LVwG-800174/3/Kl/Rd

Linz, 11.03.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde der M x Sh.p.k., R x N x, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G H, x, K, gegen den Verfallsbescheid der Bezirkshaupt-mannschaft Linz-Land vom 10. November 2015, GZ: VerkR96-23976-2015, wegen einer Übertretung nach dem KflG, den

 

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird die Beschwerde als unzulässig zurück­gewiesen.

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
10. November 2015, GZ: VerkR96-23976-2015, wurde gegenüber dem Verantwortlichen der Firma M x Sh.p.k., R x N x, G, K, die vom Zollamt Linz Wels vom 4. Jänner 2015 gegen Bestätigung vorläufig eingebrachte Sicherheits­leistung in Höhe von 1.600 Euro gemäß § 37a Abs. 5 iVm § 37 Abs. 5 VStG für verfallen erklärt.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass mangels eines ordentlichen Wohnsitzes in Österreich, wodurch die Strafverfolgung unmöglich bzw. wesent­lich erschwert ist, die angeführte Sicherheitsleistung eingehoben wurde und die Sicherheitsleistung daher für verfallen erklärt wurde.  

 

2. Dagegen wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung der M x Sh.p.k. fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Bescheides, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Verwaltungsbehörde aufzutragen, nach Durchführung von Erhebungen neuerlich zu entscheiden, beantragt. Weiters wurde die Einstellung eines allfälligen Strafverfahrens und die Ausfolgung der Sicherheitsleistung sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass unter Berufung auf die Unmöglichkeit des Strafvollzuges ein Verfall erst dann ausgesprochen werden könne, wenn tatsächlich schon eine Strafe rechtskräftig verhängt worden sei. In der Begründung werde nicht einmal behauptet, dass eine Strafe rechtskräftig verhängt worden sei. Allein aus diesem Grunde sei der Bescheid rechtswidrig. Weiters sei die bloße Begründung, dass ein Wohnsitz in Österreich nicht bestehen sollte, wodurch die Strafverfolgung unmöglich bzw. wesentlich erschwert wäre, unzureichend. Die belangte Behörde habe sich nicht mit der Frage der Möglichkeiten eines Vollzuges auseinandergesetzt. Allein die Tatsache, dass kein österreichischer Wohnsitz vorliege, sei nicht einmal ein Indiz dafür, dass die Strafverfolgung unmöglich bzw. erschwert wäre. Im Ergebnis habe sich die belangte Behörde überhaupt nicht damit auseinandergesetzt, ob überhaupt eine rechtskräftigte Strafe bereits verhängt worden sei und ob es Möglichkeiten geben würde, eine allfällige Strafe gegen den Beschuldigten zu vollziehen. Es würden somit die Voraussetzungen für einen Verfall der Sicherheitsleistung nach § 37a Abs. 5 iVm § 37 Abs. 5 VStG überhaupt nicht vorliegen.

 

Im Vorbringen vom 22. Februar 2016 wurde mitgeteilt, dass bis dato kein Straferkenntnis erlassen und auch kein Verfahren eingeleitet worden sei. Da mittlerweile ohnehin die Verfolgungsverjährungsfrist abgelaufen sei, sei die Einleitung eines Verfahrens unzulässig. Es werde auf die Beschwerdeanträge vom 3. Dezember 2015 und deren Aufrechterhaltung verwiesen.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­wal­tungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Verhandlung, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Zum Sachverhalt:

Von Organen des Zollamtes Linz Wels wurde im Zuge einer Zollkontrolle festgestellt, dass am 4. Jänner 2015 um 11.30 Uhr die Firma M x Sh.p.k., R x N x, G, K, eine Kraftfahrlinie ohne die erforderliche Berechtigung für Österreich im Sinne des § 47 Abs. 4 Kraftfahrliniengesetz betrieben hat. Vom Lenker wurde eine Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 1.600 Euro in Vertretung für die Firma M x Sh.p.k. eingehoben.

 

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 24. Juli 2015 wurde die M x Sh.p.k. aufgefordert, binnen zwei Wochen den Namen und die Adresse des Verant­wortlichen (Geschäftsführers) der Firma M x Sh.p.k., R x  x, G, bekanntzugeben.

Aus dem internationalen Postrückschein ist zu entnehmen, dass das Schreiben am 6. August 2015 übernommen wurde. Eine Bekanntgabe des Verantwortlichen (Geschäftsführers) erfolgte nicht.

 

In der Folge hat die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. November 2015 - mangels Kenntnis näherer Angaben zur Person -, adressiert „An den Verantwortlichen der Firma M x Sh.p.k., R x N x, G, K“, erlassen.

 

5.2. Vorweg ist festzuhalten, dass das Verwaltungsstrafgesetz - VStG 1991 seine Wirkung ausschließlich gegenüber physischen Personen entfaltet. Als Adressat eines Bescheides im Sinne des § 56 AVG kommt nur eine - individuell
bestimmte - Person im rechtlichen Sinne, also jemand, dessen Rechte und Pflichten durch die individuelle Norm gestaltet oder festgestellt werden können, in Betracht.

 

Da der Bescheid eine der Rechtskraft fähige, förmliche, hoheitliche Willens­äußerung einer Behörde für den Einzelfall darstellt, hat er im Spruch die Person zu nennen, an die er ergeht. Als entscheidend für die normative Wirkung der Erledigung wird also angesehen, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des „Bescheides“ (vgl. auch VwSlg. 3390 A/1954; 8496 A/1973; 6675 F/1992 verst. Sen.) sowie für die Behörde (so auch Thienel, ÖJZ 1996, 210) und in weiterer Folge für den Verwaltungsgerichtshof die Identität der Bescheid­adressaten zweifelsfrei (vgl. auch VwGH 19.5.1994, 92/07/0040) feststeht (VwGH 16.10.2003, 2003/07/0088; 29.1.2004, 2003/07/0048).

 

Diese Bezeichnung hat bei der Bekanntgabe von Bescheiden, die schriftlich zu erteilen sind, grundsätzlich in der Weise zu geschehen, dass der Name der Person, an die sich der Bescheid richtet, im Bescheid angegeben wird. Denn in der bestehenden Rechtsordnung ist es der Name, durch den eine Person von den anderen unterschieden wird (vgl. VwGH 24.5.1991, 91/16/0014; 3.12.2002, 2000/01/0340).

 

Die Identifizierung einer natürlichen Person erfolgt in der Regel durch die Verwendung ihres Vornamens und ihres Zunamens (vgl. VwGH 18.4.1986, 85/17/0140; VwSlg 6736 F/1992).

 

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die „Persons­umschreibung“ einen notwendigen Bestandteil des Spruches des (hier: Abgaben-)Bescheides bildet. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten kommt nicht in Betracht (vgl. VwGH 30.7.1992, 89/17/0067; u.a.).  

 

Der nunmehr angefochtene Bescheid richtet sich aber lediglich gegen den „Verantwortlichen“  - ohne nähere Identifizierung der natürlichen Person - des oben zitierten Unternehmens. Bleibt der Adressat unklar (vgl. etwa auch VwGH 18.3.1994, 93/17/0047), dann liegt kein Bescheid vor (VwGH 16.10.2003, 2003/07/0088). Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann anzunehmen, wenn der Name des Adressaten erst ermittelt werden müsste (vgl. VwSlg. 6881 F/1994), z.B. weil sie lediglich als „ehemalige Gesellschafter“ einer KG oder als „Fischereiberechtigte“ eines bestimmten Sees bezeichnet werden. Das Fehlen eines individuell bestimmten Adres­saten als des Trägers der bescheidmäßig begründeten Rechte und Pflichten führt zur absoluten Nichtigkeit eines so erlassenen Bescheides (vgl. VwGH 10.3.1992, 92/07/0047; u.a.).

 

In Zusammenschau mit der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war daher davon auszugehen, dass der mit Beschwerde bekämpfte Verfallsbescheid vom 10. November 2015, GZ: VerkR96-23976-2015, als nichtig anzusehen ist und somit einen „Nichtbescheid“ darstellt.

 

Es war daher die gegenständliche Beschwerde als unzulässig zurückweisen, da sich diese gegen einen Nichtbescheid gerichtet hat.

 

Die Beschwerde wäre auch noch deshalb als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da diese vom Unternehmen M x Sh.p.k. eingebracht wurde, welche aber nicht Beschuldigte im Sinne des § 32 VStG (vgl. Punkt. 5.2. der Entscheidung) im gegen­ständlichen Verfahren ist.  

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt