LVwG-650527/9/Zo/CG

Linz, 22.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter          Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde der Frau M M, geb. 1931,  vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H P, vom 12.11.2015 gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors von Oberösterreich vom 7.10.2015, Zl. FE-490/2015, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung,  

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1.           Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat mit dem angefochtenen Bescheid der Beschwerdeführerin die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, A und B wegen fehlender gesundheitlicher Eignung bis zur behördlichen Feststellung, dass sie wieder geeignet ist, entzogen. Gleichzeitig wurde eine allenfalls bestehende ausländische Lenkberechtigung entzogen und die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, ihren Führerschein unverzüglich der Behörde abzuliefern. Einem Rechtsmittel gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dieser Bescheid wurde zusammengefasst damit begründet, dass die Beschwerdeführerin entsprechend einem amtsärztlichen Gutachten, welches sich auf eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 15.9.2015 stützt, derzeit gesundheitlich nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin zusammengefasst geltend, dass dem Verfahren die Anzeige einer Privatperson wegen eines angeblich auffälligen Fahrverhaltens am 8. Mai 2015 zu Grunde liege. Sie sei an diesem Tag von der Polizei kontrolliert worden, wobei sie laut Polizeibericht einen verwirrten Eindruck gemacht habe, jedoch zeitlich und örtlich orientiert gewesen sei. Die Behörde hat daraufhin eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme eingeholt, ohne ihr eine Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Diesem Gutachten liege unter anderem die Feststellung zu Grunde, dass sie die ihr vorgeworfenen Verfehlungen verneine und offensichtlich vergessen oder verdrängt habe. Sie sei jedoch zu diesem Vorfall im gesamten Verfahren nicht einvernommen und auch vom Polizeiarzt nicht persönlich begutachtet worden. Weiters sei ihr weder das Gutachten der Fachärztin noch das amtsärztliche Gutachten vor Bescheiderlassung zur Kenntnis gebracht worden, weshalb sie keine Möglichkeit gehabt habe, dazu eine Stellungnahme abzugeben bzw. weitere Befunde und Unterlagen beizubringen. Sie hätte ein Gutachten vorlegen können, welches nachweise, dass sie gesund und voll konzentrationsfähig und daher geeignet sei, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

3. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich hat den Verwaltungsakt mit Schreiben vom 18.11.2015 dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, welches durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter entscheidet.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Die Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben vom 3.12.2015 aufgefordert, binnen einem Monat eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme betreffend ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 vorzulegen. Dieser Aufforderung ist sie trotz zweimaliger Fristerstreckung nicht nachgekommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Von einer Privatperson wurde am 8. Mai 2015 gegen die Beschwerdeführerin Anzeige erstattet, weil diese auf der Autobahn nur ca. 50 km/h gefahren und mit dem Fahrzeug über der Mittellinie gefahren sei. Weiters habe sie eine Kreuzung bei Rotlicht durchfahren. Die Fahrzeuglenkerin wurde von den Polizeibeamten in Linz, Industriezeile x, angetroffen, wobei das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt mittig auf einem Schutzweg abgestellt war und der seitliche Abstand zu einem vorschriftmäßig abgestellten Fahrzeug nur wenige Zentimeter betragen hat. Die Lenkerin gab den Polizeibeamten gegenüber an, dass sie aufgrund des Todes ihrer Tochter durcheinander sei, sie müsse Tabletten nehmen, welche sie müde machen. Diese hätte sie damals noch nicht genommen gehabt. Entsprechend dem Eindruck der Polizisten machte sie einen generell verwirrten Eindruck, war jedoch zeitlich und örtlich orientiert.

 

Diesen Vorfall nahm die Landespolizeidirektion Oberösterreich zum Anlass, um die Beschwerdeführerin mit rechtskräftigem Mandatsbescheid vom 13.5.2015, Zl. FE-490/2015 gemäß § 24 Abs.1 FSG aufzufordern, sich binnen zwei Monaten zur Feststellung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen amtsärztlich untersuchen zu lassen. Bei der amtsärztlichen Untersuchung am 16.7.2015 wurde eine verkehrspsychologische Stellungnahme für erforderlich erachtet, diese wurde der Beschwerdeführerin wiederum mit Mandatsbescheid vom 24.8.2015 aufgetragen. Die Beschwerdeführerin legte daraufhin eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vom 15.9.2015, Dr. Z, vor.

 

Diese Fachärztin kommt zusammengefasst zum Schluss, dass bei der Beschwerdeführerin ein beginnendes dementielles Syndrom mit gestörtem Realitätsbezug und Einschränkung des Kurzzeitgedächtnisses sowie des biographischen Gedächtnisses vorliege. Im Gespräch seien Perseverationen sowie die Unfähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu differenzieren aufgefallen. Das Abstraktionsvermögen sei eingeschränkt und die Beschwerdeführerin sei agitiert. Ihr Gedankengang sei beschleunigt, weitschweifig und sprunghaft. Ihre Stimmung sei ängstlich-depressiv mit labilen, überschießenden Affekten besonders im negativen Skalenbereich. Die Beschwerdeführerin verneine vehement die ihr vorgeworfenen Verfehlungen und es erhebe sich die Frage, ob sie diese vergessen oder verdrängt habe. Es bestehe weder Einsicht noch Bereitschaft, sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen. Im Vordergrund stehe der Wunsch, die Lenkberechtigung zu behalten, Selbstkritik oder Selbstreflexion seien hochgradig eingeschränkt. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 sei aus fachärztlicher Sicht derzeit nicht zu befürworten.

 

Die Fachärztin berücksichtigte weiters Auszüge aus den Krankenakten betreffend einen stationären Aufenthalt in der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg vom 18.12.2012 bis 10.1.2013 sowie einen Ambulanzbefund vom 19.2.2013 und die von der Beschwerdeführerin eingenommenen Medikamente. Sie empfahl weiters die organische Abklärung bei einem incipient kognitiven Defizit und eine verkehrspsychologische Untersuchung zur Beurteilung der lenkerspezifischen Fähigkeiten und Verkehrsanpassung.

 

Auf Basis dieser Stellungnahme erstattete der Amtsarzt der LPD Oberösterreich am 6.10.2015 sein Gutachten, wonach die Beschwerdeführerin nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 geeignet ist. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

Die Beschwerdeführerin wurde vom LVwG Oberösterreich mit Schreiben vom 3.12.2015 aufgefordert, eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme vorzulegen. Dazu teilte ihr Rechtsvertreter sowohl Anfang Jänner als auch Anfang Februar 2016 mit, dass sie krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, sich fachärztlich untersuchen zu lassen. Mit Schreiben vom 7.3.2016 wurde mitgeteilt, dass sie wegen gesundheitlicher Probleme keine fachärztliche Stellungnahme vorlegen könne.

 

5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z.3 FSG bildet die gesundheitliche Eignung eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.    die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.    die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen. Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs. 3 achter Satz oder

2. um eine Entziehung der Klasse A wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

Bei besonders berücksichtigungswürdigen Gründen kann von der Entziehung der Klasse AM hinsichtlich der Berechtigung zum Lenken von Motorfahrrädern abgesehen werden. Dies ist auch dann möglich, wenn der Betreffende die Lenkberechtigung für die Klasse AM nur im Wege des § 2 Abs. 3 Z 7 besitzt.

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellt; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten Personen als ausreichend frei von psychischen Krankheiten iSd § 3 Abs.1 Z1, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen mitbeurteilt.

 

5.2. In der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme wird der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin umfassend beschrieben. Auch die Ausführungen zum Untersuchungsanlass sind nachvollziehbar dargestellt. Die Stellungnahme berücksichtigt auch die Vorerkrankungen sowie die der Beschwerdeführerin verschriebenen Medikamente. Die Stellungnahme erscheint daher insgesamt gut nachvollziehbar. Das amtsärztliche Gutachten, welches auf diese fachärztliche psychiatrische Stellungnahme aufbauend die gesundheitliche Eignung der Beschwerdeführerin verneint, ist daher schlüssig.

 

Die Beschwerdeführerin hat trotz Aufforderung über mehrere Monate keine neue fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beigebracht, wobei mehrmals mitgeteilt wurde, dass sie dazu aus gesundheitlichen Gründen derzeit nicht in der Lage sei. Sie konnte insgesamt die Schlüssigkeit der fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme nicht erschüttern und ist dieser auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene, insbesondere durch Vorlage eines anderen Gutachtens, entgegengetreten. Ihre Beschwerde war daher abzuweisen.

 

Zu II.:Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Entziehung der Lenkberechtigung bei fehlender gesundheitlicher Eignung ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gottfried Zöbl