LVwG-840078/4/KLi/Rd

Linz, 12.02.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über den Antrag der T-S A GesmbH, x, W, vertreten durch S H-M & P Rechtsanwälte OG, x, W, vom 8. Februar 2016 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der I L GmbH betreffend das Vorhaben "Erneuter Aufruf zum Wettbewerb zur Rahmenvereinbarung der x B für IT-Dienstleistungen 2012, Los 22, GZ: 3602.01718",

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Dem Antrag wird gemäß § 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und der Auftraggeberin I L GmbH die Fortsetzung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 8. April 2016, untersagt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1.1. Mit Eingabe vom 8. Februar 2016 hat die T-S A GesmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin

- die Fortsetzung des Vergabeverfahrens für die Dauer des Nachprüfungs­verfahrens, in eventu zumindest für die Dauer von 2 Monaten ab Einlangen des Antrages auf Nichtigerklärung, zu untersagen,

- in eventu die Erlassung einer Zuschlagsentscheidung, für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, in eventu zumindest für die Dauer von 2 Monaten ab Einlangen des Antrages auf Nichtigerklärung, zu untersagen,

- in eventu die Erteilung des Zuschlags, für die Dauer des Nachprüfungs­verfahrens, in eventu zumindest für die Dauer von 2 Monaten ab Einlangen des Antrages auf Nichtigerklärung, zu untersagen,

gestellt.

Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 3.000 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegen­ständlich um einen Dienstleistungsauftrag zur IT-Migration für das K U auf Basis der Rahmenvereinbarung 'IT Dienstleistung 2012', Los 22 (SAB Beratung, Entwicklung und Customizing) handle, wobei die Zusam­menführung der drei bestehenden unterschiedlichen klinischen Informations­systeme (samt Schnittstellen) zu einem gemeinsamen klinischen System (i.s.h. med) zu erfolgen habe.

 

Bei der Antragstellerin handle es sich um ein Unternehmen, das die ausschrei­bungsgegenständlichen Leistungen am freien Markt anbiete und in Österreich zu den Marktführern im Bereich der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen im Bereich i.s.h. med und IS-H zähle. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein höchst kompetitives Angebot gelegt.

 

1.2. Zum relevanten Sachverhalt wurde zunächst darauf hingewiesen, dass auf­grund des bereits von dem LVwG geführten Vergabekontrollverfahrens der Gang des Vergabeverfahrens als amtsbekannt vorausgesetzt werde. Mit Erkenntnis des LVwG vom 11.12.2015, LVwG-840066/17/KLi/JW und LVwG-840068/7/KLi/JW, wurde der Antrag der A die zugunsten der Antragstellerin ergangene Zu­schlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 15.10.2015 mit der wesentlichen Begründung für nichtig erklärt, dass die Auftraggeberin eine neuerliche Qualitäts­bewertung anhand der ursprünglichen Angebote (ohne den Inhalt der Auf­klärungsgespräche), jedoch unter allfälliger Berücksichtigung von bloßen Rechen- und/oder Übertragungsfehlern durchzuführen sowie eine vertiefte Ange­botsprüfung nachzuholen habe.

Mit Schreiben vom 22.12.2015 sei die Antragstellerin um schriftliche Aufklärung gemäß § 125 Abs. 5 BVergG 2006 ersucht worden, in welchem die Auftraggeberin gleichzeitig auf die Rechtsprechung der Kontrollbehörden hingewiesen habe.

 

Bereits in der Aufklärung vom 7.1.2015 (gemeint wohl: 2016) habe die Antrag­stellerin nachvollziehbar sowohl ihre betriebswirtschaftlichen Erwägungen im Zuge der Kalkulation als auch die Kalkulation wahrheitsgemäß und umfassend offengelegt. So sei darauf hingewiesen worden, dass nicht zuletzt aufgrund der bekannten Preise der Mitbewerber auf der ersten Stufe der Rahmenvereinbarung die Notwendigkeit bestanden habe, die Preise der ersten Stufe nachzukalku­lieren, um ein kompetitives Angebot legen zu können. Außerdem habe die Antragstellerin auch die unternehmensstrategische Überlegung, das österreich­weit einzigartige aber auch europaweit gesehen enorm wichtige Referenzprojekt gewinnen zu wollen, aber auch die bisherige Vertragsbeziehung zur Auftrag­geberin aufrechterhalten zu wollen. Deshalb seien bewusst auch Subunter­nehmerkosten nicht 1:1 weitergegeben worden. Weiters sei nachgewiesen worden, dass trotz - ohnedies monetär betrachtet - bloß geringer rechnerischer Verluste in einzelnen Positionen, die insgesamt gerade einmal 16,7 % (250 von 1500 Personentagen) ausmachen, jedenfalls – und zwar selbst bei einer Massenverschiebung um +/-30 % - im Projekt gedeckt seien. Zu keinem Zeitpunkt habe ein kalkulatorisches Risiko bestanden.

 

Im Schreiben vom 22.1.2016 seien von der Auftraggeberin die Tagessätze für die Positionen Senior Entwickler ERP-Vorort Pkt. 1.1.1., Senior Consultant ERP-Vorort Pkt. 1.2.1., Senior Entwickler ERP-Remote Pkt. 2.1.1. sowie Senior Consultant ERP-Remote Pkt. 2.2.1. hinterfragt worden, in dem um Aufklärung gebeten worden sei, inwiefern in den angebotenen Preisen die Fremdkosten enthalten sind, woraufhin die Antragstellerin darauf hingewiesen habe, dass diese Leistungen vollständig durch einen Subunternehmer erbracht werden sollen, dessen Tagessatz über jenem der Antragstellerin liegen würde.

 

Im zweiten Aufklärungsschreiben vom 27.1.2016 habe die Antragstellerin aus­führlich ihre betriebswirtschaftlichen Überlegungen im Rahmen der Kalkulation offengelegt und dabei die Judikatur der Vergabekontrollbehörden aber auch die herrschende Meinung aufgezeigt. Demnach könne gerade die Erlangung eines bedeutenden Referenzauftrages aber auch eine neue Markterschließungsstrategie auch Preise, die nicht gänzlich kostendeckend sind, betriebswirtschaftlich erklär­bar machen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass gerade das angebotene Eigenpersonal seit Jahren bzw. mittlerweile sogar Jahrzehnten bei der Auftraggeberin ein besonderes kundenspezifisches Knowhow aufgebaut habe und die Antragstellerin, und zwar mangels fixer, anschließender anderweitiger Aufträge, ein besonderes Interesse an einer nahtlosen Weiterbeschäftigung habe, weshalb ein Wegfall der Kundenbeziehung zur Auftraggeberin hohe Personalkosten keine entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen würden. Schließlich sei auch auf die aus der ersten Stufe der Rahmenvereinbarung bekannte Marktlage – konkret die zum Teil deutlich niedrigeren Tagessätze der Mitbewerber – hingewiesen worden. Aus all diesen Gründen wäre aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht zu rechtfertigen, ein insgesamt – also nicht nur in einzelnen Tagessätzen – nicht kostendeckendes Angebot zu legen, um den für die Antragstellerin und ihre weitere strategische Ausrichtung im Gesundheits­bereich enorm wichtigen Referenzauftrag zu erlangen, aber auch die Kosten von nicht einsetzbarem Personal zu vermeiden. Dies umso mehr als die Antrag­stellerin einen jährlichen Umsatz von > 150 Mio. Euro aufweise, durch welchen allfällige Verluste aufgrund der wirtschaftlich soliden Lage jedenfalls problemlos abgedeckt werden können. Die Antragstellerin habe dennoch nachgewiesen, dass ein insgesamt kostendeckendes Angebot gelegt worden sei und auch bei einer für sie ungünstigen Verschiebung von bekannt gegebenen Mengen um +/-30 % noch immer ein Gewinn erzielt werde. Schließlich sei auch nachvollziehbar dargelegt worden, dass die unverhandelten Subunternehmerpreise noch deutlich durch Nachverhandlungen reduziert werden.

 

Mit der nunmehr angefochtenen Ausscheidensentscheidung vom 28.1.2016 habe die Auftraggeberin – in völliger Abweichung von der selbst im Schreiben vom 22.12.2015 zitierten Judikatur - die Entscheidung im Wesentlichen damit be­gründet, dass nach den von der Antragstellerin gemachten Angaben feststeht, dass in den angebotenen Preisen die Fremdleistungskosten nicht enthalten seien, wobei dies insbesondere im Hinblick auf den nicht unbedeutenden Anteil dieser Positionen am Gesamtpreis einen insgesamt nicht plausibel zusammengesetzten Gesamtpreis bewirkt. An diesem Ergebnis könne auch die mit Schreiben vom 27.1.2016 gegebene Aufklärung nichts ändern.

 

Die Auftraggeberin habe dabei bewusst nur einen Teil der von der Antragstellerin gegebenen Begründung verwertet, den Rest jedoch ignoriert, und auch die herangezogenen Begründungen ebenfalls bewusst falsch und entgegen dem Wortlaut interpretiert. Klar entgegen der Rechtsprechung werde behauptet, dass auch bei Unterstellung eines wichtigen Referenzprojektes Kostendeckung in jeder Position gegeben sein müsse. Weiters unterstelle die Auftraggeberin tatsachen­widrig, dass Kosten teilweise in andere Positionen eingerechnet worden wären. Auch wäre die Behauptung der Auftraggeberin tatsachenwidrig, dass auf einen zum Zeitpunkt der Angebotslegung bloß erhofften Nachlass spekuliert worden wäre.

 

Der Ausscheidensentscheidung sei ein Gutachten des Sachverständigen Mag.  Dipl.-Ing. Dr. M K vom Jänner 2016 beigelegt worden. Die ersten 10 Seiten des Gutachtens seien ausnahmelos positiv ausgefallen und die Kalkulation der Antragstellerin bestätigt worden. Ab Seite 11 des Gutachtens werde lediglich behauptet, dass die Kalkulation bei den Kategorien 1.1.1. und 1.2.1. bzw. 2.1.1. und 2.2.1. völlig unnachvollziehbar bzw jedenfalls völlig falsch sei bzw. vermeintlich auch trotz Nachfrage nicht geklärt werden konnte. Wie der Gutachter – noch dazu ohne entsprechenden Sachverstand – zu dieser rechtlichen Ausführung gelange, sei nicht nachvollziehbar begründet worden. Im Übrigen sei dem Sachverständigen bei seinem vermeintlich rechnerischen Nachweis ein evidenter Rechenfehler unterlaufen.

 

1.3. Von der Antragstellerin wurde ihr Interesse am Vertragsabschluss bekundet, zumal weiterhin ein größtes wirtschaftliches und strategisches Interesse am Projekt bestehe.

Zum entstandenen bzw. drohenden Schaden führte die Antragstellerin aus, dass das Angebot der A bei richtiger Angebotsprüfung und Bewertung hinter jenem der Antragstellerin zu reihen (wenn nicht überhaupt auszuscheiden) wäre. Damit wären nicht nur die Aufwendungen, die aus der bisherigen Beteiligung am Ver­gabeverfahren – insbesondere für Angebotserstellung, Teilnahme am ersten Vergabekontrollverfahren, Aufklärungsschreiben etc. – entstanden sind, sondern auch die bisher angefallenen Kosten der rechtsfreundlichen Beratung und die entrichteten Pauschalgebühren frustriert. Zudem drohe der Verlust der Chance auf Zuschlag sowie der Verlust eines wichtigen und prestigeträchtigen Referenz­projekts aber auch das Verlustigwerden des Gewinnes.

 

1.4. Die Antragstellerin erachte sich in teils unionsrechtlich, teils durch das BVergG 2006 gewährleisteten subjektiv-öffentlichen Rechten, insbesondere

- auf Bietergleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung;

- auf Gewährleistung eines freien und lauteren Wettbewerbs;

- auf ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren;

- auf Einhaltung der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen;

- auf eigenständige, betriebswirtschaftlich erklärbare Kalkulation;

- auf Nichtausscheiden des Angebots der Antragstellerin;

- auf vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung unter Einhaltung der bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen;

- auf Zuschlagserteilung an das Angebot der Antragstellerin;

- auf Widerruf des Vergabeverfahrens,

verletzt.

 

1.5.1. Die angefochtene Ausscheidensentscheidung sei erkennbar rechtswidrig, zumal sich die Auftraggeberin sich darin nicht nur selbst und vor allem der von ihr selbst im Aufklärungsschreiben vom 22.12.2015 weitwendig zitierten Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden widerspreche. Die Auftraggeberin ignoriere außerdem die von der Antragstellerin gegebenen betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Aufklärungen zur Kalkulation. Der beigezogene – im Übrigen gar nicht facheinschlägige – Sachverständige habe sich nicht bloß mehrfach verrechnet, sondern habe er sich auch in Rechtsfragen, die definitiv keinem Sachverständigenbeweis unterliegen, verstiegen.

1.5.2. Zu den nachvollziehbaren betriebswirtschaftlichen Erklärungen wurde von der Antragstellerin eingangs auf die herrschende Rechtsprechung und Literatur­meinung verwiesen und die Conclusio gezogen, dass – entgegen der Rechtsansicht der Auftraggeberin – auch nicht kostendeckende Preise betriebswirtschaftlich durch ein wichtiges Referenzprojekt aber auch Markterschließungsrabatte oder sonstige betriebswirtschaftliche Überlegungen erklärbar sind. Dass nicht in allen Positionen kostendeckend kalkuliert sein müsse, erhelle im Übrigen bereits aus dem Umstand, dass in der Betriebswirtschaft, Kostenrechnung und Kalkulation gerade nicht nur die Vollkostenrechnung, sondern auch die Teilkostenrechnung anerkannt sei. Selbst ohne eine – gegenständlich ohnedies gegebene – betriebswirtschaftliche Erklärbarkeit durch ein wichtiges Referenzprojekt oder eine Markterschließung etc sei es zulässig, nicht mit Vollkosten zu kalkulieren, sondern bloß eine Teilkostenrechnung vorzunehmen.

 

1.5.3. Bezüglich der strategischen Bedeutung des verfahrensgegenständlichen Auftrages wurde von der Antragstellerin ausgeführt, dass sowohl im Rahmen der Aufklärung vom 7.1.2016 als auch im Rahmen der ergänzenden Aufklärung vom 27.1.2016 ausführlich ihre betriebswirtschaftlichen Überlegungen im Zuge der Angebotskalkulation dargelegt worden seien. Die Auftraggeberin sei auf die betriebswirtschaftlichen Argumente aufgrund einer verfehlten Rechtsansicht überhaupt nicht bzw. nur ungenügend eingegangen. Zum Teil unterstelle die Auftraggeberin offenbar wiederum aufgrund einer verfehlten Rechtsansicht schlichtweg eine von der tatsächlichen Aufklärung der Antragstellerin abweichende, also falsche Aufklärung.

 

Von der Antragstellerin wurden im Anschluss daran die Überlegungen der betriebswirtschaftlichen Argumente sehr detailliert vorgestellt.

 

1.5.4. Aufgrund der Wichtigkeit des Referenzprojekts für die Unternehmens­strategie und Auftragslage habe die Antragstellerin veranlasst, "sportlich" zu kalkulieren. Bei der Kalkulation habe von vornherein berücksichtigt werden müssen, dass die Preise der Mitbewerber aus der ersten Stufe der Rahmenvereinbarung bekannt sind und damit zu rechnen war, dass die Mitbewerber zumindest mit diesen Preisen im Rahmen des erneuten Aufrufs zum Wettbewerb ins Rennen gehen würden. Daher sei von vornherein betriebswirtschaftlich gesehen zwingend geboten gewesen, dass sich bei der Kalkulation zumindest an den aus der ersten Stufe der Rahmenvereinbarung bekannten Tagessätzen des Mitbewerbers zu orientieren sei. Dies wäre mit den von einem Subunternehmer bekannt gegebenen – jedoch noch unverhandelten – Tagessätzen nicht möglich gewesen, sodass sich die Antragstellerin bewusst dazu entschlossen habe, die nicht kompetitiven Preise des Subunternehmers nicht 1:1 weiter zu verrechnen, sondern mit Tagessätzen zu kalkulieren, die einer Leistungserbringung durch Eigenpersonal entsprechen würden. Die Antragstellerin sei aus der betriebswirtschaftlichen Überlegung, die gegenständliche Referenz jedenfalls gewinnen zu wollen bzw. sogar aus unternehmensstrategischer Sicht gewinnen zu müssen, bewusst das Risiko der Unterdeckung in einzelnen, dem Subunternehmer zugedachten Positionen einzugehen.

 

Es sei falsch, dass die Antragstellerin Kosten umgelagert hätte, dies würde eindeutig der erteilten Aufklärung widersprechen. Es sei offengelegt worden, dass aus den aufgezeigten betriebswirtschaftlichen Überlegungen heraus, bewusst die Kosten des Subunternehmers laut Subunternehmerangebot nicht weitergegeben werden, da ansonsten die Tagessätze in diesen Positionen nicht kompetitiv wären. Es sei auch unmissverständlich erklärt worden, dass die rechnerischen Verluste in den betreffenden Positionen ohnedies von der Höhe her geradezu unbedeutend seien. Überdies sei aufgezeigt und nachgewiesen worden, dass das Risiko tatsächlich Verluste "einzufahren", faktisch nicht gegeben sei. Es sei nachgewiesen worden, dass ein Projektgewinn erzielt werde, der mithin deutlich größer sei, als allfällige theoretische Projektverluste. Das von der Auftraggeberin und dem Gutachter behauptete worst-case-Szenario sei unwahrscheinlich, dies deshalb, weil der Fall, dass in einem IS-H-/i.s.h. med-Implementierungsprojekt nur die ERP-Leistungen abgerufen werden, es denklogisch nicht geben könne. Selbst wenn es zum worst-case-Szenario einer Mengenverschiebung von 30 % zu Lasten der Antragstellerin käme, würde noch immer nachweislich ein Projektgewinn verbleiben. Die anderslautenden Berechnungen des Gutachters würden nachweislich auf Rechenfehler beruhen.

 

Auch die Unterstellung der Auftraggeberin, dass die Antragstellerin auf einen zum Zeitpunkt der Angebotslegung bloß erhofften aber tatsächlich nicht existenten Nachlass auf Subunternehmerpreise spekuliert habe, sei tatsachenwidrig und falsch. Die Antragstellerin habe ausdrücklich erklärt, dass mit unverhandelten Preisen des Subunternehmers kalkuliert worden sei. Vielmehr sei aufgrund der Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und dem Subunternehmen davon auszugehen, dass es zu deutlichen Reduktionen der Tagessätze im Rahmen der Nachverhandlung kommen werde.

 

Lediglich aufgrund eines Rechenfehlers gelange der Gutachter der Auftraggeberin – und zwar im absoluten worst-case zu einem  Projektverlust von -11.298,41 Euro, sohin von -1,04 % gemessen am Angebotspreis. Bei richtiger Berechnung ergebe sich nachweislich ein Gewinn. Es könne nicht ernsthaft behauptet werden, dass ein verschwindender Projektverlust von -1,04 % relevant oder gar existenzbedrohend wäre.

 

1.6. Zum Gutachten des Sachverständigen wurde angemerkt, dass sich aus der Gerichtssachverständigenliste ergebe, dass der von der Auftraggeberin beigezogene Gutachter lediglich Sachverständiger für die Fachgebiete FG-Nr. 19.02 "Glücksspiel" (eingeschränkt auf "Sportwetten und Glückspiele die auf Software basieren"), FG-Nr. 21.20 "Programmierung", FG-Nr. 68.50 "Softwaretechnik, Programmierung", FG-Nr. 68.65 "Internetsoftware, WEB Programmierung, Netzwerkanwendung" und FG-Nr. 68.70 "Anwendersoftware, Standardprogramme" (eingeschränkt auf "wirtschaftliche Bewertung von Individual- und Standardsoftware für betriebswirtschaftliche Anwendungen und allgemeine Büroanwendungen, Warenwirtschaftssysteme, Kassensoftware und Wettsysteme") sei. Keines dieser Fachgebiete des Sachverständigen sei im gegenständlichen Zusammenhang relevant.

 

Der Sachverständige sei ganz offensichtlich kein Betriebswirt oder Kalkulationsexperte, weshalb seine Behauptungen, wonach die Kalkulation bei den Kategorien 1.1.1 und 1.2.1 bzw. 2.1.1. und 2.2.1 "völlig unnachvollziehbar" bzw. "jedenfalls völlig falsch" sei bzw. vermeintlich "auch trotz Nachfrage nicht geklärt werden" konnte, offenbar rein dem diesbezüglich mangelnden Sachverstand geschuldet sei. Der Gutachter habe sich mit keinem einzigen Argument auch nur in einem Halbsatz auseinandergesetzt.

 

Zudem sei dem Gutachter auch ein rechnerischer Fehler unterlaufen, der Auswirkungen auf die von ihm angestellte Gewinnberechnung der Antragstellerin habe.

 

So sei auf Seite 12 des Gutachtens in der Spalte "SD ERP" und der Zeile "Spesen" ein Fehler bei der Berechnung der Spesen (Reisekosten) unterlaufen. Die Kosten der Spesen berechnen sich 40 Tage vor Ort mal 80,00 Euro. Dies würde eine Summe von 3.200 Euro und nicht wie vom Sachverstanden angenommen 14.400 Euro ergeben. Der Sachverständige habe sich sohin um 11.200 Euro – sohin um das 4,5-fache – zu Lasten der Antragstellerin verrechnet. Mithin betrage der richtige Gesamtbetrag für Spesen 139.472 Euro anstelle der vom Sachverständigen ausgewiesenen 150.672 Euro. Wie der Sachverständige aber selbst aufgezeigt habe, sind im Angebot der Antragstellerin mit 143.725,05 Euro Spesen kalkuliert worden, die nachweislich nicht nur kostendeckend sind, sondern eine Gewinnmarge enthalten.

 

Genau derselbe Fehler sei dem Gutachter noch einmal in der Tabelle auf Seite 13 seines Gutachtens passiert. Hier habe der Sachverständige versucht, den für die Antragstellerin ungünstigsten Fall dazustellen, bei dem die Subunternehmer­leistungen um 30 % zunehmen, während die durch Eigenpersonal der Antragstellerin abgedeckten Leistungen um 30 % reduziert werden. Wiederum seien die Spesen in der Spalte "SD ERP" und die Zeile "Spesen" nicht mit 55 Tage vor Ort mal 80,00 Euro, also mit 4.400 Euro berechnet, sondern mit 19.200 Euro – also um 14.800 Euro bzw. das rund 4,36-fache – zu hoch unterstellt worden. Bei richtiger Rechnung würde sich wiederum eine Kostendeckung bei den Spesen sowie ein Gewinn von 0,32 % ergeben.

 

1.7. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde zunächst auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen. Weiters wurde ausgeführt, dass die Auftraggeberin unmittelbar davorstehe, nach Rechtskraft der Ausschei­densentscheidung den Zuschlag an den einzigen sonstigen Bieter A zu erteilen. Durch die Zuschlagserteilung an den Mitbewerber, dessen Angebot allerdings bei richtiger Prüfung und Bewertung allerdings jedenfalls hinter dem Angebot der Antragstellerin zu reihen wäre, wäre das Interesse der Antragstellerin am gegenständlichen Auftrag konterkariert. Der Antragstellerin wäre damit eine reelle Chance auf Zuschlag genommen und wären, die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten frustriert. Eine allfällige spätere Fest­stellung, wonach sowohl das Ausscheiden als auch der Zuschlag rechtswidriger Weise erfolgten sowie die damit einhergehende Möglichkeit, Schadenersatz vor den ordentlichen Gerichten zu begehren, könne den entstandenen Schaden sowie den Entgang von einzigartigen, prestigeträchtigen und damit für die Antrag­stellerin auch strategisch immens wichtigen Referenzprojekten nicht wett­machen. Der der Antragstellerin entstehende Nachteil lasse sich nur die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung hintanhalten.

 

Den berechtigen Interessen der Antragstellerin würden auch keine berücksichti­gungswürdigen öffentlichen Interessen bzw. Interessen der Auftraggeberin auf unverzügliche Fortführung des Vergabeverfahrens entgegenstehen. Selbst wenn man eine Dringlichkeit unterstellen wollte, wäre diese durch die Auftraggeberin – und vor allem durch das höchst seltsame Verhalten im Rahmen der fortgesetzten und vertieften Angebotsprüfung – selbst verschuldet und könne daher nicht die Interessen der Antragstellerin überwiegen. Schließlich seien auch das öffentliche Interesse an der Auftragserteilung an einen tatsächlichen Bestbieter und der Vorrang des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes zu berücksichtigen.

 

Es würde kein Argument geben, das der Erlassung der einstweiligen Verfügung entgegenstehe.

 

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die I L GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In der rechtsfreundlichen Stellungnahme vom 10. Februar 2016 wurde darauf hingewiesen, dass die Zuschlagsentscheidung noch nicht getroffen worden sei und dass sich das Ver­gabeverfahren im Stadium vor Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung befinde. Gemäß § 131 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Die Antragstellerin sei zwar ausgeschieden worden. Die Ausscheidensentscheidung sei aber noch nicht bestandfest, weshalb die Antragstellerin ein verbliebener Bieter iSd § 131 Abs. 1 BVergG 2006 sei. Um den Zuschlag endgültig wirksam erteilen zu können, müsste – im derzeitigen Verfahrensstadium – der Antragstellerin eine Zuschlagsentscheidung mitgeteilt werden. Theoretisch könnte die Zuschlagserteilung zwar auch ohne voran­gehende Zuschlagsentscheidung erfolgen. In diesem Fall wäre aber die Zu­schlagserteilung gemäß § 2 Abs. 4 Z5 iVm § 16 Abs. 2 Oö. VergRSG 2006 bekämpfbar und könnte für absolut nichtig erklärt werden. Es stehe somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevor. Somit drohe aber der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung eines endgültig wirksamen Zuschlags, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung schon aus diesem Grund abzuweisen sei. IdS habe auch die Rechtsprechung bislang Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung immer dann abgewiesen, wenn lediglich eine Ausscheidensentscheidung aber noch keine Zuschlagsentscheidung vorliegt (vgl. zB. BVwG 7.1.2016, W138 2118883-1 mwN).

 

Im Übrigen seien die von der Antragstellerin beantragten Maßnahmen, soweit damit die Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens oder die Untersagung der Erlassung einer Zuschlagsentscheidung begehrt wird, über­schießend und jedenfalls nicht die gelindesten noch zum Ziel führenden vor­läufigen Maßnahmen. 

 

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die I L GmbH steht laut Firmenbuchauszug zu 90 % im Eigentum der Stadt L, und zu jeweils 1 % im Eigentum der A A K der Stadt L GmbH, der A E L GmbH, der I L GmbH, der L V-gesellschaft mbH und S S L GmbH sowie zu 5 % im Eigentum der M L GmbH, und ist sohin öffentliche Auftraggeberin iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG, sodass das gegen­ständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs. 1 leg.cit.

 

3.2. Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfü­gungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerde­punkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 leg.cit. hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs. 3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4. Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabegesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art. 2 Abs. 4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art. 2 Abs. 5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechts­schutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftrag­geber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des dis­kriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu
Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial­verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Ver­waltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen der vorläufigen Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die beantragte einstweilige Verfügung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen. Da somit nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten zutreffen und hierdurch eine erfolgreiche Beteiligung erschwert bzw. verhindert wird, droht der Antragstellerin durch die Fortsetzung des Vergabeverfahrens der Entgang des Auftrags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen. Um derartigen Schaden abzuwenden, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Landesverwaltungsgericht in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts nicht ins Leere laufen lässt und der die Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren und damit die grundsätzliche Möglichkeit der Auftragserteilung im Rahmen eines rechtskonformen Vergabeverfahrens über die hier verfahrensgegenständlichen Leistungen an die Antragstellerin wahrt. Dies ist durch die vorläufige Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens als zum Ziel führende vorläufige Maßnahme gewährleistet.  

 

Die Fortsetzung des Vergabeverfahrens war zu untersagen, zumal durch die Ausscheidensentscheidung die Antragstellerin aus dem laufenden Vergabeverfahrens ausgeschieden werden sollte und bei Fortsetzung desselben die Antragstellerin dann auch gezwungen wäre, die darauffolgende Zuschlagsentscheidung an die einzige verbliebene Bieterin (oder allenfalls eine Widerrufsentscheidung) ebenfalls wieder mittels Nachprüfungsantrag (und einstweiliger Verfügung) zu bekämpfen. In diesem Fall wäre ein weiteres Nachprüfungsverfahren (mit weiteren Gebühren) erforderlich, was aus prozessökonomischen Gründen aber untunlich ist.

Womöglich würde die Antragstellerin auch gar nicht von der Zuschlagsentscheidung (oder einer Widerrufsentscheidung) Kenntnis erlangen und müsste in der Folge ihre Rechte in einem Feststellungsverfahren geltend machen (also wäre auch in diesem Fall ein weiteres Verfahren mit weiteren Gebühren zu führen). Insgesamt ist daher die spruchgemäße Untersagung der Fortsetzung des Verfahrens das gelindeste Mittel.

 

Die Dauer der Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens ergibt sich aus § 11 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich somit die Möglichkeit besteht, die Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art.133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen  durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer