LVwG-601145/6/Kof/CG LVwG-601146/6/Kof/CG

Linz, 23.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn J I, geb. 1964,
vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. B H gegen

·         das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 02.11.2015, VerkR96-1606-2015 wegen Übertretungen des KFG und

·         den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.03.2015, VerkR96-1606-2015 wegen Verfall einer Sicherheitsleistung

nach der am 15. Februar 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.:

Beschwerde gegen das Straferkenntnis (= LVwG-601146):

 

I/1.:

Betreffend Punkt 1. – Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm
§ 101 Abs.1 lit.e KFG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das behördliche Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer für
das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einen Kostenbeitrag von 40 Euro zu bezahlen.

 

I./2.:

Betreffend Punkt 2. – Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm
§ 4 Abs.7a KFG wird der Beschwerde gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Der Beschwerdeführer hat weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten

zu bezahlen.

 

 

 

II.:

Beschwerde gegen den Verfallsbescheid (= LVwG-601145):

 

Die/Der Beschwerde wird hinsichtlich

·         dem Betrag von 260 Euro als unbegründet abgewiesen und

·         dem Betrag von 90 Euro stattgegeben.

 

 

III.:

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf)

·         das in der Präambel zitierte Straferkenntnis und

·         den in der Präambel zitierten Verfallsbescheid

– auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

 

Straferkenntnis:


„Fahrzeuge:  Kennzeichen ......, LKW;   Kennzeichen ....., Anhänger       

Tatort:  Gemeinde St. Florian am Inn, B 137 Innviertier Straße bei Strkm 60,000.

Tatzeit:  19.02.2015, 10:55 Uhr.

 

1)   Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert war.

Es wurde festgestellt, dass die transportierten Fahrzeuge nicht ausreichend gesichert waren und die verwendeten Sicherungsgurte teilweise eingerissen waren.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 102 Abs.1 i.V.m. 101 Abs.1 lit.e KFG

2)   Sie haben sich als Lenker, obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die größte zulässige Gesamtlänge gem. § 4 Abs. 7a KFG für Kraftwagen mit Anhängern von 18,75 Meter um 2 Meter und 5 Zentimeter überschritten wurde.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 102 Abs.1 i.V.m. 4 Abs.7a KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von               falls diese uneinbringlich ist,                                    gemäß

      Ersatzfreiheitsstrafe von    

1)  200 Euro                       1) 40 Stunden                                             1) § 134 Abs.1 KFG

2)  150 Euro                       2) 30 Stunden                                             2) § 134 Abs.1 KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

35 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) abzüglich

der geleisteten Sicherheitsleistung von 350 Euro beträgt daher 35 Euro.“

 

 

Verfallsbescheid:

„Aufgrund einer Übertretung nach

1)    § 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 101 Abs.1 lit.e KFG

2)    § 102 Abs.1 KFG i.V.m. § 4 Abs.7a KFG

wurde am 19.02.2015 um 10:55 Uhr in der Gemeinde St. Florian am Inn,

Landesstraße Freiland Nr. 137 bei km 60.000, Innviertlerstraße,

eine vorläufige Sicherheit von 350 Euro eingehoben.

 

S p r u c h

 

Die von den Straßenaufsichtsorganen der PI ANDORF vom 19.02.2015

gegen Bestätigung vorläufig eingebrachte Sicherheitsleistung wird für verfallen erklärt.

 

Rechtsgrundlage:  § 37a Abs.5 iVm § 37 Abs.5 VStG“

 

 

Gegen dieses Straferkenntnis sowie gegen diesen Bescheid hat der Bf  innerhalb offener Frist eine begründete Beschwerde erhoben.  

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art. 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Am 15. Februar 2016 wurde beim LVwG Oö. eine – vom Rechtsvertreter des Bf ausdrücklich beantragte – mündliche Verhandlung durchgeführt.

Zu dieser sind sowohl der Bf,  als auch dessen Rechtsvertreter – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.

 

Ist der Bf – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 45 Abs.2 VwGVG bzw. 19 Abs.3 AVG iVm § 17 VwGVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses
in dessen Abwesenheit als zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;   

                  vom 30.01.2004, 2003/02/0223; vom 03.09.2003, 2001/03/0178;

                  vom 18.11.2003, 2001/03/0151; vom 25.02.2010, 2009/09/0146;

                   vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334.

VwGH vom 18.06.2015,  Ra 2015/20/0110

    

 

Es fällt einzig und allein dem Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn der Bf von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178

unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

I.      Betreffend das behördliche Straferkenntnis ist auszuführen:

 

Zu 1. - mangelnde Ladungssicherung:

Der Lenker muss beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges auch mit einer
Voll(Not)bremsung rechnen. Der OGH zählt in seiner verkehrsrechtlichen Judikatur jedenfalls neben einem kontrollierten Auslenken eine Vollbremsung zu einer „normalen“ Abwehrreaktion, die von einem Fahrzeuglenker verlangt werden kann; vgl. OGH vom 25.10.2000, 2 Ob 362/99w.

Die Verpflichtung des Lenkers zu einer Vollbremsung im Bedarfsfall umfasst

auch die Ladungssicherheit für den Fall einer Vollbremsung.

VwGH vom 30.03.2011, 2011/02/0036.

 

Aus den im behördlichen Verfahrensakt enthaltenen Lichtbildern (Farbkopien)
ist ersichtlich, dass die vom Bf für die Ladungssicherung verwendeten Sicherungsgurte schadhaft bzw. teilweise eingerissen waren.

 

Dass schadhafte/eingerissene Gurte zur Ladungssicherung nicht geeignet sind, ist eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 45 Abs.1 AVG, welche keines weiteren Beweises bedarf; siehe dazu auch OGH vom 24.06.1999, 2Ob119/99k.

 

Die Geldstrafe beträgt 200 Euro (= 4 % der möglichen Höchststrafe nach

§ 134 Abs.1 KFG) und ist dadurch als milde zu bezeichnen.

 

Betreffend Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses

war somit die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem LVwG Oö. ........... 20 % der verhängten Geldstrafe (= 40 Euro).

 

Zu 2. – Überschreitung der höchst zulässigen Gesamtlänge:

Gemäß dem behördlichen Straferkenntnis hat die Länge des Kraftwagenzuges (Autotransporter) 20,80 m betragen, sodass die nach § 4 Abs.7a KFG zulässige höchste Gesamtlänge von 18,75 m um .......... 2,05 m überschritten wurde.

 

 

Diese Überschreitung der Gesamtlänge ergibt sich – siehe die bereits erwähnten Lichtbilder (Farbkopien) – durch das „Ausziehen der Ladestützen“.

Im Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 16. März 1987,

Zl. 439.342/I-IV/2/87 wird unter anderem ausführt:

Bei Fahrzeugen zum Transport von Fahrzeugen haben Längenüberschreitungen durch Ladestützen zur zusätzlichen Sicherung und Stabilisierung des zulässigen Überhangs von Ladungen außer Betracht zu bleiben.

 

Dieser Erlass begründet zwar keine subjektiven öffentlichen Rechte und

ist auch für das Landesverwaltungsgericht nicht bindend.

Dem Bf ist jedoch bei Zutreffen der im Erlass für die Nichtberücksichtigung
der Ladestützen angeführten Voraussetzungen ein unverschuldeter Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs.2 VStG zuzubilligen;

siehe dazu ausführlich VwGH vom 26.01.2000, 99/03/0275.

 

Betreffend Punkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses war daher der Beschwerde stattzugeben, das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen sowie auszusprechen, dass der Bf weder eine Geldstrafe, noch Verfahrenskosten
zu bezahlen hat.

 

Der Bf hat somit insgesamt zu entrichten:

·                    Geldstrafe (200 + 0 =) .......................................................... 200 Euro

·                    Kosten für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren ................. 20 Euro

·                    Kosten für das Verfahren vor dem LVwG Oö ............................... 40 Euro

            260 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt (40 + 0 =) .................................. 40 Stunden.

 

II.   Zum Bescheid betreffend Verfall der Sicherheitsleistung:

Der Bf hat – wie unter Punkt 1. dargelegt – einen Betrag von insgesamt 260 Euro zu bezahlen. – Somit wird betreffend die vom Bf eingehobene Sicherheitsleistung in der Höhe von 350 Euro

·         der Betrag von 260 Euro für verfallen erklärt und

·         betreffend dem Betrag von 90 Euro der Beschwerde stattgegeben.

 

 

III.     Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) und/oder einer außerordentlichen Revision
beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH).

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro

zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler