LVwG-600919/10/ZO/MP

Linz, 19.01.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde von Frau M M E, geb. x, vertreten durch RA C G, x, R, D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 20.04.2015, GZ: VerkR96-21748-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Die Beschwerdeführerin hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß        § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat der Beschwerdeführerin vorgeworfen das Fahrzeug mit dem pol. Kennzeichen (x) x, M-B, Farbe schwarz, am 07.09.2014, 15.35 Uhr in der Gemeinde Unterach am Attersee, B 151 bei km 28.717 in Fahrtrichtung Nußdorf gelenkt zu haben und dabei die außerhalb des Ortsgebietes liegende kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 27 km/h überschritten zu haben.

 

Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Zif. 10 a StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 100,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde Sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10,00 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin zusammengefasst geltend, dass Sie den genannten Verkehrsverstoß nicht begangen habe, da weder Sie noch eine andere Person das Fahrzeug gelenkt und es sich an diesem Tag nicht in Österreich befunden habe. Dies könne gegebenenfalls von Ihrem Ehemann bestätigt werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 01.06.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.12.2015. An dieser Verhandlung haben die Vertreterin der Beschwerdeführerin sowie die belangte Behörde teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Von einem Beamten der Polizeiinspektion U wurden 07.09.2014 um 15.35 Uhr im Gemeindegebiet von Unterach a.A. auf der B 151 Geschwindigkeitsmessungen mittels Laser, Type Truespeed durchgeführt. Dabei stellte der Polizist eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h mit dem angezeigten PKW, Kennzeichen x, Marke M-B, Farbe schwarz, fest. Eine Anhaltung war vom Standort des anzeigenden Beamten aus nicht möglich. Gegen die Strafverfügung der Behörde wurde rechtzeitig Einspruch erhoben. Die im Verfahren folgende Lenkererhebung konnte nicht beantwortet werden.

 

Im Zuge der Verhandlung wurde von der Vertreterin der Beschwerdeführerin angeführt, dass offenbar eine Verwechslung vorgelegen habe. Beim Fahrzeug handelt es sich um einen silbergrauen nicht jedoch um einen schwarzen M, welcher ausschließlich von der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten verwendet wird. Am 07.09.2014 sei dieses Fahrzeug den ganzen Tag zuhause gestanden und nicht in Österreich gelenkt worden. Dies wurde auch in einer schriftlichen Stellungnahme des Ehegatten bestätigt.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Die wesentlichen rechtlichen Bestimmungen lauten:

Gemäß § 52 lit.a Z.10a StVO.1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Nach § 45 Abs.1 VStG die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn gemäß Z1 die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung sowohl des Verwaltungs- als auch des Verfassungsgerichtshofes ist es grundsätzlich zulässig, im Rahmen der Beweiswürdigung davon auszugehen, dass ein bestimmtes Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Zulassungsbesitzer gelenkt wurde. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Zulassungsbesitzer seiner Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren nicht nachkommt.

 

Die Lenkeranfrage der Behörde wurde durch die Beschwerdeführerin dahingehend beantwortet, dass keine Auskunft gegeben werden kann, wer das Fahrzeug zum ggstl. Zeitpunkt gelenkt hat. Es könne auch keine andere Person benannt werden. Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass das Fahrzeug den ganzen Tag in D gestanden sei. Des Weiteren sei das Fahrzeug silbergrau und nicht schwarz. Weiters wurde in der Beschwerde eine schriftliche Bestätigung des Ehemannes beigelegt wonach das Fahrzeug den ganzen Tag in der Garage gestanden sei.

Mit dem bloßen Hinweis, dass Messungen ein taugliches Mittel zur Feststellung der Fahrgeschwindigkeit sind, kann – wie auch hier - nicht in jedem Einzelfall automatisch ein straftauglicher Beweis erbracht gelten. Wenngleich auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung davon ausgeht, dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung grundsätzlich die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (VwGH 8.9.1998, 98/03/0144 u.v.a.), lässt sich dennoch kein derartiger Messvorgang mit einem anderen gleichsetzen. Es ist immer auf den Einzelfall abzustellen und zu beurteilen, ob ein vorliegendes Messergebnis eine taugliche Grundlage für einen Tatbeweis bildet (vgl. VwGH 14.6.1995, 95/03/0005, VwGH 3.9.2003, 2001/03/0172).

Aus all diesen Überlegungen und dem gegenüber dem Landesverwaltungsgericht in sich stimmig dargestellten Überlegungen konnte der Beschwerdeführerin im Ergebnis gefolgt werden. Ein erhebliches Indiz für eine Verwechslung des angezeigten Fahrzeuges bzw. einen Fehler beim Ablesen oder Notieren des Kennzeichens ist die Tatsache, dass nachweislich von unterschiedlichen Farben die Rede ist. Gegen die Glaubwürdigkeit der Beschwerdeführerin spricht letztlich, dass sie auf diesen Umstand erst sehr spät hingewiesen hat.

Auf die Zeugeneinvernahme des anzeigenden Beamten konnte aufgrund des bisher verstrichenen Zeitraumes verzichtet. Selbst wenn dieser seine Angaben in der Anzeige bestätigen würde, würde dies nichts daran ändern, dass eine Verwechslung beim Ablesen oder Notieren des Kennzeichens nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte, dies auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Fahrzeugfarbe.

Unter all diesen Umständen kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass das Fahrzeug am Tatort verwendet wurde. Der Beschwerdeführerin kann die vorgeworfene Übertretung nicht nachgewiesen werden. Das Verfahren war daher einzustellen.

 

 

Zu II. Die Entscheidung über die Kosten für das Beschwerdeverfahren ist in § 52 VwGVG begründet.

 

Zu III. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Für die Beschwerdeführerin ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl