LVwG-350223/2/GS/SH

Linz, 15.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Maga. Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn K.B., x, S., vom 12. Februar 2016, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Steyr vom 26. Jänner 2016, GZ: SH-468/15, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerde­führers (Bf) vom 04.12.2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohn­bedarfs in Anwendung der Bestimmungen der §§ 27 und 30 Oö. BMSG zurück­gewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Bf mit Schreiben vom 10.12.2015 im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ersucht worden wäre, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Urkunden und Unterlagen hinsichtlich

- Abmeldung des Wohnsitzes in S.

- Nachweis über Beendigung des Studiums

- Rechtlicher Nachweis über die Alimentationsverpflichtung der Eltern

- Kontoauszüge ab 03.12.2015 bis laufend

- Aktuelle Ansparsumme des Bausparers

beizubringen. In diesem Schreiben wäre der Bf nachweislich darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt worden wäre, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen könne. In recht­licher Hinsicht wurde ausgeführt, dass der Bf seiner Mitwirkungspflicht nicht nach­gekommen sei und für seinen Antrag die Entscheidungsgrundlage fehle, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen wäre.

 

I.2. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht eingebrachten Beschwerde (fälschlicherweise als Einspruch bezeichnet) wird vorgebracht, dass der Bf der Überzeugung sei, dass er sehr wohl selbsterhaltungsfähig sei und auch aktiv bemüht sei, eine Arbeitsstelle zu finden. Seine Eltern hätten ihn aktuell unter­stützt, indem sie seine Kosten für einen Diplomlehrgang am W. bezahlt hätten (3.000 Euro). Er bittet, seinen Antrag auf Mindestsicherung erneut zu prüfen.

 

I.3. Mit Schreiben vom 23.02.2016, eingelangt beim Oö. Landesverwaltungs­gericht (LVwG) am 26.02.2016, wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde von der belangten Behörde dem Oö. LVwG zur Entscheidung vorgelegt.

 

Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch Einzelrichter.

 

I.4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den behördlichen Verfahrensakt. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Grund-rechtscharta entgegenstehen, war von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abzusehen.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem ent-scheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Am 04.12.2015 stellte der Bf einen Antrag auf Mindestsicherung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz.

 

Mit Schreiben vom 10.12.2015 wurde der Bf im Rahmen seiner Mitwirkungs­pflicht ersucht, am 28.12.2015 um 10.00 Uhr persönlich beim Magistrat der Stadt Steyr zu erscheinen und folgende Urkunden bzw. Unterlagen beizubringen:

- Abmeldung des Nebenwohnsitzes in S.

- Nachweis über Beendigung des Studiums

- Rechtlicher Nachweis über die Alimentationsverpflichtung der Eltern

- Kontoauszüge ab 03.12.2015 bis laufend

- Aktuelle Ansparsumme des Bausparers

In diesem Schreiben wurde der Bf nachweislich darauf hingewiesen, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungs­grundlage den Antrag zurückweisen kann.

 

Am 26.01.2016 gab der Bf telefonisch bekannt, dass er seinen Termin am 28.12.2015 nicht wahrgenommen hat, da seine Eltern die Alimentationsleistung bei Gericht berechnen lassen wollten. Weiters hat Herr B. telefonisch um Zurückweisung seines Antrages ersucht.

 

Bis zur Bescheiderlassung durch die belangte Behörde wurden vom Bf keinerlei Unter­lagen vorgelegt.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus dem vorliegenden Akten-inhalt. Insbesondere geht aus dem Akt hervor, dass der Bf vor Bescheiderlassung durch die belangte Behörde keine der aufgetragenen Unterlagen vorgelegt hat. Auch mit der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wurden keine Unterlagen vorgelegt.

 

 

IV. Rechtsgrundlage und rechtliche Beurteilung:

 

Zunächst ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofes aufgrund der Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde „Sache“ des Beschwerdeverfahrens nur die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. VwGH vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/0302). Im Beschluss vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0049, führt der Verwaltungs­gerichtshof dazu zu den Verfahrensbestimmungen vor den Verwaltungsgerichten aus, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat, ist. Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“ normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (vgl. VwGH v. 18.12.2014, Ra 2014/07/ 0002).

 

Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann gemäß § 4 Oö. BMSG nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009 erfüllen und

2.    

a)   österreichische Staatsbürgerinnen oder -bürger oder deren Familien­angehörige;

b)   Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte;

c)   EU-/EWR-Bürgerinnen oder Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden;

d)   Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ oder „Daueraufenthalt – Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung;

e)   Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistung nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden.

 

Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG, dass eine Person im Sinne des § 4 Oö. BMSG

1.   von einer sozialen Notlage (§ 6 Oö. BMSG) betroffen ist und

2.   bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7 Oö. BMSG).

 

Eine soziale Notlage liegt gemäß § 6 Oö. BMSG bei Personen vor,

1.   die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf

2.    den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung setzt gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage beizutragen.

 

Als Beitrag gelten insbesondere

1.   der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe der §§ 8 bis 10 Oö. BMSG

2.   der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 11 Oö. BMSG

3.   die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte (z.B. Unterhaltsansprüche), bei deren Erfüllung die Leistung der bedarfsorientieren Mindestsicherung nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre sowie

4.   die Umsetzung ihr vom Träger bedarfsorientierter Mindestsicherung oder einer Behörde nach diesem Landesgesetz aufgetragener Maßnahmen zur Abwendung , Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage.

 

§ 30 Oö. BMSG regelt die Mitwirkungspflicht im Ermittlungsverfahren:

(1)        Die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ist verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere zur Durchführung des Verfahrens

1.   erforderliche Angaben zu machen,

2.   erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3.   erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

(2)        Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

(3)        …..

(4)        …..

(5)        Für die Mitwirkung ist eine angemessene Frist, die mindestens eine Woche betragen muss, zu setzen. Im Mitwirkungsersuchen sind jene Tatsachen, über die Auskunft verlangt wird, im Einzelnen zu bezeichnen.

(6)        …..

 

§ 33 Abs. 3 Oö. BMSG regelt die Mitwirkungspflicht im Beschwerdeverfahren:

Kommt die Beschwerdeführerin oder der Beschwerdeführer ihrer oder seiner Mitwirkungspflicht gemäß § 30 erst im Beschwerdeverfahren nach, hat das Landesverwaltungsgericht bei der Beurteilung des bis zu diesem Zeitpunkt bestehenden Leistungsanspruchs der Entscheidung den Sachverhalt, soweit er im Ermittlungsverfahren festgestellt wurde, zugrunde zu legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage die Beschwerde insoweit zurückzuweisen. Voraus­setzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihre Vertreterin bzw. ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

Der Bf wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 10.12.2015 aufgefordert, seiner Mitwirkungspflicht nachzukommen. Dem Bf wurde auch konkret und detailliert bekanntgegeben, wie er seiner Mitwirkungspflicht nachzu­kommen hatte. Die belangte Behörde hat eine Liste der vom Bf beizubringenden Unterlagen erstellt und eine angemessene Frist gesetzt. Außerdem wurde der Bf auf die rechtlichen Folgen hingewiesen, sollte er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Das Schreiben der belangten Behörde wurde § 30 Abs. 2 Oö. BMSG gerecht.

 

Außerdem liegen keine Gründe vor, weshalb die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, die geforderten Unterlagen vom Bf zu verlangen. Somit hat die belangte Behörde den Antrag des Bf zu Recht zurückgewiesen. Die Beschwerde war daher vom Oö. LVwG als unbegründet abzuweisen.

 

Der Bf wird aber darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung besteht, wobei die Entscheidung der belangten Behörde (auch) wieder von der Erfüllung der Mitwirkungspflicht des Bf abhängt. Nachdem aller­dings eine rückwirkende Antragstellung ausscheidet, könne die Voraussetzung für die Gewährung bedarfsorientierter Mindestsicherung erst mit der neuerlichen Antragstellung geprüft werden. Für die Zeit bis zur wiederholten Antragstellung können jedenfalls keine Leistungen mehr geltend gemacht werden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Gabriele Saxinger