LVwG-601151/3/KOF/HK

Linz, 27.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn P H,
geb. 1977, vertreten durch die N Rechtsanwalt GmbH, gegen das Straferkenntnis
der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 03. November 2015, GZ. VerkR96-6219-2015 wegen Übertretungen des KFG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I./1:

Betreffend Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses

(Verwaltungsübertretungen nach Art.6 Abs.1 EG-VO 561/2006) wird der Beschwerde stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

I./2., 3. und 4.:

Betreffend die Punkte 2., 3. und 4. des behördlichen Straferkenntnisses (Verwaltungsübertretungen nach Art. 8 Abs.1 und Abs.2 EG-VO 561/2006 sowie nach Art. 8 Abs.6 EG-VO 561/2006) ist der Schuldspruch

– durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen.

Hinsichtlich der Strafen wird der Beschwerde insofern stattgegeben,
als die Geldstrafen sowie Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herab- bzw. festgesetzt werden:

 

 

·      zu 2. und 3. gesamt:           300 Euro  bzw.  48 Stunden

·      zu 4.:                                                    100 Euro  bzw.  16 Stunden

Der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren

beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.

Für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

 

I./5.:

Punkt 5. des behördlichen Straferkenntnisses

(Verwaltungsübertretung nach Art.34 Abs.3 EG-VO 165/2014) ist

– durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen.

 

Der Beschwerdeführer hat somit insgesamt zu bezahlen:

·      Geldstrafe (0 + 300 + 100 + 300 =) ...................................... 700 Euro

·      Kosten für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren ........... 70 Euro

  770 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt

(0 + 48 + 16 + 48 =) .......................................................... 112 Stunden.

 

 

II.          

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG  nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das

in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

Tatzeit (Kontrollzeit):  20.04.2015, 14:51 Uhr:

Tatort (Kontrollort):  Gemeinde Sierning, L122 (Voralpenstraße) bei km 39.000,  

                              Kontrollplatz entlang der B 122 in Fahrtrichtung Allhaming

Fahrzeug:  LKW Marke, Type, Farbe, Kennzeichen SE-.....

 

Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welcher zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse 3,5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen:

 

 

Es wurde festgestellt, dass Sie ....

1) die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden bzw. zwei Mal wöchentlich
10 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten an folgendem Tag überschritten haben:

àa) 23.03.2015 von 03:56:00 Uhr bis 28.03.2015 um 10:25:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 29 Stunden 05 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 19 Stunden und 05 Minuten.

àb) 01.04.2015 von 04:47:00 Uhr bis 04.04.2015 um 09:43:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 19 Stunden 59 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 09 Stunden und 59 Minuten.

àc) 15.04.2015 von 03:46:00 Uhr bis 18.04.2015 um 09:55:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 18 Stunden 05 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 08 Stunden und 05 Minuten.

àd) 13.04.2015 von 02:57:00 Uhr bis 14.04.2015 um 18:35:00 Uhr mit einer Lenkzeit von 12 Stunden 18 Minuten. Die Überschreitung der verlängerten täglichen Lenkzeit von 10 Stunden betrug somit 02 Stunden und 18 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 6 Abs.1 EG-VO 561/2006

 

2) innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit in zwei Teilen genommen haben, aber der zweite Teil nicht einen ununterbrochenen Zeitraum von 9 Stunden umfasst hat, obwohl der erste Teil einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 3 Stunden und der zweite Teil nicht auf einem Fährschiff oder auf der Eisenbahn verbracht wurde und einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens 9 Stunden umfassen muss.

a) Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 30.03.2015 um 02:42:00 Uhr.

Die unzureichende aufgeteilte tägliche Ruhezeit von 3 Stunden + 9 Stunden betrug somit nur 3 Stunden + 07 Stunden und 11 Minuten.

b) Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 13.04.2015 um 02:57:00 Uhr.

Die unzureichende aufgeteilte tägliche Ruhezeit von 3 Stunden + 9 Stunden betrug somit nur 3 Stunden + 07 Stunden und 03 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs.1 und 2 EG-VO 561/2006

 

3)  nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammen­hängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhe-zeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. 

Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 01.04.2015 um 04:47:00 Uhr.

Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden,

bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist,

betrug somit 07 Stunden und 42 Minuten.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art.8 Abs.1 und 2 EG-VO 561/2006

 

 

4) die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von mindestens 45 Stunden nicht eingehalten haben, obwohl der Fahrer eine wöchentliche Ruhezeit spätestens am Ende von sechs 24 Stunden Zeiträume nach dem Ende der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit einzuhalten hat.

àEnde der vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit am 07.04.2015 um 03:35:00 Uhr. In diesem Zeitraum wurde nur eine unzureichende wöchentliche Ruhezeit von 41 Stunden und 50 Minuten eingelegt.

Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art.8 Abs.6 EG-VO 561/2006

 

5) es, obwohl Sie sich als Fahrer am 23.03.2015 bis zum 20.04.2015 zumindest zeitweise nicht im Fahrzeug aufgehalten haben und daher nicht in der Lage waren, das in das Fahrzeug eingebaute Gerät (analoger Fahrtschreiber) zu betätigen, unterlassen haben, die in „Absatz 5, Buchstabe b Ziffern ii, iii und iv" genannten Zeiträume von Hand, durch automatische Aufzeichnung oder auf andere Weise lesbar und ohne Beschmutzung des Schaublattes einzutragen.

àEs fehle bei jedem Tag der manuelle Nachtrag.

Dies stellt anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F.,

einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 134 Abs.1 KFG i.V.m. Art. 34 Abs.3 EG-VO 165/2014

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Geldstrafen
– im Falle der Uneinbringlichkeit: Ersatzfreiheitsstrafen – verhängt:

 

zu 1.:  300 Euro  bzw.  48 Stunden                                  gemäß 1. – 5.:                  

zu 2.:  250 Euro  bzw.  38 Stunden                        § 134 Abs.1 und Abs.1b KFG

zu 3.:  200 Euro  bzw.  32 Stunden

zu 4.:  200 Euro  bzw.  32 Stunden

zu 5.:  300 Euro  bzw.  48 Stunden

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen (Verfahrenskosten 1. Instanz):

 Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro

 

 

 

 

 

 

     Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt somit  1.375 Euro

 

 

 

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist

eine begründete Beschwerde erhoben.

 

 

 

 

125,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

 

 

Der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bf hat zwar in der Beschwerde eine mündlichen Verhandlung (mVh) beantragt, jedoch mit Schriftsatz (ohne Datum, eingelangt: 11. Jänner 2016) darauf ausdrücklich verzichtet.

Die Durchführung einer mVh war daher nicht erforderlich.

 

Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:

Der Bf verweist – zutreffend – auf den Durchführungsbeschluss der Kommission vom 7.6.2011 zur Berechnung der Tageslenkzeit gemäß der EG-VO 561/2006.

Art. 1 dieses Durchführungsbeschlusses der Kommission lautet auszugsweise:

„Die Berechnung der Tageslenkzeit endet am Anfang einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 7 Stunden.“

 

Der Bf hat diese Ruhezeit von mindestens 7 Stunden an allen Tagen eingehalten – vom 23.3. – 24.3.; 24.3. – 25.3.; 25.3. – 26.3.; 26.3. – 27.3.; 27.3. – 28.3.;
1.4. - 2.4.; 2.4. – 3.4.; 3.4. – 4.4.; 15.4. – 16.4.; 16.4. – 17.4.; 17.4. – 18.4; 13.4. – 14.4.

 

Die Tageslenkzeiten sind daher nicht zusammenzuzählen, sondern für jeden Tag getrennt zu werten, wobei festgestellt wurde, dass der Bf an keinem einzigen dieser Tage die jeweils erlaubte tägliche Lenkzeit überschritten hat.

 

Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das behördliche Verwaltungsstraf-verfahren einzustellen und auszusprechen, dass der Bf weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

Betreffend die Punkte 2. 3. und 4. des behördlichen Straferkenntnisses ist der Schuldspruch – durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen.

Bei den Punkten 2. und 3. handelt es sich – worauf der Bf in der Stellungnahme zutreffend hinweist – um ein fortgesetztes Delikt und sind somit

nicht zwei Einzelstrafen, sondern ist eine Gesamtstrafe zu verhängen.

Betreffend die Punkte 2. und. 3. wird daher die Geldstrafe auf insgesamt
300 Euro – Ersatzfreiheitsstrafe insgesamt 48 Stunden – herab- bzw. festgesetzt.

 

Strafbemessung zu Punkt 4. des behördlichen Straferkenntnisses:

 

Gemäß Art.4 lit.h EG-VO 561/2006 beträgt

·      die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit mindestens 45 Stunden und

·      die reduzierte wöchentliche Ruhezeit mindestens 24 Stunden.

Eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit ist innerhalb der nächsten

zwei wöchentlichen Ruhezeiten auszugleichen.

 

Beispielsweise wäre eine wöchentliche Ruhezeit von 1.: 30 Stunden und
2.: 50 Stunden (insgesamt daher 80 Stunden) – unter der Voraussetzung des Ausgleichs am darauffolgenden Wochenende – zulässig.

 

Der Bf hat (von – bis)

·      Samstag 11.04. - Montag 13.04. eine Ruhezeit von 41 Stunden 3 Minuten und

·      Samstag 18.04. – Montag 20.04. eine Ruhezeit von 41 Stunden 48 Minuten
– insgesamt somit beinahe 83 Stunden – eingehalten.

 

Bei dieser Fallkonstellation ist die Verhängung der Mindeststrafe (200 Euro)

eine „unangemessene Härte“; siehe VfGH vom 27.09.2002, G45/02 ua.

 

Unter Anwendung des § 20 VStG wird daher die Geldstrafe auf 100 Euro und Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden herab – bzw. festgesetzt.

 

Der Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren beträgt

10 % der neu bemessenen Geldstrafen.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG ist für das Verfahren vor dem LVwG OÖ.

kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.

 

I./5.:

Punkt  5. des behördlichen Straferkenntnisses ist –

durch Zurückziehung der Beschwerde – in Rechtskraft erwachsen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s e

 

1.           Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung

     einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

2.           Der von der belangten Behörde übermittelte Zahlschein ist gegenstandslos.

      Sie erhalten von dieser Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler