LVwG-750285/17/MB/SA – 750286/2

Linz, 22.02.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerden der 1) G O KG, x und 2) der T B, x, beide vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K Z, x, gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenats der Landeshauptstadt Linz vom 19. Juni 2015, GZ: PPO-RM-Pol-150020-11, mit dem die Berufung gegen den Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 3. März 2015, GZ: 0052863/2014, betreffend die Bordellschließung, abgewiesen wurde,

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG iVm § 11 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Schließung im verfahrensgegenständlichen Lokal im Bereich der Separees derart zu erfolgen hat, dass der Zugang zum Gang und den Separees grundsätzlich räumlich möglich ist. Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 19. Juni 2015, GZ: PPO-RM-Pol-150020-11, wies der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) die Berufung der nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) gegen den Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 3. März 2015, GZ: 0052863/2014, wegen Abweisung der Vorstellung der Bf gegen den Mandatsbescheid vom 3.11.2014 betreffend Bordellschließung, nach dem
Oö. Sexualdienstleistungsgesetz ab. Der Antrag, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wurde ebenfalls zurückgewiesen und einer gegen den Berufungsbescheid eingebrachten Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die belangte Behörde sprach darüber wie folgt ab:

 

„Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz hat über die Berufung 1) der G O KG (FN x), X, und 2) der T B, X, beide vertreten durch Mag. K Z, Rechtsanwalt, X, gegen den Bescheid des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 03.03.2015, GZ 0052863/2014, entschieden:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.

III. Einer gegen den Berufungsbescheid eingebrachten Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:

§ 11 Abs 2 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz (Oö. SDLG);

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG);

§ 34 Abs. 2 und § 64 Abs. 1 Statut für die Landeshauptstadt Linz 1992 (StL 1992)

Zu II.:

§ 64 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

Zu III.:

§ 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG)“

 

Begründend führte die belangte Behörde Nachstehendes aus:

 

I. Sachverhalt, Verfahrensverlauf

 

1. Die Erstberufungswerberin besitzt im Standort „X" die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Nachtklubs („O B").

Die Zweitberufungswerberin vertritt als unbeschränkt haftende Gesellschafterin die Erstberufungswerberin nach außen und ist zugleich gewerberechtliche Geschäftsführerin.

Wie zahlreiche im Konzessionsakt der Gewerbebehörde aufliegende Anzeigen aus den 1970er-bis 1990er-Jahren belegen, war die „O B" schon in der Vergangenheit Gegenstand umfangreicher polizeilicher Ermittlungen wegen unbefugter Prostitutions-ausübung.

 

2. Bei einer Einvernahme vor der Erstbehörde am 29.10.2014 gab der Zeuge G.G. Folgendes zu Protokoll:

„Am 19.10.2014 um ca. 02:00 Uhrsuchte ich spontan die O B in L, x, auf, da sie mir als Bordell bekannt war. Zuerst trank ich mit 2 Prostituierten Sekt, dann wurde mir von einer Prostituierten ein Besuch des Separees angeboten. Bei der Kellnerin an der Bar musste ich € 90,- für die Benutzung des Separees bezahlen. Um ca. 3:00 Uhr wurde ich von Beamten des Erhebungsdienstes beim Ausüben des G betreten."

 

3. Am 30.10.2014 führten Organe des Magistrates Linz gemeinsam mit Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach § 15 Abs. 1 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz (Oö. SDLG) eine Überprüfung der in Rede stehenden Räumlichkeiten durch. Dabei gelangte das amtshandelnde Organ des Magistrates Linz zur Auffassung, dass vom Betrieb eines Bordells auszugehen sei.

In Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wurde die Schließung dieses Bordells durch Versiegelung der Zimmer (Separees) und die Anbringung von Schließungsplakaten vorgenommen.

 

4. Mit einem auf § 57 Abs. 1 AVG gestützten Mandatsbescheid vom 03.11.2014 richtete der Magistrat Linz an die Berufungswerberinnen folgende Anordnungen:

1. Die Schließung des Bordells in L, X wird verfügt.

2. Die am 30.10.2014 amtlich angebrachten Bordellschließungsplakate sowie die Versiegelungen dürfen während der Geltungsdauer dieses Bescheides nicht unkenntlich, nicht beschädigt, nicht überdeckt und nicht abgenommen werden. Auch dürfen die betroffenen Türen und der beim Eingang zu den einzelnen Separees aufgestellte A-Ständer nicht entfernt bzw. ausgetauscht werden.

3. Die beiliegenden zwei Bordellschließungsplakate sind gut sichtbar und so, dass sie vom Gehsteig aus leicht lesbar sind, in den zwei Schaukästen (D.straße und S.straße) anzubringen und während der Betriebszeit mit der vorhandenen Beleuchtung zu beleuchten.

 

5. Mit Schriftsatz vom 19.11.2014 erhoben die Berufungswerberinnen gemäß § 57 Abs. 2 AVG fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid und bestritten die Prostitutionsausübung im gegenständlichen Lokal. Vorgebracht wurde, dass von der Betreiberin des Lokals lediglich Getränke verkauft und Separees für Tanzvorführungen zur Verfügung gestellt würden. Sämtlichen Tänzerinnen sei bewusst, dass die Prostitution im Lokal verboten sei. Mit jeder Tänzerin werde diesbezüglich eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen, in welcher diese ausdrücklich bestätige, dass Prostitution nicht ausgeübt werden dürfe. Im Übrigen seien die Separees auch nicht für die Prostitution geeignet, da weder Betten noch Türen vorhanden seien. Die Separees seien lediglich durch Vorhänge vom Gastlokal abgetrennt. Sollte tatsächlich eine der Tänzerinnen sexuelle Handlungen mit einem Gast durchgeführt haben, so handle es sich um ihre Privatangelegenheit und liege dies nicht im Interesse der Vorstellungswerberinnen. Zum Beweis dafür wurde die Einvernahme der bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs betretenen Person, Frau M H, beantragt.

 

6. Mit Verfahrensanordnung vom 26.11.2014 (zugestellt am 27.11.2014) leitete die Erstbehörde durch Einräumung der Gelegenheit, Akteneinsicht zu nehmen und eine Stellungnahme zu erstatten, das Ermittlungsverfahren ein.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2014 erstatteten die Berufungswerberinnen eine Stellungnahme und hielten ihre bisherige Rechtfertigung aufrecht.

 

7. Mit Bescheid vom 03.03.2015 wies der Magistrat Linz die Vorstellung ab und sprach aus, dass die mit Bescheid vom 03.11.2014 verfügten Maßnahmen vollinhaltlich aufrecht bleiben.

In der Begründung des Bescheides wurden - neben den behördlichen Wahrnehmungen bei der Amtshandlung am 30.10.2014 - auch ausführlich Auszüge aus einschlägigen Internetforen widergegeben, in denen „Freier" ihre Erfahrungen mit Prostituierten in der „O B" schildern.

Am Ende der Bescheidbegründung findet sich der Satz: „Daher wird gem. § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen."

 

8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom 18.03.2015 fristgerecht eingebrachte Berufung, mit welcher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde begehrt wird.

Zugleich wurde der Antrag gestellt, der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründet wurde dies damit, dass durch die Anbringung von Schließungsplakaten und die damit verbundene fehlende Nutzungsmöglichkeit der Separees den Berufungswerberinnen erhebliche finanzielle Nachteile entstehen würden, wobei der damit verbundene Schaden unwiederbringlich sei. Dieser Schaden stehe in keinem Verhältnis mit den behaupteten öffentlichen Interessen.

Das Rechtsmittel wurde von der Erstbehörde - unter Verzicht auf eine Berufungsvorentscheidung - am 24.03.2014 der Berufungsbehörde zur Entscheidung vorgelegt.

 

9. Am 27.03.2013 ersuchte die Berufungsbehörde den Erhebungsdienst des Magistrates Linz um Durchführung einer unangekündigten Kontrolle und Berichterstattung, ob im gegenständlichen Etablissement nach wie vor Sexualdienstleistungen angebahnt oder ausgeübt werde.

Am 28.05.2015 übermittelte das Stadtpolizeikommando Linz eine am 27.05.2015 aufgenommene Niederschrift über die zeugenschaftliche Einvernahme des Exekutivbeamten T. H. nachstehenden Inhalts:

„Zu den Erhebungen hinsichtlich des Verdachtes auf illegale Prostitutionsausübung, im Hause L, X (Lokal O B) befragt, wird folgendes angegeben:

Auf Grund mehrerer Hinweise, dass in L, O B, trotz Prostitutionsverbot die Prostitution angebahnt bzw. ausgeübt werden soll, wurden von mir entsprechende Ermittlungen durchgeführt :

Am 26.05.2015 um ca. 22.15 Uhr begab ich mich zur angeführten Adresse, L, S.straße Nr. x. Nach dem Betreten des Lokals konnte ich links neben der Bar drei Damen an einem Tisch sitzen sehen, welche auch entsprechend bekleidet waren. Ich meine damit, dass sie in Reizwäsche beim dortigen Tisch gesessen sind. Hinter der Bar stand ebenfalls eine Frau, von der ich der Meinung war, dass es sich hiebei um die Chefin handeln könnte. Auch wurde mir von dieser persönlich die Eingangstüre geöffnet.

Ich habe dann an der Bar Platz genommen und ein Getränk bestellt. Von der Chefin wurde dann ein Mädchen tanzen - an der dortigen Stange - geschickt und ein Mädchen begab sich zu mir an die Bar. Ich habe sie dann zu einem Getränk eingeladen. Während unserem Gespräch fragte sie mich ganz unverblümt, ob ich mit mir ihr aufs Zimmer gehen würde. Ich fragte sie, was am Zimmer alles möglich sei und was es kosten würde. Sie antwortet, dass eine halbe Stunde € 90,- kosten würde, wobei Blasen und Ficken inbegriffen wäre. Dies sei aber alles nur mit Gummi möglich. Auf meine Frage, wo denn das Zimmer sei, hat [sie] in Richtung Tanzfläche gezeigt und meinte dazu, dass man rechts neben der Tanzfläche durch den dortigen Mauerbogen zu dem Zimmer gelangen würde.

Das Mädchen sei ihrer Aussage nach von Ungarn gewesen und sie nannte sich A.

Ich fragte A, ob ich mir vorher das Zimmer ansehen könnte. Sie verneinte dies, und sagte, dass ich vorher bei der Frau hinter der Bar bezahlen müsse und dann würde sie mit mir auf das Zimmer gehen. Da ich mit dem nicht einverstanden war, kam es zu keiner Ausübung, sondern lediglich zu einer Anbahnung der Prostitution. Später habe ich dann das Lokal verlassen.

Auf Grund meiner Feststellung kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass in der O B nach wie vor die illegale Prostitution ausgeübt wird."

 

10. Mit verfahrensleitender Verfügung vom 01.06.2015 räumte die Berufungsbehörde zur oben zitierten Niederschrift das Parteiengehör ein, worauf die Berufungswerberinnen mit Schriftsatz vom 15.06.2015 eine Stellungnahme erstatteten und darin die Feststellungen des einvernommenen Exekutivbeamten unter Hinweis auf Videoaufzeichnungen und eine Befragung der Tänzerin „A" bestritten.

 

II.    Rechtslage

 

1.    Oö. Sexualdienstleistungsgesetz (Oö. SDLG), LGBI. Nr. 80/2012 zuletzt geändert durch LGBI. Nr. 90/2013:

§ 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

1. Sexualdienstleistung: Die gewerbsmäßige Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die gewerbsmäßige Vornahme sexueller Handlungen.

2. Anbahnung der Sexualdienstleistung: Ein Verhalten, das die Absicht erkennen lässt, eine Sexualdienstleistung ausüben zu wollen.

3. Gewerbsmäßigkeit: Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn die Anbahnung, Duldung oder Handlung wiederholt zu dem Zweck erfolgt, sich eine, wenn auch nicht regelmäßige, Einnahme zu verschaffen.

4. Bordell: Betrieb, in dem die Sexualdienstleistung durch eine oder mehrere Personen angebahnt oder ausgeübt wird.

5. Bordellähnliche Einrichtungen: Insbesondere Häuser, in denen Personen in angemieteten Zimmern oder Wohnungen voneinander unabhängig Sexualdienstleistungen anbahnen oder ausüben (Laufhäuser); bordellähnliche Einrichtungen gelten als Bordell.

 

§ 4

Bewilligungspflicht

(1) Ein Bordell darf nur mit Bewilligung der Gemeinde betrieben werden (Bordellbewilligung). Jede wesentliche Änderung des Bordellbetriebs bedarf vor ihrer Ausführung ebenfalls der Bewilligung.

§ 11

Mängelbehebung und Schließung

(1) Die Gemeinde hat nötigenfalls die Bewilligungsinhaberin bzw. den Bewilligungsinhaber

zur Schaffung von sanitären Einrichtungen und Sicherheitsvorkehrungen nach der gemäß § 6 Abs. 2 erlassenen Verordnung sowie zur Behebung allfälliger sonstiger Mängel zur Sicherstellung der sachlichen Voraussetzungen gemäß § 6 für den Betrieb eines Bordells unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten.

(2) Die Gemeinde hat die Schließung eines Bordells mit Bescheid zu verfügen, wenn

1. dieses ohne rechtskräftige Bewilligung betrieben wird, oder

2. dem Auftrag nach Abs. 1 nicht fristgerecht entsprochen wird, oder

3. den Organen der nach diesem Landesgesetz zur Überprüfung zuständigen Behörden der Zutritt nicht ermöglicht oder die erforderliche Auskunft nicht erteilt wird, oder

4. beim Betrieb gegen Bestimmungen dieses Landesgesetzes oder auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen oder Bescheide verstoßen wird. Im § 6 Abs. 1Z 1 genannte nachträglich entstandene Einrichtungen bilden keinen Schließungsgrund.

(3) Besteht offenkundig der Verdacht einer Verwaltungsübertretung, die nach Abs. 2 die Schließung eines Bordells zur Folge hat, und ist mit Grund anzunehmen, dass der rechtswidrige Betrieb fortgesetzt wird, so kann die Gemeinde auch ohne vorangegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheids nach Abs. 2 die zur Schließung des Betriebs notwendigen Maßnahmen an Ort und Stelle treffen. Über die Schließung des Bordells ist innerhalb von vier Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen. Wird diese Frist nicht eingehalten, gelten die getroffenen Maßnahmen als aufgehoben.

(4) Rechtsfolge der Schließung ist, dass das Bordell trotz rechtskräftiger Bewilligung nicht betrieben werden darf. Außer in den Fällen des Abs. 3 letzter Satz ist die Schließung von der Gemeinde mit Bescheid aufzuheben, wenn nachgewiesen wird, dass der Grund für die Schließung weggefallen ist.

§15

Betretungs- und Überprüfungsrechte

(1) Die Organe der nach § 14 zuständigen Behörden sowie die im Auftrag der Sicherheitsbehörde handelnden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind berechtigt, jederzeit und unangekündigt die Einhaltung der Bestimmungen dieses Landesgesetzes und der auf dessen Grundlage ergangenen Verordnungen und Bescheide zu überprüfen und zu diesem Zweck die für den Betrieb des Bordells oder der Peep-Show verwendeten Grundstücke, Gebäude und Räumlichkeiten zu betreten. Zur Durchsetzung dieser Betretungs- und Überprüfungsrechte ist die Anwendung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig.

§ 17

Strafbestimmungen

(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet,

begeht eine Verwaltungsübertretung, wer

1.  ein Bordell ohne Bewilligung betreibt;

2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2013:

§ 57. (1) Wenn es sich um die Vorschreibung von Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab oder bei Gefahr im Verzug um unaufschiebbare Maßnahmen handelt, ist die Behörde berechtigt, einen Bescheid auch ohne vorausgegangenes Ermittlungsverfahren zu erlassen.

(2) Gegen einen nach Abs. 1 erlassenen Bescheid kann bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden. Die Vorstellung hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen die Vorschreibung einer Geldleistung gerichtet ist.

(3) Die Behörde hat binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung das Ermittlungsverfahren einzuleiten, widrigenfalls der angefochtene Bescheid von Gesetzes wegen außer Kraft tritt. Auf Verlangen der Partei ist das Außerkrafttreten des Bescheides schriftlich zu bestätigen.

§ 64. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Berufung hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

3.    Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung des BGBl. I Nr. 122/2013:

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

 

 

III.   Erwägungen

 

1.    Zu Spruchabschnitt I.

 

1.1   Der Magistrat Linz erließ mit Erledigung vom 03.11.2014 einen auf § 57 Abs. 1 AVG gestützten Mandatsbescheid, mit dem die Schließung eines näher bezeichneten Bordells verfügt wurde.

Dagegen wurde von den nunmehrigen Berufungswerberinnen mit Schriftsatz vom 19.11.2014 fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung (§ 57 Abs. 2 AVG) eingebracht. Durch die innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung erfolgte Einräumung des Parteiengehörs (Verfahrensanordnung vom 26.11.2014) leitete die Erstbehörde ein Ermittlungsverfahren ein (Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 39 mwN) und verhinderte dadurch das Außerkrafttreten des Mandatsbescheides.

Prozessgegenstand des Vorstellungsverfahrens war der Mandatsbescheid vom 03.11.2014, den die Erstbehörde mit ihrem Bescheid vom 03.03.2015 durch die Abweisung der Vorstellung bestätigt hat. In Folge der dagegen eingebrachten Berufung und der aus § 66 Abs. 4 AVG resultierenden Sachentscheidungspflicht der Berufungsbehörde ist das in Kraft gebliebene Mandat nunmehr von der Berufungsbehörde in jede Richtung auf Grund der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides bestehenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Die Berufungsbehörde hat bescheidmäßig neu zu entscheiden, d.h. auszusprechen, ob der Mandatsbescheid aufrecht bleibt, behoben bzw. abgeändert wird (Hengstschläger/Leeb, AVG § 57 Rz 48 und § 66 Rz 80).

 

1.2 Die Erlassung eines Schließungsbescheides nach § 11 Abs. 2 Oö. SDLG setzt das Vorliegen eines Bordells und die Erfüllung bestimmter in den Z. 1 bis 4 dieser Bestimmung - alternativ - normierter Tatbestände voraus.

 

1.2.1 Der Rechtsbegriff „Bordell" wird in § 2 Z. 4 Oö. SDLG als „Betrieb, in dem eine Sexual-dienstleistung durch eine oder mehrere Personen angebahnt oder ausgeübt wird", definiert. Keine Legaldefinition findet sich im Oö. SLDG hingegen für das Tatbestandselement „Betrieb". Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Begriff erübrigt sich jedoch, da nach § 2 Z. 5 Oö. SLDG auch „bordellähnliche Einrichtungen" ex lege als „Bordelle" gelten. Die in dieser Bestimmung enthaltende Beschreibung einer „bordellähnlichen Einrichtung" ist - wie sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere" ergibt - lediglich demonstrativ und knüpft in keiner Weise an das Vorliegen eines „Betriebes" an. In den Gesetzesmaterialien [Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten betreffend das Landesgesetz, mit dem die Anbahnung und Ausübung von Sexualdienstleistungen geregelt wird (Oö. Sexualdienstleistungs-gesetz - Oö. SDLG), Beilage 618/2012 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. Gesetzgebungsperiode] werden unter „bordellähnliche Einrichtungen" solche verstanden, wo zwar Sexualdienstleistungen angeboten werden, die jedoch nicht dem klassischen Bordellbegriff entsprechen, wie etwa Studios ohne Barbetrieb und so genannte Laufhäuser, in denen Sexdienstleisterinnen und Sexdienstleister voneinander unabhängig in angemieteten Räumen oder Wohnungen Sexualdienstleistungen anbahnen oder ausüben.

Da im vorliegenden Fall die festgestellten Sexualdienstleistungen ohnehin im Rahmen eines Gastronomiebetriebes („Nachtklub") stattgefunden haben, erübrigen sich weitere Ausführungen zu diesem Thema.

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch, dass es für das Vorliegen eines Bordells bzw. einer bordellähnlichen Einrichtung ausreicht, dass eine Sexualdienstleistung lediglich „angebahnt" wird, worunter ein Verhalten zu verstehen ist, das die Absicht erkennen lässt, eine Sexualdienstleistung ausüben zu wollen (§ 2 Z. 2 Oö. SDLG). Bietet daher eine Person einer anderen Person die Duldung oder Vornahme einer sexuellen Handlung in einer Räumlichkeit an, so wird dieser Ort bereits durch die „Anbahnung" zu einem Bordell, selbst wenn es dort nie zur tatsächlichen Ausübung einer Sexualdienstleistung kommt.

Für den dem Begriff „Sexualdienstleistung" innewohnenden Begriff der „Gewerbsmäßigkeit" (§ 2 Z. 3 Oö. SDLG) kommt es wiederum nur darauf an, dass die Anbahnung, Duldung oder Handlung wiederholt (d.h. öfter als einmal; vgl. VwGH 26.11.2010, 2007/04/0213, mwN) zu

dem Zweck erfolgt, sich eine, wenn auch nicht regelmäßige, Einnahme zu verschaffen. Wem diese Einnahme letztlich zufließt, ist bedeutungslos.

 

1.2.2 Im vorliegenden Fall ist als erwiesen anzusehen, dass am 19.10.2014 der Zeuge G.G. in der „O B" mit einer weiblichen Person gegen Entgelt einen Geschlechtsverkehr vollzogen hat.

Weiters nimmt die Berufungsbehörde als erwiesen an, dass am 26.05.2015 dem Zeugen T.H. in der „O B" von einer weiblichen Person die Vornahme bzw. Duldung von sexuellen Handlungen („Blasen", „Ficken") gegen Entgelt angeboten wurde. Die Berufungswerberinnen bestreiten zwar in ihrer Stellungnahme vom 15.06.2015 dieses Faktum unter Hinweis auf ein Gespräch mit der (nicht mit vollem Namen und Angabe einer ladungsfähigen Adresse genannten) „Tänzerin" sowie einer (der Berufungsbehörde nicht übermittelten) Videoaufzeichnung. Dem steht jedoch die in einer den Formvorschriften des § 14 AVG entsprechenden Niederschrift wiedergegebene zeugenschaftliche Aussage eines unter Amtseid stehenden und der Wahrheitspflicht unterliegenden Exekutivbeamten gegenüber, der die Situation schlüssig und widerspruchsfrei geschildert hat. Im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG erachtet daher die Berufungsbehörde die Aussage des Zeugen T.H. glaubwürdiger als die - von den Berufungswerberinnen nicht unter Beweis gestellten - Angaben in der Stellungnahme vom 15.06.2015.

 

1.2.3 Generell bestreiten die Berufungswerberinnen das Vorliegen eines Bordells mit dem Argument, dass mit sämtlichen Tänzerinnen im Lokal eine schriftliche Vereinbarung abgeschlossen sei, in welcher diese ausdrücklich bestätigen würden, dass die Prostitution nicht ausgeübt werden dürfe. Entgegen dieser Vereinbarung von den Tänzerinnen mit Gästen durchgeführte sexuelle Handlungen seien Privatangelegenheit der Tänzerinnen und daher den Berufungswerberinnen nicht zuzurechnen.

Mit diesem Vorbringen wird allerdings verkannt, dass für das Vorliegen eines Bordells allein das Faktum der Anbahnung oder Ausübung einer Sexualdienstleistung ausreicht. Ob diese Sexualdienstleistung mit Wissen oder Willen jener Person erbracht wird, die über die betreffende Örtlichkeit (Wohnung, Gastgewerbebetrieb usw.) verfügungsberechtigt ist, spielt keine Rolle. Da es - anders als in einem Verwaltungsstrafverfahren - in einem auf § 11 Abs. 2 Oö. SDLG gestützten Schließungsverfahren auf ein Verschulden des Verfügungsberechtigten nicht ankommt, geht das diesbezügliche Vorbringen schon vom Ansatz her ins Leere und braucht daher dieses auch nicht (etwa durch die beantragte Einvernahme der Zeugin M H) unter Beweis gestellt werden.

1.2.4 Da nun aber unzweifelhaft die Existenz eines Bordells anzunehmen ist und für dieses keine rechtskräftige Bewilligung vorliegt, ist vom Vorliegen der Schließungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z. 1 Oö. SDLG ausgehen, weshalb in Bestätigung des angefochtenen Bescheides die Schließung des Bordells auch in zweiter Instanz zu verfügen war.

 

1.3   Das Oö. SDLG enthält keine eindeutige Regelung, an wen ein Schließungsbescheid zu richten ist. Während in den Fällen des § 11 Abs. 2 Z. 2 und 4 Oö. SDLG - also beim Vorliegen einer Bordellbewilligung - wohl davon auszugehen ist, dass der Schließungsbescheid gegenüber dem Bewilligungsinhaber zu erlassen ist, kommt im Falle des konsenslosen Betriebs eines Bordells nicht nur der Betreiber, sondern (auch) jede Person in Betracht, die die rechtliche Verfügungsgewalt über jene Räumlichkeiten besitzt, in denen die Sexualdienstleistungen ausgeübt werden. Bei der Schließung, welche - wie bereits ausgeführt - ausschließlich auf das Vorhandensein eines Bordells abstellt, handelt es sich ja um keine Bestrafung, sondern um eine sichernde Maßnahme, die weder ein Verschulden am Bordellbetrieb voraussetzt noch fordert, dass der Bescheidadressat in irgendeinem Zusammenhang mit dem Bordell steht. Der aus dem Schließungsbescheid Verpflichtete muss lediglich - objektiv - in der Lage sein, die Schließung zu realisieren, was in Ansehung des gegenständlichen Gastgewerbebetriebs bei der Erstberufungs-werberin als Betriebsinhaberin und der Zweitberufungswerberin als gewerberechtliche Geschäftsführerin jedenfalls zu bejahen ist.

 

Aus den dargestellten Gründen war daher die vorliegende Berufung abzuweisen.

 

2.    Zu Spruchabschnitt II.

 

2.1 Die vorliegende Berufung enthält auch den Antrag „auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung" (gemeint wohl: „den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung aufgehoben wird").

2.2 Nach § 64 Abs. 1 AVG hat eine (rechtzeitige und zulässige) Berufung ex lege aufschiebende Wirkung. Durch einen aus den Gründen des § 64 Abs. 2 AVG zu erfolgenden Ausschluss der aufschiebenden Wirkung werden Rechte und Pflichten für die Parteien dahingehend festgelegt, dass der Bescheid - obwohl er noch nicht rechtskräftig ist - sofort vollstreckt bzw. in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann, d.h. seine Rechtswirkungen mit der Erlassung eintreten. Eine derartige Verfügung ist daher in den Spruch des Bescheides aufzunehmen. Findet sich der Ausschluss hingegen nur in der Begründung des Bescheides, hat die Berufung aufschiebende Wirkung (Hengstschläger/Leeb, AVG [2. Ausgabe 2014] § 64 Rz 36).

2.3 Im Spruch des angefochtenen Bescheides vom 03.03.2015 wurde von der Erstbehörde keine Verfügung nach § 64 Abs. 2 AVG getroffen. Lediglich im letzten Satz der Bescheidbegründung wird angemerkt, dass „gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen wird."

Da somit aber ein normativer Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung im Bescheidspruch fehlt, kam der Berufung ex lege aufschiebende Wirkung zu, sodass der „Aufschiebungsantrag" ins Leere ging und keiner materiellen Beurteilung zugänglich ist. Er war daher zurückzuweisen.

 

3.    Zu Spruchabschnitt III.

 

3.1 Die Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen diesen Berufungsbescheid hätte in Folge der aufschiebenden Wirkung einer solchen Beschwerde (§ 13 Abs. 1 VwGVG) zur Folge, dass die verfügte Bordellschließung während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht durchgesetzt werden könnte und daher die Gefahr der weiteren Prostitutionsausübung im betreffenden Lokal gegeben wäre.

3.2 Gemäß § 13 Abs. 2 VwGG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung von Bescheid-beschwerden unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen ausschließen. Diese Voraussetzungen entsprechen jenen des § 64 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, S. 96, Anm. 5).

Stehen daher einander das Interesse des Berufungswerbers (Beschwerdeführers) an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels und das Interesse anderer Verfahrensparteien oder das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit gegenüber, hat die Behörde eine Interessenabwägung zwischen dem Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers und den entgegenstehenden Interessen anderer Parteien oder des öffentlichen Wohles vorzunehmen (VwGH 03.07.2003, 2002/20/0078; vgl. auch Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 64 Rz 32).

 

3.3 Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Erstbehörde konnten die im Betrieb tätigen Damen kein Gesundheitsbuch gemäß der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen, BGBl. Nr. 314/1974 idF BGBl. Nr. 591/1993, und auch keine Unterlagen über eine Untersuchung gemäß der Oö. Tuberkulose-Reihenuntersuchungsverordnung, LGBI. Nr. 80/1999 idF LGBI. Nr. 18/2010, vorweisen. In Folge der Erbringung der Sexualdienstleistungen durch nicht gesundheitsüberwachte Personen ist aber eine Gesundheitsgefährdung der Kunden zu befürchten, weshalb Gefahr im Verzug vorliegt und daher eine vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im öffentlichen Interesse gelegen ist. Demgegenüber beschränkt sich der (in der Berufung geltend gemachte) Nachteil der Rechtsmittelwerberinnen auf die fehlende Nutzungsmöglichkeit der - allein von der Schließung betroffenen - Separees. Führt man sich nun aber vor Augen, dass der Gastgewerbebetrieb als solcher von der Schließung nicht umfasst ist und die von den Berufungswerberinnen ins Treffen geführten Tanzvorführungen wohl auch im allgemein zugänglichen Bereich des Gastlokals (z.B. Barbereich) möglich sind, kann ein das öffentliche Interesse an der Schließung überwiegendes Interesse der Berufungswerberinnen an der Sistierung der Bescheidwirkungen während eines (allfälligen) Beschwerdeverfahrens nicht erkannt werden.

 

3.4   Einer gegen diesen Berufungsbescheid einzubringenden Beschwerde war daher die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.“

 

2. Gegen diesen am 24. Juni 2015 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 22. Juli 2015.

 

Darin stellen die Bf den Antrag, das Oö. Landesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen und nach Aufnahme der angebotenen Beweise den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben; in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung rückverweisen.

 

Die Bf begründen ihre Beschwerde wie folgt:

 

„In umseits bezeichneter Verwaltungssache erstatten die Beschwerdeführerinnen die Firma G O KG sowie Frau T B durch den ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist gegen den Berufungsbescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz-Präsidium, Personal und Organisation, Abt. Rechtsmittel verfahren vom 19.06.2015 zu PPO-RM-Pol-150020-11 (0015114/2015 PPO/RM), zugestellt am 24.06.2015,

 

BESCHWERDE

 

und führen aus wie folgt:

 

Der gegenständliche Berufungsbescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Bescheid des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 03.03.2015 zu GZ 0052863/2014 als unbegründet abgewiesen, der Antrag der Berufung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen wurde zurückgewiesen und einer Beschwerde gegen den Berufungsbescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Die Beschwerdeführerinnen führen erst seit einigen Jahren das gegenständliche Lokal.

 

Das gegenständliche Lokal wurde nie als Bordell geführt und ist den Beschwerdeführerinnen sehr wohl bekannt, dass auf dem gegenständlichen Gebäude, X bereits seit Jahren ein Prostitutionsverbot verhängt ist.

 

Mit Kenntnis von diesem Prostitutionsverbot wurde das Lokal auch angemietet und sollte es keinesfalls der Prostitution dienen. Die Beschwerdeführerinnen haben von Anfang an beabsichtigt das Lokal als Tanzlokal zu führen und sollte im Lokal auf der Bühne und auch in den Separees den Kunden erotische Tanzvorstellungen angeboten werden.

 

Die Beschwerdeführerinnen haben auch immer danach getrachtet, dass keine Prostitution durch die Tänzerinnen ausgeübt wird. Bereits bei den Einstellungsbesprechungen wurden die Tänzerinnen vom Prostitutionsverbot in Kenntnis gesetzt und wurde dies auch von ihnen schriftlich zur Kenntnis genommen.

 

Hätten die Beschwerdeführerinnen Kenntnis erlangt, dass trotz des Verbotes sexuelle Handlungen in den Separees von den Tänzerinnen gegen Entgelt erbracht werden, so hätte diese dies unverzüglich verhindert bzw. die jeweiligen Tänzerinnen und Kunden des Lokales verwiesen.

 

Im gesamten Lokal werden auch die Gäste darauf hingewiesen, dass die Ausübung der Prostitution nicht erlaubt ist.

 

Das vom Magistrat Linz verhängte Prostitutionsverbot wird strikt eingehalten.

 

Nachdem die Beschwerdeführerinnen Kenntnis erlangt haben, dass am 19.10.2014 eine Tänzerin Sexualkontakte mit einem Kunden hatte, wurde sie sofort des Lokales verwiesen.

 

Unverständlich ist jedoch, dass diese Tänzerin von der Behörde nie einvernommen wurde.

 

Unter Beiziehung eines Dolmetschers wäre es erforderlich gewesen die Tänzerin einzuvernehmen und wäre dabei zu Tage gekommen, dass sie trotz des Verbotes und trotz der ausdrücklichen Anweisungen der Beschwerdeführerinnen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Sexualdienstleistungen am Kunden erbracht hat.

 

Ihr Einvernahme wurde aber noch in der Nacht mit der Begründung abgelehnt, dass kein Rumänisch-Dolmetscher anwesend wäre.

 

Dieses Argument zählt jedoch nicht und stellt die fehlende Einvernahme einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.

 

Nachdem der Kunde für das Separee für erotische Tanzvorführung bezahlt, ist es den Beschwerdeführerinnen nicht möglich während der Aufführung im Separee zu erscheinen und zu kontrollieren, ob die Anweisungen der Tänzerinnen auch gänzlich eingehalten werden.

 

Aus Gründen der Diskretion können die Beschwerdeführerinnen nur reagieren, sofern sie von derartigen Handlungen Kenntnis erlangt haben.

 

Seit dem die Beschwerdeführerinnen das Lokal führen hat es bis zum 19.10.2014 nie Beanstandungen in dieser Art gegeben Nach Kenntnis des Vorfalles vom 19.10.2014 haben die Beschwerdeführerinnen jedoch sofort reagiert.

 

Nachdem die Beschwerdeführerinnen sämtlichen Tänzerinnen Anweisungen gegeben haben und soweit wie möglich auch Kontrollen durchgeführt haben (durch Gespräche mit den anderen Tänzerinnen) und im Fall des Verstoßes gegen eine Weisung sofort reagiert haben, kann ihnen kein Vorwurf gemacht werden, dass sie die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution in ihrem Lokal zugelassen hätten.

 

Es wird daher erneut die Einvernahme von Frau H M beantragt, allenfalls auch im Rechtshilfeweg.

 

Unverständlich ist auch wozu die Erstbehörde Zeitungsausschnitte und Berichte etc. aus einer Zeit beigeschafft hat, in welcher die Beschwerdeführerinnen das Lokal noch gar nicht geführt haben.

 

Unter anderem wurde von der Erstbehörde eine Niederschrift aus dem Jahre 1977 erwähnt. Allfälliges strafbares Verhalten, welches frühere Betreiber des Lokales gesetzt haben, ist für die Beschwerdeführerinnen nicht relevant. Entscheidend ist lediglich jener Zeitraum, in welchem sie das Lokal geführt haben.

 

Wie bereits oben ausgeführt haben sie bei der Übernahme des Lokales bereits gewusst, dass ein aufrechtes Prostitutionsverbot in diesem Haus besteht.

Wenn nunmehr im Berufungsbescheid angeführt wurde, dass von einem Beamten in einer Niederschrift vom 27.05.2015 dargelegt wurde, dass er am 26.05.2015 um ca. 22.15 Uhr das Lokal aufgesucht hat und er dort mit einer Tänzerin ein Getränk getrunken hat und diese auf die Bühne in Richtung Tanzfläche gezeigt hat, wo in einem angrenzenden Zimmer die Sexualleistungen erbracht werden könnten, so ist dazu erneut auszuführen, dass sich diese Angabe mit den Videoaufzeichnungen, welche im Lokal durchgeführt werden, nicht decken.

 

Wie bereits in der Stellungnahme ausgeführt, wurde die Tänzerin nie auf ein Getränk eingeladen und zeigt sie auch nie in Richtung Tanzfläche. Der Kontakt zwischen dem Zeugen H und der namentlich erwähnten Tänzerin währte lediglich 31 Sekunden.

 

Die Beschwerdeführerinnen wären jederzeit bereit gewesen die Videoaufzeichnungen der Behörde auch vorzulegen.

 

Nachdem die Beschwerdeführerinnen zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert wurden, wurde deren Sichtweise auch schriftlich dargelegt.

 

Aufgrund der Größe wäre es nicht möglich gewesen die Videodatei elektronisch zu übermitteln. Hätte jedoch die Berufungsbehörde Interesse an den Aufzeichnungen gezeigt, so hätte jederzeit eine DVD übermittelt werden können.

 

Die Beschwerdeführerinnen beantragen hiermit die Einvernahme des unter anderem für die Videoaufzeichnung zuständigen Mitarbeiters F F, x und das Abspielen der Videoaufzeichnung im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung.

 

Im Übrigen war die Schließung des Bordelles nicht geboten, da ohnehin, wie bereits mehrfach angeführt ein Prostitutionsverbot über das Gebäude verhängt wurde.

 

§ 11 SDLG ist die Schließung eines Bordells in einem Haus, in welchem ohnehin ein Prostitutionsverbot besteht, nicht vorgesehen.

 

Im Übrigen erfolgte die Schließung nicht gesetzmäßig, da gemäß § 11 Abs. 3 SDLG eine Schließung ohne vorangegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides nach Absatz 2 nur dann möglich ist, wenn offenkundig der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht und mit Grund anzunehmen ist, dass der rechtswidrige Betrieb fortgesetzt wird.

 

Ein Grund zur Annahme, dass der „rechtswidrige Betrieb" fortgesetzt wird, liegt jedenfalls nicht vor.

 

Wie bereits ausgeführt, wurde die Tänzerin nach bekannt werden der Umstände sofort des Lokales verwiesen.

 

Überdies sind Maßnahmen im Sinne des §11 Abs. 2, nur zulässig, wenn ein Bordell ohne rechtskräftige Bewilligung betrieben wird. Die Beschwerdeführerinnen haben nie ein Bordell geführt; lediglich ein Bar mit Tanzvorführungen auf der Bühne oder in Separees. Auch andere Tabledance-Lokale stellen kein Bordell dar.

Nachdem die betroffene Tänzerin nie einvernommen wurde und sich bei ihrer Einvernahme herausgestellt hätte, dass diese allfällige Sexualdienstleistungen entgegen den Anweisungen der Beschwerdeführerinnen erbracht hat, leidet daher das Verfahren an einem erheblichen Verfahrensfehler.

 

Befremdend ist überdies, das sich die Behörde auch auf namentlich unbekannte Postings in diversen Foren stützt. Von Beweisen hier zu sprechen ist völlig unverständlich.

 

Eine verschuldensunabhängige Haftung eines Lokalbetreibers liegt entgegen der Ansicht der Berufungsbehörde nicht vor. Das SDLG erlaubt die Schließung nur dann, wenn unter anderem ein nicht genehmigtes Bordell betrieben wird. Ein Betreiben setzt ein aktives Tun voraus. Die Beschwerdeführerinnen haben aber nichts zur Anbahnung und Ausübung der Prostitution getan. Sie haben im Gegenteil alles getan um diese im Keim zu verhindern.

 

Wenn eine Tänzerin eigene Geschäfte gemacht hat, dann kann der Betreiber des Lokales nicht dafür haften. Eine derartige Haftung ist im Gesetz nicht vorgesehen und ginge auch zu weit. Die Schließung der Separees erfolgte somit gesetzwidrig.

 

Ebenso wurde in rechtswidriger Weise der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung zurückgewiesen.

 

Da die Beschwerdeführerinnen sofort reagiert haben, war die Schließung der Separees durch nichts gerechtfertigt.

 

Durch die Tanzveranstaltungen im Lokal bringen die Beschwerdeführerinnen ihre Einnahmen ins Verdienen. Nachdem nunmehr in den Separees keine Tanzvorführungen erbracht werden können, besteht daher eine erhebliche Einkommenseinbuße, da nur mehr im Gastlokal Getränke verkauft werden können.

 

Der finanzielle Schaden der den Beschwerdeführerinnen entsteht ist daher unverhältnismäßig.

 

Ebenso ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung für die Einbringung einer Beschwerde zu Unrecht erfolgt. Aufgrund des bestehenden Prostitutionsverbotes am Gebäude sind sämtliche öffentliche Interessen damit abgedeckt und gilt auch gleiches wie in den vorerwähnten Ausführungen.“

 

 

3. Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakt vor. Im Rahmen der Vorlage äußerte sich die belangte Behörde wie folgt:

 

„Aufgrund der Beschwerde der G O KG und der Frau T B gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 19.06.2015, GZ RM-Pol-150020-11, legt die belangte Behörde den Verwaltungsakt samt Aktenverzeichnis mit der Mitteilung vor, dass keine Aktenteile von der Akteneinsicht auszuschließen sind.

Zur Beschwerde wird nachstehende

Äußerung

erstattet.

 

I.     Zum Sachverhalt

 

Um Wiederholungen zu vermeiden, verweisen wir auf die Aktenlage und die Begründung des angefochtenen Bescheides.

Insofern in der Beschwerde eine mangelhafte Sachverhaltsermittlung darin gesehen wird, dass die Tänzerin H M (richtig: M, vgl. Aktenseite 54 verso) von der Berufungsbehörde nicht einvernommen worden sei, ist Folgendes zu bemerken:

Nach dem Beschwerdevorbringen hätte die Einvernahme ergeben, dass die Genannte trotz des Verbotes und trotz der ausdrücklichen Anweisungen der Beschwerdeführerinnen in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Sexualdienstleistungen am Kunden erbracht habe.

Die Beschwerdeführerin stellt somit außer Streit, dass im gegenständlichen Etablissement Sexualdienstleistungen - ohne Wissen und Willen der Beschwerdeführerinnen - vorgenommen wurden. Wie bereits im angefochtenen Bescheid dargelegt wurde, reicht für das Vorliegen eines Bordells allein das Faktum der Anbahnung oder Ausübung einer Sexualdienstleistung aus. Ob diese Sexualdienstleistung mit Wissen oder Willen jener Person erbracht wird, die über die betreffende Örtlichkeit verfügungsberechtigt ist, spielt keine Rolle. Die Aufnahme des beantragten Beweises hätte daher letztlich zu keinem anderen Ergebnis geführt. Davon abgesehen, liegen - wie eine Abfrage im zentralen Melderegister am 26.06.2014 ergab -keine Meldedaten über die Genannte vor und wurde von den Beschwerdeführerinnen in keinem Stadium des Verfahrens (auch nicht in vorliegender Beschwerde) eine ladungsfähige Adresse bekannt gegeben.

Was das Faktum „26.05.2015" anbelangt, verweist die belangte Behörde hinsichtlich ihrer Beweiswürdigung auf die Ausführungen in Begründungsabschnitt 111.1.2.2 des angefochtenen Bescheides. Erstmals in vorliegender Beschwerde wurde ein namentlich genannter Zeuge sowie die Existenz einer DVD betreffend eine Videoaufzeichnung ins Treffen geführt. Diese DVD war dem Beschwerdeschriftsatz allerdings nicht angeschlossen und soll offenbar erst im Rahmen der beantragten mündlichen Verhandlung dem LVwG vorgelegt werden.

 

II. Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides

 

Zu den Rechtsausführungen in vorliegender Beschwerde wird zunächst auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen. Im Hinblick darauf, dass die Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde und der Berufungsbehörde ergeben haben, dass jedenfalls am 19.10.2014 und 26.05.2015 die Prostitution im gegenständlichen Objekt ausgeübt bzw. angebahnt wurde, war mit Grund anzunehmen, dass der rechtswidrige Betrieb des Bordells auch nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides fortgesetzt wurde (und wohl nach wie vor auch wird).

Bemerkt wird, dass nach § 11 Abs. 4 letzter Satz Oö. SDLG eine Bordellschließung erst dann aufzuheben ist, wenn nachgewiesen wird, dass der Grund für die Schließung weggefallen ist. Diese Bestimmung normiert daher eine Beweislastumkehr zu Lasten des Bordellbetreibers mit folgenden Konsequenzen:

Hat die Erstbehörde nach dem in diesem Zeitpunkt vorliegenden Sachverhalt die Schließung eines Bordells zu Recht verfügt, so hat der Bordellbetreiber entweder im Verfahren über die Berufung gegen den Schließungsbescheid oder (nach Rechtskraft der Schließung) außerhalb eines Verfahrens der Behörde nachzuweisen, dass der Grund für die Schließung weggefallen ist (also beispielsweise die Prostitutionsausübung aufgegeben wurde). Ein derartiger Nachweis wurde jedoch bis dato nicht erbracht.

 

III. Anträge:

 

Aus diesen Gründen stellen wir daher den

 

Antrag,

 

das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG die Beschwerde als unbegründet abweisen.

 

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird dem Grunde nach verzichtet. Sollte das LVwG allerdings gemäß dem Antrag der Beschwerdeführerinnen eine mündliche Verhandlung anberaumen, wird die Einvernahme von E D und E E, beide p.A. Magistrat Linz, Bau- und Bezirksverwaltung, sowie von T H, p.A. Landespolizeidirektion Oberösterreich als Zeugen beantragt.“

 

 

II.

 

1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, Beischaffung weiterer Unterlagen und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mit Abspielung von diversen Aufnahmen des Überwachungssystems des Betreibers der Lokalität.

 

2. Zusätzlich zu den sich aus den in Pkt. I. dargestellten Schriftsätzen unstrittig ergebenden Lebenssachverhalt stellt das Oö. Landesverwaltungsgericht  folgenden entscheidungsrelevanten  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Für die verfahrensgegenständliche Lokalität („O B“, X) liegt keine Bewilligung zum Betrieb eines Bordells nach dem Oö. SDLG vor. Betreffend dieses Lokal existiert ein im Rahmen der gewerberechtlichen Übergangsbestimmungen als gewerberechtliche Genehmigung geltender Konzessionsbrief. Zusätzlich dazu existiert eine aufrechte veranstaltungsrechtliche Bewilligung für das Go-Go-Dancing für die O B samt der Nebenräumlichkeiten. Dies ergibt sich aus den Vorbringen der Bf und dem Akteninhalt. Weiters ist davon auszugehen, dass am 19.10.2014 in der O B der Zeuge G anwesend war. Diesem Zeugen war nach eigener Aussage die Bar als Bordell bekannt. Von der Prostituierten wurde diesem Zeugen der Besuch des Separees angeboten und hat der Zeuge auch dafür bezahlt. In diesem Separee wurde der Zeuge sodann beim Geschlechtsverkehr betreten. In weiterer Folge bestätigt der Zeuge H, dass er am 26.5.2015, ca. 22.15 Uhr in die O B gekommen ist und im Laufe des Abends von einer dort aufhältigen Dame für 90 Euro eine halbe Stunde alles inklusive aber mit Gummi angeboten erhielt. Der Live-Mitschnitt der Kameraaufnahme vermag die Glaubwürdigkeit des Zeugen H für das Landesverwaltungsgericht nicht erschüttern, zumal die Kameraaufnahmen just erst in jenem Zeitpunkt beginnen, in dem der Zeuge nicht mehr im Etablissement weilte. Zudem erweckt der Zeuge beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einen äußerst sachlichen und nüchternen Eindruck. Er widerspricht sich nicht in seiner Informationsweitergabe und erzählt die entsprechenden Sachverhaltspassagen ohne Emotion. Gegenteilig verhält sich Herr F. Dieser ist als aufgedreht und angriffig zu erkennen. Er unterbricht den Verhandlungsleiter mehrfach und erweckt beim erkennenden Gericht den Eindruck, als müsse er die von ihm „erstellten“ Kameraaufnahmen „präsentieren“ und verteidigen. Aus all diesen Gründen geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Zeuge H die Wahrheit wiedergibt.

 

Zudem ist festzustellen, dass der Raum hinter dem im Gang zu den Separees aufgestellten Plakatständer nicht mehr betreten werden kann, da dieser Ständer mit dem Boden versiegelt und derart ausgerichtet ist, dass rechts und links kein Platz zum Durchschreiten ist.

 

 

III.

 

1. Gem. § 4 Abs. 1 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz, LGBl Nr 80/2012 idF LGBl Nr 90/2013 – Oö. SDLG darf ein Bordell nur mit Bewilligung der Gemeinde betrieben werden (Bordellbewilligung). Jede wesentliche Änderung des Bordellbetriebs bedarf vor ihrer Ausführung ebenfalls der Bewilligung.

 

Gem. § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. SDLG hat die Gemeinde die Schließung eines Bordells mit Bescheid zu verfügen, wenn dieses ohne rechtskräftige Bewilligung betrieben wird.

 

Gem. § 2 Z 4 Oö. SDLG ist ein Bordell ein Betrieb, in dem die Sexualdienstleistung durch eine oder mehrere Personen angebahnt oder ausgeübt wird.

 

Gem. § 2 Z 1 Oö. SDLG sind unter Sexualdienstleistung die gewerbsmäßige Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die gewerbsmäßige Vornahme sexueller Handlungen zu verstehen.

 

2. Zunächst gilt es festzuhalten, dass § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. SDLG die Gemeinde (arg. „...hat...“) zur Schließung von Bordellen gem. § 2 Z 4 Oö. SDLG verpflichtet.

 

2.1. Dies zudem unabhängig davon, ob das betroffene Bordell eine Bewilligung hat und gem. § 4 Oö. SDLG betrieben werden darf oder nicht. Eine Differenzierung nimmt der Gesetzgeber in § 11 Oö. SDLG nicht vor, sondern wird alleine der legal definierte Begriff des Bordells gem. § 2 Z 4 Oö. SDLG verwendet. Es können daher auch „illegale“ Bordelle nach § 11 Oö. SDLG geschlossen werden.

 

2.2. Abgesehen von der Erfüllung der materiellen Voraussetzungen zur Schließung des Bordells gem. § 11 Oö. SDLG, ermächtigt diese Norm nur zur Schließung des Bordells selbst (s auch VwGH 9.12.2010, 2007/09/0119 im Hinblick auf eine weiter laufende genehmigte Peep-Show als Veranstaltungsstätte). In diesem Zusammenhang hat das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht ergeben, dass in der verfahrensgegenständlichen Lokalität auch ein Nachtklub auf Basis einer gewerbebehördlichen Genehmigungsfiktion betrieben wird. Zusätzlich dazu ist zu erkennen, dass die Bf auch die veranstaltungsrechtliche Bewilligung für varieté-artige Veranstaltungen (Gogo-Dancing und dgl.) vorweisen können. Diese Bewilligung umfasst auch die Nebenräumlichkeiten der verfahrensgegenständlichen Lokalität.

 

3. § 11 Abs. 2 Z 1 Oö. SDLG setzt für die Schließung des Bordells lediglich voraus, dass ein Bordell ohne rechtskräftige Bewilligung betrieben wird.

 

Zuvorderst ist hier unstrittig festzuhalten, dass die Bf keine Bewilligung für den Betrieb eines Bordells ins Treffen führen können. Es hat zwar ein informatives Gespräch zur Erlangung der Bewilligung gegeben. Die Erteilung erfolgte jedoch nicht.

 

Entsprechend den unter Pkt. II. getroffenen Feststellungen ist weiters davon auszugehen, dass im Nachtklub beschäftigte Damen (konkret am 26.5.2015 und am 19.10.2014) Sexualdienstleistungen (konkret hier: Geschlechts- und Oralverkehr) angeboten bzw. durchgeführt haben. Zudem ist davon auszugehen, dass Geld für diese Leistungen bezahlt wurde bzw. bezahlt werden sollte.

 

Vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Tatbestandselement des Betreibens (s dazu VwGH 4.9.2000, 97/10/0222) ist weiters davon auszugehen, dass im Lokal der Bf die Prostitution bzw. Anbahnung auch ermöglicht und daraus ein wirtschaftlicher Erfolg gezogen wird. Die Prostitution selbst bewirkt die Belegung der entsprechenden Separees und damit wird wiederum eine Einnahme erzielt, welche in der jeweils konkreten Situation ohne letztere nicht erzielt werden würde, da wie die Bf selbst ausführen für die Raumbelegung bezahlt wird. Bestätigung findet dieser Schluss auch durch das Filmmaterial welches von den Bf vorgelegt wird. Hierauf ist klar ersichtlich, dass nicht der Tanzbetrieb im Vordergrund der Tätigkeiten der Damen im Lokal steht, sondern vielmehr dies im Barbereich auf „Kunden“ (teils schlafend) warten.

 

Im Rahmen der Schließung des Betriebes nach § 11 Oö. SDLG ist die Personifizierung der Umstände des Betreibens nicht gefordert (arg. „...dieses...“). Vielmehr muss objektiv eine Situation bestehen, die als Betreiben eines Bordells verstanden werden kann. In diesem Zusammenhang ist nun festzuhalten, dass die Zuweisung der Damen durch eine zentrale Person gesteuert wird. Zusätzlich zur bloßen Existenz der räumlich abgetrennten Separees ist auch durch die Ausstattung der Separees mit Vorhängen zudem gewährleistet, dass die entsprechenden „Zusatzleistungen“ ungestört vollzogen werden können. Diese Ausstattung wurde von den Bf auch beibehalten, wiewohl sie Kenntnis vom Risiko der Ausübung bzw. Anbahnung von Sexualdienstleistungen gehabt haben, da sie selbst angeben, die involvierte „Tänzerin“ vom 19.10.2014 sofort des Lokales verwiesen zu haben.

 

Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass in der verfahrensgegenständlichen Lokalität neben Tanzvorführungen auch ein Bordell iSd Oö. SDLG betrieben wird.

 

3.1. Bezugnehmend auf die Ausführungen bei Pkt. III 2.2. ist aber zu erkennen, dass die Gesamtfläche des Lokals (inkl. der Separees) entweder im Rahmen einer gewerbebehördlichen „Genehmigung“ oder einer veranstaltungsrechtlichen Bewilligung einer weiteren Nutzung rechtmäßig zugeführt ist (s auch VwGH 9.12.0019, 2007/09/0119).

 

Daher ist die konkrete Ausgestaltung der Schließung des Bordelles nach dem Oö. SDLG in Teilen unverhältnismäßig und überschießend. Durch den Ort der Aufstellung eines Plakatständers im Zugang zu den Separees wird die Nutzung des hinter diesen Ständer befindlichen Raumes gänzlich verhindert, obschon dieser aber rechtmäßig auch einer anderen Nutzung zugeführt werden kann. Eine ausschließliche Nutzungsmöglichkeit als Raum zur Ausübung der Prostitution kann vom Landesverwaltungsgericht nicht erkannt werden. So sind zumindest der hinter dem Plakat liegenden Gangbereiche und die nicht beweisverfangenen Separees jedenfalls nicht einer exklusiven rechtswidrigen Nutzung zuzuschreiben. Daher war die Schließung in der Form des konkreten Aufstellens des Plakatständers in den Gangöffnungsbereich mit Rechtswidrigkeit behaftet und von diesem Ort, an einen nicht räumlich behindernden Ort zu entfernen.

 

Die weiteren von der belangten Behörde verfügten Schließungsmaßnahmen sind nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4. Im Hinblick auf die Zurückweisung des Antrages der Bf auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ist mit der belangten Behörde zu erkennen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides einen die aufschiebende Wirkung ausschließenden Ausspruch nicht enthielt. Insofern wurde in diesem Punkt der „Aufschiebungsantrag“ rechtmäßig zurückgewiesen und war die dahingehende Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

5. Im Hinblick auf Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer allfällig einzubringenden Beschwerde in Spruchpunkt III. des Bescheides der belangten Behörde gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ist zu erkennen, dass sämtliche Schließungsmaßnahmen sistiert geworden wären und der hinter dieser Maßnahme stehende Rechtsgüterschutz von Leib und Leben bzw. der Volksgesundheit (ansteckende Krankheiten) vereitelt worden wäre. Entsprechend der Feststellungen im Rahmen dieses Verfahrens ist davon auszugehen, dass im Rahmen dieses Nachklubs von dort zuzuordnenden Damen Sexualdienstleistungen angeboten werden – dies v.a. in Separees. Diese Leistungserbringung erfolgt ohne das für eine solche Tätigkeit vorgesehene gesundheitsrechtliche Sicherheitssystem und geht daher davon eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben von Menschen aus. Insofern tritt das wirtschaftliche Interesse der Bf betreffend die eingeschränkte Nutzung für die Klärung im Rahmen des Verfahrens hinter dieses öffentliche Interesse klar zurück. Daher war auch in diesem Punkt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen (VwGH 3.7.2003, 2002/20/0078).

 

VI.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter