LVwG-490022/21/HW – 490024/21

Linz, 01.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Wiesinger über die Beschwerden der A K, x, L, vertreten durch Dr. F M, Rechtsanwalt, x, W, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 21. September 2015, GZ: Pol96-116-1-2015, vom 28. September 2015, GZ: Pol96-116-2-2015, und vom 19. Oktober 2015, GZ: Pol96-116-3-2015, betreffend die Verhängung von Zwangsstrafen

 

zu Recht erkannt:

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird den Beschwerden stattgegeben und es werden die angefochtenen Bescheide vom 21. September 2015, GZ: Pol96-116-1-2015, vom 28. September 2015, GZ: Pol96-116-2-2015, und vom 19. Oktober 2015, GZ: Pol96-116-3-2015, aufgehoben.

 

II. Gegen diese Entscheidungen ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. September 2015, GZ: Pol96-116-2015, wurde gegenüber der Bf unter Berufung auf § 56a GSpG die gänzliche Schließung des Betriebs mit der Bezeichnung „W A“ in G, x, mit Wirkung ab 10. September 2015, 18.00 Uhr, angeordnet. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 28. September 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG-411112).

 

Mit Bescheid vom 21. September 2015, GZ: Pol96-116-1-2015, wurde von der belangten Behörde über die Bf eine Zwangsstrafe in Höhe von € 8.000,-- verhängt. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG-490022).

 

Mit Bescheid vom 28. September 2015, GZ: Pol96-116-2-2015, wurde von der belangten Behörde über die Bf eine Zwangsstrafe in Höhe von € 12.000,-- verhängt. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG-490023).

 

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2015, GZ: Pol96-116-3-2015, wurde von der belangten Behörde über die Bf eine Zwangsstrafe in Höhe von € 16.000,-- verhängt. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 16. November 2015 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG-490024).

 

I.2. Vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wird (ergänzend zu Punkt I.1.) folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. September 2015, GZ: Pol96-116-2015, wurde gegenüber der Bf unter Berufung auf § 56a GSpG die gänzliche Schließung des Betriebs mit der Bezeichnung „W A“ in G, x, mit Wirkung ab 10. September 2015, 18.00 Uhr, angeordnet. Der Betrieb des Lokals mit der Bezeichnung „W A“ in G, x, ist zumindest seit 10. Februar 2016 eingestellt. Es sind sämtliche Automaten und Gerätschaften aus dem Lokal abtransportiert worden. Die Räumlichkeiten des ehemaligen Betriebes sind leer und es ist der Mietvertrag betreffend das ehemalige Lokal aufgelöst. Laut dem Gewerbeinformationssystem wurde das Gastgewerbe in G, x, auch bereits im Februar 2016 beendet. Der Betrieb mit der Bezeichnung „W A“ in  G, x, ist daher eingestellt und es hat die Bf infolge der Beendigung des Gastgewerbes in G, x, und der Auflösung des Betriebsstandortes die Weiterführung des Betriebes mit der Bezeichnung „W A“ in G, x, endgültig unterlassen.

 

I.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den im Akt befindlichen Unterlagen bzw. den Akten der beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu LVwG-411112 sowie LVwG-490022 bis 490024 anhängigen Verfahren. Die Feststellungen zum Betriebsschließungsbescheid bzw. den Bescheiden, mit denen jeweils Zwangsmittel verfügt wurden, ergeben sich aus den diesbezüglichen Bescheiden. Die Feststellungen betreffend die tatsächlich durchgeführte Schließung des Lokals aus den diesbezüglichen Mitteilungen der belangten Behörde vom 18.2.2016 und vom 4.3.2016 samt Lichtbildern und den Angaben des Vertreters der Bf und einer GISA-Abfrage.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Eine Zwangsstrafe zur Bewirkung einer unvertretbaren Handlung im Sinne des § 5 VVG dient (nur) dazu, den Verpflichteten zur Erfüllung dieser Verpflichtung zu bewegen, sie stellt jedoch keine Strafe für in der Vergangenheit gelegenen Ungehorsam des Verpflichteten dar (VwGH 26.02.2002, 2001/11/0281). Wurde die unvertretbare Handlung bereits (wenn auch nach Verzug) bewirkt, besteht kein Grund mehr für die Verhängung von Zwangsstrafen. Nach der Rsp des VwGH ist ein Bescheid, mit dem eine Zwangsstrafe zur Erzwingung einer Handlung verhängt wird, die bereits erbracht war, objektiv rechtswidrig (VwGH 26.02.2002, 2001/11/0281).

 

Auch wenn im vorliegenden Fall bei Erlassung der angefochtenen Bescheide der verfahrensgegenständliche Betrieb noch nicht geschlossen war und insoweit daher die angefochtenen Bescheide im Zeitpunkt ihrer Erlassung nicht rechtswidrig waren, so hat das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten. Allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts sind daher vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu berücksichtigen (vgl. VwGH 29.01.2015, Ro 2014/07/0105; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 836). Eine Vollstreckungsverfügung (bei den angefochtenen Bescheiden, mit denen Zwangsstrafen verhängt wurden, handelt es sich um Vollstreckungsverfügungen [vgl. Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahren19, § 5 VVG Anm. 5; Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1323]) muss in jeder Lage des Verfahrens im Einklang mit dem Gesetz stehen, sodass im Rechtsmittelverfahren auch zu prüfen ist, ob der erstinstanzliche Bescheid wegen einer allfälligen, nach seiner Erlassung eingetretenen Änderung der Sachlage noch aufrechterhalten werden kann (vgl. VwGH 19.05.1993, 89/09/0005).

 

Aufgrund der (im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bereits erfolgten) endgültigen Einstellung des verfahrensgegenständlichen Betriebes ist die Verhängung von Zwangsstrafen zur Erzwingung einer (bereits erfolgten) Betriebsschließung nicht (mehr) zulässig, sodass die Verhängung der Zwangsstrafen aufzuheben war.

 

II. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. etwa VwGH 26.02.2002, 2001/11/0281).

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Erkenntnisse besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Wiesinger