LVwG-300904/3/Kl/PP

Linz, 09.02.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Ing. M. B., x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.X. B., x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Linz-Land vom 30. November 2015, SV96-70-2014, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren zu leisten.

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. November 2015, SV96-70-2014, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 4.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatz­freiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verhängt, weil er es als Geschäftsführer, somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Person der Firma „B. K. B. m.b.H." mit Sitz in x, x, zu verantworten hat, dass die genannte Firma den aus­ländischen Staatsbürger M. L., geb. x, Staatsbürger von M., für den weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsende­bewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde bzw. welcher keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte", „Blaue Karte EU" oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler" oder eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus", eine „Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" oder „Daueraufenthalt - EU" besessen hatte, im Zeitraum von 12.2.2014 bis 21.2.2014 als Facharbeiter, somit jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich in x, x, beschäftigt hat, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine(n) Ausländer/in nur beschäftigen darf, wenn ihm für diese(n) eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot - Karte", „Blaue Karte EU" oder „Aufenthaltsbewilligung - Künstler" oder eine „Rot-Weiß-Rot - Karte plus", eine „Aufenthaltsberechtigung plus", einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger" oder „Daueraufenthalt - EU" besitzt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer der B. K. B. m.b.H. sei und der Arbeitnehmer L. M. im Zeitraum vom 12.2.2014 bis 21.2.2014 als Facharbeiter im Unternehmen beschäftigt und das Dienstverhältnis spätestens bis zum Beschäftigungsbeginn bei der Oö. GKK gemeldet gewesen sei. Herr L. M. sei bereits im Jahr 2010 erstmals im Unternehmen beschäftigt gewesen und seitdem vom Arbeitsmarktservice T. Sicherungs­bescheinigungen bzw. Beschäftigungs­bewilligungen ausgestellt gewesen. Die Sekretärin M. E. sei angewiesen gewesen, den Arbeitnehmer nicht nur bei der Gebietskrankenkasse sondern auch zur Ausländerbeschäftigung anzumelden. Dies sei dem Beschwerdeführer daher nicht anzulasten. Darüber hinaus wurde geltend gemacht, dass bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19.5.2014, SV96-20-2014/Gr, der Beschwerdeführer für die Beschäftigung des Herrn L. M. in der Zeit vom 21.1.2013 bis 13.12.2013 bestraft worden sei und sohin für die weitere Beschäftigung vom 12.2.2014 bis 21.2.2014 eine Tateinheit zu sehen sei und eine neuerliche Bestrafung daher ausgeschlossen sei. Im Übrigen sei die verhängte Geldstrafe zu hoch.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat als belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Das zuständige Finanzamt Linz, Finanzpolizei Team 40, wurde am Verfahren beteiligt.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen.

 

Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der B. K. B. m.b.H. mit Sitz in x, x. Diese beschäftigte den m. Staatsbürger L. M. im Zeitraum vom 12.2.2014 bis 21.2.2014 als Facharbeiter, obwohl weder eine Beschäfti­gungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und auch sonst keine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorlag.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.4.2014, SV96-20-2014, wurde der Beschwerdeführer rechtskräftig wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG bestraft, weil die B. K. B. m.b.H. mit Sitz in x den m. Staatsangehörigen L. M. als Facharbeiter (Maurer) im Zeitraum vom 31.1.2013 bis 13.12.2013 entgeltlich beschäftigte, obwohl für diesen keine arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorlagen. Das diesbezüglich festgesetzte Strafausmaß wurde mit Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19.5.2014, SV96-20-2014/Gr, rechtskräftig hinaufgesetzt.

 

5. Hierüber hat das Oö. Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Gemäß § 22 Abs. 2 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht aber eine Ausnahme von diesem Prinzip bei einem fortgesetzten Delikt. Darunter ist eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Im Fall eines fortgesetzten Deliktes sind durch die Bescheiderlassung alle bis dahin erfolgten Einzelakte abgegolten, mögen sie auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz. Ein Straferkenntnis ist erst zum Zeitpunkt der Zustellung als gefällt anzusehen, weshalb eine Bestrafung – im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes – ungeachtet der Anführung eines vorher endenden Tatzeitraumes im Spruch des Straf­erkenntnisses auch die bis dahin erfolgten Einzeltathandlungen erfasst (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1376f sowie 1384 mit Judikaturnachweisen).

Unter anderem führt der Verwaltungsgerichtshof auch in den Erkenntnissen vom 26.3.1996, 95/05/0055, und vom 23.10.1995, 93/03/0191, unter Hinweis auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19.5.1980, SLG N.F. Nr. 10138/8 aus, dass „Verwaltungsübertretungen ... sofern mehrere von einem einheitlichen Tatwillen umfasste Tathandlungen gegeben sind, als fortgesetztes Delikt zu werten [sind], sodass die Anwendung des im § 22 VStG normierten Kumulationsprinzips ausgeschlossen ist. In diesem Fall sind – ungeachtet der Anführung eines vorher endenden Tatzeitraumes – alle bis zur Zustellung des Straferkenntnisses erster Instanz gesetzten Einzeltathandlungen von der Bestrafung umfasst“.

 

Im Grunde dieser ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum fortgesetzten Delikt war daher auch die Tatbegehung hinsichtlich des Ausländers L. M. vom 31.1.2013 bis 13.12.2013 und nunmehr vom 12.2.2014 bis 21.2.2014 in Anbetracht der im Baugewerbe typischen witterungsbedingten Unterbrechung der Beschäftigung in Wintermonaten als Tateinheit im Sinne eines fortgesetzten Deliktes in einem Fortsetzungszusammenhang zu sehen und sohin von dem durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land erlassenen Straferkenntnis vom 29.4.2014 bzw. 19.5.2014 mit umfasst, zumal die nunmehrige Tatbegehung vor Erlassung des genannten Straferkenntnisses erfolgte.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

 

6. Bei diesem Ergebnis entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kosten­beitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt