LVwG-601160/6/KLI/CG

Linz, 06.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 4. Dezember 2015 des K S,
geb. x, x, L, vertreten durch Mag. P R, Rechtsanwalt, x, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5. November 2015, GZ: VStV/915301413025/2015, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als der Spruch zu lauten hat:

Der Beschwerdeführer hat am 7.6.2015, 10.23 Uhr, Vorchdorf, A1, Fahrtrichtung Salzburg, StrkKm 210.420 das KFZ mit dem Kennzeichen x gelenkt, und dabei zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,41 Sekunden festgestellt. Der Beschwerdeführer hat dadurch § 18 Abs. 1 verletzt. Über ihn wird gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe von 100,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden verhängt.

 

 

II.         Der Kostenbeitrag im Verfahren vor der belangten Behörde reduziert sich auf 10,00 Euro; im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG keine Kosten an.

 

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom
5. November 2015, VStV/915301413025/2015 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 7.6.2015 um 10.23 Uhr in Vorchdorf, A1, Fahrtichtung Salzburg, StrKm. 210.420 das KFZ mit dem Kennzeichen x gelenkt, und dabei zu einem vor ihm fahrenden, am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Es sei mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,39 Sekunden festgestellt worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 18 Abs.1 StVO verletzt.

 

Über ihn werde gemäß § 99 Abs.2c Z.4 StVO eine Geldstrafe in Höhe von 120,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 56 Stunden verhängt. Ferner habe er 12,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass keinerlei Anlass bestehen würde, an der Richtigkeit des zu Grunde liegenden Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser durch die Auswertung eines geeichten Messgerätes einwandfrei erwiesen sei. Nach der Judikatur des VwGH müsse ein Kraftfahrzeuglenker jedenfalls einen solchen Sicherheitsabstand einhalten, der etwa der Länge des Reaktionsweges entspreche – das seien in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h.

 

Er habe bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 131 km/h statt der vorgesehenen 39,3 m lediglich 14 m eingehalten und somit den Abstand zum voranfahrenden Fahrzeug deutlich unterschritten. Darüber hinaus seien keine Umstände hervorgekommen, die hinsichtlich der objektiven Tatseite Zweifel hätten erwecken können. Anhaltspunkte für technische Funktionsuntauglichkeiten oder Bedienungsfehler würden nicht vorliegen.

 

Dem Einwand, dass der zu geringe Tiefenabstand zum Vorderfahrzeug lediglich auf ein Hereinschneiden desselben zurückzuführen sei, sei entgegenzuhalten, dass ein solches Fahrmanöver auf dem gegenständlichen Video nicht ersichtlich sei. Vielmehr sei erkennbar, dass der Beschwerdeführer während des gesamten Zeitraumes am – in Fahrtrichtung gesehen – linken Fahrstreifen hinter dem vorausfahrenden Fahrzeug nachgefahren sei.

 

Der Beschwerdeführer wurde außerdem darauf hingewiesen, dass es sich bei dem ihm vorgeworfenen Delikt um ein Vormerkdelikt handelt.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom
4. Dezember 2015, mit welcher das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angefochten wird.

 

Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er bereits im vorangegangenen Verfahren beantragt habe, die Videoaufzeichnung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden beizuschaffen und zu übermitteln. Es sei beantragt worden, dass der Beschwerdeführervertreter die Videoaufzeichnung mittels Datenträger zur Verfügung erhalten solle. Der Grund sei insbesondere darin gelegen, als im gegenständlichen Verwaltungsstrafakt lediglich 3 Fotos inkludiert gewesen seien, die einen Bereich von ca. 100 bis 120 m zeigen würden und bei denen sich bereits das KFZ von dem der Beschwerdeführer behauptet, dass dieses unmittelbar vor ihm herausgeschwenkt sei, darauf befinde.

 

Das Beweismittel der Videoaufzeichnung wäre dahingehend erforderlich gewesen, um darstellen zu können, dass einerseits die Ausführungen des Beschwerdeführers richtig seien, nämlich der andere Verkehrsteilnehmer diesem unvermittelt den Vorrang genommen habe, andererseits auch darzustellen, dass dieser nur durch ein abruptes und den Verkehr behinderndes bzw. gefährdendes massives Abbremsen die Möglichkeit gehabt hätte, den Abstand zum Vordermann in Entsprechung der Bestimmungen der StVO einzuhalten.

 

Im gegenständlichen Straferkenntnis sei dazu ausgeführt, dass seitens des Beschwerdeführers von der Möglichkeit kein Gebrauch gemacht worden sei, in die gegenständliche Videosequenz Einsicht zu nehmen. Dazu werde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer auch keinerlei Möglichkeit gegeben worden sei, in diese Einsicht zu nehmen. Der Hinweis auf die Videoaufzeichnung habe sich erst im Zuge der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.10.2015 ergeben, in dem in der Anzeige der Bezirkshauptmannschaft Gmunden selbst ausgeführt worden sei, dass der Vorfall auf Video gespeichert worden sei und bei der ho. Dienststelle in Evidenz aufliege. Die „ho. Dienststelle“ sei jedoch die Bezirkshauptmannschaft Gmunden. Die das Verfahren abführende Behörde sei jedoch die Landespolizeidirektion Oberösterreich.

 

Zumal die gesamte Korrespondenz und Kommunikation mit der Behörde über die Landespolizeidirektion Oberösterreich geführt worden sei, sei es auch nicht indiziert, bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden diesbezüglich nachzufragen, sondern sei im Sinne der Verfahrenskonzentration sämtliches Beweismittel offenkundig bei der das Verfahren abführenden Behörde zu finden. Erfahrungsgemäß verfüge der diesbezügliche Sachbearbeiter auch nicht über die Videodatei, die erst über Aufforderung der Landespolizeidirektion Oberösterreich seitens der Bezirkshauptmannschaft Gmunden weitergeleitet worden sei und bestünde erfahrungsgemäß auch keine Möglichkeit, das Video bei der Behörde anzusehen. In diesem Sinne habe der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter beantragt, diesem die Videosequenz als Datenträger zur Verfügung zu stellen.

 

Nachdem die Behörde dem Antrag nicht gefolgt sei und dem Beschwerdeführer auch keinerlei diesbezügliche Möglichkeit eingeräumt habe, in das Video Einsicht zu nehmen, werde der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Abführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens, insbesondere auf Parteiengehör verletzt. Dem hier gegenständlichen Verfahren liege sohin ein Verfahrensmangel zu Grunde.

 

In rechtlicher Hinsicht stelle die Behörde erster Instanz lediglich auf die im Akt befindlichen Fotos ab und objektiviere hier die Nichteinhaltung eines Sicherheitsabstandes, ohne näher auf die seitens des Beschuldigten angegebenen Gründe einzugehen.

 

Bei ordnungsgemäßer Abführung des Verfahrens hätte sohin bewiesen werden können, dass, wie der Beschwerdeführer behauptet, das auf dem Foto erkennbare, vor diesem fahrende KFZ, unmittelbar vor ihm auf den linken Fahrstreifen ausgeschwenkt sei, um den sich auf den Fotos befindlichen weißen Kastenwagen zu überholen.

 

Wie der Beschwerdeführer bereits im Verfahren vorgebracht habe, wäre es diesem lediglich durch ein massives Bremsmanöver möglich gewesen, den gehörigen Abstand zu diesem vor ihm fahrenden KFZ einzuhalten. Wie auf den gegenständlichen und im Akt befindlichen Fotos erkennbar sei, habe sich auch der Abstand zwischen dem vor dem Beschwerdeführer fahrenden Fahrzeug und dem Kastenwagen zwischen dem obersten Foto und dem zweiten Foto fast nicht verändert. Dies lasse auch den Schluss zu, dass das Überholmanöver mit einem sehr geringen Geschwindigkeitsunterschied zum Kastenwagen durchgeführt worden sei und der Beschwerdeführer sohin auf das vor ihm fahrende KFZ aufgelaufen sei.

 

Die Behörde hätte daher bei vollständiger und richtiger Ermittlung des Sachverhaltes unter richtiger rechtlicher Beurteilung zum Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer keine Verwaltungsübertretung im Sinne des § 18 StVO zu verantworten habe bzw. das Verfahren letztlich im Zweifel einstellen müssen.

 

Der Beschwerdeführer stelle daher die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5.11.2015 zu
GZ: VStV/915301413025/2015 ersatzlos beheben und das Verfahren gemäß
§ 45 VStG einstellen; in eventu das angefochtene Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 5.11.2015 zu
GZ: VStV/915301413025/2015 zur Gänze aufheben und an die Behörde erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Am 7.6.2015 um 10.23 Uhr lenkte der Beschwerdeführer das KFZ mit dem Kennzeichen x in Vorchdorf, A1, Fahrtrichtung Salzburg bei
StrKm. 201.420. Dabei hielt er zu dem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand ein, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,41 Sekunden festgestellt.

 

II.2. Der Beschwerdeführer lenkte sein Fahrzeug zumindest 10 bis 11 Sekunden vor der eigentlichen Messung permanent auf der Überholspur hinter dem vor ihm befindlichen Fahrzeug. Ein Spurwechsel von anderen am Video dargestellten Fahrzeugen, insbesondere von dem vor dem Beschwerdeführer fahrenden Fahrzeug, ist nicht ersichtlich.

 

Vielmehr zeigt sich, dass die gegenständliche Fahrzeugpaarung, d.h. der Beschwerdeführer und der unmittelbar vor ihm fahrende PKW, permanent auf der Überholspur gefahren sind. Der vom Beschwerdeführer angeführte Spurwechsel erfolgte somit am Beginn der Videoaufzeichnung.

 

Somit ist festzuhalten, dass zumindest über einen Zeitraum von 10 Sekunden der Beschwerdeführer hinter dem Fahrzeug vor ihm mit einem Abstand von 0,41 Sekunden gefahren ist.

 

Im Hinblick auf eine verkehrsübliche Reaktionszeit von 1 Sekunde wäre es daher sehr einfach möglich gewesen, wieder einen ausreichenden Abstand zum Vordermann herzustellen. Eine massive Bremsung bei Gefährdung des Nachfolgeverkehrs, wie dies der Beschwerdeführer behauptet, wäre nicht notwendig gewesen.

 

II.3. Der Beschwerdeführer verfügt über ein monatliches Einkommen von 1.500,00 Euro netto, 14-mal jährlich. Er hat keine Sorgepflichten. An Vermögen besitzt er ein Reihenhaus, welches mit Schulden belastet ist. Diesbezüglich haftet ein Landesdarlehen in Höhe von 50.000 Euro offen aus; der Beschwerdeführer bezahlt monatlich 500,00 Euro zurück.

 

 

 

 

III.        Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Sachverhaltsfeststellungen zur Tatzeit und zum Tatort ergeben sich aus dem Akteninhalt. Sie werden auch vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. Weitere Erhebungen dazu waren insofern nicht erforderlich.

 

III.2. Dass der Beschwerdeführer über einen Zeitraum von 10 Sekunden mit einem Abstand von 0,41 Sekunden hinter dem vor ihm fahrenden Fahrzeug gefahren ist, ergibt sich aus dem eingeholten KFZ-technischen Sachverständigengutachten des Sachverständigen T.OAR. Dipl.-FH-Ing. R H. Dieser hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die in Rede stehenden Videosequenz dargestellt und abgespielt. Dem Beschwerdeführer und seinem Rechtsvertreter war es möglich, in diese Videosequenz Einsicht zu nehmen und diese auch mehrmals abspielen zu lassen sowie im Anschluss eine Stellungnahme abzugeben. Ebenfalls war es dem Beschwerdeführer (bzw. seinem Rechtsvertreter) möglich, Fragen an den Sachverständigen zu richten.

 

III.3. Der Sachverständige erstattete in der Verhandlung ein Gutachten, welches in wesentlichen nachfolgendes Ergebnis hat:

 

Der Sachverständige führte dazu aus:

„Es wurde das von der Polizei übermittelte Abstandsvideo auf dem amtseigenen, von der Polizei unabhängigen Messsystem, ausgewertet. Dabei wurden verschiedene Messungen durchgeführt, wobei die Abstandsmessung bei verschiedenen Bildern (Frames) durchgeführt worden ist. Bei 4 Messungen hat sich ergeben, dass, obwohl die Anzahl der Frames gewechselt wurde, d.h. verschiedene Situationen im Hinblick auf den Tiefenabstand gemessen, sich im Hinblick auf die Aufrundungsmodalitäten die das Programm automatisch durchführt, sich ein vorwerfbarer Sekundenabstand von 0,41 Sekunden ergibt. Dieser Wert ist insofern gut abgesichert, da er an 4 verschiedenen Stellen gemessen wurde und sich dabei erst im Tausendstelbereich Unterschiede ergeben. Im Hinblick auf den Auswertungsalgorithmus  des Programms ist daher von einem abgesicherten Wert von 0,41 Sekunden als Sekundenabstand den der Beschwerdeführer eingehalten hat auszugehen.“ (Protokoll ON 5, Seite 2, Abs. 7-10).

 

Ferner führte der Sachverständige zur gemessenen Strecke und zu einem allfälligen „Hereinschneiden“  des vor dem Beschwerdeführer fahrenden Fahrzeuges aus:

„Weiters ist erkennbar, dass zumindest 10-11 Sekunden vor der eigentlichen Messung der Beschwerdeführer permanent auf der Überholspur gefahren ist. Es ist kein Spurwechsel auch von anderen am Video dargestellten Fahrzeugen erkennbar. Die augenscheinliche Betrachtung zeigt, dass die gegenständliche Fahrzeugpaarung, d.h. der Beschwerdeführer und der unmittelbar vor ihm fahrende PKW permanent auf der Überholspur gefahren sind. Der vom Beschwerdeführer angeführte Spurwechsel muss dann am Beginn der Videoaufzeichnung bzw. außerhalb des Aufzeichnungsbereiches stattgefunden haben. Wenn man dieser These folgt, so ist aber festzuhalten, dass zwischen dem angeführten Spurwechsel, der videomäßig nicht eindeutig dargestellt wird, bis zur Abstandsmessung eine Zeit von mindestens 10 Sekunden vergangen ist und im Hinblick auf eine verkehrsübliche Reaktionszeit von einer Sekunde wäre es daher sehr einfach möglich, wieder einen ausreichenden Abstand zum Vordermann herzustellen.“ (Protokoll ON 5, Seite 3, Abs.1).

 

III.3. Die Feststellungen zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

 

IV.         Rechtslage:

 

IV.1. Gemäß § 18 Abs. 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

IV.2. Gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

 

V.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Gegenständlich ist aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse erwiesen, dass der Beschwerdeführer den Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht dergestalt eingehalten hat, dass ihm ein jederzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vor ihm fahrende Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre. Der sich ergebende Sicherheitsabstand war allerdings nicht mit 0,39 Sekunden sondern mit 0,41 Sekunden zu berechnen. Daraus ergibt sich zunächst, dass kein Vormerkdelikt vorliegt.

 

V.2. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist im Hinblick auf die Zugrundelegung der anzuwendenden Strafnorm das Straferkenntnis dahingehend zu korrigieren, dass nicht § 99 Abs.2c Z.4 StVO zu Grunde zu legen ist, sondern § 99 Abs.3 lit.a StVO. Die Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe ist insofern neu zu bemessen. Die Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr ist noch nicht abgelaufen und wurde auch das Delikt des § 18 Abs.1 StVO sowie die Strafnorm mit dem Beschwerdeführer (bzw. dessen Vertreter) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erörtert.

 

V.3. § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 StVO lässt eine Ermahnung nur zu, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Dass die aktive Teilnahme am Straßenverkehr unter Einhaltung eines zu geringen Sicherheitsabstandes zu den schwersten und gröbsten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit zählt und dadurch ein besonders hohes Unfallspotential vorhanden ist, steht außer Zweifel. Durch die Norm des § 18 Abs. 1 StVO sollen gerade derartige Unfälle mit Personen- und/oder Sachschaden vermieden werden. Insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Integrität aller Verkehrsteilnehmer stellt somit ein besonders hohes Rechtsgut dar. Schon deshalb kann gegenständlich nicht mit einer Ermahnung vorgegangen werden.

 

V.4. Im Hinblick auf die Strafzumessung bildet gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

V.5. Gegenständlich ist daher unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer begangenen Verwaltungsübertretung bzw. seiner Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse die Geldstrafe neu zu bemessen. Das Landesverwaltungsgericht geht davon aus,  dass eine Geldstrafe von 100,00 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden ausreichend sind, um den Beschwerdeführer von weiteren derartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

V.6. Zusammengefasst war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde wie im Spruch angegeben, Folge zu geben. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 10,00 Euro. Im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich fallen keine Kosten an.

 

 

 

 

 

 

VI.         Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Für den Beschwerdeführer ist die Möglichkeit zur Revisionserhebung gemäß
§ 25a Abs. 4 VwGG ex lege ausgeschlossen.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

H i n w e i s e

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer