LVwG-300807/15/BMa/LR

Linz, 25.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des D F, vertreten durch E & Partner OG, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Juli 2015, GZ: SV96-36-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufge­hoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

Zu I.:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerde­führer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

Sie haben als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma I E GmbH in der H, zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeberin nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 16.03.2014 um 09:10 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Salzburger Gebietskrankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigte vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: B V geb. x 1981

Arbeitsantritt: 16.03.2014

Beschäftigungsort: M

Tatort: Gemeinde S, S, M

Tatzeit: 16.03.2014, 09:10 Uhr

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 111 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. 189/1955 idF 68/2014 (im Folgenden ASVG)

 

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                        falls diese uneinbringlich                                                 gemäß

  ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1000,00         67 Stunden            § 111 Abs. 2 ASVG i.d.g.F

Euro

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1100,00 Euro.

 

2. Mit der rechtzeitigen Beschwerde vom 18. September 2015, die dem LVwG am 9. Oktober 2015 gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde unter anderem die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

Das Oö. LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am 25. Jänner 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind. Als Zeugen wurden B V und M R einvernommen.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

 

D F handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma I E GmbH mit Geschäftsanschrift H. Im L, M, wurde am 16. März 2014 um ca. 9:00 Uhr eine Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei durchgeführt. Anlässlich dieser wurde auch B V, eine Gesellschafterin der I E GmbH (Beteiligung: 25 %), die auch für die Firma zeichnungsberechtigt ist, angetroffen. Nach dem Event, das in zwei Hallen stattgefunden hat, wobei diese durch einen Verbindungsgang mit anschließenden „Seminarräumlichkeiten“ verbunden sind, waren um 9:00 Uhr in der Früh noch Aufräum- und Putzarbeiten zu tätigen. Es kann nicht festgestellt werden, dass B V Aufräum- oder Putzarbeiten verrichtet hat.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 25. Jänner 2016 ergibt. In dieser Verhandlung wurden neben dem Beschwerdeführer zwei Zeuginnen befragt.

Die als Zeugin einvernommene V hat angegeben, zur Lokalität gefahren zu sein, um sich mit dem Beschwerdeführer über den Verlauf der Veranstaltung zu unterhalten. Von der zeugenschaftlich einvernommenen Zeugin, die als Kontrollorgan im vorgeworfenen Tatzeitpunkt anwesend war, konnte nicht angegeben werden, welche Tätigkeiten V am Kontrollort verrichtet hat.

Der bei der Verhandlung anwesende Vertreter der Organpartei, der nach eigener Aussage ebenfalls bei der Kontrolle anwesend war, konnte auch keine Angaben zur Tätigkeit der V am Kontrollort machen.

Die Finanzpolizei hat allein aus dem Umstand, dass der Arbeitsaufwand für die Aufräumarbeiten als nicht unerheblich eingeschätzt wurde und der Bf bei diesen mitgeholfen hat, der in der Firma des Bf angestellte Arbeiter nicht vor Ort angetroffen wurde, V jedoch bereits wiederholt als bei der Firma I E GmbH geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung gemeldet war, angenommen, dass diese zur Lokalität gekommen ist, um bei der Arbeit mitzuhelfen.

B V ist in der I E GmbH vor allem für Werbemaßnahmen, wie das Erstellen von Flyern etc. zuständig.

Weil lediglich vermutet wurde, sie hätte für die Firma des Bf gearbeitet, konnte eine Beschäftigung der V am16.03.2014 nicht festgestellt werden.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. LVwG erwogen:

 

3.3.1. Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unter­lassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (Abs. 2 leg.cit).

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber nach § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35
Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; den­noch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs-behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs-strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder einge­tragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fort­führung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

3.3.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die Beschäftigung der B V durch Organe der Finanzpolizei lediglich vermutet, ohne dass es konkrete Beobachtungen zur Arbeitstätigkeit der Frau V am Tatort gegeben hat.

Die Zeugin V hat in der Verhandlung dargelegt, als Gesellschafterin der GmbH Interesse am Ablauf des Events gehabt und aus diesem Grund ein Gespräch mit dem Bf geführt zu haben.

 

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Gesellschafterin einer Firma Interesse am Geschäftsablauf hat und sich am nächsten Tag, nach Abwicklung des Geschäftes, über den Erfolg erkundigt. Aus der Art der Einholung der Information, ob dies telefonisch oder persönlich vor Ort geschieht, können keine Rückschlüsse auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung gezogen werden. Auch aus dem Umstand, dass zum Zeitpunkt ihrer Anwesenheit noch ein größeres Arbeitsvolumen zu bewältigen war, kann auf eine Beschäftigung der B V nicht zwingend geschlossen werden.

 

Eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit der B V am 16. März 2014 um 9:10 Uhr war daher nicht nachweisbar. Somit war der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.

 

 

Zu II. :

Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu tragen.

 

 

Zu III.:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann