LVwG-550764/5/Fi/MSch

Linz, 04.02.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch den Senat K (Vorsitzender und Berichter: Mag. Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Mag. Dr. Harald Wiesinger und Dipl.-Päd. Ing. Josef Peterseil) über die Beschwerde von
F E H OG, FN X, vertreten durch Mag. H K, öffentlicher Notar
, gegen den Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 01.12.2015, GZ: Agrar20-137-2015, betreffend die Versagung der Genehmigung der Eigentumsübertragung nach dem Oö. Grundverkehrsgesetz (mitbeteiligte Partei: P M)

den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden vom 1. Dezember 2015, GZ: Agrar20-137-2015, aufgehoben sowie die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Eingabe vom 15. Mai 2015 beantragte die Bf die Genehmigung der Übertragung des Eigentumsrechts an der Liegenschaft EZ X, bestehend aus den Grundstücken Nr. X, X und X, KG X, im Ausmaß von insgesamt 14.018 m2, durch die mitbeteiligte Partei Herrn P M, aufgrund des Kaufvertrags vom 28. April 2015. Zur Begründung dieses Antrags brachte die Bf vor, dass sie die verfahrensgegenständliche Waldfläche zur forstwirtschaftlichen Selbstbewirtschaftung erwerben möchte. Als forstwirtschaftlicher Betrieb verfüge die Bf über alle erforderlichen Fachkenntnisse sowie die erforderlichen Maschinen und Geräte. Auf dem Grundstück befinde sich eine alte Kelleranlage, die sich gut für die Pilzzucht eigne.

 

I.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 01. Dezember 2015 wurde dieses Ansuchen abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Bf die gegenständlichen Grundstücke im Ausmaß von 14.018 m2 – wobei im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde E das Grundstück X im Ausmaß von 105 die Widmung „Grünland“, das Grundstück X im Ausmaß von 161 die Widmung „Grünland“ bzw. Teilbereiche „Bauland Wohngebiet“ und das Grundstück X im Ausmaß von 13.752 die Widmung „Wald“ aufweisen – mit Kaufvertrag vom 28.04.2015 gemeinsam zu einem Kaufpreis von € 180.000,-- erworben habe. Damit liege aber der Kaufpreis von € 12,84/ deutlich über dem Marktpreis für Waldgrundstücke in E iHv € 1 bis € 4 je . Dadurch sei der Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z 3 und Z 4 Oö. GVG erfüllt. Der Rechtserwerb widerspreche den dem Oö. GVG zugrunde liegenden Grundsätzen, insbesondere dem Schutz vor Spekulation.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 7. Jänner 2016 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem Antrag, den beabsichtigten Grunderwerb zu genehmigen, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Zur Begründung bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass unabhängig seiner allfälligen Richtigkeit nicht nachvollzogen werden könne, wie die erkennende Behörde zu dem im Bescheid als für Waldgrundstücke üblich angenommenen Preis von € 1 bis 4 je gekommen ist und durch die Nichtoffenlegung der allfällig dahinter stehenden gutachterlichen Stellungnahme und deren Begründung wesentliche Verfahrensgrundsätze verletzt worden seien. Durch die Versagung der Möglichkeit zur Stellungnahme dazu sei jedenfalls das Recht auf Gehör verletzt worden. Im angefochtenen Bescheid sei außerdem die sich auf den kaufgegenständlichen Grundstücken befindliche Kelleranlage, welche sich für die Kultivierung von hochwertigen Waldspeisepilzen eigne, da sie die dafür notwendigen speziellen Bedingungen gewähre, gänzlich unberücksichtigt geblieben. Diese Kelleranlage von rund 1.520 sei vom Verkäufer unter erheblichen finanziellen Aufwendungen nutzbar gemacht worden, was nunmehr in den Kaufpreis eingeflossen sei. Die Festlegung des Kaufpreises sei außerdem unter Konsultierung eines Sachverständigen erfolgt und sei dieser angemessen. Der Grunderwerb diene somit weder vorwiegend spekulativen Zwecken noch liege eine Gegenleistung vor, die den Verkehrswert erheblich übersteigt. Obwohl der Behörde die genannte Kelleranlage und die Absicht der Bf, diese zur Pilzzucht zu nutzen, aus dem Verfahrensgang bekannt war, sei darauf im Bescheid nicht eingegangen worden und habe sich die Behörde mit den Fakten nicht auseinander gesetzt. Darüber hinaus diene der gegenständliche Erwerb den im Gesetz genannten land- und forstwirtschaftlichen Interessen.

 

II.1. Mit Schreiben vom 20. Jänner 2016, eingelangt am 26. Jänner 2016, wurde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

II.2. Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens wird (ergänzend zu Punkt I.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ X, bestehend aus den Grundstücken Nr. X, X und X, KG X, im Ausmaß von insgesamt 14.018 m2. Mit Kaufvertrag vom 28. April 2015 erwarb der Bf diese Liegenschaft zu einem Kaufpreis von insgesamt € 180.000,--. Während das Grundstück X mit einer Fläche von 13.752 im Ausmaß von 13.667 als Waldfläche genutzt wird, wird die restliche Liegenschaft im Grundbuch mit der „sonstigen Nutzung – Straßenverkehrsanlage“ ausgewiesen (sowohl das restliche Grundstück X [85 m²] als auch die Grundstücke X [105 m²] und X [161 m²]). Die Grundstücke X und X bilden einen schmalen, länglichen Streifen an der Nordgrenze des in seiner Grundform beinahe quadratischen Grundstücks X und verbinden dieses mit der im Osten gelegenen Straße (DORIS-Auszug).

 

Am Grundstück X befindet sich eine Stollenanlage (Schreiben der Bauabteilung der Marktgemeinde E vom 12. August 2015).

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

III.1. Gemäß § 31 Abs. 6 Oö. GVG hat das Landesverwaltungsgericht durch Senat zu entscheiden.

 

III.2. Nach § 4 Abs. 1 Oö. GVG bedürfen Rechtserwerbe gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 Oö. GVG an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon der Genehmigung der Behörde. Land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke sind gemäß § 2 Abs. 1 Oö. GVG bebaute oder unbebaute Grundstücke, die nach ihrer Beschaffenheit zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung geeignet sind und nicht zweifelsfrei zur Gänze für andere Zwecke als der Land- oder Forstwirtschaft verwendet werden, ausgenommen Grundstücke nach § 2 Abs. 2 Z 1 Oö. GVG.

 

Um beurteilen zu können, ob der gegenständliche Rechtserwerb hinsichtlich der Grundstücke X und X überhaupt einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf oder ob es sich dabei unter Umständen um „sonstige Grundstücke“ i.S.d. § 2 Abs. 3 Oö. GVG 1994 handelt, sind unter anderem die derzeitige bzw. bisherige Verwendung dieser Grundstücke zu ermitteln. Dabei ist insbesondere zu erheben, ob die Grundflächen ausschließlich als Weg oder Straße genutzt werden, ob diese allenfalls zur zweckentsprechenden Bewirtschaftung der restlichen Liegenschaft notwendig sind und daher mit dem Waldgrund eine Einheit bilden oder ob die Grundstücke nicht auch (zumindest teilweise) in einer für Land- oder Forstwirte signifikanten Art verwendet werden (vgl. Schneider, Handbuch Österreichisches Grundverkehrsrecht 110 ff [insb. 112] mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ausreichende derartige Ermittlungen bzw. Feststellungen sind jedoch weder dem angefochtenen Bescheid, noch dem vorliegenden Behördenakt zu entnehmen.

 

III.3. Nach § 4 Abs. 6 Z 3 u 4 Oö. GVG sind Rechtserwerbe nach § 4 Abs. 1 Oö. GVG jedenfalls zu untersagen, wenn anzunehmen ist, dass der Grundstückserwerb zu vorwiegend spekulativen Zwecken beabsichtigt ist bzw. die Gegenleistung den Verkehrswert erheblich übersteigt. Die belangte Behörde stützt sich im angefochtenen Bescheid zur Begründung der Versagung der Genehmigung auf beide diese Tatbestände und führt dazu aus, dass der „Marktpreis für Waldgrundstücke in der Höhe von Euro 1 (eins) bis Euro 4 (vier) je “ liege und daher der vertragsgegenständliche Preis von € 12,80/ diesen deutlich übersteige. Dabei wird jedoch nicht dargelegt, wie die Behörde zu der Einschätzung des Marktpreises gekommen ist. Bereits im Ermittlungsverfahren wurde der Preis des Grundstückes problematisiert. Auf die Erklärung der Bf wurde jedoch nicht weiter eingegangen und keine weiteren Erhebungen zum tatsächlich angemessenen Preis für den gegenständlichen Rechtserwerb eingeholt, abgesehen von einer diesen Preis völlig offen lassenden Stellungnahme durch die Marktgemeinde E.

 

Letztlich fehlt damit aber jegliche Grundlage zur Bewertung der gegenständlichen Liegenschaft durch die Behörde. Die Beantwortung der Frage, ob der gegenständliche Kaufpreis den Verkehrswert erheblich übersteigt, bedarf Feststellungen zu den konkreten Gegebenheiten des in Frage stehenden Grundstücks, welche anschließend in die rechtliche Beurteilung miteinzubeziehen sind. So wäre gegenständlich insbesondere zu ermitteln, wie die Waldfläche an sich zu bewerten ist und welche konkreten Auswirkungen die Stollenanlage auf den Kaufpreis bzw. Wert des Grundstücks zeitigt. Allfällige derartige speziell für das verfahrensgegenständliche Grundstück wertbildende Faktoren bzw. die für den zwischen den Bf vereinbarten Kaufpreis maßgebenden Umstände wurden von der belangten Behörde jedoch nicht erhoben.

 

Auch zum in den Raum gestellten Verdacht des Erwerbes zu spekulativen Zwecken fehlt jegliche Grundlage. Ohne Hinweise auf eine mögliche Spekulation kann eine solche Absicht dem Bf oder der mitbeteiligten Partei aber nicht unterstellt werden.

 

III.4. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Landesverwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

 

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt nicht fest und es ist auch nicht davon auszugehen, dass eine Ermittlung des Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Kostenersparnis oder Raschheit gelegen ist. Angesichts des Umstandes, dass der belangten Behörde nach § 26 Oö. GVG ein forsttechnischer Sachverständiger angehört, ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde, deren Sitz sich nur einige Kilometer vom gegenständlichen Grundstück entfernt befindet, in der Lage ist, einfach und rasch (etwa durch einen Ortsaugenschein unter Beiziehung des der Behörde angehörigen forsttechnischen Sachverständigen) zu ermitteln, ob unter Berücksichtigung der noch zu ergründenden gegenwärtigen bzw. bisherigen Nutzung bei allen gegenständlichen Grundflächen land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des § 2 Abs. 1 Oö. GVG vorliegen.

 

Zur Ermittlung des Verkehrswertes der gegenständlichen Grundflächen hat die belangte Behörde bisher lediglich eine wenig aufschlussreiche, allgemein gehaltene Stellungnahme samt Plan der sich auf der Liegenschaft befindlichen Stollenanlage seitens der Marktgemeinde E eingeholt, aus der keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Wert der gegenständlichen Liegenschaft möglich sind. Den übrigen Ermittlungen, die sich auf die Anfertigung von drei DORIS-Ausdrucken und der Möglichkeit der Bf, den Kaufpreis zu erklären, beschränken, lässt sich nicht entnehmen, wie die gegenwärtige bzw. bisherige konkrete Nutzung der verfahrensgegenständlichen Grundstücke X und X aussieht und in wie weit die sich auf der gegenständlichen Liegenschaft befindliche Stollenanlage eine Auswirkung auf den Wert des Grundstücks X hat.

 

Da hinsichtlich dieser Fragen, insbesondere zur Ermittlung des Verkehrswerts der kaufgegenständlichen Liegenschaft, bloß ansatzweise ermittelt wurde, sind im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung erfüllt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

III.5. Für das weitere Verfahren gilt:

Die belangte Behörde wird zunächst Ermittlungen zur Verwendung der Grundstücke X und X durchzuführen und dann zu beurteilen haben, ob der Erwerb dieser Grundstücke überhaupt einer Genehmigungspflicht unterliegt.

 

Sodann wird, unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der sich auf der Liegenschaft befindlichen Stollenanlage (allenfalls durch ein Sachverständigengutachten), die Ermittlung des Verkehrswerts zu erfolgen haben. Die Frage, wann die Gegenleistung den Verkehrswert im Sinne des § 4 Abs. 6 Z 4 Oö. GVG „erheblich übersteigt“, ist in der Folge eine Rechtsfrage, die allein von der belangten Behörde zu lösen ist. Aufgabe eines allfälligen von der belangten Behörde heranzuziehenden Sachverständigen wäre (nur), eine Bewertung entsprechend seinem sachverständigen Wissen unter Offenlegung der angewandten bzw. in Befolgung der in Auftrag gegebenen Methode zu erstellen (vgl. VwGH 31.03.2006, 2006/02/0060). Im Ermittlungsverfahren wird darauf zu achten sein, den Parteien rechtliches Gehör einzuräumen, ihnen also insbesondere das allfällige Sachverständigengutachten zur Äußerung zu übermitteln.

 

IV. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Ausführungen zur Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG gründen sich auf die ständige Rechtsprechung des VwGH.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Johannes Fischer