LVwG-411136/8/Kof - 411138/3

Linz, 24.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerden 1.1.: des Herrn H D,
1.2.: der P GmbH und 1.3.: der P GmbH, alle vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. F M, D, W gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels vom 28. Oktober 2015, VStV/915301574968/2015 wegen der Beschlag­nahme von Glücksspielgeräten nach dem Glücksspielgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. Februar 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden abgewiesen und

wird der angefochtene Beschlagnahmebescheid bestätigt.

 

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision

an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs.4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.         

Mit dem in der Präambel zitierten Bescheid wurde – zusammengefasst – wie folgt abgesprochen:

 

„Über die am 15.10.2015  durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal A. in PLZ Adresse gemäß § 53 Abs.2 GSpG durchgeführte vorläufige Beschlagnahme
von Glücksspielgeräten ergeht von der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels gegen die Eigentümer, Inhaber und Veranstalter dieser Glücksspielgeräte folgender

 

Spruch

 

Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz wird zur Sicherung der Einziehung

die Beschlagnahme der nachstehend angeführten drei Glücksspielgeräte angeordnet:

 

 „Kajot“ Nr. 9071105001xxx,  200807xxx,  9080207000xxx

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass es sich um Glücksspielgeräte handle und der Verdacht bestehe, dass mit diesen fortgesetzt gegen die Bestimmungen des Glücksspielgesetzes verstoßen werde.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Bf innerhalb offener Frist eine weitwendig begründete Beschwerde erhoben, in welcher zusammengefasst ausgeführt wird:

 

Der bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten. Die Anfechtung stützt sich auf folgende Gründe, welche zur Rechtswidrigkeit führen bzw. wird der Bescheid aus folgenden Gründen angefochten

• Rechtswidrigkeit des Inhaltes

• Verfahrensfehler

• Unzuständigkeit

• Aktenwidrigkeit

• Ergänzungsbedürftigkeit

• Unrichtige rechtliche Beurteilung

• Mangelnde Schuld

• Höhe der Strafe

 

Begehren: 

Nachdem das VwG gemäß Art. 130 Abs.4 1.Satz B-VG sowie § 50 VwGvG
in der Sache selbst entscheiden muss und eine Zurückverweisung an die Behörde in Strafsachen nicht zulässig ist, stellt der Beschwerdeführer nachstehende

 

ANTRÄGE

 

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht des Landes Oberösterreich möge

1.    den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben und das Beschlagnahmeverfahren 

     einstellen; jedenfalls

2.     eine mündliche Verhandlung anberaumen"

 

Mit Schreiben vom 02. Dezember 2015 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde den bezughabenden Verwaltungs­akt.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt einliegende Dokumentation und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (mVh) am 11. Februar 2016.

An dieser mVh haben die Bf sowie deren Rechtsvertreter – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht teilgenommen.

 

Zeugenaussage der Frau M. H. – Finanzpolizei Team xx:

Am 15. Oktober 2015 habe ich – gemeinsam mit Kollegen – im Lokal „A., Adresse einen Glücksspielautomaten bespielt.

Gespielt wurde „Ring of Fire XL“.

In das Gerät wurde ein Spielguthaben von 20 Euro eingegeben.

Anschließend wurde von mir ein Spiel ausgewählt und zwar das Walzenspiel „Ring of Fire XL“. Danach habe ich den Betrag ausgewählt, mit dem ich spielte – und zwar den Mindesteinsatz von 20 Cent.

Anschließend wurde von mir die „Starttaste“ gedrückt.

Die Walzen laufen für eine Dauer von geschätzt ca. 1 – 2 Sekunden.

Der Spieler hat keine Möglichkeit, die Walzen von sich aus zum Stillstand

zu bringen, es existiert keine „Stopptaste“.

Nachdem die Walzen zum Stillstand gekommen sind, erfährt der Spieler

ob er etwas gewonnen hat oder nicht, bejahendenfalls welchen Betrag.

Von mir werden Glücksspielkontrollen seit Oktober 2014 durchgeführt, Durchschnittsbetrachtung ca. 2 – 3 pro Woche.

Der Ablauf bei der Bespielung des „Ring of Fire XL“ ist immer der gleiche.

 

Zeugenaussage des Herrn C. W. – Finanzpolizei Team xx :

Am 15. Oktober 2015 wurde von mir in Adresse – Lokal „A.“

eine Glücksspielkontrolle gemeinsam mit Kollegen durchgeführt.

Von mir wurden dabei zwei Automaten bespielt.  

Zuerst wurde in den jeweiligen Automaten ein Geldbetrag von 20 Euro eingegeben.

Danach habe ich ein Spiel ausgewählt und zwar das Spiel „Ring of Fire XL“.

Das Spiel „Ring of Fire XL“ wird von mir bei jedem Automaten

– sofern es bei diesem vorhanden ist – als Spiel ausgewählt.

 

 

 

 

Danach wird von mir der Mindesteinsatz – 20 Cent angegeben bzw. ausgewählt. Danach wird die „Starttaste“ gedrückt.

Die Walzen laufen für eine Dauer von geschätzt ca. 1 – 2 Sekunden.

Der Spieler hat keine wie immer geartete Möglichkeit, die Walzen selbsttätig

zum Stillstand zu bringen, es existiert keine „Stopptaste“.

 

Nachdem die Walzen zum Stillstand gekommen sind, erfährt der Spieler ob er etwas gewonnen hat oder nicht, im günstigen Fall welchen Betrag er gewonnen hat.

 

Von mir werden Glücksspielkontrollen seit ca. 10 Jahren durchgeführt, ich habe schon eine Vielzahl von Automaten bespielt auch solche mit gleicher Bauweise wie die verfahrensgegenständlichen.

 

Vor der mündlichen Verhandlung legte der Rechtsvertreter der Bf

ergänzende Unterlagen zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des GSpG vor.

 

Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

Bezüglich der virtuellen Walzenspiele stellt sich der Spielablauf wie folgt dar:

Für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten

Symbol­kombinationen wurden Gewinne in Aussicht gestellt.

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl eines Spiels und Aufrufen zur Durchführung konnte ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet war.

Das Spiel wurde mit der Starttaste ausgelöst.

Damit wurde zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst.

Dabei wurden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand.

 

Ein Vergleich der neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes, der Spielerfolg stand daher nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest. Das Spielergebnis hing ausschließlich vom Zufall ab, Spieler hatten keine Möglichkeit, bewusst Einfluss auf den Ausgang der Spiele zu nehmen.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem schlüssigen und nachvoll­ziehbaren Aktenvermerk, der Anzeige der Finanzpolizei samt Dokumentation der Probespiele mit Fotoaufnahmen sowie dem Ergebnis der mVh vom 11.02.2016.

Sie wurden vom Rechtsvertreter der Bf nicht bestritten.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Bei der vom Bf gestellten Vielzahl an Beweisanträgen handelt es sich durchwegs
um Erkundungsbeweise. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig;

siehe die in Hengstschläger-Leeb, Kommentar zum AVG, RZ 16 zu § 46 AVG (Seite 448) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie VfSlg 17452;

VwGH vom 03.09.2003, 2001/03/0172; vom 11.08.2005, 2005/02/0193 ua.

 

Betreffend die von der Bf in der Beschwerde erwähnten mehr als 30 Erkenntnisse der UVS Oberösterreich, Niederösterreich, Kärnten und andere ist auszuführen:

Ein in einem anderen Verfahren ergangener Bescheid/ergangenes Erkenntnis hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Verfahrens;

VwGH vom 17.11.1992, 92/11/0127.

 

Die beschlagnahmten Gegenstände ermöglichten die Teilnahme an einer verbotenen Ausspielung gemäß § 2 Abs.4 GSpG, würden doch damit die
mit dem Glücksspielgesetz verfolgten Ziele und Gedanken in ordnungspolitischen Maßnahmen, wie ein entsprechender Jugend- und Spielschutz klar unterlaufen.

 

Der VwGH hat in Bezug auf Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz
bereits mehrfach ausgeführt, dass eine solche bereits bei Vorliegen eines hinreichend substantiierten Verdachtes eines fortgesetzten Verstoßes gegen
das Glücksspielgesetz gerechtfertigt ist; VwGH vom 27.01.2012, 2011/17/0269.

 

Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl 620/1989 zuletzt geändert durch BGBl. I 13/2014 kann die Behörde die Beschlagnahme
von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen
Hilfs­mitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die
Ein­ziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit
Glücksspiel­automaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücks­spielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs.1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen
des § 52 Abs.1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungs­übertretungen nach den Bestimmungen des § 52 Abs.1 leg.cit. einzuziehen,
es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs.4 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs.4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

Gemäß § 52 Abs.1 Z1 GSpG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen,

"wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des
§ 2 Abs.4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs.2 daran beteiligt".

 

§ 52 Abs. 3 GSpG lautet:

Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach
§ 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.           die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht

        und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in

         Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine

    vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs.4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Anders als in einem allfälligen Strafverfahren, bei dem naturgemäß ein umfassendes, verdichtetes Ermittlungsverfahren zu einem abschließenden und unzweifelhaften Ermittlungsergebnis führen muss, erschöpft sich die
Ermittlungs­pflicht im Rahmen eines Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs.1 GSpG im Nachweis eines Verdachts eines GSpG-Verstoßes.

 

Das durchgeführte Ermittlungsergebnis hat ergeben, dass mit den
gegen­ständlichen Eingriffsgegenständen Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt.

Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte.

Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und die Bf von diesem auch nicht ausgenommen war.

Es besteht daher der Verdacht eines fortge­setzten Verstoßes gegen das GSpG.

 

Bezüglich der mit Walzenspielgeräten angebotenen Spiele hat der VwGH in zahlreichen Entscheidungen (z. B. vom 27.04.2012, 2011/17/0074) festge­halten, dass es sich dabei um Glücksspiele handelt, weshalb dazu keine weitere Erörterung und insbesondere kein Sachverständigengutachten erforderlich ist.

Die Geräte waren jedenfalls am Tag der Beschlagnahme betriebsbereit
aufge­stellt, weshalb der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen das GSpG besteht. Für derartige Gegenstände ist auch in § 52 Abs.4 GSpG der Verfall und in § 54 Abs.1 GSpG die Einziehung vorgesehen, weshalb die Voraussetzungen
für die Beschlagnahme gegeben sind.

 

Die Spieler im „verfahrensgegenständlichen Lokal“ haben ihre Spieleinsätze jedenfalls im örtlichen Bereich der belangten Behörde getätigt, weshalb es nicht darauf ankommt, ob das Spielergebnis direkt an den gegen­ständlichen Geräten erzeugt oder von einem anderen Ort aus auf technischem Weg an diese Geräte übermittelt und dort nur angezeigt wurde. Allfällige Gewinne wären ebenfalls vor Ort ausgezahlt worden. Sämtlichen diesbezüglichen Beweisanträgen war daher nicht nachzukommen und auf das diesbezügliche rechtliche Vorbringen nicht weiter einzugehen. Es reicht, dazu auf die Ent­scheidung des VwGH v. 29.4.2014, Ra 2014/17/0002 mit zahlreichen weiteren Judikaturhinweisen zu verweisen.

 

Ob aufgrund des Umfanges der möglichen Spiele, des möglichen Spieleinsatzes oder aus anderen Gründen eventuell auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wurde, ist nicht weiter zu beurteilen, weil auch in diesem Fall gemäß § 52 Abs.3 GSpG jedenfalls die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit vorgeht. –

Diese Bestimmung ist nicht verfassungs­widrig;

VfGH vom 10.03.2015, G 203/2014 ua.

 

Hinsichtlich einer allfälligen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des österreichischen GSpG ist festzuhalten, dass sich die Beschwerdeführerinnen nach der Judikatur des VwGH (vom 27.04.2012, 2011/17/0046) auf keinen Sachverhalt berufen,
der die Anwendung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten begründen würde.

Eine Unanwendbarkeit des GSpG scheidet daher deswegen aus.

 

Zur Frage, ob das österreichische GSpG dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, ist im Übrigen noch Folgendes festzuhalten:

Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-390/12 - Pfleger ua mwN) stellt ein Gesetz eines Mitgliedstaats, das den Betrieb von Glücksspieleinrichtungen
ohne vorab erteilte behördliche Erlaubnis verbietet (wie etwa das GSpG), eine Beschränkung des durch Art 56 AEUV garantierten freien Dienstleistungsverkehrs dar. Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten können nach dem EuGH durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein.

Von den Mitgliedstaaten auferlegte Beschränkungen haben die von der Rechtsprechung des EuGH insoweit aufgestellten Voraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung zu erfüllen.

Danach ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen.

 

 

Ein Verstoß eines Wirtschaftsteilnehmers gegen eine Regelung im Glücksspielbereich kann nicht zu Sanktionen führen, wenn diese Regelung mit Art 56 AEUV nicht vereinbar ist (vgl. EuGH C-390/12 - Pfleger ua).

 

Beim österreichischen Glücksspielmonopol handelt es sich um ein Finanzmonopol mit besonderen ordnungspolitischen Zielsetzungen

(vgl VwGH 4.8.2005, 2004/ 17/0035).

Der Bundesminister für Finanzen teilte in diesem Zusammenhang in seiner Stellungnahme vom 18.09.2014 unter anderem mit, dass das österreichische Glücksspielmonopol den Verbraucherschutz, den Schutz der Sozialordnung (Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen), die Kriminalitätsbekämpfung (Betrugsvorbeugung, Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung bzw. allgemein Vorbeugung von Straftaten),

die Verminderung der Gelegenheit zum Spiel bzw. Begrenzung der Ausnutzung der Spielleidenschaft, Spielerschutzmaßnahmen (Vermeidung von Sucht- und wirtschaftlicher Existenzgefährdung), Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie Gewinne aus dem Glücksspiel gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, zum Ziel habe.

Exemplarisch verweist die angesprochene Stellungnahme zur Untermauerung der Behauptung auf folgende Normen des GSpG:

§ 5 (Spielsuchtvorbeugung, Geldwäschevorbeugung und wirksame Aufsicht für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten),

§ 14 (Mindest- und Auswahl­kriterien für die Erteilung der Lotterienkonzession),
§ 16 (Genehmigungspflicht für Spielbedingungen), § 19 GSpG (Aufsicht über Lotterien), § 20 (Sport­förderung), § 21 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung von Spiel­bankenkonzessionen), § 22 (Mindest- und Auswahlkriterien für die Erteilung eines Pokersalons), §§ 25 und 25a (Spielbankenbesucher;
Schutz vor negativen wirtschaftlichen Folgen durch Spielen; Sorgfaltspflichten Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung), § 26 (Genehmigungspflicht der Besuchs- und Spiel­ordnung), § 31 (Aufsicht über Spielbanken),

§ 31b (allgemeine Vorschriften für Konzessionäre und Bewilligungsinhaber) und

§ 56 (Werbebeschränkungen).

 

Für das erkennende Gericht erscheinen diese Ausführungen in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen nachvollziehbar, erscheinen doch die zitierten Normen tatsächlich einem oder mehreren der oben genannten Ziele zu dienen. Hierfür sprechen auch die erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle BGBl I Nr. 73/2010, welche unter anderem festhalten,

dass Spielsucht­prävention und Kriminalitätsabwehr, Jugendschutz, Spielerschutz und soziale Sicherheit der sowie die effiziente Kontrolle zentrale Anliegen des GspG bzw. der Novelle sind.

 

 

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof (4.11.2009, 2009/17/0147) ging bereits
davon aus, dass der österreichische Gesetzgeber mit der Aufrecht­erhaltung des Glücksspielmonopols und der Kontrolle der Erteilung allfälliger Konzessionen gerade jene ordnungspolitischen Ziele verfolge, die nach der Rechtsprechung des EuGH die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit recht­fertigen.

In diesem Sinne nahm auch der Oberste Gerichtshof in der Ent­scheidung vom 20.3.2013, 6 Ob 118/12i, an, dass nach der Absicht des Gesetz­gebers oberste Zielsetzung des Glücksspielgesetzes der Schutz des einzelnen Spielers sei.

 

Da es sich bei den genannten Zielsetzungen zweifellos um solche handelt,
die nach der dargestellten Rechtsprechung des EuGH Beschränkungen der Glücks­spieltätigkeiten rechtfertigen, vermag das erkennende Gericht im vorliegenden Fall insoweit keine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit zu erkennen

(ebenso VwG Wien 12.08.2014, VGW-001/023/5739/2014;

aA LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt ua.).

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass das etwa in der Entscheidung des LVwG Oö 11.7.2014, LVwG-410353/2/Gf/Rt, angesprochene Ziel, die Einnahmen der Staatskasse zu maximieren, für sich allein eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zwar nicht rechtfertigen kann.

 

Dass jedoch ein anderer Normzweck primär für die Regelung ausschlaggebend sein müsste, geht aus der Judikatur des EuGH nicht hervor und es genügt daher zur Rechtfertigung der Beschränkungen der Glücksspiel­tätigkeiten, dass etwa Spielerschutz und Hintanhaltung der Kriminalität auch ein ausschlaggebendes Ziel des verfahrensgegenständlichen Konzessionssystems sind.

 

Der Bundesminister für Finanzen verweist in der Stellungnahme vom 18.09.2014  auf die im Jahr 2011 veröffentlichte österreichweite Glücksspielsucht­studie von Kalke/Buth/Rosenkranz/Schütze/Oechsler/Verthein, Glücksspiel und Spielerschutz in Österreich, 2011, nach der rund 64.000 Personen in der Altersgruppe zwischen dem 14. und dem 65. Lebensjahr von Glücksspielsucht betroffen sind.

Die Studie zeigt, dass 0,43 % dieses Bevölkerungssegments ein problematisches Spielverhalten aufweisen und 0,66 % pathologisch glücksspielsüchtig sind.

Schon diese Angaben zeigen aber nach Ansicht des erkennenden Gerichts,
dass Spielersucht tatsächlich ein nicht unrelevantes gesellschaftliches Problem
in Österreich darstellt. Darüber hinaus bestehen auch Fälle von Beschaffungskriminalität (vgl. Glücksspiel Bericht 2010-2013, S. 24 unter Berufung auf die Auswertung von Köberl). Dafür, dass die Einführung von Beschränkungen in Form etwa eines Konzessionssystems zur Durchführung von Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten jedenfalls den intendierten Zwecken, insbesondere dem Spielerschutz, dient, spricht bereits, dass die Zugänglichkeit zu derartigen Ausspielungen beschränkt und die Durchführung derselben einer besseren Kontrolle unterworfen werden kann.

 

 

Es liegt auf der Hand, dass eine beschränkte Zahl von Konzessionären effektiver zu überwachen ist als eine unbeschränkte Anzahl an Anbietern.

 

Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann es sich bei der Normierung eines derartigen Systems um eine geeignete Maßnahme handeln, um den negativen Erscheinungen unkontrollierten Glücksspieles entgegen zu wirken, dies wird auch durch den EuGH im Urteil C-390/12 in RZ 41 ausdrücklich festgehalten.

Wie sich aus der zitierten Studie aus dem Jahr 2011 ergibt, ist auch der durch das Monopol ausgeübte Lenkungseffekt insofern von Bedeutung, als es die höchste Problemprävalenz im Bereich des Glücksspiels mit Automaten außerhalb einer Spielbank gibt. Durch das Monopol kann auch das Glücksspielangebot und die Akzeptanz weg von den Problem­bereichen hin zu anderen Bereichen gelenkt werden, innerhalb derer die Problemprävalenz weniger hoch ist.

Im Übrigen weist der Bundesminister für Finanzen in der Stellungnahme vom 18.9.2014 unter anderem auch auf mehrere zur Erreichung der durch das GSpG intendierten Zwecke umgesetzte Maßnahmen hin.

So ist unter anderem eine Spielerschutzstelle errichtet worden, soll durch die Anbindung von Glücks­spielautomaten an die Bundesrechenzentrum GmbH die Überwachung der Einhaltung von Spielpausen im Automatenbereich ermöglicht werden und werden nähere Regelungen betreffend die einzelnen Spiele und den Zutritt zu Glückspielen getroffen.

 

Durch die Aufsichts- und Auskunftsverpflichtungen der Konzessionäre bestehe auch eine umfassende Aufsicht über das konzessionierte Glücksspiel.

In diesem Zusammenhang wird in der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen unter anderem ausgeführt, dass ein Teil der staatlichen Aufsicht über Spielbanken auch die Werbung betrifft, wobei diesbezüglich die Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabs in § 56 GSpG geregelt ist.

 

Dieser wird laut dem Bundesminister für Finanzen durch Nebenbestimmungen im Konzessionsbescheid und durch Berichtspflichten insbesondere zu Werbekonzepten präzisiert.

Neben der Beaufsichtigung des legalen Glücksspiels komme es auch zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels. So gab es etwa im Jahr 2010 226,
2011 657, 2012 798 und 2013 667 Kontrollen nach dem Glücksspielgesetz

(vgl. Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen).

siehe dazu VwGH vom 24.04.2015, Ra 2015/17/0005.

 

Mit Recht führt der Bundesminister für Finanzen aus, dass in Bezug auf die Werbetätigkeit (für legales Glücksspiel) die Rechtsprechung des EuGH nicht so zu verstehen ist, dass mitgliedstaatliche Beschränkungen des Glücksspiels unzu­lässig wären, wenn die Konzessionäre für das legale Glücksspiel werben dürfen.

 

Nach dem EuGH (15.9.2011, C-347/09) muss eine vom Inhaber eines staatlichen Monopols durchgeführte Werbung aber maßvoll und eng auf das begrenzt werden, was erforderlich ist, um Verbraucher zu den kontrollierten Spieler­netzwerken zu lenken. Hingegen darf die Werbung nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, indem etwa das Spiel verharmlost, ihm ein positives Image verliehen oder seine Anziehungskraft durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die verführerische bedeutende Gewinne in Aussicht stellt.

Die Beurteilung, ob eine Werbebotschaft zur Teilnahme am Glücksspiel anreizt bzw. ermuntert, ergibt sich grundsätzlich aus ihrem Aussagegehalt, der wie bei anderen Erklärungen durch Auslegung zu ermitteln ist.

Dabei kommt es darauf an, ob die Werbeaussage von einem noch nicht zur Teilnahme entschlossenen durchschnittlichen Empfänger als Anreiz zur Teilnahme zu verstehen ist oder nur als sachliche Information über die legale Möglichkeit, einen etwa vorhandenen Entschluss zur Teilnahme umzusetzen
(dt BVerwG 20.06.2013, 8 C 10.12 mwN). Wie ein an das Publikum gerichteter Werbespot zu verstehen ist, ist vom Gericht ohne Beiziehung eines
Sach­verständigen beurteilen (dt BVerwG 20.06.2013, 8 C 10.12).

 

In der Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom 18.09.2014
wird darauf hingewiesen, dass den Konzessionären bescheidmäßig Standards
für die Glückspielwerbung vorgeschrieben wurden, unter anderem hinsichtlich
Spieler­schutz, sowie, dass die Einhaltung eines verantwortungsvollen Maßstabes vom Finanzminister als Aufsichtsbehörde überprüft wird.

 

Der Minister wurde vom erkennenden Gericht auch ausdrücklich gefragt, ob von der die Werbung der Konzessionäre beaufsichtigenden Behörde eine gegen die Vorgaben des EuGH verstoßende Werbepraxis festgestellt worden wäre und wurde hierzu bei Beantwortung der Frage keine derartige Praxis genannt.

 

Weder aus den von den Bf vorgelegten Werbungen noch sonst im Verfahren ergibt sich für das erkennende Gericht, dass durch Werbung der Konzessionsträger die intendierten Ziele für die Beschränkungen nicht mehr wirksam verfolgt werden würden. Auch wenn isoliert betrachtet einzelne von den Bf vorgelegte Werbungen im Hinblick auf die vom EuGH aufgestellten Vorgaben problematisch sein könnten, ist bei einer Gesamtbetrachtung der Werbekonzepte keine im Sinne der zitierten Rechtsprechung unzulässige Werbung zu erkennen. Zusammenfassend ergibt sich daher, dass bei Gesamtwürdigung aller in diesem Verfahren hervorgekommenen Umstände eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch die Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten nach Ansicht des erkennen­den Gerichts nicht vorliegt.

Sie verfolgen (zumindest auch) vom EuGH aner­kannte Gründe des Allgemeininteresses, sind geeignet diese zu erreichen und es ist im Verfahren darüber hinaus keine Unverhältnismäßigkeit hervorgekommen.

Neben den fiskalischen hat das Glücksspielgesetz ganz überwiegend
ordnungs­politische Zielsetzungen. Die bundesweite Ausbreitung illegaler Glücksspiel­betriebe dient weder den ordnungspolitischen Interessen des Bundes (Spielerschutz, Hintanhaltung der Geldwäscherei, Vermeidung von Beschaffungs-kriminalität) noch den fiskalischen Interessen des Bundes auch nur näherungsweise. Insbesondere zum Schutz des Spielerpublikums sowie zur Hintanhaltung krimineller Handlungen sind daher rasch durchgreifende Maßnahmen erforderlich. Dazu kommt, dass sich solche illegal betriebenen Glücksspielbetriebe binnen kürzester Zeit amortisieren und in der Folge hohe Gewinne für die Betreiber abwerfen. Während anhängiger Verfahren lukrieren die Betreiber beträchtliche Gewinne aus der Veranstaltung den Bund vorgehaltene Glücksspiele. Diese illegalen Glücksspielbetriebe werden im Regelfall von kapitalschwachen juristischen Personen betrieben und ist erkennbar, dass
diese nach Beendigung der anhängigen Verfahren – nach mehrjähriger Verfahrensdauer – Insolvenz anmelden werden und weder die verhängten Verwaltungsstrafen noch die Abgabenrückstände einbringlich sein werden.

Es ist daher die Zielsetzung des Gesetzgebers, das Erzielen von Gewinnen durch den illegalen Betrieb von Glücksspielen zu verhindern.

VwGH vom 26.05.2014, Ro 2014/17/0031.

 

Die möglichen negativen Begleiterscheinungen und Gefahren des Betriebs
von illegalen Glücksspielautomaten – wie die durch die Spielleidenschaft herbeigeführte Gefahr wirtschaftliche Existenzgefährdung vom Menschen – rechtfertigen die Regelungen des Glücksspielgesetzes;

VfGH vom 30. September 1989, B1278/88 = VfSlG 12165

 

 

Zu II. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschlagnahme von Glücksspiel­geräten ab,

noch fehlt es an einer solchen.

Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag
der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim
VfGH und/oder einer außerordentlichen Revision beim VwGH.

Eine Beschwerde an den VfGH ist unmittelbar bei diesem einzubringen,

eine Revision an den VwGH beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich.

 

 

Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision
müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro

zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Josef Kofler

 

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 25. November 2016, Zl.: Ra 2016/17/0235 bis 0237-3