher aus dem übrigen EU/EWR-Raum eingeholt. Zusätzlich erfolgten bei den Auskunfteien C (vormals D) und B (vormals Wisur) 3.600 online-„Sofort-Checks“. 621.195 Spielbankbesucher aus dem EU/EWR (inklusive Österreich) wurden im Jahr 2013 den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Bei 48.284 davon bestand die begründete Annahme im Sinne des § 25 Abs. 3 GSpG, dass aufgrund der Häufigkeit und Intensität der Spielteilnahme das Existenzminimum gefährdet ist, was zu 1.359 Informationsgesprächen sowie 741 Beratungen bzw. Befragungen führte. Zum 31.12.2013 bestanden in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren. In den V-O wurden im Jahr 2013 aus begründetem Anlass 11.330 zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in 1.350 Fällen der Zutritt verwehrt wurde. Insgesamt wurden 343 protokollierte Spielerschutz-Informationsgespräche geführt.

 

2.6.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

2.6.9. Ferner ist durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

3.           Beweiswürdigung:

 

3.1.      Einleitend (1) werden Beschwerdegegenstand, Beschwerdevorbringen und Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammengefasst wiedergegeben. Die Feststellungen in der Sache selbst stützen sich auf die in Klammer angegebenen Beweismittel.

 

3.2.      Auf folgende Ausführungen in der Niederschrift (Tonbandprotokoll) wird hingewiesen: „Der Verhandlungsleiter richtet weiters die Frage an die Verfahrensparteien, woraus sich der Beginn des Tatzeitraumes 15. Mai 2014 ergibt. Herr LL. hält dazu fest: „Der Beginn des Tatzeitraumes mit 15. Mai 2014 ergibt sich aus der in unserem Gedächtnisprotokoll festgehaltenen Aussage der Frau M.. Das hat sie nur uns gegenüber gesagt. In der Niederschrift wurde dann eben festgehalten, dass sie die Aussage verweigert. In der Niederschrift ist diesbezüglich keine Aussage protokolliert.“ Der Verhandlungs­leiter richtet die Frage an die Verfahrensparteien, ob unstrittig ist, dass im Zeitraum 15. Mai 2014 bis 16. Mai 2014 Kunden auf den Geräten „Ring of Fire (XL)“ gespielt werden konnte. Herr Mag. A. hält dazu fest: „Dies ist keinesfalls unstrittig. Über Vorhalt der Fotodokumentation laut Strafantrag gibt Mag. A. an, dass es unstrittig ist, dass „Ring of Fire“ im Kontrollzeitpunkt auf den Geräten gespielt werden hätte können. Das ergibt sich sich aus der Fotodokumentation. Eine Rückwirkung auf 15. Mai 2015 ist aber keinesfalls zulässig oder nachgewiesen. Es ist weiters unstrittig, dass „Ring of Fire“ ein Walzenspiel ist.“ Herr LL. hält über Befragen des Verhandlungsleiters fest: „Auf den Auftragsterminals ist angebracht, dass Spielaufträge bis zu 10,50 Euro erteilt werden können. Es ist also ein Einsatz bis 10,50 Euro jedenfalls möglich. Die in Aussicht gestellten Gewinne sind in der Regel bei „Ring of Fire“ mit 20 Euro plus mehrere „Supergames“ anzugeben. Bei den „Supergames“ handelt es sich um Bonusspiele, bei denen man also erneut den Walzenlauf betätigen kann.“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: Das ist an und für sich unstrittig. Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. folgende Frage: „Wer ist Veranstalter der Spiele?“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Dazu können wir nichts sagen. Es ist auch nicht mein Beweisthema. Aus dem Akt ergibt sich jedenfalls nicht, dass die C. T AG Veranstalterin wäre. P. GmbH und P. GmbH sind keinesfalls Veranstalter.“ Der Verhandlungs­leiter richtet an Mag. A. die Frage: „Auf welcher vertraglichen Grundlage (zB Miete oder ähnliches) sind P. GmbH und die P. GmbH in den Vorfall eingebunden?“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Dazu kann ich keine Angaben machen. Aus unserer Sicht ist einzuräumen, dass P. GmbH und P. GmbH Eigentümer der Banknotenlesegeräte bzw. der Gehäuse sind.“ Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. die Frage: „Ist unstrittig, dass Banknotenleser und Gehäuse entgeltlich zur Verfügung gestellt werden?“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Dazu kann ich keine Angaben machen. Das ist nicht ein Beweisthema. Vom Verhandlungsleiter Befragt, wer unmittelbarer Vertragspartner der P. GmbH und der P. GmbH ist, gebe ich an, dass ich auch dazu keine Angaben machen kann.“ Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. die Frage: „Stehen P. GmbH und P. GmbH nur mit dem Veranstalter oder nur mit dem Lokalbetreiber oder mit beiden in einem Rechtsverhältnis?“ Mag. A. erwidert dazu: „Dazu kann ich keine Angaben machen.“ Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. die Frage: „Auf den Bons steht teilweise „P. GmbH“. Was bedeutet das abrechnungs­technisch? Veranstaltet die P. GmbH auf eigene Rechnung und Gefahr?“ Mag. A. erwidert: „Wenn auf den Gutscheinen bzw. Bons P. GmbH aufgedruckt ist, dann heißt das nur, dass die Gutscheine über einen im Eigentum der P. GmbH stehenden Drucker ausgedruckt werden. Weitere Rückschlüsse auf Abrechnungsmodalitäten bzw. auf Angaben dazu, wie wir auf eigene Rechnung und ob hier irgendetwas veranstaltet wird, lassen sich daraus nicht schließen.“ Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. die Frage: „Ist an den gegenständlichen Ausspielungen ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union beteiligt?“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Alle beteiligten Unternehmen haben ihren Sitz in Österreich. Ein Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist nicht beteiligt.“ Der Verhandlungsleiter richtet an Mag. A. folgende Frage: „Wird behauptet, dass ein beteiligtes Unternehmen in Österreich oder einem anderen Mitgliedsstaat der Union über eine Konzession zur Durchführung von Glücksspielen verfügt? Hat sich eine der Beteiligten um eine solche Konzession bemüht?“ Mag. A. hält dazu Folgendes fest: „Fest steht, dass keine Konzession vorhanden ist. Ob sich eine der Beteiligten um eine solche Konzession bemüht hat, ist mir nicht bekannt. Ob ein Antrag gestellt wurde, ist mir nicht bekannt. Es ist unstrittig, dass keine der Beteiligten die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG, insbesondere die Kapitalerfordernisse nach GSpG erfüllt.“

 

3.3.      Des Weiteren wird auf folgende Angaben der Niederschrift verwiesen: „Sohin wird als Zeuge einvernommen Herr C. K. Belehrung im Sinne des § 17 VwGVG iVm § 50 AVG erfolgt. Der Zeuge macht folgende Aussage:  „Vom Verhandlungsleiter auf die Aussageverweigerungsrechte und die Wahrheitspflicht hingewiesen und befragt, ob ich mich an die Kontrolle am 16. Mai 2014 erinnere, gebe ich an, dass ich mich nicht mehr wirklich daran erinnere. Meine Aufgabe war gemeinsam mit dem Kollegen M. die Bespielung. An die genauen Abläufe kann ich mich aber nicht mehr erinnern. Vom Verhandlungsleiter befragt, ob mir das Spiel „Ring of Fire“ bekannt ist, gebe ich an, dass mir das Spiel „Ring of Fire“ sehr wohl bekannt ist.  Es handelt sich um ein Walzenspiel. Von Mag. A. befragt, ob eine Bespielung durch die Finanzpolizisten möglich war, gebe ich an, dass eine Bespielung nicht möglich war, weil die Geräte heruntergefahren wurden. Vom Verhandlungsleiter ergänzend befragt, gebe ich an, dass die Geräte, als wir das Lokal betreten haben, noch funktionierten, es waren ja auch Spieler im Lokal. Die Geräte wurden dann während der Kontrolle heruntergefahren. Das erschließt sich für mich aus der Aktenlage bzw. wie es im Akt dann auch dokumentiert ist. Herr L. legt dem Verhandlungsleiter zwei Aktenvermerke vom 19. Mai 2014 vor. Der Verhandlungsleiter schließt diese der Niederschrift als Beilagen 1 und 2 an. Der Verhandlungsleiter bringt die beiden Aktenvermerke den Vertretern der belangten Behörde und der Beschwerdeführer zur Kenntnis.  Herr Mag. R. hält fest: „Diese Aktenvermerke sind üblicherweise Grundlage des Beschlag­nahmeverfahrens. Auf eine weitere Stellungnahme zu den Aktenvermerken wird verzichtet.“ Herr Mag. A. hält Folgendes fest: „Das Verfahren hat ergeben, dass eine Bespielung nicht möglich war. Dies steht in einem Wiederspruch zu den Angaben des Aktenvermerkes, wonach die Geräte betriebsbereit aufgestellt und funktionsfähig waren. Das kann jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Der Aktenvermerk stellt sich so dar, als wenn eine Bespielung möglich gewesen wäre. Dabei handelt es sich aber allenfalls um eine bloße Vermutung.“ Herr L. hält dazu Folgendes fest: „Die Angaben dieser Aktenvermerke sind insoweit zutreffend und nachvollziehbar, als bei der Kontrolle Gäste bzw. Kunden des Lokales beobachtet wurden, die sehr wohl an den Geräten gespielt haben. Daraus ergibt sich, dass die Geräte betriebsbereit waren und funktioniert haben. Dies ergibt sich auch aus der Fotodokumentation.“ Herr Mag. A. stattet dazu kein weiteres Vorbringen. Die Einvernahme des Zeugen wird fortgesetzt. Herr K. macht folgende Aussage: Über Vorhalt folgender Betriebsbeschreibung laut dem Aktenvermerk Beilage 1: „Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mittels Tastenbetätigung und Auslösung des Spieles wurden bei den virtuellen Walzenspielen die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der „Walzenlauf“ zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammen­gesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei möglich, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, den Einsatz zu wählen, die Starttaste zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und die Entscheidung über das Spielergebnis abzuwarten. Nach etwa einer Sekunde, also nach Stillstand der Walzen, konnte der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn festgestellt werden.“ Und befragt, ob diese Beschreibung auf das Spiel „Ring of Fire“ erfahrungsgemäß zutrifft, gebe ich an, dass nach meinen Erfahrungswerten das Spiel Ring of Fire damit zutreffend beschrieben ist. Die Verfahrensparteien halten einvernehmlich fest, dass an den Zeugen keine weiteren Fragen gerichtet werden. Die Einvernahme des Zeugen K. wird damit beendet.“

 

3.4.      Eine im Gedächtnisprotokoll festgehaltene Angabe der M. E., die vor dem LVwG die Zeugenaussage zu Recht verweigerte, rechtfertigt noch nicht die Feststellung, dass die Geräte auch am 15. Mai 2014 betrieben wurden. Im Kontrollzeitpunkt am 16. Mai 2014 – bis zum Herunterfahren der Geräte – hätte aber das Walzenspiel „ring of fire (Xl)“, das vom Zeugen K. auch beschrieben wurde, gespielt werden können. Mögliche Aufträge und in Aussicht gestellte Gewinne sind unstrittig. Wer Veranstalter der Walzenspiele (Glücksspiele) war, steht nicht fest. Dass keine Konzession oder Bewilligung für Ausspielungen vorlag, ist unstrittig. Da die gegenständlichen Geräte betriebsbereit im Lokal Stardust (öffentlich zugänglich) aufgestellt waren und deren Funktionsweise eine Einnahmenerzielung ermöglicht, ist bei lebensnaher Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die Geräte auch zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung betrieben wurden. Zudem ist bei realistischer Betrachtungsweise weiters davon auszugehen, dass auch die P. GmbH die Banknotenlesegeräte der Geräte zur Durchführung von Glücksspielen im Lokal Stardust zur Verfügung stellte, um selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es sind im Verfahren im Übrigen keine ausreichenden Anhaltspunkte hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die P. GmbH die Banknotenlesegeräte aus reiner Freigiebigkeit zur Verfügung gestellt hätte oder, dass diese von P. GmbH gar nicht freiwillig zur Verfügung gestellt worden wären (sondern etwa gestohlen worden wären). Derartiges wurde vom Beschuldigten im Übrigen nicht einmal konkret behauptet.

 

3.5.      Es liegt unstrittig ein sog. Inlandssachverhalt vor. Die Feststellungen zum Glücksspielverhalten, inklusive des problematischen und pathologischen Spielverhaltens ergeben sich aus der Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom x in H. In dieser Studie ist die Erhebungs- und Auswertungsmethodik nachvollziehbar dargelegt, es sind aus Sicht des erkennenden Gerichts im Verfahren keine Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit dieser Studie hervorgekommen. Die Feststellungen zu den Tätigkeiten des BMF, der Finanzpolizei und der Konzessionäre sowie die Feststellungen zur Anbindung an das B. gründen vor allem auf den Angaben des BMF im Glücksspielbericht 2010-2013 und im Evaluierungsbericht des BMF zu den Auswirkungen des Glücksspielgesetzes 2010-2014. Aus Sicht des erkennenden Gerichts bestehen hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen in der den Berichten keine Bedenken gegen die Richtigkeit, zumal auch davon auszugehen ist, dass das BMF über den Inhalt und Umfang der Tätigkeiten der Behörden Kenntnis hat und aufgrund der Funktion als Aufsichtsbehörde auch über bestimmte Tätigkeiten der Konzessionäre informiert ist. Gründe dafür, dass vom BMF diesbezüglich auf Tatsachenebene falsche Auskünfte gegeben worden wären, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

 

3.6.      Die der Stellungnahme vom 11. Dezember 2015 angeschlossenen Beilagen wurden berücksichtigt. Es handelt sich dabei um einen Antrag auf Vorabent­scheidung (Beilage 1), Urteil LG Feldkirch (Beilage 2), Einstellungsbeschluss (Beilage 3), Ladung (Beilage 4), Urteil EuGH (Beilage 5), Entscheidung LVwG (Beilage 6), Beschluss LG Wels (Beilage 7), Beschlüsse LG Linz (Beilage 8 und 9), Auflistung Glücksspielwerbung (Beilage 10), Konvolut Werbeeinschaltung (Beilage 11), Ausführungen Mag. Z. (Beilage 12), Urteil LG Linz (Beilage 13), Übersicht Spielsuchthilfe (Beilage 14), Zeitungsartikel x (Beilage 15), Anfrage Nationalrat samt Beantwortung (Beilage 16), Email Dr. H. (Beilage 17), Protokolle LG Steyr (Beilage 18), Urteil LVwG (Beilage 19), sowie die bereits erwähnte Kalke Studie 2015. Im Ergebnis sind die Beilagen 1 bis 19 nicht geeignet, die Aussagekraft der Studie Kalke 2015 zu relativieren. Dies gilt insb für die Ausführungen der MMag. Z., die ihre Stellungnahme ohnedies lediglich als „Überblick“ bezeichnet. Die Studie Kalke 2015 wird den Feststellungen zu Grunde gelegt. Soweit in den erwähnten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.           Rechtliche Erwägungen zur maßgeblichen Rechtslage und zum Einwand, das österreichische Glücksspielgesetz müsse unangewendet bleiben:

 

4.1.      Die Bf bringen vor, das GSpG sei unionsrechtswidrig und dürfe nicht angewendet werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in stRsp festhält, ist, um zu einer derartigen Beurteilung zu gelangen, zunächst die Frage zu beantworten, ob das Unionsrecht im konkreten Fall überhaupt anzuwenden ist, was auf Sachverhalte ohne Auslandsbezug nicht zutrifft (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Es ist zu prüfen, ob sich der Bf im vorliegenden Fall auf die Dienstleistungsfreiheit (Art 56 AEUV) oder die Niederlassungsfreiheit (Art 49 AEUV) berufen kann. Der Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit ist insofern eingeschränkt, als sie gemäß Art. 57 AEUV der Niederlassungsfreiheit nachrangig ist (EuGH RS C-55/94). Bei der Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit kommt es auf die Dauer und Verfestigung der Tätigkeit im Ausland an: Die Dienstleistungsfreiheit nimmt derjenige in Anspruch, der sich nur vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat begibt. Er lässt sich dort gerade nicht nieder und ist dementsprechend nicht fest in die dortige nationale Volkswirtschaft integriert. Für diese Abgrenzung zwischen vorübergehender und verfestigter Tätigkeit haben sich in der Rechtsprechung des EuGH einige Indikatoren herausgebildet. Neben Dauer, Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Kontinuität der Auslandstätigkeit kann auch eine infrastrukturelle Verfestigung (etwa in Form eines Büros) gegen den vorübergehenden Charakter einer Dienstleistungstätigkeit sprechen, wenn die Einrichtung nicht nur vorübergehend zur besseren Bewältigung einer konkreten Einzeldienstleistung erforderlich ist und unterhalten wird.

 

4.2.      Es liegt unstrittig kein Fall mit Auslandsbezug vor.  Damit liegt (vgl. hierzu etwa VwGH 27.04.2012, 2011/17/0046 und VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121) kein Sachverhalt vor, der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

 

4.3.      Zur Niederlassungsfreiheit:

 

4.3.1. Damit ein Eingriff (oder streng genommen eine Beschränkung) der Niederlassungsfreiheit angenommen werden kann, musste nach der alten Rechtsprechung des EuGH eine Diskriminierung, also eine Ungleichbehandlung (sei es eine offene oder verdeckte) vorliegen, vgl. etwa EuGH, Rs. C-61/89. Die neuere Rechtsprechung des EuGH ist offener für einen weiten Beschränkungsbegriff und kategorisiert deshalb teilweise auch Regelungen, die unterschiedslos für Inländer wie Ausländer gelten, als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 49 AEUV Beschränkungsverbots setzte sich mit der Rechtssache in Gebhard (EuGH, Rs. C-55/94) fort. Gleichwohl tendiert der EuGH bei der Niederlassungsfreiheit insbesondere bei steuerrechtlichen Regelungen eher zum Maßstab des Diskriminierungsverbots, vgl. EuGH, Rs. C­446/0. Auch neuere Fälle zeigen, dass der EuGH bei der Annahme eines allgemeinen Beschränkungsverbots bei Art. 49 AEUV zurückhaltender als etwa bei der Waren- und Dienstleistungsfreiheit vorgeht, vgl. etwa EuGH, Rs. C-656/08.

 

4.3.2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 6. Dezember 2012, B 1337/11, festgehalten hat, ist es Ziel der gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich der Glücksspielkonzessionen, Straftaten zu verhindern, eine übermäßige Anregung zur Teilnahme am Glücksspiel durch unreglementierte Konkurrenz zu vermeiden und zu verhindern, dass das Glücksspiel ausschließlich zu gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet wird, wobei die strenge Mindestkapitalvorschrift Konzessionswerber vom Markt abhalten soll, die gegebenenfalls mit Hilfe illegaler Geschäfte die finanziellen Voraussetzungen für die Veranstaltung von Glücksspiel schaffen wollen. Im Hinblick auf diese von der österreichischen Rechtsordnung verfolgten Ziele und die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Aufgabe der einzelnen Mitgliedstaaten, im Bereich des Glücksspielwesens im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, erscheint die Bestimmung des § 14 Abs. 2 Z. 3 GSpG über das eingezahlte Stamm- oder Grundkapital jedenfalls nicht unvereinbar mit dem Unionsrecht (VwGH vom 7. März 2013, GZ 2011/17/0304).

 

4.3.3.    Im gegenständlichen Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die Bf über jenes Stamm- oder Grundkapital verfügen würden, welches gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 GSpG als zwingendes Erfordernis für die Erteilung einer Konzession nach dem GSpG Voraussetzung ist. Auch im vorliegenden Fall hat diese Gesellschaft ähnlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom  21.12.2012, 2012/17/0417, „gar nicht behauptet [...], über ein ausreichendes Grund- bzw. Stammkapital bzw. über einen Aufsichtsrat zu verfügen“, sodass auch gegenständlich entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes davon auszugehen ist, dass sie schon deswegen keine Konzession nach § 21 GSpG erlangen konnte, weil sie die zulässigen Rechtsform- und Kapitalerfordernisse nicht erfüllt.

 

4.3.4. Es wurde im Verfahren nicht behauptet, dass sich die Bf um eine Konzession in Österreich bemüht hätte. Eine Konzession könnte ihnen mangels ausreichendem Kapital (Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen Euro iSd § 14 Abs 2 Z 3 GSpG bzw 22 Millionen Euro iSd § 16 Abs 2 Z 3 GSpG)  auch nicht erteilt werden. Die nicht diskriminierenden Bestimmungen des GSpG stehen im Einklang mit der Niederlassungsfreiheit.

 

4.4.      Zur Dienstleistungsfreiheit:

 

4.4.1. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).  Die Dienstleistungsfreiheit umfasst Leistungserbringungen bei vorübergehendem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat. Unternehmer der 28 Mitgliedstaaten der EU, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, dürfen diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. (Dienstleistungsfreiheit).

 

4.4.2. Die Bf verfügen über keine Konzession oder Berechtigung zur Durchführung von Glücksspielen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Es liegt daher kein Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit vor.

 

4.5.      Zur Zielsetzung und den tatsächlichen Wirkungen des GSpG:

 

4.5.1. Im Ergebnis stehen weder Dienstleistungs- noch Niederlassungsfreiheit einer Bestrafung entgegen. Würde man entgegen der Ansicht des LVwG von einem Anwendungsfall der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit ausgehen, wäre nach der Rsp des VwGH Folgendes zu beachten: Der Europäische Gerichtshof hat mit seinen Urteilen vom 15. September 2011, Rs C-347/09 (Dickinger und Ömer), und vom 30. April 2014, Rs C-390/12 (Pfleger), die unionsrechtliche Zulässigkeit des Glücksspielmonopols nicht nur von der Zielsetzung des Gesetzgebers - Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung - sondern auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig gemacht. Im Zuge eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens wäre zu prüfen, ob die Regelungen des Glücksspielgesetzes in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. Dies wäre beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn es trotz der restriktiven Ausgestaltung des Glücksspielrechts in den letzten Jahren zu einer Ausweitung der Spielsucht samt der damit verbundenen Probleme gekommen wäre (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen   wie hier sowohl der Wortlaut und als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren (Vgl OGH 20.01.2015 4Ob200/14m; 4Ob231/14w; 4Ob32/15g; 4Ob10/15x; 4Ob230/14y; 4Ob243/14k; 4Ob244/14g; 4Ob229/14a; 4Ob33/15d; 4Ob6/15h; 4Ob68/15a; 4Ob55/15i; 4Ob97/15s).

 

4.5.2. Gemäß Art 52 iVm 62 AEUV können mitgliedstaatliche Eingriffe in die Freiheiten aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Auch Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH (vgl. etwa Rechtssache Pfleger ua, C-390/12 mwN) durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben der vom EuGH aufgestellten Voraussetzungen Rechnung zu tragen. Sowohl Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit als auch Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinn zu gewährleisten, dass sie kohärent, systematisch und verhältnismäßig sind (vgl. EuGH Rechtssache Gambelli, C-243/01; siehe weiters EuGH Rechtssache Dickinger und Ömer, C-347/09; EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12; VwGH 29.05.2015, Ro 2014/17/0049; VwGH 15.12.2014, Ro 2014/17/0121).

 

4.5.3. Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, weisen in Österreich zwischen 0,34% und 0,60% der Bevölkerung ein problematisches Spielverhalten auf, und es sind (Stand 2015) zwischen ca. 27.600 bis ca. 46.000 Personen spielsüchtig. Die Spielsucht stellt daher in Österreich ein relevantes Problem dar. Durch das im GSpG geregelte Glücksspielmonopol sollen unter anderem die Gelegenheiten zum Spiel vermindert, die Ausnutzung der Spielleidenschaft begrenzt und der Spielerschutz gewährleistet werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die §§ 5, 14, 16, 19, 21, 22, 25, 26, 31 und 56; so ausdrücklich auch die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr 73/2010; in diesem Sinne auch bereits die Rsp der österreichischen Höchstgerichte siehe etwa VfGH 06.12.2012, B1337/11 ua; VfGH 12.3.2015, G 205/2014-15 ua; VwGH 7.03.2013, 2011/17/0304, VwGH 4.11.2009, 2009/17/0147; OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i; 17.02.2015, 4 Ob 229/14a: Aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen sei nicht abzuleiten, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente). Diese Zielsetzungen vermögen daher eine Beschränkung der Glücksspieltätigkeiten im Sinne der Rsp des EuGH zu rechtfertigen. Dem evidenten Spielsuchtproblem in Österreich soll gerade auch durch das im GSpG geregelte Monopol entgegengetreten werden, wobei es sich bei der Normierung eines Monopolsystems um eine geeignete Maßnahme handeln kann, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken (vgl. EuGH Rechtssache Pfleger, C-390/12 RZ 41).

 

4.5.4. Es ist daher zu prüfen, ob die im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit in ihren Wirkungen tatsächlich geeignet sind, dieses Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Hinsichtlich der Eignung der im GSpG normierten Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit zur Erreichung der genannten Ziele in kohärenter und systematischer Weise ist nicht nur zu prüfen, welche gesetzlichen Vorgaben geregelt sind, sondern auch wie diese ungesetzt werden.

 

4.5.5. Das GSpG regelt einerseits die Anforderungen an die Erteilung einer Konzession oder Bewilligung zur Durchführung von Ausspielungen sowie deren Einhaltungsvoraussetzungen, andererseits stellt es Ausspielungen, die ohne Konzession oder Bewilligung durchgeführt werden, unter Strafe und ordnet dazu konkrete Verfolgungsmaßnahmen an. Somit geht aus dem GSpG klar hervor, dass nur jene Glücksspielbetreiber legal Glücksspiele in Form von Ausspielungen anbieten können, die einerseits Inhaber einer Konzession oder Bewilligung sind und andererseits die damit verbundenen Anforderungen fortlaufend erfüllen. Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern (vgl auch VfGH 6.12.2012, B 1337/11) und somit das im GSpG normierte Konzessions- und Bewilligungssystem dem Spielerschutz dienlich ist. Auch der OGH führte bereits aus, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen als solchen nicht abzuleiten sei, dass die Ausgestaltung des Glücksspielrechts nicht dem Ziel des Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung diente (OGH 17.02.2015, 4 Ob 229/14a). Auch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sahen in jüngeren Entscheidungen keine Veranlassung für eine unionsrechtsbedingte Nichtanwendung, amtswegige Gesetzesprüfung oder Anfechtung der Verbotsbestimmungen des Glücksspielgesetzes (siehe etwa VfGH G 82/12, VfSlg 19.749; B 615/2013; VwGH Ro 2014/17/0120, 0121 und 0123; Ro 2014/02/0026; Z 2012/17/0440). Die österreichischen Höchstgerichte gehen demnach (bislang) davon aus, dass die gesetzlichen Vorgaben des GSpG geeignet sind, die festgelegten Ziele zu verfolgen.

 

4.5.6. Durch die zur Vollziehung berufenen Behörden erfolgt auch einerseits die Kontrolle der Einhaltung der Anforderungen an die Konzessionäre und andererseits die tatsächliche Verfolgung und Ahndung von illegalem Glücksspiel.

 

4.5.7. Durch Bedienstete des Bundesministeriums für Finanzen bzw. des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel werden stich­probenartig und unangekündigt Spielbankbetriebe nach abgabenrechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten einer Überprüfung auf Einhaltung der gesetzlichen Regelungen unterzogen (sogenannte „Einschau“). Solche Einschauen erfolgen mehrmals jährlich stichprobenartig und unangekündigt durch Bedienstete der BMF-Fachabteilung bzw. des Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (FAGVG). Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels kommt es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226, 2011 657, 2012 798, 2013 667 und 2014 (bis 3. Quartal) 310 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz, wobei im Jahr 2010 271, 2011 1854, 2012 2480, 2013 1299 und 2014 (bis 3. Quartal) 625 Glücksspielgeräte von der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt wurden. Bereits aufgrund dieser vorläufigen Beschlagnahmen wurden aber grundsätzlich weitere Glücksspiele mit betroffenen Glücksspielgeräten (zumindest für die Dauer der Aufrechterhaltung der Beschlagnahme) verhindert und insoweit die Zugänglichkeit zu Ausspielungen beschränkt.

 

4.5.8. Beim BMF wurde mit 1.12.2010 eine Spielerschutzstelle eingerichtet. Zu den Aufgaben der BMF-Stabsstelle für Spielerschutz gehören insbesondere folgende Punkte: Fachliche Beurteilung von Spielerschutzkonzepten der Bundeskonzessionäre, Aufklärungs- und Informationsarbeit über die Risiken des Glücksspiels, Schaffung einer besseren Datenlage über die Behandlung und Beratung von Patientinnen durch Spielsuchteinrichtungen in Österreich, Evaluierung der GSpG-Novelle 2010 bis zum Jahr 2014 für den Bereich des Spielerschutzes, Unterstützung der Suchtforschung im Bereich des Glücksspiels, Erarbeitung von Qualitätsstandards hinsichtlich Spielerschutzeinrichtungen im Sinne des Glücksspielgesetzes und Erarbeitung eines Anerkennungsverfahrens für diese, bessere Koordinierung der Arbeit der Spielerschutzeinrichtungen und Erarbeitung/Vorstellung von Best-Practice-Modellen einer Zusammenarbeit zwischen Konzessionären und Bewilligungsinhabern sowie unabhängigen Spielerschutzeinrichtungen, regelmäßiger Erfahrungsaustausch und Dialog zwischen Suchtberatung und Glücksspielaufsicht.

 

4.5.9. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich ferner, dass durch die GSpG-Novellen 2008/2010 die Anbindung von Glücksspielautomaten und Videolotterieterminals der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH (B.) elektronisch festgelegt worden ist. Aus der elektronischen Anbindung an das Datenrechenzentrum der B. können unter anderem folgende Aspekte abgeleitet werden: Erfassung bzw. Kontrolle der minimalen und maximalen Ausschüttungsquoten, Erfassung bzw. Kontrolle der maximalen Ein- und Auszahlungen pro Spiel, Erfassung bzw. Kontrolle der Mindestspieldauer von Einzelspielen, Erfassung bzw. Kontrolle der Abkühlphase und Beschränkung auf die Anzeige spielerschutzbezogener Informationen während dieser Zeit, elektronische Überprüfung der Software-Komponenten zur Verhinderung potenzieller Manipulation von Glücksspielgeräten, Prüfung von Glücksspielgeräten auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen von Bund und Ländern durch unabhängige Unternehmen, äußerliche Kennzeichnung genehmigter Glücksspielgeräte über eine Vignette und Anzeige der Verbindung zum Datenrechenzentrum der B. am Bildschirm.

 

4.5.10.             Schon die oben angeführten Umstände, insbesondere der Kontrollen der Konzessionäre, der Maßnahmen zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels, der Festlegung der Anbindung der Glücksspielautomaten und VLT der konzessionierten Unternehmen an die B. GmbH, aber auch der Einrichtung der Spielerschutzstelle, zeigen nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

 

4.5.11.             Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist die unionsrechtliche Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit auch von der tatsächlichen Wirkung der Regelungen abhängig (so etwa jüngst VwGH Ro 24.04.2015, 2014/17/0126; OGH 20.01.2015, 4 Ob 231/14w).

 

4.5.12.             Als Folge der gesetzlichen und behördlichen Vorgaben werden durch die konzessionierten Betreiber Maßnahmen zum Spielerschutz tatsächlich umgesetzt. So ergibt sich aus dem festgestellten Sachverhalt etwa, dass im Bereich der Spielbanken gemäß dem jährlichen Bericht des Konzessionärs an die Glücksspielaufsicht im Jahr 2013 in Summe nahezu 7.000 Wirtschaftsauskünfte beim KSV 1870 eingeholt wurden und ferner bei Auskunfteien online-„Sofort-Checks“ erfolgten. Auch wurden im Jahr 2013 über 621.000 Spielbankbesucher den monatlichen Screening-Prozessen des Konzessionärs unterzogen. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zudem, dass zum 31.12.2013 in österreichischen Spielbanken bei 22.435 Spielbankbesuchern aufrechte, gültige Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten und 4.381 aktive Selbstsperren bestanden. In den V-O wurde bei begründetem Anlass in über 11.000 Fällen zur Alterskontrolle anhand eines Lichtbildausweises aufgefordert, wovon in mehr als 1.300 Fällen der Zutritt verwehrt wurde.

 

4.5.13.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich weiters, dass es zu keiner Ausbreitung der Glücksspielsucht seit 2009 in Österreich gekommen ist. Gerade beim in Hinblick auf spielbedingte Probleme besonders risikoreichen Automatenglücksspiel ist die Prävalenz des problematischen und pathologischen Spielens (von ca. 13,5% [2009] auf ca. 8,1% [2015] bei Automaten in Kasinos und von ca. 33,2% [2009] auf ca. 27,2% [2015] bei Automatenaufstellungen außerhalb von Casinos) seit 2009 zurückgegangen. Auch ist der durchschnittliche Geldeinsatz im Automatenglücksspielbereich außerhalb von Spielbanken merklich gesunken. Es zeigt sich auch, dass die Prävalenzwerte für die Automatenspiele der konzessionierten „C A“ im Vergleich zu den (häufig auch nicht bewilligten) Ausspielungen in Spielhallen, Kneipen oder Tankstellen eher gering ausfallen.

 

4.5.14.             Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, insbesondere der oben dargestellten tatsächlich durchgeführten Spielerschutzmaßnahmen durch die konzessionierten Betreiber und dem dargestellten Spielverhalten in Österreich (bezogen auf den Vergleichszeitraum 2009 bis 2015), erachtet das erkennende Landesverwaltungsgericht auch hinsichtlich der tatsächlichen Wirkungen der Regelungen des GspG eine unionsrechtlichen Zulässigkeit der Beschränkungen der Glücksspieltätigkeit als gegeben.

 

4.5.15.             Zum Vorbingen betreffend die Werbetätigkeit ist folgendes auszuführen: Aus der Rsp des EuGH ergibt sich, dass Werbung für Glücksspiel nicht generell dem Unionsrecht widerspricht, aber die Werbetätigkeit maßvoll und eng darauf begrenzt werden muss, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken (vgl dazu etwa Rechtssachen Dickinger/Ömer, C-347/09; Placanica, C-338/04; HIT hoteli u.a., C-176/11). Gemäß § 56 Abs. 1 GSpG haben die Konzessionäre und Bewilligungsinhaber bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Maßstab zu wahren, wobei die Einhaltung im Aufsichtswege überwacht wird. Bei Beurteilung der Werbetätigkeit kommt es nicht auf eine einzelne Werbung an, sondern es ist vielmehr die Gesamtheit der Werbemaßnahmen der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber heranzuziehen (vgl. auch OGH 27.11.2013, 2 Ob 243/12t).

 

4.5.16.             Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass sich der Anteil der Personen, die in den letzten 12 Monaten irgendein Glücksspiel um Geld gespielt haben, im Zeitraum 2009 bis 2015 kaum verändert hat. Insgesamt hat sich der Geldeinsatz (in absoluten Zahlen) zwar von 53 € auf 57 € (also nur in etwa um die Inflationsrate) erhöht, bei den besonders problematischen Automatenspielen außerhalb der Kasinos ist er sogar deutlich zurückgegangen. Auch die Anzahl der Spielsüchtigen ist in diesem Zeitraum nicht gestiegen. Daraus ist abzuleiten, dass die Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber in ihrer Gesamtheit im Ergebnis jedenfalls kein Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele bewirkt hat. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob jede einzelne Werbemaßnahme jedes Konzessionärs und Bewilligungsinhabers den Vorgaben des EuGH entspricht, da die Werbetätigkeit in ihrer Gesamtheit jedenfalls nicht dem Wachstum des gesamten Markts für Glücksspiele dient. Auch wenn einzelne Werbemaßnahmen für sich genommen geeignet sein sollten, die Spiellust zu wecken bzw. zu verstärken, so hat jedenfalls die Gesamtheit der Werbetätigkeiten nicht zu einer Ausweitung des Glücksspieles geführt. Es haben daher die Gesamtwirkungen der Werbetätigkeit die kohärente und systematische Verfolgung der Ziele des GSpG nicht beeinträchtigt. Soweit in den erwähnten von den Bf vorgelegten Beilagen auf einzelne Werbemaßnahmen Bezug genommen wird, ist festzuhalten: Die aufgezeigte Werbetätigkeit erscheint maßvoll und eng darauf begrenzt, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spielernetzwerken zu lenken. Anderes lässt sich daraus nicht erschließen.

 

4.5.17.             Nachdem es in Österreich (bezogen auf den Zeitraum 2009 bis 2015) zu keinem Wachstum des gesamten Glücksspielmarkts gekommen ist und (nach der Rsp des EuGH) eine Werbung der Konzessionäre für ihre Produkte zum Zweck, den vorhandenen Markt für sich zu gewinnen, jedenfalls zulässig ist (vgl. EuGH Rechtssache Dickinger/Ömer C‑347/09, RN 69), geht das Oö. Landesver­waltungsgericht im Ergebnis davon aus, dass die bisherige Werbetätigkeit der Konzessionäre bzw. Bewilligungsinhaber nicht zur Unionsrechtswidrigkeit der österreichischen Regelungen betreffend die Beschränkungen der Glücksspieltätig­keiten führt.

 

4.5.18.             Zusammenfassend ergibt sich daher für das erkennende Landesver­waltungsgericht, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorge­kommenen Umstände eine Unionsrechtswidrigkeit durch die österreichischen Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nicht vorliegt. Die von der österreichischen Regelung vorgesehenen Beschränkungen verfolgen vom EuGH anerkannten Gründe des Allgemeininteresses und sind geeignet, diese in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Die Beschränkungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig.

 

4.6.      Zu den offenen Beweisanträgen betreffend die Frage der Unionsrechts­konformität ist Folgendes auszuführen:

 

4.6.1. Der Bf hat die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis des Anstiegs der Anzahl an Spielsüchtigen und der Ineffektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz insbesondere innerhalb der Jahre 2010 bis 2015 beantragt (1.2.). Soweit sich der Bf auf Aussagen von Fachleuten beruft, wonach die Zahl der spielsüchtigen Personen in den letzten Jahren gestiegen sei, sind diese nicht geeignet, die Untauglichkeit des GSpG und der behördlichen Maßnahmen zu beweisen. In der aktuellen Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielprobleme in Österreich – Ergebnisse der Repräsentativerhebung 2015“ von Dr. Kalke und Prof. Dr. Wurst vom x in H sind gerade diese Parameter in wissenschaftlicher Weise erhoben und ausgewertet worden. Diese Studie ist schlüssig und nachvollziehbar. Wahrnehmungen und Einschätzungen (auch einer größeren Zahl) von mit der Materie befassten Einzelpersonen können die Studie nicht widerlegen. Dies wäre nur durch eine auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Studie möglich. Die Beweisanträge waren daher abzuweisen.

 

4.6.2. Soweit Zeugeneinvernahmen zum Beweis dafür beantragt wurden, dass die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz ineffektiv seien, ist auszuführen, dass die Zeugen lediglich ihre persönliche Meinung (ob eine „Ineffektivität“ vorliegt) darstellen könnten, die allenfalls auf Umständen gründet, die sich in ihrem unmittelbaren Umfeld abspielen. Hingegen sind der genannten Studie auch Auswirkungen der gesetzlichen Vorgaben und behördlichen Maßnahmen zu entnehmen. Persönliche Meinungen von Einzel­personen sind daher für die vom Oö. Landesverwaltungsgericht vorzunehmende rechtliche Beurteilung, ob angesichts bestimmter tatsächlicher Gegebenheiten die gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen als (im rechtlichen Sinne ausreichend) effektiv angesehen werden können oder nicht, nicht von Relevanz. Auch die Beweisanträge zur Effektivität der gesetzlichen und tatsächlichen Vorkehrungen zum Spielerschutz waren daher abzuweisen.

 

4.6.3. Auch die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens war nicht erforderlich, liegt doch bereits die Studie Kalke 2015 vor.

 

4.7.      Zusammenfassung:

 

4.7.1. Keine der beteiligten Personen weist einen Auslandsbezug auf oder hat behauptet, in Österreich oder in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union über eine Konzession zu verfügen oder sich um eine derartige Berechtigung bemüht zu haben.  Es liegt daher kein Sachverhalt mit Auslandsbezug vor, der in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen würde  (vgl VwGH vom 29.05.2015, GZ 2012/17/0178). Eine Unanwendbarkeit des GSpG wegen eines allfälligen Widerspruchs zum Unionsrecht scheidet aus. Eine Aufnahme der vom Beschuldigten beantragten Beweise betreffend die behauptete Unionsrechtswidrigkeit war daher schon aus diesem Grund nicht erforderlich.

 

4.7.2. Das LVWG hat die vorhandenen Beweismittel eingehend geprüft. Das BMF hat sich wie schon erwähnt umfassend und schlüssig zur Zielsetzung des GSpG geäußert. Es werden – wie das BMF ebenfalls betont, massive Anstrengungen zur Eindämmung der Spielsucht unternommen und entsprechende Maßnahmen gesetzt.  Wenn man das Vorbringen der Bf, Spieler würden auf andere Mitgliedstaaten der Europäischen  ausweichen, als wahr unterstellt, kann die Republik Österreich dafür keine Verantwortung treffen (vgl Pkt 3 im Urteil des EUGH RS C-347/09). Die von den Bf beantragten Beweise und vorgelegten Urkunden sind ungeeignet, ein vollständiges Bild über die Auswirkungen des Glücksspielgesetzes zu vermitteln. Einer möglichen Ausbreitung der Glücksspielsucht konnte entgegengewirkt werden. Die Regelungen des Glücksspielgesetzes führen in ihrer Gesamtheit dazu, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird. (vgl VwGH vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126). Die Bestimmungen sind daher koheränt.

 

4.7.3. Da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des VfGH, VwGH und EUGH geklärt ist, konnte von einer Anfechtung beim VfGH Abstand genommen werden. Das Recht der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit des Glücksspielgesetzes nicht entgegen.

 

5.     Rechtliche Beurteilung:

 

5.1.      Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GspG) lauten:

 

Ein Glücksspiel im Sinne des GSpG ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs. 1 GSpG).

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (BGBl 620/1989) – GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 13/2014) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu
60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Aus­spielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unter­nehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6.000 Euro bis zu 60.000 Euro zu verhängen.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 leg.cit. ist, sofern durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklich ist, nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

5.2.      Zum angelasteten Tatvorwurf iSd § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (Unternehmerische Beteiligung, 4. Tatbild):

 

Aufgrund der festgestellten Funktionsweise der an den Geräten mit den FA-
Nrn. 1 bis 12 verfügbaren virtuellen Walzenspielen ist auch im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 08.09.2005, 2000/17/0201) davon auszugehen, dass das Spielergebnis vorwiegend vom Zufall abhängt und die virtuellen Walzenspiele somit als Glücksspiele iSd § 1 Abs. 1 GSpG zu qualifizieren sind.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit diesen Geräten Glücks­spiele veranstaltet wurden, um dadurch selbstständig und nachhaltig Einnahmen zu erzielen. Es handelt sich bei diesen Glücksspielen auch um Ausspielungen iSd § 2 GSpG. Aufgrund der Funktionsweise der verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräte mit den darauf verfügbaren Spielen, bei denen Spieleinsätze zu leisten und Gewinne in Aussicht gestellt sind, ist – in Ermangelung einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz – von einer verbotenen Ausspielung iSd § 2 Abs. 4 GSpG auszugehen. Weiters ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und diese Ausspielungen auch nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Die P. GmbH ist Eigentümerin des in den Geräten eingebauten Banknotenlesegeräte. Die P. GmbH hat sich an der Veranstal­tung von Glücks­spielen, an de­nen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, unter Verwendung des aufgestellten betriebsbereiten und funktionsfähigen Gerätes unternehmerisch iSd § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG beteiligt, um da­mit selbständig und nachhaltig Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzie­len, indem sie die Banknotenleser der Geräte, mit denen den Spielern für einen geld­werten Einsatz Gewinne in Aussicht gestellt wurden und deren Spielergebnis ausschließlich vom Zufall abhing, gegen Entgelt  zur Verfügung gestellt hat. Die Bf ist gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich verantwortlich. Der objektive Tatbestand der im Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretung ist erwiesen. In diesem Sinne bezieht sich die unternehmerische Beteiligung unmittelbar auf die Veranstaltung von Glücksspielen und ist nicht mit der bloßen Strom- oder Gebäudevermietung zu vergleichen. Die als erwiesen angenommene Tat iSd § 44a Z 1 VStG war aber auf den 16. Mai 2014 einzuschränken.

 

Die Tat ist gemäß § 52 Abs 3 GSPG jedenfalls als Verwaltungsübertretung zu ahnden (VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, VfGH 10. März 2015, G 203/2014-16).

 

5.3.      Zum Verschulden:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, soweit die Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Da § 52 GSpG über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt nach § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwider­handeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sog „Ungehorsamsdelikt“). Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 23.12.1991, 88/17/0010 mwN).

 

Die Bf beruft sich im Ergebnis auf einen Verbotsirrtum. Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechtsauskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18.9.2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetzlichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16.11.1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskranken­kasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21 (Stand 1.7.2013, rdb.at). Der Bf beruft sich lediglich auf die vereinzelt gebliebene Judikatur des LVwG Oö. Der Bf konnte sich demnach nicht erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen, sondern unterliegt bestenfalls einem Rechtsirrtum, der ihm allerdings vorwerfbar ist. Dem Bf ist damit im Ergebnis fahrlässiges Verhalten anzulasten.

 

5.4.      Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Bei der Strafzumessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessens­entscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

 

Bei Übertretung mit mehr als drei Eingriffsgegenständen ist gemäß § 52 Abs. 2 GSpG für jeden Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3.000 Euro bis zu 30.000 Euro zu verhängen.

 

Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerend war kein Umstand zu werten. Der Strafbemessung war die unbestritten gebliebene Schätzung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Bf zu Grunde zu legen (1.1. und 2.3.).

 

Die belangte Behörde verhängte jeweils die Mindeststrafe. Im Beschwerde­verfahren ergab sich eine Einschränkung des Tatzeitraumes auf den 16. Mai 2014. Das sich aus § 42 VwGVG ergebende Verbot der reformatio in peius führt dazu, dass dann, wenn im Erkenntnis der Tatzeitraum reduziert wird - sofern nicht andere Strafzumessungsgründe heranzuziehen sind als im bekämpften Bescheid -, nicht die gleiche Strafe verhängt werden darf wie im Bescheid (VwGH 21.02.2012, 2010/11/0245). Im Ergebnis waren daher gemäß § 42 VwGVG unter Anwendung des § 20 VStG die verhängten Strafen herabzusetzen. Eine weitere Herabsetzung oder gar eine Ermahnung kamen auf Grund des keinesfalls als geringfügig anzusehenden Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretungen nicht in Betracht. Das Verbot der reformatio in peius stand im Übrigen der Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe für FA Nr 11 entgegen. Damit reduziert sich auch der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde. Für das Beschwerdeverfahren sind bei diesem Ergebnis keine Kosten zu entrichten.

 

6.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

6.1.      Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

6.2.      Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des VwGH geklärt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1.   Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungs­gerichtshof einzubringen.

 

2.   Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 14. Dezember 2016, Zl.: Ra 2016/17/0190-3